Kaufmann nach HGB: Rechtliche Unterschiede zu Privatpersonen
Viele Bürger mögen zwar wissen, das der eingetragene Kaufmann und die eingetragene Kauffrau (allgemein: Kaufleute) nach dem HGB einen besonderen Stand bilden, jedoch kennen nur wenige die rechtlichen Unterschiede, die zwischen Kaufleuten und Privatpersonen bestehen. Gerade für Existenzgründer ist dieses Wissen allerdings von entscheidender Bedeutung, wenn sie ihr Unternehmen erfolgreich zu führen planen.
Mit diesem Beitrag informieren wir zu den grundlegenden Begrifflichkeiten Unternehmer, Kaufleute und Handelsgesellschaften (z.B. oHG, GmbH & Co. KG und GmbH). Dabei gehen wir auch auf die rechtlichen Grundlagen dieser Definitionen ein und zeigen, welchen hohen Stellenwert das Handelsgesetzbuch (HGB) für sie hat. Um den Unterschied zu den Privatpersonen zu unterstreichen, gehen wir auch auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ein, das im Privatrecht von herausragender Bedeutung ist. Außerdem zeigen wir Beispiele, bei denen sich Kaufleute nach dem Privatrecht richten müssen. Umgekehrt führen wir natürlich auch Beispiele an, wo es Unterschiede zwischen Privatrecht und Handelsrecht gibt.
1. Begriffsklärung: Privatpersonen, Unternehmer, Kaufleute
1.1. Privatpersonen
Privatpersonen sind einfach nur als natürliche Personen zu verstehen. Selbst wenn sie auch andere Eigenschaften tragen, etwa so, wie sie das Einkommensteuergesetz auflistet (zum Beispiel Land- und Forstwirte, Freiberufler, Arbeitnehmer), führt sie die Charakterisierung als Privatperson auf ihre basale Existenz zurück. Daneben können sie auch noch viele andere Eigenschaften aufweisen, die rechtliche Relevanz besitzen.
1.2. Unternehmer
Man sollte meinen, dass der Begriff des Unternehmers im Gesetz der Kaufleute definiert ist. Tatsächlich enthält jedoch das BGB diese Begriffsbestimmung. Sie ist dort in § 14 BGB zu finden. Der Grund dafür ist, dass dadurch auch Privatpersonen die Möglichkeit erhalten als Unternehmer tätig sein zu können, ohne gleich Kaufmann sein zu müssen. Interessanterweise stellt § 14 BGB somit den Begriff Unternehmer sowohl für Privatpersonen und Personengesellschaften als auch für Kaufleute und Handelsgesellschaften als Überbegriff dar.
1.3. Kaufleute und Handelsgesellschaften
Das Handelsgesetzbuch ist der gesetzliche Rahmen, nach dem sich Kaufleute und Handelsgesellschaften richten. Daher ist die juristische Definition dieser Begriffe in diesem Gesetz verankert. Dabei sind Kaufleute im wesentlichen Personen, die einem Gewerbe nachgehen und dabei entweder durch den Umfang ihrer Tätigkeit oder freiwillig zu Kaufleuten werden.
Entsprechend sind Handelsgesellschaften als Zusammenschluss von Personen charakterisiert, die das Ziel verfolgen durch gewerbliche Tätigkeit Gewinne zu erzielen. Dabei werden Handelsgesellschaften im HGB sowie in anderen Gesetzen (zum Beispiel Aktiengesetz und GmbH-Gesetz) genau definiert und reglementiert. Im Übrigen sind sie aber den Kaufleuten gleichgestellt. Daher gelten die in den folgenden Beispielen dargestellten Regeln in Bezug auf die Kaufleute auch für sie.
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2. Beispiele für Regelungen des Privatrechts mit Geltung für Kaufleute
2.1. Vorschriften zum Erwerb
Handel ist ohne die Möglichkeit zum Kauf oder Verkauf von Gegenständen beziehungsweise zum Tausch nur schwerlich vorstellbar. Anstatt jedoch die diesbezüglichen rechtlichen Normen im HGB zu finden (wo man sie eigentlich erwarten würde), bestimmt das BGB über diese Vorgänge. Schließlich sollen auch Privatpersonen nach diesen Regeln kaufen und verkaufen können. Außerdem gelten die Vorschriften dann auch für Unternehmer, die keine Kaufleute sind. Jedenfalls haben somit auch Kaufleute die entsprechenden Normen des BGB zu beachten.
2.2. Besondere Vorschriften zur Übertragung von Grundstücken
Wer also genau nachliest, findet im HGB auch kaum Vorschriften, die den Kauf oder Verkauf von Immobilien regeln, bei denen Kaufleute beteiligt sind. Daher gelten für Kaufleute prinzipiell die selben Gesetzte wie für Privatpersonen. Diese sind tatsächlich ebenfalls im BGB enthalten. Darüber hinaus gibt es aber auch einige wenige Vorschriften im HGB mit Bezug auf den Erwerb oder Verkauf von Immobilien durch Kaufleute.
2.3. Mietrecht
Auch in Fragen des Mietrechts sind die gesetzlichen Grundlagen im BGB fixiert. Es gilt somit für Privatpersonen wie für Kaufleute gleichermaßen.
2.4. Zahlungsfristen bei Privatkunden
Wenn ein privater Kunde von einem Kaufmann eine Lieferung oder Leistung erhält, hat die Rechnung den Hinweis zum Zahlungszeitpunkt zu enthalten. Dabei ist dieser Zeitpunkt im BGB genau definiert. Er tritt 30 Tage nach Erhalt der Leistung sowie der dazugehörigen Rechnung ein. Fehlt dieser Hinweis auf der Rechnung an einen Privatkunden, besteht seinerseits keine Verpflichtung den davon abweichenden Forderungen der Rechnung nachzukommen. Fehlt gar jeglicher Hinweis auf ein Zahlungsziel, hat die Privatperson die freie Wahl, wann er zahlen möchte.
2.5. Zuständigkeit der Gerichte bei einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen und Kaufleuten
Bei einem Rechtsstreit unter Privatpersonen ist das örtlich zuständige Amtsgericht in erster Instanz zuständig. Ist dabei jedoch auch ein Kaufmann im Rechtsstreit involviert, so hat auch er diese Vorschrift zu beachten.
2.6. Bestimmungen zum Arbeitsrecht
Tatsächlich sind auch viele Regelungen zum Arbeitsrecht, wie etwa Pflichten beim Dienstvertrag oder Kündigungsfristen, im BGB enthalten. Diese gelten, in Ermangelung anderer Vorschriften im HGB, somit auch für Kaufleute als Arbeitgeber.
3. Beispiele zu unterschiedlichen Regelungen bei Kaufleuten und Privatpersonen
3.1. Prüfung bei der Abnahme von Warensendungen
Wenn eine Privatperson eine Lieferung empfängt, besteht für sie kein Zwang zur unverzüglichen Prüfung der Warensendung. Selbst wenn man einen Mangel zum Beispiel erst nach einer Woche bemerkt, hat man das Recht den Mangel zu reklamieren.
Bei Warensendungen unter Kaufleuten gilt ein anderer Grundsatz: Hier ist der Empfänger dazu verpflichtet die empfangene Waren sofort auf Mängel zu prüfen. Wird jedoch kein Mangel beanstandet, erlischt für den Lieferer die Verpflichtung einen eventuell später festgestellten Mangel zu beheben. Dies gilt selbst dann, wenn man nachweisen kann, dass der Mangel schon vor dem Empfang der Ware bestand.
3.2. Zahlungsfristen unter Kaufleuten
Bei Geschäften unter Kaufleuten gilt im Hinblick auf den Zeitpunkt der fristgerechten Zahlung ebenfalls eine Regelung nach dem BGB. In diesem Fall ist er aber für Kaufleute anders definiert. Für sie gilt automatisch eine feste Frist zur Zahlung innerhalb von 30 Tagen nach Leistung und Zugang der Rechnung.
3.3. Bürgschaft: schriftlicher Vertrag vs. Handschlag
Privatpersonen, die eine Bürgschaft eingehen, müssen dies laut BGB schriftlich festhalten. Dadurch soll der Bürge nochmals Klarheit erhalten, dass eine Bürgschaft eine bedeutende Verpflichtung darstellt. Erst durch die Unterschrift unter dem Bürgschaftsvertrag ist der Vorbehalt ausgeräumt, dass der Bürge die Bürgschaft möglicherweise leichtfertig eingeht.
Bei den Kaufleuten kann man jedoch erwarten, dass sie ohnehin stets mit großer Sorgfalt ihre Geschäfte tätigen. Daher können Kaufleute untereinander auch Bürgschaften eingehen ohne auf die im BGB fixierte schriftliche Vertragsform achten zu müssen. Ein Handschlag unter Kaufleuten kann also bereits Rechtskraft haben.
3.4. Buchführungspflicht, Pflicht zum Aufstellen von Bilanzen und Jahresabschlüssen
Kaufleute unterliegen der im HGB verankerten Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung. Sie müssen also für alle geschäftlichen Handlungen eine lückenlose Dokumentation erstellen. Diese ist dann die Grundlage für eine Bilanz zum Ende eines Wirtschaftsjahres und somit die Basis zur Feststellung des Gewinns im Jahresabschluss. Dabei sind die gesetzlichen Vorschriften sowohl mannigfaltig als auch komplex. Wer nun bei seiner Berufsausbildung keinen oder nur geringen Kontakt zum Thema Buchführung hatte, sollte daher unbedingt einen Steuerberater bei seiner Finanzbuchhaltung hinzuziehen. Andere Unternehmer, bei denen keine Qualifizierung als Kaufleute vorliegt, kommen hingegen mit weniger Aufwand bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Ziel.
3.5. Zuständigkeit der Gerichte bei juristischen Auseinandersetzungen unter Kaufleuten
Kommt es zu einem Rechtsstreit unter Kaufleuten, müssen sie ihre Klage bereits in erster Instanz beim Landgericht vorbringen. Bei einem Rechtsstreit unter Privatpersonen wäre dies erst die zweite Instanz nach dem Amtsgericht.
4. Zusammenfassung
Wie man also sieht, haben Kaufleute aufgrund der im HGB enthaltenen gesetzlichen Vorgaben eine enorme Vielfalt an Vorschriften zu beachten. Darüber hinaus sind in vielen Fällen auch die Gesetze des BGB relevant. Zum Beispiel sind dort eine Reihe von arbeitsrechtlichen Regelungen enthalten. Dabei sind viele Einzelfragen von alltäglicher Häufigkeit, gleichzeitig jedoch auch von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Unternehmens. Es bedarf also deutlich mehr, als lediglich einer guten Idee und fachlichem Know-how, um ein Unternehmen – ganz gleich, ob von privater oder kaufmännischer Natur – erfolgreich zu betreiben.
Daher ist es gerade in der Anfangsphase einer Unternehmung enorm wichtig das nötige rechtliche Fachwissen zu besitzen und anzuwenden. Wer selbst über diese Voraussetzungen verfügt, kann sicher sein, dass sein Unternehmen zumindest in dieser Hinsicht optimal läuft. Alle anderen Unternehmer sind dem hingegen gut beraten einen versierten Steuerberater bei der Existenzgründung zu konsultieren. Er hilft dann insbesondere die mittel- und langfristige Perspektive des Unternehmens zu analysieren und entsprechend zu konzipieren.
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