Besitzunternehmer: Keine Pflicht zur Bilanzierung bei Betriebsaufspaltung
Wenn das Ziel einer Betriebsaufspaltung die Trennung zwischen einem Besitz- und einem Betriebsunternehmen ist, dann sind diese steuerlich unterschiedlich zu behandeln. Wichtig hierbei ist, ob es sich um Kapitalgesellschaften, wie etwa eine GmbH, oder Personengesellschaften, zum Beispiel eine GmbH & Co. KG handelt. Weiterhin bestehen Unterschiede bei der Bilanzierung sowohl einzelner Wirtschaftsgüter als auch des Betriebsvermögens insgesamt. Außerdem ist zu klären, inwiefern Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Ersatz von Wirtschaftsgütern die jeweiligen Unternehmen betreffen und welche Konsequenzen dies beinhaltet.
Aufgrund dieser Praxisrelevanz haben wir zusammen mit der FOM Hochschule nachfolgenden Beitrag angefertigt. Die Ausarbeitung wurde von Eike C. Schleert (Bachelor of Arts in Steuerrecht) nach wissenschaftlichen Kriterien und unter Betreuung von FOM-Dozent Christoph Juhn LL.M./StB erstellt.
Unser Video:
Betriebsaufspaltung
Im Video zeigen wir Ihnen verschiedene Strategien eine Betriebsaufspaltung im Vorhinein, sowie im Nachhinein zu vermeiden oder diese auch bewusst zu erhalten.
1. Bilanzierung des Vermögens
Durch die Trennung von Besitz- und Betriebsunternehmen sind diese auch bei den entsprechenden Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten getrennt zu beurteilen. Allgemein muss jede Gesellschaft den Gewinn für jedes Wirtschaftsjahr feststellen. Eine handelsrechtliche Buchführungspflicht nach § 238 HGB und eine damit einhergehende steuerrechtliche Buchführungspflicht gemäß § 140 AO liegt vor, wenn ein kaufmännischer Geschäftsbetrieb oder eine Handelsgesellschaft vorhanden ist. Bei Nichtvorliegen der genannten Kriterien, wird eine steuerrechtliche Buchführungspflicht beim Überschreiten der Größenklassen des § 141 AO erreicht. Bei Unterschreiten der Größenklassen ist eine Gewinnermittlung nach § 4 (3) EStG durchzuführen.[122]
Durch die strikte Trennung der zwei selbstständigen Unternehmen können die Wirtschaftsgüter aber nur einem Unternehmen zugeordnet werden. Diese sind nach den universellen Grundsätzen bei dem jeweiligen Unternehmen anzusetzen. Auch eine Zurechnung der wesentlichen Betriebsgrundlage als wirtschaftliches Eigentum lehnte der BFH im Jahr 1997 ab. Die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums sei trotz der Nutzung seitens des Betriebsunternehmens bei dem Besitzunternehmen vorzunehmen.[123]
2. Die wesentliche Betriebsgrundlage beim Besitzunternehmen
Zum notwendigen Vermögen des Besitzunternehmens gehört zum einem die wesentliche Betriebsgrundlage der sachlichen Verflechtung sowie bei der klassischen Betriebsaufspaltung die Anteile an dem Betriebsunternehmen. Auch ein gewährtes Darlehen an die Gesellschafter des Betriebsunternehmens ist – nach Rechtsprechung des BFH – als notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens anzusehen.[124] Sowohl Anteile an einer Kapitalgesellschaft, welche einen beherrschenden Einfluss an der Betriebskapitalgesellschaft besitzt,[125] als auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die häufige Geschäftsbeziehungen zum Betriebsunternehmen pflegt,[126] zählen zum notwendigen Betriebsvermögen. Neben der vermieteten wesentlichen Betriebsgrundlage zählen auch alle weiteren Wirtschaftsgüter, mit Verbindung zur wesentlichen Betriebsgrundlage, zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens.[127] Auch gewillkürtes Betriebsvermögen ist bei dem Besitzunternehmen nicht ausgeschlossen, da der Rahmen des Besitzunternehmens sich nicht nur auf das Betriebsunternehmen bezieht, sondern Wirtschaftsgüter von dem Besitzunternehmen auch an fremde Dritte vermietet werden können, welches diese dann als gewillkürtes Betriebsvermögen qualifiziert.[128]
Eine mögliche Übertragung von Vermögensgegenständen vom Besitz- auf das Betriebsunternehmen stellt in allen Fällen ein Veräußerungsvorgang mit eventueller Aufdeckung der stillen Reserven – unter der Voraussetzung eines Entgelts als Gegenleistung – dar. Dieser Vorgang wird auch als offene Einlage bezeichnet, in der nach § 6 (6) EStG das Wirtschaftsgut zu dem gemeinen Wert übertragen wird.[129] Des Weiteren liegt auf der Seite des Betriebsunternehmens ein Anschaffungsvorgang vor.[130] Bei einer entsprechenden verdeckten Einlage wird die Beteiligung an dem Betriebsunternehmen nach § 6 (6) S. 2 EStG um den Teilwert des übertragenen Wirtschaftsgutes erhöht.[131]
Ist eine Forderung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen entstanden und verzichtet das Besitzunternehmen auf diese Forderung, so führt dies zu einer Anschaffungskostenerhöhung der Beteiligung des Betriebsunternehmens bei einer eventuellen Betriebskapitalgesellschaft zu einer Einlage.[132] Der Aufwand auf Seite des Besitz- und der Ertrag auf Seite des Betriebsunternehmens sind erfolgswirksam zu erfassen.[133]
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3. Pachterneuerungsanspruch beim Betriebsunternehmen
Eine Besonderheit bei einer Betriebskapitalgesellschaft bildet ein Pachterneuerungsanspruch des Besitzunternehmens. Dieses bedeutet, dass das Betriebsunternehmen die Nutzung und den Verschleiß eine mögliche Reparatur oder sogar eine Wiederbeschaffung finanzieren muss. Für die eingegangene vertragliche Verpflichtung muss eine aufwandswirksame Rückstellung auf Seiten des Betriebsunternehmens gebildet werden. Die Höhe des Wiederbeschaffungswertes ist dabei die maßgebliche Höhe der Rückstellung. Bei einer Neuanschaffung eines genutzten Wirtschaftsgutes sind die Anschaffungskosten mit dem eingestellten Wert in der Rückstellung zu verrechnen und ein darüber hinausgehender Wert als Forderungsposten gegenüber des Besitzunternehmens einzustellen.[134] Auf Seiten des Besitzunternehmens ist gegensätzlich zur Rückstellung bei dem Betriebsunternehmen eine Aktivierung des Erneuerungsvertrages in gleicher Höhe vorzunehmen.[135]
4. Genaue Vermögensbetrachtung nach Neugründung
Im Rahmen der Ausgliederung eines Unternehmensteils durch Neugründung eines zweiten selbständigen Unternehmens, ist eine genaue Vermögensbetrachtung erforderlich. Aufgrund der neuen Unternehmensstruktur, der Anmietung der wesentlichen Betriebsgrundlage und weiterer Vermögensgegenstände, wird oft auch ein Geschäfts- oder Firmenwert (GuF) von dem Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen weitergegeben. Diese Vorgehensweise ist jedoch kein essentieller Bestandteil der echten Betriebsaufspaltung, da der GuF auch von vorhinein bei dem Betriebsunternehmen verbleiben kann.[136] Werden von dem Betriebsunternehmen jedoch alle wesentlichen Betriebsgrundlagen durch das Besitzunternehmen langfristig angemietet, geht die Rechtsprechung davon aus, dass der GuF in dieser Konstellation auch zur Nutzung überlassen wird.[137]
Dabei ist nach Rechtsprechung des BFH dieser GuF so zu definieren, dass er den Mehrwert über die Vermögensgegenstände als auch das Gewinnpotenzial eines Unternehmens beschreibt.[138] Dabei ist auch denkbar, dass nach der Gründung der echten Betriebsaufspaltung, ein neuer GuF gebildet wird, welcher zusätzlich zum bestehenden GuF besteht.[139] Die angesprochene Nutzungsüberlassung knüpft der BFH jedoch an die Voraussetzungen, dass sich das Betriebsunternehmen auch ohne die Anmietung des Unternehmenswertes eigenständig fortführen kann und die überlassene Nutzungsmöglichkeit über einen längeren Zeitraum ohne vorherige Kündigungsmöglichkeit vertraglich bestimmt ist.[140] Außerdem sei die Übertragung eines GuF auf das Betriebsunternehmen nicht erlaubt, wenn sich der Wert lediglich auf ein Wirtschaftsgut beschränkt, welches bei der Begründung im Besitzunternehmen verblieben ist.[141]
Des Weiteren ist zu prüfen, ob ein Veräußerungsgeschäft zum Zeitpunkt der Gründung – bei Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf das Betriebsunternehmen – vorliegt und wie ein Verbleib eines Wirtschaftsgutes bilanziert wird.[142]
5. Bilanzierung eines Wirtschaftsgutes
Die Bilanzierung eines Wirtschaftsgutes, welches im Besitzunternehmen verbleibt, erfolgt zu den Buchwerten (Buchwertfortführung) und es entsteht kein gewinnrealisierender Sachverhalt auf Seiten des Besitzunternehmens. Erfolgt jedoch eine Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf das neu gegründete Betriebsunternehmen, werden die Rechtsfolgen aufgrund der Gegenleistung für das erworbene Wirtschaftsgut unterschiedlich ausgelegt. Bei einer entgeltlichen Gegenleistung entsteht ein gewinnrealisierender Veräußerungsvorgang von dem Besitz- und ein neutraler Kauf seitens des Betriebsunternehmens. Anstatt einer geldlichen Gegenleistung kann auch eine Schuldübernahme[143] die gleiche Rechtsfolge auslösen. Bei der Übertragung von Gesellschaftsrechten für das übertragende Wirtschaftsgut handelt es sich ebenfalls um eine Veräußerung, wobei speziell hierbei die erworbenen Anteile an dem Betriebsunternehmen bei dem Besitzunternehmen nach § 6 (6) S. 1 EStG mit dem gemeinen Wert des übertragenden Wirtschaftsgutes zu bilanzieren sind. Eine Buchwertfortführung seitens des Betriebsunternehmens gemäß § 6 (6) S. 3 EStG und keine Gewinnrealisierung liegt dagegen bei einer verdeckten Einlage vor, wenn keine Gegenleistung des Besitzunternehmens zukommt. Lediglich die Anschaffungskosten der Beteiligung an dem Betriebsunternehmen erhöhen sich um den Teilwert des Wirtschaftsgutes.[144]
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[122] Vgl. Rieck, U., Beck´sches Handbuch der Personengesellschaften, 2014, S. 1617.
[123] Vgl. BFH vom 07.10.1997 – VIII R 63/95, BFH/NV 1998, S. 1202.
[124] Vgl. BFH vom 25.11.2004 – IV R 7/03, BStBl. II 2005, S. 354; Preißer, M. & Pung, A., Die Besteuerung der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2012, S. 687-688.
[125] Vgl. BFH vom 20.07.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, S. 457.
[126] Vgl. BFH vom 20.04.2005 – X R 2/03, BStBl. II 2005, S. 694.
[127] Vgl. BFH vom 20.04.2005 – X R 58/04, BFH/NV 2005, S. 1774; H. Kahle, R. Heinstein in Frotscher/Geurts EStG Kommentar 2017 Anhang 2 zu § 15 EStG RZ 169a.
[128] Vgl. R. Wacker in H. Weber-Grellet, Schmidt EStG Kommentar 2017 zu § 15 EStG RZ 875.
[129] Vgl. W. Reiß in Kirchhof EStG Kommentar 2017 zu § 15 EStG RZ 109.
[130] Vgl. BFH vom 07.07.1998 – VIII R 5/96, BStBl. II 1999, S. 209.
[131] Vgl. Falterbaum, H., Bolk, W., Reiß, W. & Kirchner, T., Buchführung und Bilanz, 2015, S. 1564.
[132] Vgl. BFH vom 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, S. 618.
[133] Vgl. BFH vom 18.04.2012 – X R 7/10, BStBl. II 2013, S: 791.
[134] Vgl. Rieck, U., Beck´sches Handbuch der Personengesellschaften, 2014, S. 1626.
[135] Vgl. BFH vom 17.02.1998 – VIII R 28/95, BStBl. II 1998, S. 505.
[136] Vgl. H. Kahle, R. Heinstein in Frotscher/Geurts EStG Kommentar 2017 Anhang 2 zu § 15 EStG RZ 46.
[137] Vgl. BFH vom 27.03.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, S. 771.
[138] Vgl. BFH vom 26.11.2009 – III R 40/07, BStBl. II 2010, S. 609.
[139] Vgl. BFH vom 18.06.2015 – IV R 5/12, BFH/NV 2015, S. 1640.
[140] Vgl. BFH vom 27.03.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, S. 771.
[141] Vgl. ebda.
[142] Vgl. H. Kahle, R. Heinstein in Frotscher/Geurts EStG Kommentar 2017 Anhang 2 zu § 15 EStG RZ 233-237.
[143] Vgl. BFH vom 04.08.2010 – X B 172/09, BFH/NV 2010, S. 2053.
[144] Vgl. siehe Fußnote 129.