Neue Regelungen zur Wegzugsbesteuerung: Änderungen zum 01.01.2020
Für die Wegzugsbesteuerung sind mit Gültigkeit zum 01.01.2020 einige Veränderungen geplant. So sollen nun Bestimmungen gelten, nach denen, bei der Rückkehr eines Gesellschafters einer inländischen Kapitalgesellschaft innerhalb von sieben statt bisher fünf Jahren, die Steuer erstattet wird. Dabei ist abweichend von der bisherigen Regelung auch kein berufliches Interesse als Voraussetzung für die Gewährung einer Fristverlängerung notwendig. Weiterhin wurde auch der Zeitraum auf sieben Jahre angepasst, in dem eine Ratenzahlung der Wegzugsteuer möglich ist. Gleichzeitig verlängerte man die damit verbundene jährliche Frist zum Nachweis des fortgeführten Eigentums an den Anteilen vom 31. Mai auf den 31. Juli. Dem hingegen ist die Option einer Stundung bei einem Wegzug ins EU/EWR-Ausland weggefallen.
Der vorliegende Beitrag zur Reform der Wegzugsbesteuerung entstand im Vorgriff auf die rückwirkend zum 01.01.2020 erwarteten Änderungen. Mit Stand November 2020 sind jedoch noch keine konkreten Gesetzesänderungen eingetreten. Wir bitten dies zu berücksichtigen.
Unser Video:
Wegzugsteuer
Im Video erklären wir welche Änderungen bei der Wegzusbeteuerung geplant sind und welche Folgen daraus resultieren.
1. Hintergrund zur Wegzugsbesteuerung
Die Wegzugsbesteuerung dient dem Zweck, einer Flucht vor der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch vorzeitigem Wegzug des Gesellschafters ins Ausland zu begegnen. Denn mit dem Wegzug des Gesellschafters ins Ausland, ist auch eine Verlagerung der Besteuerungshoheit dorthin verbunden. Damit Deutschland die Besteuerungshoheit auch dann behält, wenn der Gesellschafter nach seinem Wegzug seine Anteile an der Kapitalgesellschaft von seinem neuen Wohnort im Ausland aus verkauft, setzt maneben prophylaktisch die Wegzugsbesteuerung an.
Die gesetzlichen Grundlagen zur Wegzugsbesteuerung sind im § 6 AStG integriert.
2. Aktuelle Änderungen an der Wegzugsbesteuerung
2.1. Anpassung der Zeitspanne, in der eine Rückkehr nach Deutschland steuerfrei bleibt
Bisher sah die Regelung zur Wegzugsbesteuerung vor, dass bei einer Rückkehr des Gesellschafters innerhalb von fünf Jahren die Steuer erstattet wurde. Diese Frist konnte auf Antrag um weitere fünf Jahre verlängert werden, wenn dafür berufliche Gründe dies bedingten.
Die Neuerung zu diesem Aspekt ist nun so, dass die erste Frist auf sieben Jahre ausgedehnt wurde. Sollte dies zu knapp sein, dann besteht weiterhin die Möglichkeit eine Fristverlängerung um fünf Jahre zu beantragen. Das Argument einer berufsbedingten Abwesenheit im Ausland ist nun jedoch belanglos. Die Fristverlängerung wird nun auch ohne berufliche Gründe gewährt. Somit dehnt sich die maximale Aufenthaltsdauer im Ausland auf insgesamt zwölf Jahre aus, ohne dass dabei der Anspruch auf Erstattung bereits gezahlter Steuern erlischt.
2.2. Anpassung der Dauer der Ratenzahlungen
Zuvor galt, dass die meist recht erhebliche Steuerlast, die ein Gesellschafter bei seinem Wegzug ins Ausland dem deutschen Fiskus im Rahmen der Wegzugsbesteuerung schuldete, innerhalb von fünf Jahren in Raten zahlen konnte.
Analog zur Verlängerung der Rückkehrfrist ist nun auch der Zeitraum zur Ratenzahlung auf sieben Jahre verlängert worden. Ganz neu ist nun allerdings, dass die Ratenzahlung nur dann gewährt wird, wenn entsprechende Sicherheiten hinterlegt werden. Dies können zum Beispiel Bürgschaften oder entsprechende Eintragungen im Grundbuch im Zusammenhang mit Immobilien sein. Natürlich ist dies dann im Detail mit dem zuständigen Finanzamt zu klären.
2.3. Änderung der Frist zum jährlichen Nachweis des Eigentums der Anteile an der Kapitalgesellschaft
Eine Nebenbedingung zur Erlangung der Möglichkeit zur Ratenzahlung war bislang, dass der Gesellschafter jährlich bis zum 31. Mai einen Nachweis darüber zu erbringen hatte, dass seine Anteile an der Kapitalgesellschaft sich nach wie vor weiterhin in seinem Eigentum befanden.
Auch dies ist nun angepasst worden. Seit diesem Jahr ist die Frist zum 31. Juli eines jeden Jahres einzuhalten.
2.4. Wegfall der Möglichkeit einer Stundung bei Wegzug ins EU/EWR-Ausland
Bei einem Wegzug in einen Mitgliedsstaat der EU oder des EWR bis zum 31.12.2019 bestand die Möglichkeit eine zinslose Stundung der Steuer zu beantragen. Damit konnte man erreichen, dass erst dann die Steuer zu entrichten war, wenn entweder die Anteile an der Kapitalgesellschaft tatsächlich verkauft wurden oder ein weiterer Umzug in ein Land außerhalb des EU/EWR-Raums stattfand.
Der nun aktualisierte Gesetzestext im Außensteuergesetz kommt nun ohne diese Option zur Wirkung. Also ist es seit dem 01.01.2020 weitestgehend unerheblich in welches Land der Gesellschafter verzieht. Eine Stundung ist nun fast gänzlich ausgeschlossen.
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3. Möglichkeiten der Vermeidung der Wegzugsbesteuerung
Falls Sie in nächster Zeit durch einen Umzug ins Ausland von der Wegzugsbesteuerung betroffen sein sollten, dann ist es für Sie sicherlich von Interesse, Informationen zu den Möglichkeiten zur Vermeidung der Steuer zu erhalten. Eine Option hierbei ist die Schaffung einer doppelstöckigen Holding mit einer Personengesellschaft – zum Beispiel einer GmbH & Co. KG – als Zwischengesellschaft. Eine andere Möglichkeit ist mit der Wahl des Landes, in das der Gesellschafter wegziehen möchte, verbunden. Tatsächlich hat die Bundesrepublik mit einigen wenigen Ländern bilaterale Abkommen geschlossen, die es ermöglichen die Wegzugsteuer zu vermeiden. Eines dieser Länder ist zum Beispiel Dubai. Weitere Alternativen könnten auch die Einrichtung eines Nießbrauchs oder die Übertragung der Anteile an Verwandte sein. Welche Lösung auf Sie und Ihre individuelle Situation am besten passt, ist allerdings nur in einem detaillierten Verfahren zu ermitteln. Daher laden wir Sie herzlich ein mit uns Kontakt aufzunehmen. Wir freuen uns darauf Ihnen hierbei weiterzuhelfen.
4. Anmerkung zur Konformität der Wegzugsbesteuerung mit geltendem EU-Recht
Die neue Regelung zur Wegzugsbesteuerung, nach der eine Stundung alternativlos fallen gelassen wurde, ist deshalb eingeführt worden, weil der Europäische Gerichtshof mittlerweile in wegweisenden Entscheidungen befand, dass die Möglichkeit zur Ratenzahlung innerhalb von fünf Jahren ein ausreichendes Zugeständnis ist. Mit dem nun auf sieben Jahre ausgedehnten Zeitraum zur Ratenzahlung vertritt der Gesetzgeber also die Überzeugung dem EU-Recht in dieser Hinsicht zu genügen. Allerdings ist anzumerken, dass die vom Europäischen Gerichtshof verhandelten Fälle mit dem Wegzug von Kapitalgesellschaften zusammenhingen. Im Gegensatz dazu gilt die Wegzugsbesteuerung aber auch für natürliche Personen. Inwiefern dies als deckungsgleich gelten darf, kann man aus rechtlicher Perspektive durchaus anzweifeln.
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