Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer

aktuell und nachvertraglich

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Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer: aktuell und nachvertraglich

In aller Regel haben Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) ein grundlegendes Interesse daran, dass ihre Geschäftsführer keine Konkurrenzunternehmen unterstützen. Diese Interessenslage gilt insbesondere für den Zeitraum der Tätigkeit des Geschäftsführers. Aber auch nach Aufgabe der Organstellung kann ein ehemaliger Geschäftsführer potentiell konkurrierende Unternehmen, z.B. mit seinem Know-How oder seinem Netzwerk, unterstützen. Aus diesem Grund sind Wettbewerbsverbote für GmbH-Geschäftsführer in der Wirtschaftswelt weit verbreitet.

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1. Die Grundlagen

Für die Bewertung von durch eine GmbH verwendeten Wettbewerbsverboten ist es zunächst erforderlich zu unterscheiden, wer von dem Wettbewerbsverbot betroffen ist. Je nach Adressat bzw. Vereinbarungspartner ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich ausschließlich mit an Geschäftsführer gerichteten Wettbewerbsverboten. Die nachfolgenden Ausführungen sind daher nicht unmittelbar auf Wettbewerbsverbote für Nur-Gesellschafter oder Arbeitnehmer einer GmbH übertragbar.

Weiterhin ist zu differenzieren, ob das Wettbewerbsverbot während der Tätigkeit als Geschäftsführer gilt oder nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit greifen soll. Beide Konstellationen werden in den folgenden Ausführungen näher beleuchtet.


2. Wettbewerbsverbot während Geschäftsführertätigkeit

Während der Tätigkeit als Geschäftsführer ist der Wettbewerb mit der GmbH, in der die Organstellung ausgeübt wird, untersagt. Dieses Wettbewerbsverbot wird, mangels gesetzlicher Grundlage, aus der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht abgeleitet. Es beruht unmittelbar auf der Organstellung des Geschäftsführers und bedarf daher keiner separaten vertraglichen Grundlage. Das Wettbewerbsverbot dient dem Schutz berechtigter Interessen der GmbH, insbesondere innerhalb des unternehmerischen Geschäftszweigs. Namentlich ist es dem Geschäftsführer grundsätzlich verboten, im Geschäftsbereich der GmbH auf eigene Rechnung unternehmerisch tätig zu werden. Inhaltlich zählt hierzu auch die Pflicht des Geschäftsführers Vorteile der GmbH zu wahren und Geschäftschancen für die GmbH statt persönlich oder für Dritte wahrzunehmen.

Sind durch ein Verhalten des Geschäftsführers jedoch keine berechtigten Interessen der GmbH in diesem Sinne beeinträchtigt, ist das Verhalten nicht von einem Wettbewerbsverbot umfasst. Nach neuerer Rechtsprechung des OLG Stuttgart[1] genügt eine Minderheitsbeteiligung des Geschäftsführers an einem Konkurrenzunternehmen nicht zur Interessensbeeinträchtigung, soweit die Beteiligung dem Geschäftsführer keine Einflussmöglichkeiten vermittelt. Die GmbH kann grundsätzlich zugunsten des Geschäftsführers auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Ob zu diesem Zweck die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist oder ein Mehrheitsbeschluss ausreicht ist in der Fachliteratur umstritten. Unter entsprechenden Voraussetzung ist eine nachträgliche Genehmigung konkurrierender Tätigkeit des Geschäftsführers durch die GmbH jederzeit möglich. Wird weder seitens der GmbH auf das Wettbewerbsverbot verzichtet, noch ein Verstoß des Geschäftsführers nachträglich genehmigt, ist der Geschäftsführer der GmbH grundsätzlich zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Das aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht abgeleitete Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer endet mit Beendigung der Organstellung.

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3. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot greift im Unterschied zu dem Wettbewerbsverbot aufgrund der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (2.) erst nach Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer. Zweck des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist es in erster Linie, eine unmittelbare Unterstützung von Konkurrenzunternehmen durch den ehemaligen Geschäftsführer nach Beendigung der Zusammenarbeit zu verhindern. Diese Form des Wettbewerbsverbotes existiert ausschließlich aufgrund ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer. In der Praxis ist eine entsprechende Vertragsklausel in der Regel in den zwischen GmbH und Geschäftsführer geschlossenen Dienstverträgen zu finden. Die Einbindung solcher Verbotsklauseln ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich zulässig. Allerdings ist die Vertragsgestaltung im Hinblick auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot keineswegs simpel. Denn die rechtliche Wirksamkeit einer derartigen Verbotsklausel ist aufgrund der teilweise unklaren Rechtsprechung und fehlender spezialgesetzlicher Regelungen oft nur schwer zu beurteilen. Fraglich ist daher insbesondere an welchem Maßstab die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu messen ist.

3.1. Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB

Die §§ 74 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) enthalten gesetzlich festgelegte Vorschriften für „Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge“ betreffende Wettbewerbsverbote. Über die Verweisung in § 110 GewO finden diese Rechtsnormen auch auf Wettbewerbsverbote Anwendung, die Arbeitnehmer betreffen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofes (BGH) sind die §§ 74 ff. HGB jedoch nicht auf Organe von Kapitalgesellschaften anwendbar. Der GmbH-Geschäftsführer fällt dementsprechend nicht in den Anwendungsbereich dieser Rechtsvorschriften. Diese Nichtanwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB auf GmbH-Geschäftsführer wird aufgrund von Wertungswidersprüchen zu Arbeitnehmern von Teilen der Fachliteratur kritisiert.

3.2. Die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots nach § 138 BGB

Die Wirksamkeit der Wettbewerbsverbotsklausel ist daher primär an dem Maßstab der Nichtigkeit nach § 138 BGB zu messen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtswirksam, wenn es berechtigten Interessen der GmbH dient und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers nicht unbillig erschwert. Verstößt die Vertragsklausel gegen diese Vorgaben ist das Wettbewerbsverbot grundsätzlich nichtig und somit wirkungslos.

3.2.1. Die örtlichen Grenzen

Das Wettbewerbsverbot sollte in räumlicher Hinsicht grundsätzlich am (relevanten) unternehmerischen Tätigkeitsbereich der GmbH orientiert werden. Das Verbot kann insoweit je nach Einzelfall auf eine bestimmte Region oder sogar international auf verschiedene Länder erstreckt werden. Allerdings ist durch eine angemessene Auswahl der örtlichen Geltung des Wettbewerbsverbots auf die Vermeidung einer überschießenden Regelung zu achten.

3.2.2. Die zeitlichen Grenzen

Ein zeitlich unbeschränktes Wettbewerbsverbot ist grundsätzlich unangemessen und ein Verstoß im Sinne des § 138 BGB. Die konkrete Bestimmung einer angemessenen zeitlichen Beschränkung des Wettbewerbsverbotes ist jedoch vom konkreten Sachverhalt im Einzelfall abhängig. In der Regel ist eine zeitliche Beschränkung von bis zu zwei Jahren rechtmäßig. Allerdings können besondere Umstände vorliegen die eine kürzere Befristung erforderlich machen, um die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes zu verhindern.

3.2.3. Die gegenständlichen Grenzen

Die gegenständlichen Grenzen des Wettbewerbsverbotes normieren welche Tätigkeiten des Geschäftsführers nachvertraglich verboten sind. Zum einen muss die Verbotsklausel regeln auf welche Unternehmen oder Geschäftszweige sich das Wettbewerbsverbot beziehen soll. Zum anderen sollte die Klausel detailliert die Tätigkeitsfelder benennen, die dem Geschäftsführer untersagt sein sollen (Geschäftsführer, Arbeitnehmer, Selbstständiger, Gesellschafter etc.). Allerdings ist gerade bei der Ausgestaltung der gegenständlichen Grenzen des Wettbewerbsverbots besondere Aufmerksamkeit geboten. Nach einem Beschluss des OLG München[2] ist ein Wettbewerbsverbot bereits dann unangemessen, wenn es dem Geschäftsführer jegliche Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen, auch solche ohne Bezug zu der bisherigen Tätigkeit des Geschäftsführers, untersagt.

3.2.4. Die geltungserhaltende Reduktion

Ob eine Reduzierung einer unangemessen ausgestalteten Wettbewerbsverbotsklausel auf ein angemessenes Maß zulässig ist kann nicht einheitlich beurteilt werden. Jedenfalls ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass die in § 74a Abs. 1 HGB normierte geltungserhaltende Reduktion auf Geschäftsführer nicht anwendbar ist (vgl. 3.1.). Darüber hinaus geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein in zeitlicher Hinsicht überschießendes Wettbewerbsverbot grundsätzlich auf ein quantitativ angemessenes Maß reduziert werden kann. Die Rechtswirksamkeit der Verbotsklausel kann für den angemessenen Kern somit aufrechterhalten werden. Hinsichtlich des gegenständlichen Anwendungsbereiches ist laut Rechtsprechung eine solche Aufrechterhaltung eines angemessenen Maßes des Wettbewerbsverbotes jedoch nicht zulässig. Ob die geltungserhaltende Reduktion auf eine Überschreitung der örtlichen Grenzen angewendet werden kann ist bislang nicht abschließend geklärt, wird jedoch von Teilen der Fachliteratur mit Blick auf die Rechtsprechung bezüglich der zeitlichen Grenzen gefordert.

3.2.5. Die Salvatorische Klausel

Ob eine Salvatorische Klausel, mithin eine Vertragsklausel die den Anwendungsbereich eines Vertrages auf den rechtwirksamen Teil eingrenzt, um eine vollständige Nichtigkeit zu verhindern, ein unangemessenes Wettbewerbsverbot mit seinem angemessenen Teil aufrechterhalten kann ist von der Rechtsprechung ebenfalls bislang nicht einheitlich entschieden worden. In der Regel ist es jedoch sinnvoll eine solche als Ergänzung zu einem Wettbewerbsverbot aufzunehmen. Als Alternative kommt eine vertraglich vereinbarte Anwendbarkeit des § 74a Abs. 1 HGB in Betracht.

3.3. Folgen eines nichtigen Wettbewerbsverbots

Ist das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot nach den vorstehenden Kriterien gem. § 138 BGB nichtig, ist es vollständig rechtsunwirksam. Es entfaltet für die Vertragsparteien keinerlei Wirkung oder rechtliche Bindung.

3.4. Einseitiger Verzicht auf das Wettbewerbsverbot durch die GmbH

Laut Rechtsprechung des BGH ist es der GmbH erlaubt, bereits während der Tätigkeit des Geschäftsführers für die GmbH, einseitig auf ein zuvor vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot zu verzichten. Die Folgen eines derartigen einseitigen Verzichts sind jedoch nicht eindeutig. Insbesondere ist das Schicksal einer vereinbarten finanziellen Entschädigung des Geschäftsführers fraglich. Diese Frage ist derzeit nur für jeden konkreten Einzelfall separat zu beantworten. Jedenfalls sollte ein einseitiger Verzicht durch die GmbH nur unter Anwendung einer angemessenen Frist (während der eine vereinbarte Entschädigung von der GmbH trotz Verzichtes zu zahlen ist) möglich sein, während der sich der Geschäftsführer auf die neuen Gegebenheiten einstellen kann.


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[1] OLG Stuttgart, Urteil vom 15.3.2017 – 14 U 3/14

[2] OLG München, Beschluss vom 2.8.2018 – 7 U 2107/18