Digitalsteuer

Ausgestaltung, Folgen & Erfolgsaussichten

OECD/EU: Globale Digitalsteuer für die digitale Wirtschaft?!

Die digitale Wirtschaft wird im internationalen Steuerrecht nur selten erfasst und besteuert. Insbesondere im Absatzstaat werden digitale Leistungen nicht beziehungsweise kaum besteuert. Grund dafür ist insbesondere, dass der Betriebsstättenbegriff in Art 5 OECD-MA eine feste Geschäftseinrichtung fordert. Die digitale Wirtschaft ist aber insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass die Unternehmen im Absatzmarkt nicht tatsächlich präsent sind. In 19 Ländern, darunter Frankreich, Österreich und Italien gibt es die Digitalsteuer bereits. In Deutschland und vor allem auf der Ebene der EU und OECD wird derzeit darüber diskutiert, ob sie eingeführt werden soll. Diese Digitalsteuer ist aber keinesfalls nur für die großen GAFAs (Google, Amazon, Facebook, Apple) relevant. Vielmehr werden viele digitale Unternehmen umfasst. Da auch herkömmliche Geschäftsmodelle fortschreitend digitale Leistungen anbieten gilt es zu sichern, dass diese nicht auch der Digitalsteuer unterfallen. Wir stellen dar, wie eine Digitalsteuer ausgestaltet werden könnte und besprechen dann ihre Folgen und Auswirkungen.

Internationales Steuermodell mit Lizenzgebühren: Google, Amazon, Facebook & Apple

In diesem Video erklären wir, wie die großen Unternehmen erheblich Steuer sparen.

1. Definition der Digitalsteuer

Die Einführung einer Digitalsteuer ist zunächst bis zur endgültigen Erneuerung des internationalen Steuerrechts mit Blick auf digitale Leistungen nur als Übergangslösung gedacht. Diskutiert werden in diesem Zusammenhang auf der Ebene der OECD und EU vor allem die Einführung einer globalen Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne und das Anerkennen einer virtuellen Betriebsstätte als endgültige Lösung. Digitalsteuern im engeren Sinne sind solche, die lediglich den Umsatz digitaler Unternehmen betrachten und außer Acht lassen, ob die Unternehmen dort durch physische Präsenz auch einen steuerlichen Nexus aufweisen. Damit ist allein das Überschreiten gewisser Umsatzschwellenwerte Voraussetzung des neuen Steuertatbestandes. Unrelevant ist aber, ob es sich bei dem Unternehmen um eine Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft handelt oder, ob das Unternehmen tatsächlich körperlich in dem Staat präsent ist. Eine digital Steuer im weiten Sinne beschäftigt sich mit der Änderung des steuerlichen Nexus der bestehenden Steuergesetze.

2. Ausgestaltung der Digitalsteuer

Die geplante Digitalsteuer soll an die Bruttoerlöse eines Unternehmens aus der Erbringung folgender digitaler Dienstleistungen anknüpfen.

2.1. Umfasste Dienstleistungen

Umfasst sind dabei die Platzierung von Werbung auf einer digitalen Schnittstelle, die sich an die Nutzer dieser Schnittstelle richtet (Art 3 I lit. a DST-RL Vorschlag). Unteranderem gilt auch die Bereitstellung einer Schnittstelle, die es begünstigt, andere Nutzer zu finden und mit ihnen zu interagieren und den Verkauf von Gegenständen oder Dienstleistungen unmittelbar zwischen den Nutzern ermöglicht, als solche digitale Leistung (Art 3 I lit. b DST-RL Vorschlag). Zudem ist auch die Übermittlung gesammelter Nutzerdaten, die aus den Aktivitäten der Nutzer auf digitalen Schnittstellen generiert werden umfasst(Art 3 I lit. c DST-RL Vorschlag). Als Nutzer gelten natürliche Personen und Unternehmen. Schnittstellen sind in diesem Zusammenhang jegliche Art von Software, auf die der Nutzer zugreifen kann. Drunter fallen unteranderem Internetseiten und Apps.

2.2. Nicht umfasste Dienstleistungen

Der Vorschlag umfasst einige Dienstleistungen aber nicht. Darunter fällt zum Beispiel die Bereitstellung einer digitalen Schnittstelle, wenn der einzige beziehungsweise der Hauptzweck darin liegt, den Nutzern digitale Inhalte zu liefern. Dienstleistungen dieser Art sind beispielsweise Musik und TV-Streaming-Dienste. Begründet wird dies damit, dass die Nutzerbeteiligung mit Blick auf die Wertschöpfung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Vorschlag umfasst auch die Bereitstellung von Kommunikations- und Zahlungsdiensten nicht. Darunter fallen zum Beispiel PayPal oder auch E-Mail-Anbieter. Grund dafür ist, dass die Nutzer dieser Dienste nur miteinander in Kontakt treten können, wenn sie auf anderem Wege schon Kontakte geknüpft haben. Zu dem gilt die vorgeschlagene Digitalsteuer nicht für konzerninterne Dienstleistungen.

2.3. Besteuerungsort

Die Erträge der digitalen Leistungen sind nur steuerbar, wenn sie in der EU erzielt werden:  Maßgeblich ist, in welchem Mitgliedstaat die Erträge erzielt werden. Dafür ist entscheidend, ob der Nutzer der steuerbaren Dienstleistung während des gesamten Besteuerungszeitraums in einem Mitgliedstaat ansässig ist. Die Ansässigkeit hängt davon ab, in welchem Mitgliedstaat sich das Gerät befindet, über das der Nutzer auf die digitale Schnittstelle zugreift. Das Steuersubstrat ist dann auf die Staaten verteilt, wo die jeweiligen Leistungen erbracht werden.

3. Anwendbarkeit der Digitalsteuer

Die Digitalsteuer findet zudem nur auf digitale Leistungen Anwendung, wenn das Unternehmen bestimmte Schwellenwerte kumulativ überschreitet. Zunächst müssen die für das Geschäftsjahr insgesamt gemeldeten weltweiten Erträge einen Umsatz von 750 Mio. Euro überschreiten. Dabei ist unrelevant, aus welchen Leistungen die Erträge stammen. Sie könne daher auch auf nichtdigitalen Leistungen beruhen. Zudem müssen die von dem Unternehmen in der Union in dem Geschäftsjahr erzielten Erträge 50 Mi. Euro überschreiten. Beide Größen werden damit begründet, dass der Besteuerungszugriffs erst gerechtfertigt erscheint, wenn das Unternehmen auf Grund seiner Größe und der Höhe der Umsätze in einem Staat signifikant präsent ist. Erst in diesem Fall wird die Infrastruktur des Staates hinreichend ausgenutzt. Vor der Digitalsteuer geschützt werden sollen aber kleinere Unternehmen und Start-Ups. Diese Unternehmen können auf Grund der noch geringen Nutzerbeteiligungen nicht solche weitreichenden Vorteile ziehen, wie die großen Unternehmen.

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4. Erhebung der Digitalsteuer

Die Bemessungsgrundlage der Digitalsteuer ist der Gesamtbruttoertrag. Gemeint ist also der Erlös aus der Erbringung von Dienstleistungen abzüglich der Mehrwertsteuer und der direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern. Darauf wird ein Steuersatz von 3 % erhoben. Fällig wird die Digitalsteuer mit am nächsten Arbeitstag nach Ablauf des betreffenden Steuerzeitraums. Der Dienstleister muss sich im Rahmen des Erhebungsverfahrens in dem, die Steuer erhebenden Mitgliedstaat registrieren. Der Staat teilt das Steuersubstrat wie eben dargelegt auf die einzelnen Mitgliedstaaten auf.

Derzeit ist nicht vorgesehen, dass die Digitalsteuer von der Körperschaftsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Das erscheint auf Grund der betrieblichen Veranlassung der Digitalsteuer fraglich und ist allein aus fiskalischen Gründen motiviert. Ein weiteres erhebliches Problem ist, dass anders als bei der Mehrwertsteuer (dazu § 15 UStG) kein Vorsteuerabzug vorgesehen ist. Dadurch kann es dazu kommen, dass die tatsächliche Belastung weitaus über 3 % liegen, wenn im Rahmen einer Warenkette auf jeder Stufe die 3 % erhoben werden, die einzelnen Unternehmen aber die Vorsteuer nicht zurückfordern können.

5. Bestehende Digitalsteuersysteme

Derzeit gibt es in einigen Ländern schon die Digitalsteuer. Exemplarisch werden einige Modelle dargestellt.

5.1. Frankreich

In Frankreich gilt die Digitalsteuer nur für Unternehmen, deren jährlicher weltweiter Umsatz 750 Mio. Euro und in Frankreich 25 Mio. Euro übersteigt. In Frankreich beschränken sich die Umsätze aber auf rein digitale Leistungen. Herkömmliche Leistungen bleiben bei Berechnung der Umsatzhöhe daher außer Betracht. Die Bruttoerträge vor Abzug der Umsatzsteuer sind mit 3 % besteuert. Die erhobene Digitalsteuer mindert aber als Betriebsausgabe die Bemessungsgrundlage der französischen Körperschaftsteuer.

5.2. Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich fällt eine Steuer in Höhe von 2 % auf Umsätze an, die durch das Unterhalten einer Social-Media-Plattform, einer Internetsuchmaschine oder eines Online-Marktplatzes erzielt werden. Voraussetzung ist aber, dass die Leistungen von britischen Nutzern in Anspruch genommen werden und der Umsatz weltweit jährlich bei 500 Mio. GBP und in Großbritannien 25 Mio. GBP liegt. Dort gibt es aber einen Freibetrag in Höhe von 25 Mio. GBP.

6. Ausblick – Kommt es tatsächlich zu einer Digitalsteuer

Problematisch an derzeitigen Ausgestaltung der Digitalsteuer ist vor allem, dass sie sich keinem bestimmten Steuertyp zu ordnen lässt. Kennzeichen einer sogenannten indirekten Steuer (beispielsweise der Umsatzsteuer) ist, dass Steuerschuldner und wirtschaftlicher Steuerträger verschiedene Personen sind. Damit faktisch der Verbraucher der Ware die Steuer trägt findet bei indirekten Steuern der Vorsteuerabzug Anwendung. Diese Möglichkeit gibt es bei der Digitalsteuer aber gerade nicht. Die Digitalsteuer könnte daher zum einen eine Umsatz- zum anderen aber auch eine Einkommensteuer darstellen. Bei solchen hybriden Steuern hat das BVerfG zur Kernbrennstoffsteuer entscheiden, dass Bund und Ländern kein eigenes Steuererfindungsrecht zu steht. Da sich die Digitalsteuer nicht klar einer gewissen Steuerart des Art. 106 GG zuordnen lässt könnte die Grenze der Steuergesetzgebungskompetenz überschritten sein.

Zudem ergeben sich auch praktische Bedenken mit Blick auf die Umsetzung der Digitalsteuer. Vollzogen werden kann sie nur, wenn die einzelnen Staaten eng zusammenarbeiten. Zudem muss hinreichend ermittelt werden, welchem Staat welche Erträge zugerechnet werden können. Weiterhin hat natürlich jeder Staat das Interesse, dass ihm viele Erträge zugerechnet werden. Fraglich erscheint daher, wie ein akzeptabler Konsens gefunden wird.


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