Investmentfonds: Bestandsgeschütze Alt-Anteile steueroptimiert verkaufen
Anteile an Investmentfonds, die man vor dem 01.01.2009 im Privatvermögen erwarb, gelten in steuerlicher Hinsicht als bestandsgeschützte Alt-Anteile. Denn anders als jene, die ein jüngeres Erwerbsdatum tragen, gewährte der Gesetzgeber den Eigentümern bei der Einführung der Kapitalertragsteuer, dass sie diese Anteile nach einer Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei verkaufen können. Bestandsgeschützte Alt-Anteile an Investmentfonds durfte man also steuerfrei verkaufen – zumindest eine Zeitlang. Denn zum Jahr 2018 änderte der Gesetzgeber seine frühere Vorgabe wieder. So konnte man noch bis zum 31.12.2017 die bestandsgeschützten Alt-Anteile an Investmentfonds zu 100 % steuerfrei verkaufen. Behielt man sie jedoch weiterhin, dann unterliegen die seit diesem Stichtag angestiegenen Werte der Anteile der Kapitalertragsteuer. Dabei kann man jedoch einen Freibetrag von EUR 100.000 nutzen. Doch ist dieser Freibetrag personengebunden. Damit ist bei einer Zusammenveranlagung eine Verdoppelung des Freibetrags ausgeschlossen. Allerdings kann man bestandsgeschützte Alt-Anteile auch geschickt verschenken, sodass die Beschenkten ihren jeweils eigenen Freibetrag nutzen können.
Unser Video: Fondanteile dank Freibetrag steuerfrei verkaufen?
In diesem Video erklären wir, wie Sie bestandsgeschützte Alt-Anteile an Investmentfonds praktisch steuerfrei verkaufen können.
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind bestandsgeschützte Alt-Anteile an Investmentfonds?
Wenn wir uns mit dem Verkauf von Anteilen an Investmentfonds beschäftigen, dann müssen wir differenzieren, ob die Anteile noch vor dem 01.01.2009 gekauft wurden, oder erst später. Im ersteren Fall ist weiterhin von Bedeutung, ob man die Anteile im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen hält. Trifft also jeweils Ersteres zu, sprechen wir in steuerlicher Hinsicht von sogenannten bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds. Die gesetzliche Definition hierzu liefert § 56 Absatz 6 InvStG.
Was es nun mit diesen bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds auf sich hat, wollen wir in diesem Artikel näher beleuchten. Doch zunächst betrachten wir, wie man beim Verkauf von Anteilen verfährt, die man erst nach 2008 erworben hat.
2. Besteuerung beim Verkauf von Anteilen an Investmentfonds
Der Verkauf von Anteilen an Investmentfonds, die ein Steuerpflichtiger nach 2017 kaufte, ist in vollem Umfang steuerpflichtig. Das heißt, dass der Veräußerungsgewinn eine Kapitalertragsteuer von 25 % herbeiführt. Dabei berechnet man den steuerpflichtigen Gewinn, indem man vom Verkaufspreis die Anschaffungskosten inklusive aller Nebenkosten abzieht. Hierbei kann man gegebenenfalls den Sparerpauschbetrag in maximaler Höhe von EUR 801 bei Einzelveranlagung oder EUR 1.602 bei Zusammenveranlagung geltend machen. Außerdem behält das depotführende Kreditinstitut die Kapitalertragsteuer als Quellensteuer ein und führt sie an das Finanzamt ab. Damit ist die Steuer auf den Veräußerungsgewinn im Grunde bereits abgegolten.
So einfach kann es sein, wenn man Anteile an Investmentfonds heutzutage verkaufen möchte. Unser Anliegen ist es jedoch, den Spezialfall mit den bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds zu erläutern. Darauf basierend gehen wir weiterhin darauf ein, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um die Steuer zu reduzieren.
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3. Besteuerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds
Wie bereits vorweggenommen, treten bei der Betrachtung zur Besteuerung des Verkaufs von bestandsgeschützten Alt-Anteilen zwei Stichtage in den Vordergrund. Sie bestimmen maßgeblich, wie man diese bestandsgeschützte Alt-Anteile an Investmentfonds besteuert.
3.1. Verkauf zwischen dem 01.01.2010 und 31.12.2017
Der erste Fall trifft auf den Verkauf der bestandsgeschützten Alt-Anteile an Investmentfonds zwischen dem 01.01.2010 und dem 31.12.2017 zu. Dabei ist dieser Fall in steuerlicher Hinsicht ganz einfach zu lösen. Denn in diesem Fall hatte der Gesetzgeber ja den Erwerbern der vor dem 01.01.2009 angeschafften Anteile gesetzlich zugesichert, dass der Verkauf, wie auch schon zuvor, steuerfrei bleibt. Aus diesem Grund hatten im Vorfeld zur Einführung der Kapitalertragsteuer viele Steuerberater ihren Mandanten empfohlen, ihr Kapital in Investmentfonds zu investieren.
Doch weshalb schränken wir dann den Zeitraum des steuerfreien Verkaufs mit Beginn des 01.01.2010 ein, wenn doch die Steuerbefreiung bereits ab dem 01.01.2009 gilt? Der Grund hierfür ist, dass man damals auf Verkäufe innerhalb eines Jahres prinzipiell immer eine Steuer auf den Gewinn entrichten musste. Man sprach dabei von einer einjährigen Spekulationsfrist.
3.2. Verkauf nach dem 31.12.2017
Nun betrachten wir, mit welchen Regeln man die Besteuerung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds ab dem 01.01.2018 vornimmt. Denn zu diesem Zeitpunkt revidierte der Gesetzgeber seine bisherige Besteuerungspraxis in dieser Hinsicht. So beließ man einerseits die Steuerfreiheit auf den Verkaufsgewinn bestandsgeschützter Alt-Anteile an Investmentfonds bis zum Ablauf des Stichtags 31.12.2017. Doch jede Wertsteigerung der Alt-Anteile, die nach diesem Stichtag erfolgt, unterliegt ganz regulär der Kapitalertragsteuer zu 25 %. Im Grunde nimmt man also einen fiktiven, steuerfreien Verkauf zum 31.12.2017 vor und betrachtet die Wertsteigerung als steuerpflichtig, die man erhalten hätte, wenn man die Anteile zum fiktiven Verkaufspreis zum Jahreswechsel 2017-2018 angeschafft hätte.
Natürlich hat man sich als betroffener Anleger gehörig gewundert, dass der Gesetzgeber eine ganz offensichtliche Kehrtwende zu seiner bisherigen Politik einleitete, mit der er seine eigenen Vorgaben kassierte – und das ist durchaus beschönigend gemeint. Dies hat der Gesetzgeber bei seinem Gesetzesvorhaben sicherlich antizipiert. Daher führte er – gewissermaßen als Trostpflaster – einen generösen Freibetrag von EUR 100.000 in diesem Zuge ein. Also bleiben Gewinne aus dem Verkauf von bestandsgeschützten Alt-Anteilen bis zu einem Betrag von EUR 100.000 weiterhin steuerfrei. Jeder weitere gewonnene Euro unterliegt jedoch der Kapitalertragsteuer.
Doch wem steht der Freibetrag zu? Nun, im einfachsten Fall natürlich dem Anleger, der die bestandsgeschützten Alt-Anteile an den Investmentfonds seinerzeit, also vor 2009, erwarb. Doch anders, als bei den meisten Freibeträgen, spielt die Art der Veranlagung hierbei keine Rolle. Deshalb findet, anders als beispielsweise bei der Anrechnung des Sparerpauschbetrags, bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten keine Verdoppelung des Freibetrags auf EUR 200.000 statt. Der Freibetrag zum Verkauf von bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds bleibt also im Prinzip an den damaligen Erwerber gebunden.
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4. Wie man den Freibetrag mehrmals nutzen kann
Im letzten Satz des vorigen Abschnitts schränkten wir bereits vielsagend die allgemeine Regelung zur Bindung des Freibetrags an den Erwerber durch das bewusst eingefügte „im Prinzip“ ein. Darauf aufbauend betrachten wir nun, mit welchen Möglichkeiten wir das Prinzip umgehen können, um doch mehr als einmal vom Freibetrag zu profitieren.
4.1. Schenkung von bestandsgeschützten Alt-Anteilen an Investmentfonds
Nun, wenn man bestandsgeschützte Alt-Anteile an Investmentfonds besitzt, deren steuerpflichtiger Gewinn über dem Freibetrag von EUR 100.000 liegt, dann kann man diesen übersteigenden Anteil an eine andere Person verschenken. Denn einerseits bedingt die Schenkung zwar einen Erwerb auf Seite der Beschenkten, doch ist die Schenkung eben keine Anschaffung. Vielmehr treten die Beschenkten die rechtliche Nachfolge am Eigentum an den bestandsgeschützten Alt-Anteilen an den Investmentfonds an. Mit anderen Worten ist es dann so, als wenn sie die Anteile selbst vor dem 01.01.2009 gekauft hätten. Deshalb dürfen sie auch alle Aspekte der Steuerbefreiung beim Verkauf der bestandsgeschützten Alt-Anteile für sich reklamieren, obwohl sie sie im Rahmen einer Schenkung erhielten.
Selbstverständlich gilt diese Aufteilung der bestandsgeschützten Alt-Anteile an Investmentfonds mit all ihren steuerlichen Privilegien auch im Fall einer Erbschaft statt einer Schenkung.
4.2. Obacht: Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer!
So schön dieses Modell auch klingen mag, gibt es da noch einen Aspekt, den man ergänzend betrachten muss. Denn selbstverständlich unterliegt die unentgeltliche Übertragung von Vermögen auch dann der Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer, wenn es um bestandsgeschützte Alt-Anteile an Investmentfonds geht. Hierbei sollte man also auch die Freibeträge zur Schenkungsteuer beachten, die man je nach Verwandtschaftsgrad zum Schenkenden über einen Zeitraum von zehn Jahren ausschöpfen kann.
4.3. Zulässigkeit der Schenkung als Gestaltungsmodell
Nochmals: ist dieses Modell zu schön, um wahr zu sein? Hierbei ist insbesondere die Einstellung der Finanzverwaltung dazu von Bedeutung. Akzeptiert sie die sogenannte rechtliche Nachfolge durch die Beschenkten? Schließlich ist es ja hierbei recht offensichtlich, dass die Schenkung hauptsächlich deshalb zum Zuge kommt, um weitere Freibeträge nutzen zu können. Auf diese Weise kann man also genau das erreichen, was der Gesetzgeber mit seiner Gesetzesänderung zum 01.01.2018 eigentlich vermeiden wollte, nämlich, dass der Verkauf der bestandsgeschützten Alt-Anteile an Investmentfonds gänzlich steuerfrei stattfindet.
Doch lautet die Antwort auf diese Kernfrage eindeutig: ja, es ist zulässig weitere Freibeträge per Schenkung zu generieren. Dabei hat der Gesetzgeber diesen Punkt positiv beschieden, indem er per BMF-Schreiben (Randziffer 56.98) die Möglichkeit selbst erörterte und für zulässig befand. In diesem Fall hat man also den sonst üblichen Klageprozess vor den Finanzgerichten oder vor dem Bundesfinanzhof zum Glück vermieden.
Steuerberater für Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zu Schenkung Erbschaft spezialisiert. Bei der Besteuerung von Schenkung oder Erbschaft schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:
Erbschaft/Schenkung
- Beratung zum Erbschaftsteuerrecht (Freibeträge, Anzeigepflichten)
- Erstellung von Erbschaftsteuererklärungen
- Empfehlungen vor Schenkungen zu Lebzeiten
- Beratung zum internationalen Erbschaftsteuerrecht
Allgemeines
- Ausarbeitung von Vermeidungsstrategien für den Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO
- Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren
- Rechtsberatung durch unsere Rechtsanwälte
Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:
Lehrauftrag für Steuerrecht
Unsere besonderen Expertisen für Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer werden auch durch die FOM Hochschule bestätigt. Steuerberater Christoph Juhn wurde dort zum Lehrbeauftragten für Steuerrecht berufen und lehrt seit dem Wintersemester 2013 die Veranstaltung „Steuergestaltung (5) Vermögens- und Unternehmensnachfolge“. Das vorlesungsbegleitende Skript stellen wir Ihnen hier gerne vorab als Information zum kostenlosen Download zur Verfügung:
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