Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben (§ 28a ErbStG)
Bei sogenannten Großerwerben (Erwerbe über EUR 26.000.000) können Sie unter bestimmten Voraussetzungen von der Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a ErbStG) gebrauch machen. Hierzu ermittelt man, in welcher Höhe des anteilig verfügbaren Vermögens die Erbschaft- oder Schenkungsteuer bezahlt werden könnte. Sollte dann die Erbschaft- oder Schenkungsteuer höher als das verfügbare Vermögen liegen, würde der übersteigende Betrag erlassen werden. Der Erlass der Steuer durch die Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben ist hier aber an zusätzliche Bestimmungen geknüpft.
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1. Einleitung zu Großerwerben im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
In der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften (über 25 %) durch §§ 13a, 13b ErbStG steuerlich begünstigt. Die Regelverschonung beträgt hierzu 85 %; auf Antrag kann die Optionsverschonung von 100 % in Anspruch genommen werden. Sowohl die Regelverschonung als auch die Optionsverschonung sind nur möglich, soweit das begünstigte Vermögen nicht die Grenze von EUR 26.000.000 überschreitet. Hingegen spricht man ab einem Erwerb von EUR 26.000.000 im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht von sogenannten Großerwerben.
Dazu ist anzumerken, dass bei Erbschaften und Schenkungen hier gleichgestellt sind und steuerlich keine Unterschiede bestehen.
1.1. Die Abschmelzungsregelung nach § 13c ErbStG
Bei Großerwerben würden grundsätzlich die Verschonungen nach §§13a, 13b ErbStG vollumfänglich entfallen. Jedoch entsteht dadurch beim Beschenkten eine unbillige Härte, da eine Erleichterung, bei auch nur geringem Überschreiten, vollumfänglich entfällt. Um dieser ‚Härte‘ entgegenzuwirken hat der Gesetzgeber die Abschmelzungsregelung im § 13c ErbStG eingeführt. Statt also von 100 auf 0 wird hier auf Antrag die Verschonung stufenweise abgebaut – was zum Vorteil des Steuerpflichtigen ist. Dabei beträgt die Abschmelzung 1 % pro volle EUR 750.000, welche die Grenze von EUR 26.000.000 überschreiten. Eine volle Abschmelzung wird bei etwa EUR 90.000.000 erreicht.
1.2. Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben nach § 28a ErbStG
Alternativ kann der Steuerpflichtige eine sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG beantragen – der Antrag ist widerrufbar. Sollte es dem Steuerpflichtigen unmöglich sein, die durch die Erbschaft oder Schenkung entstandene Steuer zu begleichen, so kann ein (Teil-)Erlass in Betracht kommen. Dabei ist in solchen Fällen wichtig, wie hoch das dem Steuerpflichtigen zur Verfügung stehende Vermögen ist. Die Berechnung und die Vorgehensweise zum verfügbaren Vermögen ergeben sich aus Gesetz und Richtlinie.
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2. Die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG bei Großerwerben
2.1. Voraussetzungen der Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben
Wie bereits erwähnt, greift die Verschonungsbedarfsprüfung nur dann, wenn das begünstigte Vermögen im Sinne der §§ 13a, 13b ErbStG den Betrag von EUR 26.000.000 überschreitet. Damit ein (Teil-)Erlass der Steuer, die auf das begünstigte Vermögen entfällt, stattfinden kann, muss der Erwerber (als Steuerpflichtiger) nachweisen, dass es ihm unmöglich ist, die Steuer zu begleichen. Aus diesem Grund stellt sich dann zurecht die Frage, wie der Nachweis erfolgt und welches Vermögen dem Erwerber zur Steuerzahlung zur Verfügung steht. Dazu regelt § 28a Absatz 2 ErbStG diesen Fall.
2.2. Das verfügbare Vermögen des Steuerpflichtigen gemäß § 28a Absatz 2 ErbStG
Zum verfügbaren Vermögen des Steuerpflichtigen gehören grundsätzlich 50 % des Vermögens, welches nicht nach § 13b Absatz 2 ErbStG begünstigt ist sowie 100 % von dem Vermögen, welches der Erwerber bereits vor der Erbschaft oder Schenkung besaß und auch nicht unter § 13b Absatz 2 ErbStG fallen würde. Hierzu ist das verfügbare Vermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
Dabei ist das nach § 13b Absatz 1 ErbStG begünstigte und somit von der Verschonungsbedarfsprüfung ausgenommene Vermögen:
- inländisches Land- und Forstwirtschaftsvermögen
- inländisches Betriebsvermögen (Einzelunternehmer, Personengesellschaften)
- Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften (bei einer Mindestbeteiligung von 25 %)
Dazu kann der Steuerpflichtige das verfügbare Vermögen durch Kontoauszüge oder Verträge, Grundbuchauszüge, Urkunden und andere Unterlagen nachweisen. Weiterhin darf man Schulden und andere Lasten hier vom Wert der Vermögensgegenstände abziehen.
2.3. Beispielfall zur Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben
Beispiel: Der Erwerber E erbt einen Familienbetrieb mit einem Wert in Höhe von EUR 100.000.000 sowie Aktien im Wert von EUR 24.000.000. Der Steuerpflichtige E verfügt darüber hinaus im Zeitpunkt der Erbschaft über ein Eigenvermögen in Höhe von EUR 6.000.000.
Lösung: Steuerberechnung
Steuer auf den Familienbetrieb: EUR 30.000.000 (30 % von EUR 100.000.000)
Verfügbares Vermögen gemäß Verschonungsbedarfsprüfung:
- weiteres zugleich übergegangenes Vermögen: EUR 12.000.000 (50 % von EUR 24.000.000)
- dem Erwerber E gehörendes Vermögen:
- Eigenvermögen (gemeiner Wert): EUR 3.000.000 (50 % von EUR 6.000.000)
- daraus resultiert ein verfügbares Vermögen von EUR 15.000.000
Verbleibende Steuer nach Verschonungsbedarfsprüfung: EUR 15.000.000
Zuzüglich Steuer auf zugleich übertragenes Vermögen: EUR 7.200.000 (30 % von EUR 24.000.000)
Fällige Erbschaftsteuer: EUR 22.200.000 (= EUR 15.000.000 + EUR 7.200.000)
Würde hingegen die Steuer ohne Verschonungsbedarfsprüfung regulär der Besteuerung unterliegen, fiele eine Erbschaftsteuer von EUR 37.200.000 an (EUR 124.000.000 x 30 %). Also führt die Verschonungsbedarfsprüfung zu einer Steuererparnis von EUR 15.000.000.
2.4. Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben: Was ist zu beachten?
Ähnlich wie bei der Regel- und Optionsverschonung sind auch hier bestimmte Vorschriften und Fristen einzuhalten, damit die Verschonungsbedarfsprüfung Anwendung finden kann. So gelten die Lohnsummen und die Behaltensfristen (Sperrfristen) des § 13a ErbStG. Dabei darf dass Vermögen sieben Jahre lang keiner Veräußerung unterliegen und es müssen die maßgeblichen Lohnsummen einghalten werden. Dazu gelten die Lohnsummen wie bei der Optionsverschonung nach § 13a Absatz 10 ErbStG (= 700 % in sieben Jahren).
Weiterhin ist zu beachten, dass spätere Schenkungen und Erbschaften (sogenannte Nacherwerbe) für die Verschonungsbedarfsprüfung rückwirkend ebenfalls relevant sind. Denn durch diese erhöht sich das verfügbare Vermögen, welches zur Steuerzahlung herangezogen werden kann. Die Verschonungsbedarfsprüfung ist daher bis zu zehn Jahre rückwirkend änderbar. Daraus kann sich eventuell eine höhere Erbschaftsteuer ergeben. Hierzu ist es völlig unerheblich von wem die Schenkungen und Erbschaften stammen.
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3. Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben: Anzeigepflichten
Neben den Bedingungen und Voraussetzungen, welche die Verschonungsbedarfsprüfung bei Großerwerben mit sich bringt, unterliegt der Steuerpflichtige auch einer erweiterten Anzeige- und Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Verschonungsbedarfsprüfung. Dazu hat der Steuerpflichtige sowohl Nacherwerbe als auch die Einhaltung der Lohnsummen und der Behaltensfrist dem Finanzamt nachzuweisen.
Tatsächlich sind Nacherwerbe dem Finanzamt häufig bereits durch interne Mitteilungen bekannt, beispielsweise auch über Notare und die Nachlassgerichte. Vielmehr betrifft die Anzeige- und Mitwirkungspflicht also sowohl die Lohnsummen als auch die Einhaltung der Behaltensfrist. Hierzu kann und muss der Steuerpflichtige dem Finanzamt diese Informationen zukommen lassen. Einerseits geschieht dies regelmäßig über die Bilanz sowie die damit verbundene GuV-Rechnung. Andererseits kann die erwerbende Person über das Grundbuch oder auch andere Register nachweisen, dass die unter der Verschonungsbedarfsprüfung erworbenen Vermögenswerte noch im Eigentum des Erwerbers stehen.
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