Abgrenzung

Steuerordnungswidrigkeiten vs. Steuerstraftaten

Steuerordnungswidrigkeit in Abgrenzung zur Steuerstraftat: leichtfertige Steuerverkürzung vs. Steuerhinterziehung

Die §§ 369 Absatz 1, 377 Absatz 1 AO definieren, welche Tatbestände Steuerstraftaten und welche Steuerordnungswidrigkeiten sind. Formal kennzeichnen Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten ihr Standort in einem Steuergesetz, indem sie dann auch strafbar sind oder mit einer Geldbuße geahndet werden. Der Begriff der Steuerverfehlung gilt als umfassender Begriff für Steuerordnungswidrigkeiten und Steuerstraftaten. Für diese gelten daher auch besondere Verfahrensvorschriften. In diesem Beitrag erläutern wir die Unterscheid zwischen der Steuerordnungswidrigkeit und der Steuerhinterziehung. Dabei gehen wir auch auf die Unterscheidung zwischen der Steuerhinterziehung und der leichtfertigen Steuerverkürzung ein.

Zum Steuerstrafverfahren haben wir schon in einigen Beiträgen publiziert.

Datum

Thema
17. September 2018 Steuerhinterziehung: Risiko Strafe Vorsatz Täter Verjährung Anzeige
2. Dezember 2020 Steuerhinterziehung und Selbstanzeige – leicht erklärt und gelöst
27. April 2021 Steuerstrafverfahren: Ablauf und Einstellung des Ermittlungsverfahrens
18. November 2021 Steuerhinterziehung und Betrug können nicht zugleich vorliegen! Abgrenzung & Folgen
xxxxxxx Steuerordnungswidrigkeit in Abgrenzung zur Steuerstraftat: leichtfertige Steuerverkürzung vs. Steuerhinterziehung (dieser Beitrag)

Unser Video: Steuerhinterziehung: Strafbefreiung durch Selbstanzeige

In diesem Video erklären wir, die Steuerhinterziehung und die Selbstanzeige und was es dabei zu beachten gilt.

Inhaltsverzeichnis


1. Steuerordnungswidrigkeit und Steuerstraftat in Abgrenzung zu anderen Straftaten

In Abgrenzung zu sonstigen Straftaten sind Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten solche Taten und Zuwiderhandlungen, die nach den Steuergesetzen strafbar sind oder mit Geldbuße geahndet werden können. Dabei sind Steuergesetze solche Regelungen, die die Begründung oder Verwirklichung von Steueransprüchen im Sinne des § 3 AO regeln. Deswegen findet nach überwiegender Ansicht der allgemeine strafrechtliche Betrugstatbestand keine Anwendung auf Steuerhinterziehungen. Als Steuergesetz umfasst ist aber auch die Abgabenordnung selbst, und dort die §§ 370 ff AO. Den Kreis der Steuerstraftaten erweitern schließlich die § 369 Absatz 1 Nummer 1 bis Nummer 4 AO. Die §§ 370 ff AO sind auch auf unionsrechtliche Abgaben uneingeschränkt anwendbar.

Dennoch finden, soweit in den Steuergesetzen nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, die allgemeinen Vorschriften des Strafrechts oder Ordnungswidrigkeitenrechts Anwendung. Dabei finden Beweisverwertungsverbote oder Verfahrensvorschriften des allgemeinen Strafrechts Anwendung.

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2. Steuerordnungswidrigkeit und Abgrenzung zur Steuerstraftat

2.1. Grundsätzliche Unterscheidung Steuerordnungswidrigkeit und Steuerstraftat

Im Grundlegenden unterscheiden sich Steuerordnungswidrigkeiten und Steuerstraftaten nach der Schwere der steuerrechtlichen Pflichtverletzung. Wird eine Steuerverfehlung als Steuerstraftat eingestuft, so wird damit gleichzeitig ein ethisches Unwerturteil gefällt. Hingegen sollen ethisch indifferente oder den Rechtsgüterschutz nicht wesentlich tangierende Verstöße gegen allgemeine Ordnungsbelange nur als bloßes Ordnungsunrecht geahndet werden. Folglich ist die Vorwerfbarkeit bei Steuerordnungswidrigkeiten und Steuerhinterziehungen anders zu beurteilen. Bei den Steuerordnungswidrigkeiten im Rahmen der §§ 373-383a AO hat der Gesetzgeber die Tat entweder wegen der geringen Bedeutung des zu schützenden Rechtsgutes oder wegen der lediglich abstrakten Gefährlichkeit der Tat als Steuerordnungswidrigkeit eingestuft.

Die unterschiedlichen Unwerturteile der Steuerordnungswidrigkeiten und der Steuerstraftaten wirken sich vor allem bei den Rechtsfolgen aus. Dabei kann die Steuerstraftat eine freiheitsentziehende Sanktion in Gestalt der Freiheitsstrafe haben. Diese Rechtsfolgen können jedoch Steuerordnungswidrigkeiten nicht treffen. Die Geldbuße wird im Gegensatz zur Strafe nicht in das Bundeszentralregister eingetragen. Eine Steuerordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von höchstens 50.000 Euro geahndet werden. Diese Höchstgrenze reduziert sich zudem in den Fällen bloßer Gefährdungstatbestände in Abhängigkeit zu den Tatbeständen. Demgegenüber kann eine Steuerstraftat mit einer Geldstrafe von maximal 10.800.000 Euro belegt werden. Der Höchsttagessatz beträgt 30.000 Euro bei maximal 360 Tagen.

Eine Strafe darf nur ein Gericht verhängen. Zuständig sind dafür auch im Falle der Steuerstraftaten die ordentlichen Strafgerichte. Hingegen liegt die Zuständigkeit für die Verhängung von Geldbußen im Zusammenhang mit Steuerordnungswidrigkeiten bei den Finanzbehörden.

Gegen Unternehmen können in Deutschland keine Strafen sondern nur Geldbußen verhängt werden. Dazu muss ein vertretungsberechtigtes Organ oder eine diesem verantwortungsmäßig gleichgestellte Person eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit begangen haben. Diese muss sich weiterhin auf eine Verletzung einer das Unternehmen treffenden Pflicht bezogen oder zu einer Bereicherung des Unternehmens geführt haben. Die Geldstrafe beträgt maximal 10 Mio. Euro. Bei bloßen Ordnungswidrigkeiten reduziert sich die Höchstgrenze auf 5 Mio. Euro.

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2.2. Steuerordnungswidrigkeit – Beispiele

Beispiel für Steuerordnungswidrigkeiten sind:

  1. die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO),
  2. die Gefährdungstatbestände der §§ 379-383 AO,
  3. der unzulässige Erwerb eines Steuererstattungsanspruch (§ 383 AO) und
  4. die Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26b UStG)

2.3. Beispiele für Steuerstraftaten

Beispiele für Steuerstraftaten hingegen sind:

  1. die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder
  2. die gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26c UStG)

3. Leichtfertige Steuerverkürzung als Steuerordnungswidrigkeit

3.1. Leichtfertige Steuerverkürzung als Grunddelikt der Steuerordnungswidrigkeit

Als Grunddelikt im Rahmen der Steuerordnungswidrigkeiten kann man die leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO ansehen. Das gilt auf der anderen Seite für die Steuerhinterziehung im Rahmen der Steuerstraftaten. Deswegen ist die Unterscheidung zwischen der Steuerhinterziehung und der leichtfertigen Steuerverkürzung von zentraler Bedeutung. Leichtfertig verkürzte Steuern werden nicht nach § 235 AO verzinst. Die hinterzogenen Steuern hingegen schon. Weiterhin haftet nur der Steuerhinterzieher nicht aber der leichtfertige Steuerverkürzer nach § 71 AO.

3.2. Unterscheidung Steuerhinterziehung und leichtfertige Steuerverkürzung

Steuerhinterziehung und Steuerordnungswidrigkeit lassen sich jedoch nur sehr graduell unterscheiden. Die Zielrichtung der beiden Delikte ist grundsätzlich, der Schutz des öffentlichen Interesses am rechtzeitigen und vollständigen Aufkommen der einzelnen Steuern. Jedoch gilt die leichtfertige Steuerverkürzung nur bei leichtfertiger Beeinträchtigung oder Verletzung. Die Unterscheidung hängt daher im Wesentlichen davon ab, ob dem Täter der Vorsatz nachgewiesen werden kann. Tathandlung und Tatobjekt stimmen hingegen überein.

Die leichtfertige Steuerhinterziehung können neben Steuerpflichtigen auch Personen, die deren Angelegenheiten wahrnehmen, begehen. Deswegen sind dem Täterkreis Amtsträger und Auskunftspersonen im Sinne des § 93 AO ausgeschlossen. Dennoch werden, die anderen dritten Personen weit ausgelegt. Dann nimmt nicht nur der Steuerberater die Angelegenheiten des Steuerpflichtigen war, sondern auch Angestellte und unter Umständen Angehörige des Steuerpflichtigen. Diese Personen müssen aber auch leichtfertig unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen machen. Dann muss der Dritte die Tatsachen insbesondere gegenüber der Behörde nach außen kundmachen. Beispielsweise fehlt es daran, wenn die Steuererklärung des Mandanten einen sogenannten Mitwirkungsvermerk enthält.

3.3. Voraussetzungen der leichtfertigen Steuerverkürzung als Steuerordnungswidrigkeit

Der Begriff der Leichtfertigkeit meint einen erhöhten Grad an Fahrlässigkeit. Auf Tatbestandseite muss daher grobe Fahrlässigkeit vorliegen. Diese liegt dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem besonders schweren Maße verletzt wurde. Im Rahmen der Schuld muss dem Täter der objektive Sorgfaltsverstoß seinen persönlichen Fähigkeiten entsprechend besonders vorwerfbar sein. Folgende Verhaltensweisen können den Vorwurf der leichtfertigen Steuerhinterziehung nach sich ziehen:

  1. Der Steuerpflichtige informiert sich nicht über seine steuerlichen Pflichten.
  2. Der Steuerpflichtige verweigert sich gänzlich der steuerlichen Erfassung.

In Anlehnung an die strafbefreiende Selbstanzeige gibt es auch einen Bußgeldbefreiungsgrund nach § 378 III AO für den Bereich der leichtfertigen Steuerverkürzung. Dieser verlang aber insbesondere nicht, dass der Verkürzer seine Tat vollständig berichtigen muss, da ihm oft das gesamte Ausmaß seines Pflichtverstoßes unbekannt sein wird. Die Anzeige ist zudem grundsätzlich noch nach Entdeckung der Tat möglich. Dann wird der Verkürzer bußgeldbefreit, wenn er die verkürzten Steuern innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. Die Verfolgungsverjährung beträgt fünf Jahre. Danach kann nicht mehr verfolgt werden.


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  1. Abgrenzung der Steuerhinterziehung zur leichtfertigen Steuerverkürzung
  2. Beratungen zur strafbefreienden Selbstanzuge
  3. Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren
  4. Rechtsberatung durch unsere Rechtsanwälte (insbesondere im Gesellschaftsrecht und Vertragsrecht)

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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