Anteile an einer insolventen GmbH: Rückforderung des Kaufpreises möglich?
Sie und Ihr Geschäftspartner sind beide übereinstimmend davon ausgehen, dass die GmbH, von der Sie Anteile gekauft haben, liquide ist. Im Nachhinein kann sich aber herausstellen, dass die Bilanzen Fehler aufweisen. Dann stellt sich für Sie die Frage, ob Sie Ihren gezahlten Kaufpreis für die Anteile an einer insolventen GmbH zurückerhalten können. Das wäre beispielsweise möglich, wenn das Gewährleistungsrecht oder die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB anwendbar sind. All das wird im Folgenden geklärt. Dabei wird aber nicht auf sekundärrechtliche – schadensersatzrechtliche – Ansprüche eingegangen.
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Inhaltsverzeichnis
1. Störung der Geschäftsgrundlage und Gewährleistungsrecht – was ist das?
1.1. Störung im Geschäftsgrundlage
Die Störung der Geschäftsgrundlage hat ihren Ursprung im alten römischen Recht und beruhte dort auf dem Grundsatz der clausula rebus sic stantibus (auf deutsch: Bestimmung der gleich bleibenden Umstände). Heutzutage ist sie in § 313 BGB geregelt und begründet einen Vertragsanpassungsanspruch.
Voraussetzung für die Vertragsanpassung nach § 313 BGB ist, dass wesentlich Vorstellungen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Grundlage des Vertrages geworden sind. Diese Grundlagen müssen für beide Parteien gemeinsam bestehen und sich als falsch herausgestellt haben. Zudem müssten die Parteien unter Zugrundelegung der richtigen Grundlagen den nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen haben und das Festhalten an den ursprünglichen Konditionen müsste nicht zugemutet werden können.
1.2. Gewährleistungsrecht
Das Gewährleistungsrecht dient dazu, das Äquivalenzinteresse im Rahmen eines Schuldverhältnisses beispielsweise dem Kauf zu sichern. Das Äquivalenzinteresse meint das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Entspricht eine Leistung nicht der vereinbarten Gegenleistung so gibt es beispielsweise die Möglichkeit der Nachbesserung, der Minderung oder auch des Rücktritts.
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2. Sachverhalt: Anteile an einer insolventen GmbH
Es kann dazu kommen, dass Anteile an einer Gesellschaft gekauft wurde, bei der die Jahresabschlüsse infolge massiver Abgrenzungsfehler deutlich zu hohe Umsatzerlöse ausweisen. Bei Zugrundelegung der zutreffenden Unternehmenszahlen hätte sich eine deutliche Unterbilanz ergeben, die eine zur Insolvenzreife der GmbH führende insolvenzrechtliche Überschuldung im Sinne des § 19 InsO begründet hätte. Dann wäre der Kaufpreis auf allenfalls Null festgesetzt worden. Die Abgrenzungsfehler können nun aber Käufer und Verkäufer irrtümlich verkannt haben. Dann stellt sich natürlich, die Frage, ob Sie als Käufer den gezahlten Kaufpreis für die Anteile an einer insolventen GmbH zurückverlangen können. In Betracht kommt dann als Anspruchsgrundlage die Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB oder etwaige Gewährleistungsrechte.
3. Anwendbarkeit des Gewährleistungsrecht für Anteile an einer insolventen GmbH
3.1. Kauf von Anteilen an GmbH als Rechtskauf oder Sachkauf?
Das Gewährleistungsrecht bietet mit der Minderung des Kaufpreises eine Grundlage für das Begehren einer Reduktion des Kaufpreises. Für den Kauf von Anteilen gilt gemäß § 453 Absatz 1 BGB das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht. Mithin ist zu klären, ob dieses auch für die Anteile an einer insolventen GmbH gereift. Dabei ist schon fraglich, ob der Kauf von GmbH-Anteilen als Kauf von Rechten oder Sachen zu beurteilen ist. Der Verweis des § 453 Absatz 1 BGB auf das Kaufrecht bezieht sich nicht nur auf den Kauf von Rechten sondern auch auf den Kauf von Sachen.
Dennoch argumentiert der BGH, dass den Vertragsgegenstand durch die Trennung von Gesellschafter und Gesellschaft allein der Gesellschaftsanteil ausmacht. Dieser muss dann auch den Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des maßgeblich anwendbaren Gewährleistungsrechts bilden.
An den gehaltenen Sachwerten erwirbt der Käufer durch die Anteile kein unmittelbares Recht, sondern kann nur im Rahmen der ihm als Gesellschafter eingeräumten Befugnisse Einfluss nehmen. Die Haftung für Mängel des Unternehmens selbst soll lediglich dann in Betracht kommen, wenn das gesamte Unternehmen verkauft wird. In diesem Fall wird faktisch das gesamte Gesellschaftsvermögen gekauft. Es handelt es wirtschaftlich betrachtet daher um einen Sachkauf. Andernfalls liegt ein reiner Rechtskauf vor. Dabei soll es keine Bedeutung haben, ob durch den erfolgten Kauf nun künftig die Beteiligung 100 % beträgt. Das beruht darauf, dass allein der Kaufgegenstand und nicht etwaige Begleitumstände relevant sind.
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3.2. Verweis des § 453 Absatz 1 BGB: Anteile an einer insolventen GmbH als Mangel?
In der Regel wird daher ein Rechtskauf vorliegen. Die Vorschriften über den Kauf von Sachen finden nach § 454 Absatz 1 Alternative 1 BGB aber auf den Kauf von Rechten entsprechende Anwendung. So ist aber fraglich, wie dieser Verweis zu verstehen ist.
Zum einen wird vertreten, die Sachmangelhaftung bezieht sich auf Mängel einzelner Sachen, Rechte und sonstiger Gegenstände des Unternehmensvermögen. Entsprechende Mängel können daher als, die Gewährleistungsrechte auslösender Mangel des Anteils selbst anzusehen sein.
Diese Argumentation übersieht jedoch, dass der Kaufgegenstand keine Sache sondern mit der obengenannten Argumentation ein Recht ist. Den Verkäufer eines Rechts trifft kraft Gesetzes nur die Gewährleistung für den Bestand des Rechts, nicht aber für die Einbringlichkeit der Forderung. Daher bezieht sie sich auch nicht auf die Güte des Gegenstandes auf welchen sich das Recht bezieht. Eine entsprechende Bonitätshaftung kann sich nur ergeben, wenn sie vertraglich festgelegt wurde. Demnach kann ein Sachmangel eines Unternehmens nicht zugleich einen Sachmangel der Gesellschaftsanteile begründen. Daher scheidet das Gewährleistungsrecht für Anteile an einer insolventen GmbH aus.
4. Anwendbarkeit der Störung der Geschäftsgrundlage auf Anteile an einer insolventen GmbH
4.1. Anwendung der Störung der Geschäftsgrundlage
Rechtsfolge der Störung der Geschäftsgrundlage ist primär der Anspruch auf interessengerechte Anpassung des Vertrages an die tatsächlichen Verhältnisse. Das geschieht nach dem Maßstab der Zumutbarkeit für die Parteien und unter weitest möglicher Berücksichtigung des Vertragswillen. Daher ist der Eingriff in die vertragliche Regelung möglichst gering zu halten.
Vorliegend könnte die Herabsetzung der Verbindlichkeit für die Anteile an einer insolventen GmbH die Vertragsanpassung darstellen. Dann stellt sich natürlich die Frage, ob so nicht der Kaufvertrag bei vollständiger Zurückzahlung aufgehoben wird. Dem ist zu widersprechen, weil der Vertrag lediglich angepasst werden soll und daher im Übrigen erhalten bleiben soll. Folglich bildet der Kaufvertrag weiterhin die Rechtsgrundlage für die Übertragung des Rechts an den Anteilen.
Die Anwendbarkeit der Störung der Geschäftsgrundlage könnte daher allein dann ausgeschlossen sein, wenn die Insolvenzreife einen Rechtsmangel der GmbH-Anteile begründet. Wenn man argumentiert, dass durch die Insolvenzreife der Bestand der Anteile an einer insolventen GmbH gefährdet wird, so wird dadurch übersehen, dass Stimmrechte und Gewinnansprüche genau so wie vor Eintritt der Überschuldung bestehen. Daher wird die geschuldete Rechtstellung mangelfrei übertragen. Den Verkäufer trifft zudem keine Haftung für die Bonität des veräußerten Rechts, wie oben nachgewiesen. Daher ist irrelevant, dass die tatsächliche Gewinnerwartung weggefallen und der wirtschaftliche Wert der Anteile gemindert sein kann. Mithin findet, auf Grund des fehlenden Mangels der Anteile an einer insolventen GmbH die Störung der Geschäftsgrundlage Anwendung.
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4.2. Störung der Geschäftsgrundlage: Voraussetzungen für Anteile an einer insolventen GmbH
Zwar ist die Störung der Geschäftsgrundlage anwendbar, dennoch müssen Anteile an einer insolventen GmbH auch die Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage erfüllen. Erforderlich ist daher, dass sich ein Risiko verwirklicht, dass nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt. Hierfür sind die vertraglichen Abreden genau zu analysieren. Häufig finden sich dort Ausführungen die das Insolvenzrisiko auf den Käufer verlagern. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass der Käufer den Wert des Unternehmens und dessen Wirtschaftskraft beurteilen kann und erforderliche Maßnahmen ohne Mitwirkung des Verkäufers durchzuführen habe. Dann trägt allein der Käufer das Insolvenzrisiko. In diesem Fall wäre daher die Störung der Geschäftsgrundlage für Anteile an einer insolventen GmbH nicht anwendbar.
5. Fazit
Dieser Fall zeigt, dass es schwer ist den Kaufpreis für Anteile an einer insolventen GmbH zurückzufordern. Sekundärrechtliche, das heißt schadensersatzrechtliche Ansprüche sind bei unserer Betrachtung außer Acht geblieben. Diese fordern aber zumindest Verschulden, was dann Frage des Einzelfalls ist. Sie sollten daher die Solvenz zwingend durch Fachpersonal prüfen lassen.
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