Freiheiten für Körperschaften in der EU

Geschützte Rechte und Beispielfälle

Körperschaftsteuerrecht und Grundfreiheiten: Konkurrenz der Freiheiten

Beim Körperschaftsteuerrecht und den Grundfreiheiten der EU  gilt es deren besonderes Verhältnis zu beachten. Dabei spielt das besonders bei grenzüberschreitenden Fällen, vor allem innerhalb der Europäischen Union, aber auch außerhalb eine große Rolle. Der EuGH hat hierzu nämlich teilweise schon Veränderungen des Körperschaftsteuerrechts angeregt und andererseits aber auch die Anrechnung von Körperschaftsteuer bei Steuerpflichtigen versagt. Somit gilt es dieses Thema bei grenzüberschreitenden Gestaltungen zumindest einmal zu bedenken. Außerdem ist die DAC 6 Richtlinie der EU ebenfalls zu berücksichtigen.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Nutzung von internationalen Gegebenheiten spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle aus, um steueroptimale Lösungen anbieten zu können.

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In diesem Video erklären wir, welche Änderungen ab 2022 im Außensteuergesetz zur Geltung kommen.

Inhaltsverzeichnis


1. Einführung zum Körperschaftsteuerrecht

Um die Verknüpfung des Körperschaftsteuerrechts mit den Grundfreiheiten der EU zu verstehen, gilt es zunächst die Entwicklung des in Deutschland verwendeten Körperschaftsteuerrechts zu kennen.

1.1. Vollanrechnungssystem beim Körperschaftsteuerrecht

Dabei galt bis ins Jahr 2000 noch das sogenannte Vollanrechnungssystem. Dadurch konnte ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft die, bereits auf die ausgeschütteten Gewinne gezahlte, Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer anrechnen beziehungsweise sogar eine Erstattung dieser verlangen. Jedoch kam diese Anrechnung mit einem großen Nachteil einher. Denn die ausländische Körperschaftsteuer konnte nicht auf die ausgeschütteten Gewinne einer ausländischen Gesellschaft, welche an einen inländischen Anteilseigner flossen angerechnet werden. Zudem waren beschränkt Steuerpflichtige von der Anrechnung ausgeschlossen. Somit war diese nicht das Modell der Zukunft.

1.2. Teilentlastungssystem bei der Körperschaftsteuer

Nun wurde 2001 das Teilentlastungssystem in Deutschland eingeführt. Demnach wird die auf Ebene der Kapitalgesellschaft gezahlte Steuer in pauschalierter Form auf Ebene des Anteileigners berücksichtigt.

Hierbei gilt es zu unterscheiden, ob die Anteile des Anteilseigners in dessen Privatvermögen oder dessen Betriebsvermögen liegen. Denn liegen sie im Privatvermögen wird die Ausschüttung anstelle mit dem persönlichen Einkommensteuersatz mit der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % nach §§ 20, 32d EStG versteuert. Andernfalls, liegen die Anteile im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, kommt das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG zum Einsatz. Dabei werden ausschließlich 60 % der ausgeschütteten Dividende der Besteuerung beim Anteilseigner unterworfen.

Hierbei ist nun der maßgebliche Vorteil, dass diese Regelung EU weit Anwendung findet und jegliche Auslandssachverhalte darunter fallen. Außerdem erfolgt dabei eine faire Aufteilung des Steuervolumens auf den Sitzstaat der Kapitalgesellschaft sowie den Ansässigkeitsstaat des Anteileigners. Dabei hat der Sitzstaat der Körperschaft eine niedrigere Körperschaftsteuer zu vereinnahmen und der Ansässigkeitsstaat des Anteileigners erhält eine niedrigere Einkommensteuer.

Dennoch gilt es festzuhalten, dass bei der Ausschüttung weiterhin eine höhere Besteuerung erfolgt, als bei anderen Einkünften.

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1.3. 95 %-ige Befreiung bei Schachtelbeteiligung

Hinreichend bekannt sein sollte, dass logischerweise auch Kapitalgesellschaften an Kapitalgesellschaften beteiligt sein können. Dabei gilt für Ausschüttungen in einem solchen Fall das Schachtelprivileg des § 8b Absatz 1, 5 KStG. Ausgenommen davon sind Streubesitzdividenden, welche Anteile an den Stimmrechten von unter 10 % zu Beginn des Kalenderjahres darstellen. Diesem Sachverhalt wird in der Praxis enorme Bedeutung beigemessen und gilt es für die nachfolgend betrachteten Fällen im Hinterkopf zu behalten.

2. Körperschaftsteuerrecht in Verbindung mit den Grundfreiheiten der EU

Das eben erwähnte Anrechnungssystem spielt nun bei den Grundfreiheiten der Europäischen Union eine bedeutsame Rolle, wie nachfolgende, vom EuGH bereits behandelten, Fälle widerspiegeln.

2.1. Verteilung der Körperschaftsteuer bei der Rechtssache Manninen

Bei der Rechtssache Manninen (C-319/02) hielt eine unbeschränkt steuerpflichtige Person in Finnland Aktien an einer schwedischen Kapitalgesellschaft. Jedoch kann in Finnland keine ausländische gezahlte Körperschaftsteuer bei ausgeschütteten Dividenden gutgeschrieben werden. Dies ist inländischen Dividenden vorbehalten. Da es hierbei weder um eine Einschränkung der Ansässigkeitsfreiheit noch einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit handelt, gilt es hier die Einschränkung oder auch Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen. Der notwendige grenzüberschreitende Bezug stellt die Beteiligung an der schwedischen Gesellschaft dar. Durch die vorhandene Regelung ist es für finnische Personen unattraktiv in ausländische Kapitalgesellschaften Geld zu investieren. Zudem werden ausländische Firmen ebenfalls benachteiligt, da sie in Finnland keine oder zumindest deutlich schwieriger finanzielle Mittel erhalten können.

Dennoch ist laut EuGH ausschließlich eine Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Dividenden erlaubt, sofern es keine vergleichbaren Situationen oder keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses gibt. Hierbei ist besonders die Kohärenz des Steuersystems immer wieder anzuführen. Das bedeutet, dass grundsätzlich immer nur eine Regelung für sich auf die Beeinträchtigung der Grundfreiheiten der EU überprüft werden soll, jedoch unmittelbar zusammengehörende Vorschriften auch zusammengehörend behandelt werden müssen.

Nun gilt speziell diese Kohärenz auch für das Verhältnis Kapitalgesellschaft und Anteilseigner, da diese Steuerpflichtigen im Falle der Ausschüttung unmittelbar zusammenhängen. Dabei gilt es die nationale Norm auch auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Hier hat der Europäische Gerichtshof jedoch geurteilt, dass die Kohärenz auch bei einer Öffnung des finnischen Steuersystems gewährleistet werden kann und zudem eine Öffnung des finnischen Marktes erreicht werden kann. Eventuell drohende Steuerausfälle sind zudem nicht als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anzuführen. Somit wurde geurteilt, dass finnisches Recht in diesem Fall gegen Artikel 63 AEUV verstößt.

2.2. Veränderung des Körperschaftsteuerrecht durch Rechtssache Meilicke

In der Rechtssache Meilicke I (C-292/04) wurde ein ähnliches Problem festgestellt, das führte zur Änderung des Körperschaftsteuerrechts in Deutschland. Jedoch war es für deutsche Steuerpflichtige weiterhin schwierig, obwohl eine Anrechnung theoretisch möglich war, diese auch zu erhalten. Woran lag das? Da deutsche Finanzbehörden spezielle Nachweise über die gezahlten ausländischen Steuern sehen wollen und diese kaum erbringbar sind, stellte sich dies als extrem hohe Hürde dar. Somit kam es hierbei meistens zu einer Doppelbelastung dieser Dividenden.

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3. Konkurrenzen der Grundfreiheiten in der EU

3.1. Körperschaftsteuerrecht und Konflikte bei den Grundfreiheiten

Bei den Grundfreiheiten der EU gibt es nicht immer eine scharfe Grenze, ab welcher die eine Grundfreiheit beginnt und eine andere endet. Deshalb gilt es hierbei abzugrenzen auf welche Grundfreiheit im jeweiligen Fall abzustellen ist. Da ausschließlich die Kapitalverkehrsfreiheit im Verhältnis zu Drittstaaten schützt gilt es diese Abgrenzung besonders hier vorzunehmen. Denn die EuGH-Rechtsprechung verdeutlicht, dass keine kumulative Anwendung der Grundfreiheiten stattfindet.

Nun ist in der Praxis auch bedingt durch viele international tätige Unternehmen häufig zwischen der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 49 fort folgende AEUV und der Kapitalverkehrsfreiheit nach Artikel 63 fort folgende AEUV zu unterscheiden.

3.2. Prüfung des EuGH

Um nun diese Abgrenzung vornehmen zu können, hat der Europäische Gerichtshof eine Prüfung vorgegeben. Zunächst muss die Zuordnung zur nationalen Vorschrift geklärt werden. Anschließend gilt es eine Untersuchung der tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falls vorzunehmen.

3.2.1. Zuordnung zur nationalen Vorschrift

Sofern die nationale Vorschrift auf Unternehmensbeteiligungen abzielt, bei welchen sicherer Einfluss über Entscheidungen der jeweiligen Gesellschaft herrscht, gilt es grundsätzlich die Niederlassungsfreiheit anzuwenden. Dabei ist jedoch strittig, ob sicherer Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft erst ab 50 % der Anteile oder bereits, wie von der herrschenden Meinung vertreten, ab 25 % der Anteile vorliegt.

Zielt die nationale Vorschrift hingegen auf Portfoliobeteiligungen ab, welche als Anlageobjekte gehalten werden, dann gilt es die Einschränkungen anhand der Kapitalverkehrsfreiheit zu überprüfen.

3.2.2. Zuordnung nach tatsächlichem Fall

Der zweite Prüfungsschritt erfolgt ausschließlich, wenn der Fall keiner dieser Beteiligungskategorien zugeordnet werden kann. Es sich also nicht um eine neutrale Norm handelt. Wenn es sich jedoch um eine neutrale Norm handelt gilt direkt die Kapitalverkehrsfreiheit als anzuwendende Grundfreiheit. Des Weiteren wird kein zweiter Prüfungsschritt vorgenommen, sofern es sich um einen Sachverhalt mit Drittstaatenbezug handelt.

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4. Fazit zum Körperschaftsteuerrecht im Rahmen der Grundfreiheiten der EU

Das seit 2001 neu geregelte Körperschaftsteuerrecht hilft bei der Beachtung der Grundfreiheiten in der EU und ermöglicht eine Anrechnung bereits gezahlter Steuern auch bei grenzüberschreitenden Beteiligungen. Die oben betrachteten Fälle, welche beim EuGH entschieden wurden, zeigen die komplizierten Prüfungen sowie die Komplexität der Sachverhalte auf. Steuerberater und Steuerpflichtige müssen bei grenzüberschreitenden Themen und seien es ausschließlich Dividenden vorsichtig sein, denn der EuGH war nicht immer konsistent in seiner Urteilsfällung. Somit besteht bei kritischen Gestaltungen immer ein Restrisiko.

Jedoch ist es möglich durch den Ausschluss verschiedener Grundfreiheiten und durch Anwendung einer vorrangigen, dass ein Schutzdefizit für Steuerpflichtige entsteht. Der EuGH argumentiert hierbei damit, dass Steuerpflichtige aus Drittstaaten über die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit auf den Schutz der Niederlassungsfreiheit zurückgreifen wollen, obwohl dieser nur für Steuerpflichtige aus Mitgliedstaaten vorgesehen ist. Aber genau bei Steuerpflichtigen aus Drittstaaten sollte eine solche Prüfung durchgeführt werden.


Steuerberater für Körperschaftsteuerrecht und Grundfreiheiten innerhalb der EU

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zur Besteuerung von Körperschaften spezialisiert. Bei grenzüberschreitenden Fällen schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:

GmbH

  1. Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
  2. Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
  3. Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
  4. Steueroptimierung bei Gewinnausschüttungen (Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren)
  5. Steuervorteile der Immobilien-GmbH

Internationales Steuerrecht – Privat

  1. Erläuterungen zur unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht in Deutschland und im Ausland
  2. Beratung zum Home Office im Ausland
  3. Informationen zum Steuerrecht in ausländischen Steuerregimen (zum Beispiel Malta, Österreich, USA)

Internationales Steuerrecht – Unternehmen

  1. Empfehlungen zur Gründung von Unternehmen im Ausland
  2. Informationen zu Unternehmensformen im Ausland (Österreich, USA)
  3. Beratung zur Einstellung von Mitarbeitern in den USA
  4. Entwicklung steuerlicher Gestaltungsmodelle

Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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