Handelsregister

Publizitätswirkung

Publizität des Handelsregister: Fehler bei Eintragungen ins Handelsregister

Das Handelsregister ist das öffentliche Verzeichnis aller gewerblich tätigen Unternehmen. Diverse Rechtsvorgänge in einem Unternehmen sind in das Handelsregister einzutragen. Doch bei den Eintragungen können auch Fehler unterlaufen. Bekannt sind diese Fehler insbesondere bei der Eintragung und Austragung einer Prokura. Doch dann stellt sich die Frage, wie solche Fehler bei der Eintragung in das Handelsregisters zu beurteilen sind. Dieses Problem betrifft die Publizität des Handelsregisters. Wie dieses behandelt wird, erklären wir im Folgenden.

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Inhaltsverzeichnis


1. Handelsregister – Was ist das ?

Das Handelsregister dient der Sicherheit des Handelsverkehrs durch Offenlegung der wichtigsten Rechtsverhältnisse der Kaufleute. Dementsprechend steht die Einsicht in das Handelsregister – anders als bei dem Grundbuch – jedermann auch ohne Nachweis eines Interesses zu. Gleichzeitig kommt das Handelsregister aber auch dem Kaufmann selbst zugute, weil er sich durch die Eintragung die entsprechende Mitteilung an seinen Geschäftspartner sparen kann.

2. Bedeutung der Publizität des Handelsregisters

Grundsätzlich wird eine Tatsache nur eingetragen, wenn ein entsprechender Antrag vorliegt. Von einer einzutragenden Tatsache spricht man, wenn ein Kaufmann gesetzlich dazu verpflichtet ist, eine Tatsache zur Eintragung anzumelden. Zu diesen einzutragenden Tatsachen zählen zum Beispiel die Eintragung der Firma (§ 29 HGB), die Erteilung und das Erlöschen einer Prokura (§ 53 Absatz 1, Absatz 3 HGB), die Bestellung und Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers (§ 39 Absatz 1 GmbHG) oder der Ausschluss eines Gesellschafters von der Vertretung (§ 125 Absatz 1 HGB).

Kommt der zur Anmeldung Verpflichtete der Anmeldung nicht nach, so kann das Registergericht ihn durch Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes dazu anhalten. Jedoch kann es grundsätzlich die Eintragung nicht einfach selbstständig vornehmen. Eine Ausnahme besteht aber zum Beispiel für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 32 HGB. Mithin kann es dazu kommen, dass die Realität und das Handelsregister voneinander abweichen und das Handelsregister insoweit fehlerbehaftet ist. Dann stellt sich die Frage, was nun gilt. Dies klärt der § 15 HGB, der die Publizität des Handelsregisters regelt.

3. Rechtsfolgen der Publizität des Handelsregisters

3.1. Unterscheidung zwischen Absatz 1 & Absatz 3 bei der Publizität des Handelsregisters

Die Publizität des Handelsregisters unterteilt sich in drei Absätze. § 15 Absatz 1 HGB regelt den Fall, dass eine richtige Tatsache nicht eingetragen und bekannt gemacht ist, sogenannte negative Publizität des Handelsregisters. Mithin schützt der Absatz 1 das Vertrauen auf die Vollständigkeit des Handelsregisters nicht jedoch das Vertrauen auf die Richtigkeit des Handelsregisters. Letzteres betrifft der Absatz 3. Demnach wird dort der Fall geregelt, dass eine unrichtige Tatsache bekannt gemacht wird.

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3.2. Rechtsfolge Absatz 1: Negative Publizität des Handelsregisters

Der zur Eintragung Verpflichtete, der dergleichen aber nicht vornahm, kann dem Dritten die nicht eingetragene oder nicht bekannt gemachte Tatsache nicht entgegensetzen. Demensprechend handelt es sich um einen Einwendungsausschluss. Der Dritte hat aber auch die Möglichkeit, sich nicht auf § 15 Absatz 1 HGB zu berufen. Dann kann er seine Rechte entsprechend der tatsächlichen materiellen Rechtslage geltend machen. Den Dritten trifft daher ein Wahlrecht.

Die Rechtsfolge bezieht sich dem Wortlaut nach nur auf die konkrete eintragungspflichtige Tatsache. Darüber hinaus werden nur solche Tatsachen betroffen, die von der Informationsfunktion des Registers erfasst sind, über die also das Register zugleich informieren möchte.

Umstritten ist allerdings, ob der Dritte sich auch für verschiedene Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage auf eine Kombination der wahren und scheinbaren Rechtslage berufen kann. Damit will der Dritte die für ihn beste Rechtslage erreichen. Der BGH hat dies unter Verweis auf den Wortlaut und den Schutzzweck des § 15 Absatz 1 HGB zugelassen. Es liegt kein treuwidriges oder widersprüchliches Verhalten vor, solange sich die Änderung, auf die sich der Dritte trotz fehlender Bekanntmachung beruft, auch durch einen anderen Vorgang als den nicht bekannt gemachten ergeben kann.

3.3. Rechtsfolge Absatz 3: Positive Publizität des Handelsregisters

Die positive Publizität des Handelsregisters nach § 15 Absatz 3 HGB hat zur Folge, dass der Dritte sich auf die unrichtig bekannt gemachte Tatsache berufen kann. Er kann aber auch die tatsächliche Rechtslage geltend machen. Ihm steht daher ein Wahlrecht zu. Wenn beispielsweise eine Person unrichtiger Weise als Mitgesellschafter eingetragen wurde, so kann sich ein Dritter auf diese Eintragung berufen oder auch die tatsächliche Rechtslage, nach der der Dritte kein Mitgesellschafter ist, geltend machen.

4. Voraussetzungen der Publizität des Handelsregisters nach § 15 Absatz 1 HGB

4.1. Eintragungspflichtige Tatsache

4.1.1. Problem: Konstitutiv und deklaratorisch wirkende Tatsachen

Damit die Rechtsfolgen des § 15 Absatz 1 HGB eingreifen können, muss zunächst eine Tatsache vorliegen, die in dem Zeitpunkt des Vorgangs aus dem der Dritte Rechte ableitet, wahr gewesen ist. Diese muss eintragungspflichtig und nicht nur bloß eintragungsfähig gewesen sein.

Regelmäßig wird zwischen solchen eintragungspflichtigen Tatsachen, die deklaratorische beziehungsweise konstitutive Wirkung haben, unterschieden. Ein Teil der Literatur wendet § 15 Absatz 1 HGB auf konstitutiv wirkende Eintragung nicht an. Das sind solche Tatsachen, die damit sie Geltung beanspruchen können, eingetragen und bekannt gemacht werden müssen. Deklaratorisch sind hingegen solche Tatsachen, bei denen die Rechtsänderung für ihre Geltung nicht bekanntgemacht worden sein müssen. Die überwiegende Auffassung geht jedoch davon aus, dass auch bei konstitutiv wirkenden Tatsachen die Publizität des Handelsregisters Anwendung findet. Dafür spricht zunächst, dass das Gesetz keine Einschränkungen kennt. Zudem kann sich ein Dritter auch bezüglich konstitutiv wirkenden Eintragungen auf die Publizität des Handelsregisters verlassen. Dementsprechend bedarf es auch in solchen Fällen der Publizität des Handelsregisters. Folglich muss § 15 Absatz 1 HGB auch für konstitutiv wirkende Tatsachen gelten.

4.1.2. Problem: Primärtatsachen und Sekundärtatsachen

Zuweilen gibt es Stimmen, die eine Beschränkung der Publizität des Handelsregisters auf Sekundärtatsachen fordern. Dies sind solche Tatsachen, die eine Primärtatsache ändern oder aufheben, wie der Widerruf der Prokura. Dabei sind Primärtatsachen solche Tatsachen, die eine Rechtslage oder Rechtsstellung begründen, wie beispielsweise die Gesellschaftsbegründung oder die Erteilung der Prokura. Mithin geht es bei den Sekundärtatsachen um eine Änderung, während die Primärtatsachen eine Rechtslage begründen. Mit den angeführten Argument lässt sich auch die Beschränkung auf Sekundärtatsachen ablehnen. Zudem wollte der historische Gesetzgeber auch Primärtatsachen umfassen. Der klare Wille des Gesetzgebers steht daher einer teleologischen Reduktion entgegen. Weiterhin wäre eine solche teleologische Reduktion auch unionsrechtswidrig.

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4.1.3. Problem: Sekundäre Unrichtigkeit und Publizität des Handelsregisters

Besonders streitig ist weiterhin, ob sich ein Dritter auch dann auf die fehlende Eintragung und Bekanntmachung berufen kann, wenn bereits die Voreintragung fehlte. Diese Fälle werden sekundäre Unrichtigkeit genannt.

Entscheidend ist bei dieser Frage, woran der Verkehrsschutz anknüpft. Sollte allein das Vertrauen auf die Richtigkeit des Handelsregisters geschützt werden, so unterfällt die sekundäre Unrichtigkeit nicht der Publizität des Handelsregisters und der Dritte kann keinen Schutz für sich beanspruchen. Wird der Verkehr hingegen bei jeder Unvollständigkeit des Registers geschützt, so erfasst § 15 Absatz 1 HGB auch Fälle fehlender Voreintragung. Dagegen könnte aber sprechen, dass in solchen Fällen der Rechtsschein im Handelsregisters fehlt, da dieses objektiv richtig ist. Jedoch kann der Dritte auch anderweitig von der Tatsache, die nicht eingetragen wurde, Kenntnis erhalten haben. Auch diese Kenntnis kann schützenswert sein. Zudem ist der Wortlaut auch hinsichtlich sekundärer Unrichtigkeit umfassend. § 15 Absatz 1 HGB schützt abstrakt das Vertrauen in die Vollständigkeit des Registers und der Bekanntmachungen. Daher müssen auch die Fälle sekundärer Unrichtigkeit umfasst sein, sobald die weiteren Voraussetzungen vorliegen.

4.2. In Angelegenheiten dessen einzutragen, der sich auf sie beruft

Die Tatsache muss in Angelegenheiten dessen einzutragen sein, der sich sonst auf diese Tatsache berufen könnte. Das ist in erster Linie der Unternehmensträger, also der Einzelkaufmann oder die Gesellschaft. Bei den Personengesellschaften kann dies auch der Gesellschafter selbst sein.

4.3. Nicht eingetragen und bekannt gemacht

Die Tatsache darf nicht eingetragen oder zwar eingetragen, aber noch nicht im Sinne von § 10 HGB bekannt gemacht worden sein. Erfasst sind daher Fälle, in denen die Tatsache weder eingetragen noch bekannt gemacht worden ist, die, in denen nur die Bekanntmachung noch nicht erfolgte und die, in denen allein die Eintragung unterblieben ist. Gleichgültig ist, warum die Tatsache nicht eingetragen oder bekannt gemacht ist. Daher ist auch kein Verschulden bezüglich der fehlenden Eintragung oder Bekanntmachung erforderlich. Zudem soll § 15 Absatz 1 HGB auch zulasten nicht vollgeschäftsfähiger Personen gelten.

4.4. Dem Dritten nicht bekannt

Dem Dritten darf die Tatsache, also die nicht eingetragene Rechtsänderung nicht bekannt sein. Dritter im Sinne des § 15 Absatz HGB ist jeder, der von der einzutragenden Tatsache nicht selbst, auch nicht mittelbar betroffen wird. Mittelbar betroffen sind zum Beispiel Gesellschafter, Mitglieder oder Organe der Gesellschaft. Schädlich ist nur positive Kenntnis, sodass grob fahrlässige Unkenntnis allein nicht ausreicht. Maßgeblich ist bei der Beurteilung der Zeitpunkt, in dem der Dritte agiert hat oder agieren hätte können.

4.5. Wirkung im Geschäftsverkehr

Der rechtsbegründende Vorgang muss zudem zum Geschäftsverkehr gehören. Zwar ist unerheblich, ob der Dritte im Einzelfall das Register eingesehen und auf sein Schweigen tatsächlich vertraut hat. § 15 Absatz 1 HGB soll aber den Rechtsverkehr schützen. Er kann daher nicht zur Anwendung kommen, wenn Vertrauensschutz überhaupt nicht eingreifen kann. Es muss daher zumindest abstrakt die Möglichkeit bestehen, dass der Dritte sein Verhalten mit Rücksicht auf seine Kenntnis von bestimmten Tatsachen ausrichtet. Der Begriff des Geschäftsverkehrs ist daher weit auszulegen. Es fallen folglich nicht nur rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche, sondern auch sonstige rechtlich erhebliche Beziehungen, die ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes mit Dritten aufnimmt unter den Geschäftsverkehr. Hingegen gilt die Publizität des Handelsregisters nicht für den Unrechtsverkehr, das heißt bei rein deliktischen Ansprüchen, wo ein Zusammenhang mit dem Geschäftsverkehr völlig fehlt. Niemand schaut nämlich bevor er sich verletzt in das Handelsregister.

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5. Voraussetzungen der Publizität des Handelsregisters nach § 15 Absatz 3 HGB

5.1 Unrichtig bekannt gemachte Tatsache als Grundlage der Publizität des Handelsregisters

§ 15 Absatz 3 HGB erfordert für die Publizität des Handelsregisters, dass eine einzutragende Tatsache unrichtig bekannt gemacht ist. Dabei kann die Bekanntmachung aus verschiedenen Gründen unrichtig sein. Zum Beispiel kann die Eintragung richtig, aber die Bekanntmachung abweichend sein oder die Eintragung kann fehlen, sodass etwas bekannt gemacht ist, was überhaupt nicht eingetragen ist. Zuletzt können Eintragung und Bekanntmachung auch übereinstimmen aber beide falsch sein. In allen diesen Fällen gilt § 15 Absatz 3 HGB.

Umstritten ist allein der reine Eintragungsfehler. Nach seinem Wortlaut ist § 15 Absatz 3 HGB nicht anwendbar, wenn die Eintragung zwar falsch, aber die Bekanntmachung richtig ist. Nach der herrschenden Auffassung soll in diesen Fällen allein die allgemeine Rechtsscheinhaftung gelten. Demnach kann, wer eine unrichtige Erklärung zum Handelsregister abgibt oder eine unrichtige Eintragung auf andere Weise veranlasst, von einem gutgläubigen Dritten daran festgehalten werden. Dies gilt auch für denjenigen, der eine unrichtige Eintragung zwar nicht veranlasst hat, diese aber nicht schuldhaft beseitigt. § 15 Absatz 3 HGB hingegen soll nicht gelten.

5.2. Keine Kenntnis von der Unrichtigkeit

Der Dritte darf keine Kenntnis von der Unrichtigkeit der Tatsache gehabt haben. Grob fahrlässige Unkenntnis schadet dabei aber nicht.

5.3. Wirkung im Geschäftsverkehr

Damit die Publizität des Handelsregisters vorliegen kann muss ebenso, wie bei § 15 Absatz 1 HGB der rechtsbegründende Vorgang zum Geschäftsverkehr gehören.

5.4. Zurechenbare Veranlassung der unrichtigen Bekanntmachung

Die Anwendung des § 15 Absatz 3 HGB erfordert zudem im Wege einer teleologischen Reduktion die zurechenbare Verursachung eines Rechtsscheintatbestandes. Die Vorschrift wirkt nur zulasten desjenigen, der die unrichtige Verlautbarung zumindest mittelbar, wenn auch durch einen richtigen Eintragungsantrag zurechenbar verursacht hat. Ihn trifft im Falle des richtigen Eintragungsantrags die Obliegenheit, gemäß § 9 Absatz 1 HGB die Richtigkeit der Verlautbarung zu kontrollieren. Ein vollkommen unbeteiligter Dritter bekommt demgegenüber keine Eintragungsmitteilung und hat daher auch keinen Anlass, Kontrollen durchzuführen. Mangels zurechenbarer Verursachung scheidet daher auch eine Haftung des Minderjährigen nach § 15 Absatz 3 HGB aus.

6. Fazit zur Publizität des Handelsregisters

Die Publizität des Handelsregisters nach § 15 HGB schützt zusammengefasst den Geschäftspartner. Dieser kann zunächst davon ausgehen, dass das, was im Handelsregister steht, richtig ist (§ 15 Absatz 3 HGB) oder dort nicht steht auch nicht vorliegt (§ 15 I HGB). Für den Kaufmann gilt, dass dieser regelmäßig prüfen sollte, was im Handelsregister über seine Gesellschaft steht.


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