Verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG
Anders als offene, erfolgen verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) aus einer Kapitalgesellschaft ohne entsprechenden Ausschüttungsbeschluss der Gesellschafter. Da sie sich nicht auf das Einkommen auswirken dürfen, werden sie außerbilanziell wieder hinzugerechnet. Wir zeigen, was es hierbei zu beachten gibt und wie Sie verdeckte Gewinnausschüttungen erkennen sowie rechtzeitig vermeiden!
Unser Video:
Verdeckte Gewinnausschüttungen
In diesem Video gehen wir auf verdeckte Gewinnausschüttungen, Voraussetzungen und steuerliche Behandlung ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Definition: Was sind verdeckte Gewinnausschüttungen?
Das Körperschaftsteuergesetz (KStG) regelt zwar die steuerliche Behandlung von verdeckten Gewinnausschüttungen, sagt uns aber nicht, wann eine solche überhaupt vorliegt. Im ersten Schritt erfahren wir, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gewinnermittlung der Kapitalgesellschaft erfolgsneutral bleibt (§ 8 Absatz 3 Satz 2 KStG). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Sie die vGA mit ihrem gemeinen Wert außerbilanziell hinzurechnen, wenn sie sich zuvor gewinnmindernd ausgewirkt hat.
Damit überhaupt eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, muss eine Kapitalgesellschaft
- einem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person
- einen Vermögensvorteil,
- der durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist
- und sich auf den Jahresgewinn auswirkt
zuwenden (R 8.5 Absatz 1 Satz 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien – KStR). Die Zuwendung muss ohne gesonderten Gesellschafterbeschluss, also außerordentlich, erfolgen (R 8.5 Absatz 1 Satz 2 KStR).
Nach R 8.5 Absatz 2 Satz 1 KStR liegt eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung außerdem vor, wenn
- die Gesellschaft ein Entgelt an
- einen beherrschenden Gesellschafter zahlt, und
- es an einer zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung, die im Voraus geschlossen wurde, fehlt.
Schauen wir uns die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die bei verdeckten Gewinnausschüttungen vorliegen müssen, also etwas genauer an!
1.1. Der (beherrschende) Gesellschafter
Gesellschafterin oder Gesellschafter ist jede natürliche oder juristische Person, die an der betreffenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Beteiligungsquote spielt an dieser Stelle nur bei bestimmten Sachverhalten eine Rolle. Für verdeckte Gewinnausschüttungen sind neben dem Gesellschafter selbst auch ihm nahestehende Personen, etwa Ehegatte und Kinder, einzubeziehen.
Beherrschend ist ein Gesellschafter immer dann, wenn er alleine oder mit anderen Personen zusammen mehr als 50 % der Stimmrechte der Kapitalgesellschaft hält. Alternativ ist der Gesellschafter beherrschend, wenn er durch seine Stellung als Geschäftsführer einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann.
Mehrere Gesellschafterinnen und Gesellschafter, die gleichgerichtete Interessen haben, sind durch Zusammenrechnung ihrer Stimmanteile gemeinsam zu berücksichtigen. Eine Beherrschung ergibt sich immer dann, wenn die gemeinsame Beteiligungsquote über 50 % liegt, etwa durch eine vorhandene Poolvereinbarung.
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1.2. Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Vermögensvorteil
Ob ein Vermögensvorteil durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ermitteln Sie nach dem sogenannten Fremdvergleichsgrundsatz, den der BFH unter anderem mit Urteil vom 11.02.1987 (I R 177/83) geprägt hat. Maßgeblich für den Vergleich ist, ob ein gewissenhaft handelnder Geschäftsführer den jeweiligen Vorteil auch einer dritten, nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligten, Person gewährt hätte.
Beispiel: Sie betreiben einen Einzelhandel, der schwerpunktmäßig Baustoffe verkauft. Für den Bau seines Eigenheims verkaufen Sie einem Gesellschafter zwei Paletten Fließen für EUR 4.000. Der übliche Ladenverkaufspreis liegt allerdings bei EUR 11.900.
Da Sie dem Gesellschafter die Fließen offensichtlich aufgrund seiner Stellung vergünstigt überlassen haben, liegt eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor. Gleichzeitig handelt es sich um einen Vermögensvorteil, schließlich hätte der Gesellschafter unter üblichen Umständen EUR 7.900 mehr für die Baustoffe zahlen müssen.
1.3. Gewinnminderung oder verhinderte Gewinnerhöhung bei verdeckten Gewinnausschüttungen
Gesetzliche Voraussetzung für verdeckte Gewinnausschüttungen ist die „Auswirkung auf das Jahresergebnis nach § 4 Absatz 1 Satz 1 EStG“. Eine Auswirkung kann sich dabei sowohl durch
- eine Vermögensminderung als auch
- eine verhinderte Vermögensmehrung
ergeben (R 8.5 Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 KStR). Im obigen Beispiel liegt eine verhinderte Vermögensmehrung vor, da die Gesellschaft zugunsten des Gesellschafters auf erzielbare Gewinne verzichtet.
Eine Vermögensminderung wäre hingegen zum Beispiel gegeben, wenn eine Gesellschafterin für die Gesellschaft tätig wird und hierfür eine überhöhte Vergütung (etwa als Geschäftsführergehalt) erhält.
2. Behandlung von vGAs: inner- vs. außerbilanziell
Eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter ist steuerlich im ersten Schritt nicht zu beanstanden. Es gelten die allgemeinen Vorschriften, insbesondere erfassen Sie Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben entsprechend der bilanziellen Grundsätze (§ 4 Absatz 1 Satz 1 und § 5 Absatz 1 EStG).
Im zweiten Schritt prüfen Sie, ob der jeweilige Geschäftsvorgang mit Blick auf verdeckte Gewinnausschüttungen relevant ist. Stellen Sie eine solche Relevanz fest, bewerten Sie die verdeckte Gewinnausschüttung nach dem Grundsatz des gemeinen Wertes (§ 9 des Bewertungsgesetzes – BewG). Daher schließen Sie die Umsatzsteuer in die Bewertung ein, selbst wenn der Gesellschafter umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer ist.
Beispiele zur Bewertung von verdeckten Gewinnausschüttungen:
- Überlassung von Fließen für EUR 4.000 anstelle der marktüblichen EUR 11.900. Wert der vGA: EUR 7.900
- Dienstleistung des Gesellschafters, Rechnung über EUR 25.000 an die GmbH. Marktüblich wären EUR 15.900, Wert der vGA: EUR 9.100
- Überhöhtes Geschäftsführergehalt von EUR 150.000, üblich wären EUR 90.000. Wert der vGA: EUR 60.000
Der ermittelte Wert (beispielsweise EUR 5.950 mit Umsatzsteuer bei netto EUR 5.000) einer verdeckten Gewinnausschüttung ist außerbilanziell hinzuzurechnen und erhöht den steuerlichen Gewinn der Gesellschaft (§ 8 Absatz 3 Satz 2 KStG). Da Sie hier den Bruttowert (die genannten EUR 5.950) der vGA ansetzen, erfolgt keine erneute Hinzurechnung der (bei einer vGA nicht abziehbaren) Umsatzsteuer nach § 10 Nummer 2 KStG (R 8.6 KStR).
Die vom Gesetzgeber gewünschte körperschaft- und umsatzsteuerliche Auswirkung ergibt sich nur alleine die Brutto-Hinzurechnung einer vGA. Der Vorsteuerabzug für das übertragene oder verkaufte Wirtschaftsgut nach § 15 UStG bleibt bestehen.
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3. Sonderfall: Rückwirkende Vereinbarung als Voraussetzung einer vGA
Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerrechtlich unwirksam und lösen nach Maßgabe der R 8.5 Absatz 2 KStR ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung aus. Diese rechnen Sie dem Gewinn insoweit hinzu, als sie tatsächlich auf einer rückwirkenden Vereinbarung beruht. Schauen wir uns auch diesen Sonderfall wieder anhand eines Beispiels an:
G ist Gesellschafter-Geschäftsführer seiner eigenen GmbH und hat ein Jahresgehalt von EUR 60.000 vereinbart. Zum 30.06.2023 erhöht er dieses Gehalt, rückwirkend zum 01.01.2023, um EUR 20.000 pro Jahr.
Dieser Fall ist ein Klassiker unter den verdeckten Gewinnausschüttungen. Der Wert der vGA beträgt hier EUR 10.000, da die Vereinbarung insoweit rückwirkend geschlossen wurde. Ab 01.07.2023 liegt keine vGA mehr vor, da es sich insoweit um eine in die Zukunft gerichtete Vereinbarung handelt.
4. Einkommensteuerliche Behandlung von verdeckten Gewinnausschüttungen
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind nach Maßgabe des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen. Gehört die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zu einem Betriebsvermögen, greift das Subsidiaritätsprinzip des § 20 Absatz 8 EStG. Die vGA wird dann abweichend vom gesonderten Steuersatz für Kapitalerträge (§ 32d EStG) mit dem regulären Einkommensteuersatz besteuert.
Allerdings greift eine Teilfreistellung nach § 3 Nummer 40 Buchstabe d EStG, sodass nur 60 % des zugeflossenen Betrags der Einkommensteuer unterliegen.
Basiert die verdeckte Gewinnausschüttung auf einer rückwirkenden Vereinbarung, ändert sich dadurch einkommensteuerlich nichts. Die steuerliche Auswirkung des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG ergibt sich automatisch im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart. Im Falle von Geschäftsführergehältern wurden die Einkünfte nach § 19 EStG beispielsweise bereits in tatsächlicher (überhöhter) Höhe angesetzt.
Wird auf Ebene der Gesellschaft eine vGA festgestellt, kann das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid des betroffenen Gesellschafters insoweit ändern (§ 32a Absatz 1 Satz 1 KStG).
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