Wichtige Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts
Der Begriff „internationales Steuerrecht“ bezeichnet Rechtsvorschriften, die die steuerliche Behandlung von Sachverhalten mit Auslandsbezug regeln. Sie umfassen beispielsweise die Beurteilung von Wohnsitz und Geschäftsleitung, die Behandlung vom Dividendenzahlungen über Ländergrenzen hinweg und die Abwanderung Steuerpflichtiger in Niedrigsteuerländer. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen dieses internationalen Steuerrechts sind dabei über verschiedenste Gesetze und Verordnungen hinweg verteilt. Eine wesentliche Rolle spielen außerdem Doppelbesteuerungsabkommen, die die Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten abschließt.
Unser Video:
Vorschriften im internationalen Steuerrecht
In diesem Video gehen wir auf die wichtigsten Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlegende Bedeutung des internationalen Steuerrechts
Das internationale Steuerrecht ist ein Spezialbereich der nationalen Gesetzgebung. Die einzelnen Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts sollen dabei unter anderem sicherstellen, dass eine doppelte Besteuerung von Einkünften vermieden wird. Gleichzeitig möchte der Gesetzgeber mit bestimmten Vorschriften gewährleisten, dass das deutsche Steuersubstrat (beispielsweise Betriebe und Immobilien) auch dort besteuert wird, wo der Unternehmer von der örtlichen Infrastruktur profitiert hat.
Zahlreiche Vorschriften sind dabei über die nationalen Steuergesetze, etwa das Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz, verteilt. Besondere Normen mit ausschließlichem Bezug zu grenzüberschreitenden Sachverhalten finden sich im Außensteuergesetz (AStG). Auch Doppelbesteuerungsabkommen haben einen mehrheitlich internationalen Charakter, geben aber gleichzeitig nationale Besteuerungsrechte vor.
2. Nationale Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts
Nationale Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts sind über nahezu alle Steuergesetze verteilt. Sie unterscheiden sich dadurch vom EU-Recht, dass sie nicht zwingend die Umsetzung einer Richtlinie darstellen, sondern vom deutschen Gesetzgeber als protektionistische Maßnahmen eingeführt wurden. Geschützt wird dabei entweder der Steueranspruch des Fiskus oder das Vermögen respektive die Steuerlast des Steuerpflichtigen.
Beispiele für nationale Gesetze, die internationale Sachverhalte regeln, sind:
- § 16 EStG: Die Aufgabe der deutschen Besteuerungshoheit an einem Einzelunternehmen oder einem Mitunternehmeranteil steht einer inländischen Betriebsaufgabe gleich. Konkret sind alle stillen Reserven des Betriebsvermögens zu versteuern, wenn der Unternehmer seinen deutschen Wohnsitz aufgibt und beispielsweise in die Schweiz auswandert. Diese sogenannte Wegzugsteuer fällt auch nach dem Außensteuergesetz an, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (dazu später mehr)
- § 4 Absatz 1 Satz 3 und 8 Halbsatz 2 EStG: Einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen steht der Ausschluss des Besteuerungsrechts am jeweiligen Wirtschaftsgut gleich. Ein solcher Ausschluss ist gegeben, wenn der Unternehmer beispielsweise sein Fahrzeug in ein ausländisches Betriebsvermögen überträgt, sodass der deutsche Fiskus kein Besteuerungsrecht mehr an entstehenden Verkaufsgewinnen hat. Im Umkehrschluss wird die Begründung des Besteuerungsrechts an einem Wirtschaftsgut der Entnahme gleichgestellt. Dies gilt in bestimmten Fällen sogar für einen aus dem Ausland „mitgebrachten“ Firmenwert
- § 6 Absatz 3 EStG: Grundsätzlich kann ein Unternehmer seinen Betrieb steuerneutral auf einen anderen Unternehmer übertragen. Ausnahmen gelten allerdings – schließen also eine steuerneutrale Übertragung aus – wenn die Übertragung ins Ausland erfolgt. Dies führt zu einer Aufdeckung der stillen Reserven und damit analog zu § 16 EStG zu einer fiktiven Betriebsaufgabe im Inland
Das Außensteuergesetz regelt in § 1 die Behandlung von Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen im Ausland. So müssen Geschäfte grundsätzlich unter fremdüblichen Bedingungen geschlossen werden. Mit § 6 AStG gilt für wegziehende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine Wegzugsbesteuerung. Ebenfalls erwähnenswert ist die Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 14 AStG.
3. Internationales Recht – Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Ein Klassiker unter den internationalen Verträgen sind Doppelbesteuerungs- und Amtshilfeabkommen. Amtshilfe- und Auskunftsvereinbarungen zwischen zwei Staaten regeln insbesondere, welcher Staat dem jeweils anderen Staat Kontoverbindungen, Vermögenswerte und Einkünfte mitteilen darf oder muss. In Strafverfahren gelten außerdem Vereinbarungen zur Auslieferung, also der Überführung eines Täters zurück nach Deutschland oder ins Ausland. Ziel ist die Gewährleistung eines ordentlichen Besteuerungs- oder Strafverfahrens, gegebenenfalls auch vor Gericht.
Wesentliche Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts sind im internationalen Bereich aber die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Sie sind grundsätzlich anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger (natürliche Person oder Gesellschaft) in mehreren Staaten steuerlich ansässig ist. Dies kann zum Beispiel bei mehreren Betriebsstätten der Fall sein. In derartigen Situationen käme es zu einer doppelten Besteuerung, da sich die Besteuerungshoheit Deutschlands grundsätzlich auf das sogenannte Welteinkommen erstreckt. Verfügt der ausländische Staat über ein entsprechendes Gesetz oder auch nur über territoriale Besteuerungshoheiten, könnte es zu einer doppelte Belastung der Einkünfte kommen.
Ein DBA – Deutschland hat mit mehr als 100 Staaten eines geschlossen – vermeidet diese Doppelbesteuerung. Je nach Einkunftsart und geknüpft an weitere Voraussetzungen, ordnet es die Einkünfte immer nur einem der beiden Staaten zu. Der jeweils andere Staat, der dann kein Besteuerungsrecht mehr hat, stellt die Einkünfte entweder frei (Freistellungsmethode) oder rechnet die im Ausland gezahlte Steuer auf die inländische Steuerforderung an (Anrechnungsmethode).
Völkerrechtliche Vereinbarungen – und als solche gelten DBA – gehen den nationalen Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts ohne Ausnahme vor (§ 2 AO).
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4. Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts innerhalb der EU
Auch innerhalb der EU existieren verschiedene Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts, zu finden
- einerseits im AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union; sogenanntes primäres Recht), und
- andererseits im sekundären Recht, konkret in verschiedensten Richtlinien und Verordnungen des EU-Parlaments in Brüssel.
EU-Richtlinien verpflichten den nationalen Gesetzgeber, den Inhalt in ein konkretes Gesetz (beispielsweise das EStG) einzugliedern. Die Richtlinie ist nur dann unmittelbar anzuwenden, wenn der Gesetzgeber die Umsetzung in nationales Recht unterlassen oder unrichtig durchgeführt hat.
EU-Verordnungen gelten hingegen stets unmittelbar. Die nationalen Gesetzgeber können sie zwar ganz oder teilweise in nationales Recht umsetzen, sind hierzu aber nicht verpflichtet. Ein gutes Beispiel ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), auf die sich jede Person in der EU unmittelbar berufen kann. Nationale Vorschriften wie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sind dann zweitrangig, soweit sie von der DSGVO verdrängt werden.
Beispiele für Richtlinien und ihre Umsetzung in nationales Recht:
- Amtshilferichtlinie: Austausch von Steuerinformationen innerhalb der EU, umgesetzt im EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG)
- Mutter-Tochter-Richtlinie: Behandlung von Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Organschaften, umgesetzt in § 43b EStG und § 8b KStG, außerdem in § 9 GewStG
- Zins- und Lizenzrichtlinie: Befreiung von Einkommen- und Kapitalertragsteuer für Zinsen und Lizenzgebühren (gegebenenfalls abweichend von § 50a EStG), die zwischen Unternehmen in Deutschland und der EU gezahlt werden, umgesetzt in den §§ 50g und 50h EStG
- Fusionsrichtlinie: Grenzüberschreitende Einbringung und Umwandlung von Unternehmen innerhalb der EU, umgesetzt teilweise im UmwStG (zum Beispiel durch § 20 Absatz 8 UmwStG)
Damit gibt es – mit Ausnahme von EU-Verordnungen – praktisch keine EU-Richtlinie, die nicht in ein nationales Gesetz „gegossen“ wurde. Diese Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts sind damit über alle innerdeutschen Gesetze verteilt, wirken aber auch über die Grenzen der BRD hinaus.
5. Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts: Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
Auch die Abgabenordnung enthält verschiedene Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts. Betroffen sind grenzüberschreitende Steuergestaltungen und Geschäfte mit ausländischen Unternehmen, auch wenn diese Tochtergesellschaften der deutschen Firma darstellen. Im Fokus steht dabei insbesondere der Fremdvergleichsgrundsatz, der dem deutschen Fiskus die Prüfung unter anderem von verdeckten Gewinnausschüttungen ermöglicht. Es gilt beispielsweise:
- § 90 Absatz 2 AO: Die Beteiligten müssen an der Aufklärung von Sachverhalten mitwirken, die sich ganz oder teilweise auf Vorgänge außerhalb Deutschlands beziehen
- § 90 Absatz 3 Satz 1 AO: Der Steuerpflichtige muss Vorgänge im Sinne des § 1 Absatz 4 AStG (Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen oder Betriebstätten im Ausland) aufzeichnen. Dabei hat er auf Aufforderung des Betriebsprüfers auch eine Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen. Verstöße gegen diese Norm können mit Hinzu- und Strafschätzungen nach § 162 Absatz 3 AO geahndet werden
- § 117 AO: Finanzbehörden können EU- und sogar weltweit gegenseitig Amtshilfe leisten, wenn es beispielsweise das EUAHiG erlaubt. Rechtsgrundlage kann aber auch ein völkerrechtliches Abkommen, das auf Gegenseitigkeit beruht, sein (§ 117 Absatz 3 AO). Zulässig ist insbesondere auch die Weitergabe von „deutschen“ Steuerdaten ins Ausland zur dortigen Verfolgung von Steuerstraftaten
- § 138d AO: Grenzüberschreitende Steuergestaltungen sind dem Finanzamt anzuzeigen. Eine solche Gestaltung liegt insbesondere vor, wenn die an ihr beteiligten (natürlichen oder juristischen) Personen in mehr als einem Steuerhoheitsgebiet ansässig sind
Die Rechtsgrundlagen des internationalen Steuerrechts sind also vielfältig, größtenteils aber in nationalen Steuergesetzen zu finden. Die wichtigste Ausnahme hiervon sind lediglich Doppelbesteuerungsabkommen, denn diese verdrängen nach § 2 AO insoweit nationale Gesetze beider Staaten.
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