Erbschaftsteuer durch Vermächtnis vermeiden
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor kurzer Zeit über einen Fall geurteilt, der eine Gesetzeslücke im Erbschaftsteuerrecht offenbart. So fällt in bestimmten Situationen keine Erbschaftsteuer in Deutschland an. Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl Erblasser als auch Erbe im Ausland leben, der zu übertragende Vermögensgegenstand sich aber in Deutschland befindet. Dies ist etwa bei in Deutschland befindlichen Immobilien der Fall. Somit besteht in Deutschlach eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Wenn nun der Erblasser aber keine Erbschaft, sondern ein Vermächtnis in sein Testament vermerkt, fehlt hierfür eine Regelung im Bewertungsgesetz. Denn das Bewertungsgesetz definiert, was auch erbschaftsteuerrechtlich als Inlandsvermögen anzusehen ist. Da das Vermächtnis in dieser Regelung jedoch fehlt, fällt in einem solchen Fall keine Erbschaftsteuer an.
Unser Video: Vermächtnis ohne Erbschaftsteuer
In diesem Video erklären wir, wie man mit einem Vermächtnis in Deutschland die Erbschaftsteuer vermeiden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Erbschaftsteuer bei einem Vermächtnis – Einleitung
Die Erbschaftsteuer ist schon eine recht eigenwillige Steuer. So lässt sie einen gewissen Grad an Pietät vermissen. Außerdem greift sie nach Vermögen, das zumeist bereits Gegenstand einer vorangegangenen ertragsteuerlichen Besteuerung gewesen ist. Und für viele andere Menschen erscheint sie als von viel zu vielen Ausnahmen und Schlupflöchern ausgehöhlt.
Kein Wunder also, dass viele Länder die Erbschaftsteuer abgeschafft oder gar niemals eingeführt haben. Ebenfalls wenig verwunderlich ist aber auch, dass man zur Vermögensnachfolge nach Möglichkeiten sucht, um die Erbschaftsteuer zu umgehen. Naheliegend dabei ist, dass man versucht, die Besteuerung in Deutschland durch Wegzug in ein Land ohne Erbschaftsteuer zu vermeiden. Damit entgeht man der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland. Doch wenn es um Vermögensgegenstände geht, die in Deutschland verbleiben, weil sie immobil sind, hat man es für gewöhnlich mit der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht hierzulande zu tun.
Dass wir hier auch einen Blick über die Schlagbäume an unseren Außengrenzen werfen, ist im Zusammenhang mit diesem Beitrag kein Zufall. Denn trotz der Anwendung des Belegenheitsprinzips bei der Besteuerung von erbschaftsteuerpflichtigen Immobilien im Inland kann man mit einem Vermächtnis die Erbschaftsteuer vermeiden. Dies möchten wir Ihnen anlässlich einer aktuellen Entscheidung des BFH in Bezug auf das Vermächtnis erläutern.
2. Erbschaftsteuer bei Vermächtnis: Rechtsgrundlagen
Nach dieser allgemeinen Einleitung rücken wir die Rechtsgrundlagen in den Vordergrund, die den BFH dazu veranlassten, die hier behandelte Gesetzeslücke im Erbschaftsteuerrecht zu bestätigen. Dazu blicken wir zunächst auf § 2 ErbStG. Hier definiert der Gesetzgeber, wann eine unbeschränkte und wann eine beschränkte Steuerpflicht im Sinne des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vorliegt.
Während im ersten Absatz der Norm unter Nummer 1 die allgemeinen Regelungen aufgeführt sind, die die unbeschränkte Steuerpflicht thematisieren, ist für uns die Nummer 3 von besonderem Interesse. Nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG gelten alle bei einer Vermögensübertragung involvierten Personen, die in Deutschland ansässig sind, als unbeschränkt steuerpflichtig. Dies gilt also auch dann, wenn nur eine betroffene Person in Deutschland ansässig ist und die anderen sich im Ausland befinden. Außerdem gilt hierbei das Welteinkommensprinzip. Also ganz gleich wo sich das zu übertragende Vermögen befindet, es unterliegt der deutschen Erbschaftsteuer.
Wenn wir aber nun dem Fall nachgehen, dass weder Erblasser noch Erbe in Deutschland ansässig sind, sich der Vermögensgegenstand aber in Deutschland befindet, sind wir an die Nummer 3 des Absatzes gebunden. Hier spricht das Gesetz über die beschränkte Steuerpflicht der im Ausland befindlichen Bezugspersonen, wenn auch indirekt im Ausschlussverfahren. Denn wenn weder Nummer 1 noch Nummer 2 einschlägig sind, hat Nummer 3 zu greifen. Hier bezieht sich das Gesetz erstmals auf das sogenannte Inlandsvermögen. Inlandsvermögen ist, was § 121 BewG als solches definiert.
Damit kommen wir zur zweiten wichtigen Rechtsgrundlage für unser Vermächtnis ohne Erbschaftsteuer. Denn das Inlandsvermögen ist ja für beschränkt Steuerpflichtige der einzige relevante Anknüpfungspunkt, der sie steuerlich an Deutschland bindet. So listet § 121 BewG in neun Punkten auf, was als Inlandsvermögen gilt. Dazu gehören unter anderem auch Immobilien, Unternehmensbeteiligungen oder Betriebsvermögen.
Sie mögen es wohl schon ahnen: genau hier befindet sich eine Gesetzeslücke, mit der man mittels Vermächtnis Erbschaftsteuer vermeiden kann.
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3. Erbschaftsteuer: der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis
Bevor wir aber zu den spannenden Einzelheiten zur Vermeidung der Erbschaftsteuer mittels Vermächtnis kommen können, sollten wir erst noch erläutern, wo der Unterschied zwischen einem Erbe und einem Vermächtnis liegt.
Ein Erbe ist relativ leicht erklärt. Nach dem Ableben hinterlässt man einen Vermögensgegenstand, der als Erbe auf eine andere natürliche oder juristische Person übergeht. Das Vermögen wechselt also den Eigentümer durch Erbschaft.
Bei einem Vermächtnis gibt es ebenfalls ein Erbe und einen Erben. Doch darüber hinaus kann ein Erblasser testamentarisch oder erbvertraglich über ein Vermächtnis bestimmen. Damit regelt er, dass eine weitere Person, der Vermächtnisnehmer, Anrecht auf einen bestimmten Vermögensgegenstand hat. In diesem Fall stellt der Erbe also eher eine Art Zwischenstation dar, der das Vermächtnis verwaltet, bis es durch Erfüllung des Anspruchs auf den Vermächtnisnehmer übergeht. Eine erbende Person ist also durch ein Vermächtnis belastet.
Dabei kann man eine ganze Reihe an verschiedenen Möglichkeiten zur Ausgestaltung eines Vermächtnisses unterscheiden. Für unsere Betrachtungen sind diese Unterschiede aber bedeutungslos. Wichtig hierbei ist allein, dass der Vermächtnisnehmer lediglich einen Anspruch auf Herausgabe des vermachten Gegenstands erhält.
Die Frage ist also, ob ein Vermächtnisnehmer im Ausland durch ein Vermächtnis beschränkt erbschaftsteuerpflichtiges Inlandsvermögen erhält. Die Antwort darauf sollte in § 121 BewG stehen, fehlt dort aber.
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4. Vermeidung der Erbschaftsteuer durch ein Vermächtnis
Jetzt aber in medias res: wie vermeidet man mit einem Vermächtnis die Erbschaftsteuer?
Wie wir nun wissen, ist ein Vermächtnis lediglich ein Anspruch auf einen Vermögensgegenstand. Da aber § 121 BewG genau definiert, was auch im erbschaftsteuerlichen Sinne Inlandsvermögen ist und in dieser abschließenden Auflistung das Vermächtnis mit keinem Wort Erwähnung findet, ist der Rückschluss auf die Erbschaftsteuer klar. Wer also als beschränkt steuerpflichtige Person von einer anderen ebenfalls beschränkt steuerpflichtigen Person ein Vermächtnis erhält, kann sich darauf berufen, dass dies kein Inlandsvermögen darstellt. Selbst wenn jemand auf diese Weise ein Schloss oder eine Industrieanlage als Vermächtnis erhält, bleibt diese Person von der Erbschaftsteuer verschont. Dies gilt sowohl für den Erhalt des Anspruchs auf das Vermächtnis als auch für die Erfüllung des Anspruchs.
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5. Fazit: Keine Erbschaftsteuer bei Vermächtnis im Ausland
Nun hat der BFH also bestätigt, dass man die Erbschaftsteuer mit einem Vermächtnis unter den beschriebenen Voraussetzungen legal vermeiden kann. Es ist eine Gesetzeslücke erster Güte. Daher ist es fraglich, wie lange es nun dauern mag, bis der Gesetzgeber dem § 121 BewG ein Update spendiert, um diese Lücke zu schließen. Zwar scheint diese Gesetzeslücke auf den ersten Blick keine große Bedeutung zu haben, doch könnte ihre Ausnutzung durchaus in nächster Zeit vermehrt eintreten. Zu verlockend ist dies gerade für Betroffene, die sich in ihrer privaten Situation hier besonders leicht wiederfinden. Und auch wenn dies lediglich eine kleine Nische der viel umfangreicheren Optionen zur Vermeidung der Erbschaftsteuer darstellt, so betrifft die Vermeidung der Erbschaftsteuer mittels Vermächtnis sicherlich in aller Regel vor allem größere Vermögenswerte. Darüber hinaus ist die Steuergestaltung, die sich hieraus ergibt, durchaus dazu geeignet, gleich über Generationen hinweg vorteilhaft zu wirken.
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