Share Deal mit Immobilien – einst und heute
Der Share Deal mit Immobilien war lange Zeit ein bevorzugtes Gestaltungsmodell von größeren Konzernen, deren Kerngeschäft die Vermietung von Immobilien ist. Dabei geht es darum, dass man statt Immobilien Anteile an Immobiliengesellschaften übernimmt. Im Grunde also ein klassischer Share Deal. Der Grund für einen Immobilienerwerb über einen Share Deal ist, dass der Erwerb von Unternehmensanteilen keine Übertragung von Grundstücken darstellt. Denn nur die letztgenannte Transaktion löste früher eine entsprechende Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuerrecht aus. Deshalb hat man den Share Deal mit Immobilien als Gestaltungsmodell zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer gerne genutzt. Da aber dadurch die Grunderwerbsteuereinnahmen der Bundesländer, denen diese Steuern zustehen, deutlich zurückgingen, sah der Gesetzgeber Handlungsbedarf. So führte er Einschränkungen ein, um dem Share Deal mit Immobilien die Attraktivität zu nehmen. Allerdings konnte man auch diese relativ leicht umgehen. Daher folgten 2021 Verschärfungen, die bis heute gelten.
Unser Video: Share Deal mit Immobilien
In diesem Video erklären wir, unter welchen Rahmenbedingungen ein Share Deal mit Immobilien möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Share Deal mit Immobilien – Einleitung
Zwischen 2018 und 2020 wechselten in Deutschland über 150.000 Immobilien den Eigentümer, ohne dass dabei Grunderwerbsteuer angefallen ist. Dabei sehen alle Bundesländer eine solche Abgabe beim Verkauf von Immobilien grundsätzlich vor. Wie ist dann also die enorme Zahl an steuerfreien Immobilienverkäufen zu erklären?
Mit Share Deals. Ein Share Deal mit Immobilien ist ein eleganter Weg, den Voraussetzungen des Anfalls einer Grunderwerbsteuer auszuweichen und somit die Steuer zu vermeiden. Denn anstatt eine Immobilie zu verkaufen, was einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang darstellt, verkauft man Anteile an der Gesellschaft, in der sich die Immobilie befindet. Zwar fällt auch hierbei Steuer an, nämlich Ertragsteuer auf den Gewinn aus dem Verkauf, doch prinzipiell keine zusätzliche Grunderwerbsteuer.
Was im Grunde recht banal klingt und sicher gesetzeskonform ist, ist für die betroffenen Bundesländer, denen die Grunderwerbsteuer zusteht, gelinde gesagt ein großer Nachteil. Denn seit dem immer mehr Grundstücksveräußerungen per Share Deal mit Immobilien vollzogen werden, nehmen die Steuereinnahmen der Bundesländer ab. Das musste logischerweise Konsequenzen haben. Daher führte der Gesetzgeber Änderungen ein, um die Attraktivität des Share Deals mit Immobilien einzuschränken. Hier betrachten wir nun diese Folgen und beschreiben, wie sich der Share Deal mit Immobilie heute darstellt.
2. Share Deal mit Immobilien – die Anfänge
Dass man schon seit langer Zeit Immobilien etwa in einer GmbH zusammen mit dieser auf neue Eigentümer übertragen hat, ist klar. Wann aber genau der erste Share Deal mit Immobilien als eigenständiges Gestaltungsmodell eingesetzt wurde, liegt im Nebel der Geschichte versunken. Sicherlich gab es ihn bereits vor etwa 30 Jahren und vermutlich schon lange Zeit davor. Doch war dieses Gestaltungsmodell zur damaligen Zeit allenfalls eine Nischenerscheinung. Es war eine Art Geheimwaffe gegen die Grunderwerbsteuer und blieb somit ein Geheimtipp – vorerst. Jedenfalls kümmerte es viele Jahre lang keines der Bundesländer, dass bei diesen vordergründigen Unternehmenstransaktionen eigentlich die grunderwerbsteuerfreie Veräußerung von Immobilien im Vordergrund standen. Aber vielleicht wunderten sich schon früh Finanzbeamte über die Zunahme solcher Transaktionen. Doch selbst wenn man diese Steuergestaltung erkannt hatte, blieb die Vermeidung der Grunderwerbsteuer weiterhin völlig legal. Das Schlupfloch blieb über viele Jahre und Jahrzehnte offen.
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3. Erste Maßnahmen gegen den Share Deal mit Immobilien
Mit der Zeit wurde aber aus dem anfänglichen Geheimtipp ein in weiten Kreisen der Immobilienbranche bekanntes Steuergestaltungsmodell. Insbesondere die großen Real Estate-Unternehmen nutzten den Share Deal nun regelmäßig beim Kauf und Verkauf ihrer Immobilien. Im selben Umfang fingen nun aber auch die Steuereinnahmen der Länder an deutlich zu schrumpfen. Auch wenn die Grunderwerbsteuer je nach Bundesland nur zwischen 3,5 % und 6,5 % beträgt, sie somit eher eine kleine Abgabe für die Erwerber der Immobilien darstellt, geht es doch um insgesamt beträchtliche Steuersummen. Besonders bei den Immobilien-Unternehmen, die in aller Regel mit größeren Grundstücksflächen und Gebäuden handeln, gehen die entgangenen Steuern schnell in die Millionen.
Daher hat der Gesetzeber auf Druck der Bundesländer gesetzliche Maßnahmen ergriffen, um dieser Steuergestaltung Einhalt zu gebieten. So führte man 1997 einen Absatz 2a in § 1 GrEStG ein, der eine Übernahme von weniger als 95 % der Anteile an einer Immobilien-Gesellschaft steuerfrei ermöglichte. Erst bei einem Erwerb von 95 % oder mehr der Gesellschaftsanteile war eine Grunderwerbsteuer obligatorisch.
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4. Share Deal mit Immobilien: Rettung RETT-Blocker
Diese Einschränkungen waren vor allem für Gesellschaften, deren Kerngeschäft Immobilien sind, zunächst ein erheblicher Einschnitt. Schließlich bedeutete dies ja, dass man das bisherige Gestaltungsmodell aufgeben musste. Doch war dieses in der Vergangenheit so attraktiv, dass man schnell nach Wegen suchte, um es auf andere Weise wieder aufleben zu lassen. So war die Freude der Politik, über die Einführung der Einschränkungen, die zu steigenden Einnahmen bei der Grunderwerbsteuer führen sollten, nur von kurzer Dauer. Denn die neue Gesetzeslage ließ noch Lücken offen, die man nun ausnutzte.
Das Gestaltungskonzept erhielt sogar einen eigenen Namen, nämlich RETT-Blocker. Das Akronym RETT steht für Real Estate Transfer Tax. Der Namensbestandteil „Blocker“ erklärt sich hingegen aus der Zielsetzung des Gestaltungsmodells von selbst. Dabei hat man folgende Lösung zur Umgehung der Grunderwerbsteuer gewählt: Man gründete mit der eigenen Immobilien-GmbH eine Personengesellschaft, üblicherweise eine GmbH & Co. KG. Die Immobilien-GmbH (auch andere Kapitalgesellschaften sind möglich) kaufte nun 94,9 % der Anteile an einer anderen Immobiliengesellschaft, an deren Immobilien man eigentlich interessiert war. Die restlichen Anteile kaufte hingegen die Tochter-GmbH & Co. KG. Beide Share Deals blieben im Rahmen der gesetzlichen vorgaben, sodass keine Grunderwerbsteuer anfiel. Später, nach Einhalten einer fünfjährigen gesetzlichen Sperrfrist, konnte man die Mutter- und ihre Tochtergesellschaft miteinander verschmelzen. Auf diese Weise hatte man wieder 100 % der Anteile übernommen und so den Share Deal mit Immobilien grunderwerbsteuerfrei abgeschlossen.
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5. Verschärfung der Bedingungen zum Share Deal mit Immobilien
Obwohl es also offensichtlich war, dass die Einschränkungen insbesondere für große Immobiliengesellschaften praktisch wirkungslos waren, dauerte es Jahre, bis sich der Gesetzgeber zu erneuten Änderungen entschloss. Dabei war es wohl weniger ihre eigene Initiative, die dazu führte, sondern vielmehr eine Vielzahl an Faktoren. Zum einen lag dies an der zunehmenden Verknappung an für die Allgemeinheit bezahlbaren Wohnraum, insbesondere in den Ballungsräumen. Dies wiederum rief Kritiker in den Reihen der Opposition auf den Plan. So stellten unter anderem Politiker der Bundestagsfraktion Die Grünen 2017 eine Anfrage an die Bundesregierung. Sie wollten wissen, welchen Anteil der Share Deal mit Immobilien zwischen 1999 und 2016 am Immobilienhandel insgesamt hatte. Die Antwort bestätigte das bisherige Lamento der Bundesländer: 71 % der übertragenen Unternehmen mit einem Portfolio von mindestens 800 Wohnungen waren über einen Share Deal erfolgt. Daher blieb dem Bundesfinanzminister und seinen Kollegen auf Länderebene nur ein Ausweg: die Überarbeitung der bisherigen Regeln.
Andererseits darf man wohl davon ausgehen, dass auch die Lobby der Immobilienwirtschaft sich Gehör verschaffte. So kam es, dass man am Ende lediglich eine moderate Verschärfung der Beteiligungsgrenze beschloss. Dazu reduzierte man die Grenze von 95 % auf nun 90 %. Außerdem setzte man die Sperrfrist von fünf Jahren auf zehn Jahre herauf. Im Übrigen schob man schon 2012 RETT-Blocker-Gestaltungen einen Riegel vor, indem man die Kaufbeteiligung mittels einer eigenen Tochtergesellschaft ebenfalls der Grunderwerbsteuer unterwarf. Dies verschärfte man nun ebenfalls. So gilt nach neuer Rechtslage, dass der Erwerber der 89,9 % der Unternehmensanteile auch nach Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist Grunderwerbsteuer zu zahlen hat, wenn er die übrigen Anteile direkt oder indirekt erwirbt. Im wesentlichen blieb das Konzept aber bestehen – bis heute.
Verschärfungen zum Share Deal mit Immobilien
In diesem Video erklären wir, welche Verschärfungen es bei der Grunderwerbsteuer gibt und welche Lücken beim Share Deal geblieben sind.
6. Share Deal mit Immobilien: Vonovia übernimmt Deutsche Wohnen
Dass diese Verschärfungen ohne große Auswirkungen bei den wirklich großen Immobilientransaktionen blieben, konnte man schon kurz nach ihrer Einführung 2021 erfahren. Damals wollte der größte Immobilienkonzern Europas, die Vonovia AG, ihren unmittelbaren Konkurrenten, die Deutsche Wohnen SE, übernehmen. Selbstverständlich ist ein solcher Vorgang ein Share Deal. Allerdings wissen wir ja jetzt, dass man nur bis zu einer bestimmten Beteiligungshöhe von 89,9 % die Anteile einer Immobiliengesellschaft per Share Deal übernehmen kann, ohne dass dabei Grunderwerbsteuer anfällt. Genau dies hat die Vonovia dann auch so umgesetzt. Und da ein Großteil der Immobilien der Deutsche Wohnen in Berlin vorhanden sind, sollen der Stadt etwa EUR 1 Milliarde an Grunderwerbsteuer entgangen sein.
7. Share Deal mit Immobilien – Fazit
Nun kann man rückblickend einige Lehren ziehen. Einerseits bleibt der Share Deal mit Immobilien, trotz aller bisherigen Anstrengungen zur Entkräftung des Steuergestaltungsmodells, insbesondere für große Immobilienkonzerne weiterhin sehr attraktiv. Das Beispiel der Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia belegt es sehr eindrucksvoll. Selbst kurz nach Einführung der erwarteten Verschärfungen hielt man am Share Deal fest. Daher ist der Share Deal mit Immobilien auch in Zukunft ein Gestaltungsmodell, das Anwendung finden wird.
Andererseits bleibt eine gewisse Tragik. Denn der grunderwerbsteuerfreie Share Deal mit Immobilien stellt einen Faktor dar, den wohl die meisten privaten Immobilienerwerber als große Ungerechtigkeit empfinden. Schließlich können sie sich beim Grundstückskauf keineswegs von der Grunderwerbsteuer befreien. Dadurch entsteht also der Eindruck, dass die Grunderwerbsteuer eine ungerechte Steuer ist, weil man hier offenbar mit zweierlei Maß misst: die einen zahlen die Steuer, die anderen können sie vermeiden.
Die Grunderwerbsteuer abzuschaffen ist aber auch keine Option. Schließlich ist dies eine der Haupteinnahmequellen der Bundesländer. Dieses Besteuerungsrecht aufzugeben ist also ausgeschlossen. Zwar könnte man die Gesetzgebung weiter anpassen, doch haben die Finanzminister von Bund und Ländern bereits in der Vergangenheit diesen Weg ausgelotet. Dabei stellten sie fest, dass dies aus verfassungsrechtlichen Gründen zwangsläufig die Besteuerung auf Bundesebene verschieben würde. So kämen die Länder also auch in diesem Fall um ihre Steuereinnahmen aus der Grunderwerbsteuer. Daher ist den Bundesländern die zwei Klassen-Besteuerung aus rein finanziellen Gründen weiterhin lieber, als die Abschaffung des Unrechts.
Damit bleibt aber auch ein weiteres Schlupfloch offen, und zwar zur Geldwäsche. Weil bei einem Share Deal die Eigentumsverhältnisse an den Immobilien im Grundbuch unverändert bleiben, ist dies ein beliebtes Mittel, um etwa Gewinne aus kriminellen Aktivitäten unerkannt reinzuwaschen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte, nämlich die von Deutschland als Geldwäscheparadies.
Steuerberater für Immobiliensteuerrecht
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zum Immobiliensteuerrecht spezialisiert. Beim Share Deal mit Immobilien schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:
GmbH
- Allgemeine Beratung zur GmbH-Gründung
- Schaffung der Grundlagen zur Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen
- Nutzung von Verlustvorträgen (eigene ebenso wie erworbene)
- Erörterung der Steuervorteile der Immobilien-GmbH
- Empfehlungen zum Aufbau von Holdingstrukturen
Immobilien
- Beratung zum Erwerb der ersten eigenen Immobilie
- Vorausschauende Planung zum steueroptimierten Verkauf von Immobilien
- Informationen zum Leverage-Effekt zur Steigerung der Eigenkapitalrendite
Unternehmenskauf / Unternehmensverkauf
- Allgemeine Beratung zum GmbH-Verkauf
- Individuelle Empfehlungen zu Unternehmenstransaktionen unter Nutzung der Vorteile bei Share Deal & Asset Deal
Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:
Lehrauftrag für Steuerrecht
Unsere besonderen Expertisen für Immobiliensteuerrecht werden auch durch die FOM Hochschule bestätigt. Steuerberater Christoph Juhn wurde dort zum Lehrbeauftragten für Steuerrecht berufen und lehrt seit dem Wintersemester 2013 die Veranstaltung „Grunderwerbsteuerrecht“. Das vorlesungsbegleitende Skript stellen wir Ihnen hier gerne vorab als Information zum kostenlosen Download zur Verfügung: