Vorweggenommene Erbfolge – Besonderheiten beachten!
Innerhalb des Familienverbundes sind Vermögensübertragungen nicht nur üblich, sondern aus steuer- und erbrechtlicher Sicht häufig auch sinnvoll. Im Hinblick auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer lassen sich so unter anderem Freibeträge alle 10 Jahre optimal ausnutzen. Die vorweggenommene Erbfolge kann Teil einer entsprechenden Gestaltung sein. Die Übertragung von Betriebs- oder Privatvermögen erfolgt hier unter Lebenden, allerdings mit Rücksicht auf die zukünftig eintretende („echte“) Erbfolge.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat für die praktische Beurteilung entsprechender Sachverhalte umfangreiche Leitlinien veröffentlicht. Sie basieren größtenteils auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und konsolidieren die jeweiligen Entscheidungen. Die Grundsätze der vorweggenommenen Erbfolge und bestimmte Einzelfälle sind gesammelt im BMF-Schreiben vom 13.01.1993 (IV B 3 – S 2190 – 37/92) zu finden.
Betriebsveräußerung, Betriebsaufgabe und Realteilung
In diesem Video gehen wir auf die einzelnen Tatbestände des § 16 EStG und ihre praktischen Rechtsfolgen ein!
Inhaltsverzeichnis
1. Begriff und Grundlagen der vorweggenommenen Erbfolge
Unter dem Begriff der vorweggenommenen Erbfolge versteht der Gesetzgeber eine Vermögensübertragung unter Lebenden. Wichtig dabei, mithin sogar das ausschlaggebende Kriterium, ist die Rücksichtnahme auf die später tatsächlich eintretende Erbfolge, die sich nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richtet.
Beispiele:
- Der Vater überträgt seiner Tochter ein vermietetes Einfamilienhaus. Die Vermögensübertragung findet mit Rücksicht auf die zukünftige Erbfolge statt, da die Tochter gesetzliche Erbin des Vaters ist
- Eine Person überträgt ihrem besten Freund ein Einzelunternehmen. Es liegt grundsätzlich kein Fall der vorweggenommenen Erbfolge vor, da kein zivilrechtliches Verwandtschaftsverhältnis, das zu einem Erbanspruch führen könnte, besteht
Eine Vermögensübertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ist also nur möglich bei Abkömmlingen (Kindern) und sonstigen gesetzlich Erbberechtigten. In Ausnahmefällen kommen auch weitere Verwandte und sogar Dritte in Betracht, wenn sie aufgrund persönlicher Beziehungen ein besonderes Interesse daran haben, die Übergeberin oder den Übergeber lebenslang zu versorgen. Letztgenannter Fall ist in der Praxis aber eine absolute Ausnahme.
Eine Entscheidung zugunsten der vorweggenommenen Erbfolge kann neben steuerlichen aus persönliche Gründe haben. Zu nennen ist hier vor allem die Vermögensübertragung „unter Aufsicht“ des späteren Erblassers. Der Vorteil liegt in der Vermeidung von Streitigkeiten, die insbesondere bei der Auslegung von Verträgen immer wieder aufkommen. Potenzielle oder tatsächliche Erben können außerdem an die Verantwortung, die das übertragene Vermögen (etwa eine GmbH) mit sich bringt, herangeführt werden. Sie profitieren dann von der Erfahrung des bisherigen Betriebsinhabers.
Der Zeitpunkt der Vermögensübergabe unterliegt keinen gesetzlichen Regelungen. Die Beteiligten können daher selbst entscheiden, wann sie die vorweggenommene Erbfolge anwenden. Zweckmäßig ist hier in der Praxis aber die detaillierte Absprache mit der Steuerberaterin oder dem Steuerberater, auch notarielle Verträge sind an vielen Stellen notwendig. Mögliche „Fallstricke“, die erst im Nachhinein zum Vorschein kommen, lassen sich so frühzeitig vermeiden.
2. Gegenstand der vorweggenommenen Erbfolge
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge sind grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter des Betriebs- und Privatvermögens übertragungsfähig. Die einzelnen Vermögensübertragungen unterscheiden sich allerdings, abhängig von der Art des übertragenen Vermögens, in ihren steuerrechtlichen Konsequenzen.
Übernehmer und Übergeber entscheiden selbst, welche Wirtschaftsgüter sie wann und zu welchen Konditionen übertragen möchten. Im Regelfall ist eine entsprechende vertragliche Vereinbarung notwendig, die Leistung und Gegenleistung (sofern relevant) klarstellend festlegt. Der Vertrag ist außerdem für die weitere steuerliche Einordnung der Vermögensübertragung von erheblicher Bedeutung, da dem Finanzamt regelmäßig kaum weitere Unterlagen vorliegen.
Schauen wir uns nun einmal an, inwieweit sich Privat- und Betriebsvermögen bei der vorweggenommenen Erbfolge unterscheiden!
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2.1. Die Übertragung von Privatvermögen
Bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern oder –einheiten des Privatvermögens liegt entweder ein voll unentgeltliches oder ein teilentgeltliches Geschäft vor. Maßgebend sind dabei vor allem die Leistungen, die der Übergeber vom Übernehmer des Vermögens erhält.
2.1.1. Übertragung gegen Versorgungsleistungen
Soweit die Gegenleistung des Übernehmers in Versorgungsleistungen (Renten, dauernde Lasten) besteht, liegt eine unentgeltliche Vermögensübertragung vor. Die Versorgungsleistungen müssen dabei nicht unmittelbar an den Vermögensüberträger, sondern können auch an dessen Angehörige und Ehe- oder Lebenspartner gezahlt werden.
Wurden Leistung und Gegenleistung („Vermögen gegen Rente“) nach kaufmännischen Gesichtspunktenn abgewogen, liegen Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vor. Eine kaufmännische Abwägung ist beispielsweise gegeben, wenn der fremdübliche Kaufpreis einer Immobilie anhand der Sterbetafel über die Lebensdauer des Rentenempfängers in eine monatliche, lebenslange Leibrente umgerechnet wird.
Versorgungsleistungen sind nach den jeweiligen Voraussetzungen entweder
- als Leibrente mit dem Ertragsanteil (§§ 10 Absatz 1 Nummer 1a Satz 2, 22 Nummer 1 Satz 1 und Satz 1 Buchstabe a EStG) oder
- als dauernde Last in voller Höhe (§ 10 Absatz 1 Nummer 1a Satz 1 EStG)
zu berücksichtigen. Kann der Leistende keinen Sonderausgabenabzug geltend machen, muss der Empfänger auch keine sonstigen Einkünfte versteuern.
2.1.2. Abstandszahlungen, Übernahme von Verbindlichkeiten
Hat sich der Übernehmer bei der vorweggenommenen Erbfolge – gegebenenfalls neben der Zahlung echter Versorgungsleistungen – zu einer Abstandszahlung an Angehörige oder Dritte verpflichtet, so liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vor. Die gezahlte Summe stellt also Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut dar und unterliegt beim Veräußerer gegebenenfalls der Besteuerung im Rahmen des § 23 EStG.
Entsprechendes gilt auch für Verbindlichkeiten. Sagt der Sohn beispielsweise seinem Vater zu, im Gegenzug zur Übertragung einer Immobilie auch EUR 200.000 an auf ihr lastenden Verbindlichkeiten zu übernehmen, so liegen insoweit Anschaffungskosten des Sohnes vor. Der Vater erzielt ein Veräußerungsentgelt.
Behält sich der Übergeber ein dingliches Nutzungsrecht (zum Beispiel Nießbrauch) am übertragenen Vermögen vor, liegt insoweit kein entgeltlicher Erwerb vor. Das Vermögen gilt als mit dem Nutzungsrecht belastet erworben (BFH vom 24.04.1991, XI R 5/83).
2.1.3. Höhe der Anschaffungskosten bei der vorweggenommenen Erbfolge
Die (teilweisen) Anschaffungskosten und damit auch der beim Übergeber gegebenenfalls zu versteuernde Veräußerungspreis bestimmen sich nach unterschiedlichen Vorschriften. Dabei gelten folgende Grundsätze:
- Soweit die Übertragung als unentgeltlich gilt, etwa durch die Gewährung von Versorgungsleistungen (siehe oben), erfolgt kein Ansatz von Anschaffungskosten oder einem Veräußerungspreis
- Übernimmt der Empfänger des Vermögens auch Schulden des Überträgers, so sind diese mit ihrem Nennwert (EUR-Betrag) anzusetzen
- Geleistete Ausgleichs- und Abstandszahlungen stellen ebenfalls Anschaffungskosten in Höhe ihres Nennwertes dar
- Geldleistungen, die mehr als ein Jahr nach der Übertragung fällig sind, werden nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes abgezinst. Anzusetzen ist dann der so ermittelte Gegenwartswert
- Sachwerte, die als Gegenleistung hingegeben werden, sind mit ihrem gemeinen Wer (insbesondere also inklusive der Umsatzsteuer) anzusetzen
Nutzungsrechte wie der Nießbrauch sind mit ihrem wirtschaftlichen (bewertungsrechtlichen) Wert gegenzurechnen.
Beispiel: Vater V überträgt an Sohn S eine Immobilie. V erhält von S mehrere Gegenleistungen, wobei keine kaufmännische Abwägung stattgefunden hat. Einerseits zahlt S an seine Schwester EUR 200.000, andererseits erhält V ein Nießbrauchsrecht. Dieses ist nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit EUR 140.000 anzusetzen. Die Anschaffungskosten des S bemessen sich nun nach der Summe der Gegenleistungen; sie liegen damit bei EUR 340.000.
Steuerlich relevant sind respektive werden Anschaffungskosten und Abschreibung erst, wenn das Wirtschaftsgut zur Einkunftserzielung (etwa nach § 21 EStG) genutzt wird.
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2.1.4. Absetzung für Abnutzung (AfA; Abschreibung)
Für die Berechnung der Abschreibung ist bei Wirtschaftsgütern, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übergehen, zunächst eine Aufteilung in
- einen entgeltlichen einerseits
- und einen unentgeltlichen Teil andererseits
vorzunehmen. Ausgangswert ist dabei der Verkehrswert des übertragenen Vermögens.
Beispiel: V überträgt an S eine fremdvermietete Immobilie. Sie hat einen Verkehrswert von EUR 1.500.000. S leistet an seine Schwester eine Abstandszahlung (EUR 200.000), gewährt dem V eine lebenslange Versorgungsrente und übernimmt auf der Immobilie lastende Schulden in Höhe von EUR 400.000.
Die Übertragung ist zu (EUR 600.000 / EUR 1.500.000) 40 % entgeltlich erfolgt. Im Übrigen (60 %) erfolgte sie unentgeltlich.
Soweit der Übernehmer das Wirtschaftsgut entgeltlich erworben hat, sind seine Aufwendungen als „neue“ Anschaffungskosten im Sinne des EStG einzuordnen. Sie stellen die AfA-Bemessungsgrundlage für Anwendung der §§ 7 fort folgende EStG und damit einen gegebenenfalls möglichen Werbungskostenabzug dar.
Soweit der Übernehmer das Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben hat, führt er die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers fort (§ 11d Absatz 1 EStDV). Insoweit hat er keine eigenen Anschaffungskosten; ist das Wirtschaftsgut bereits abgeschrieben, kann AfA nicht mehr geltend gemacht werden.
Beispiel (Fortsetzung von oben): S hat eigene Anschaffungskosten in Höhe von EUR 600.000. V hat die Immobilie seinerzeit für EUR 800.000 erworben und bislang zu 20 % abgeschrieben (10 Jahre á 2 % nach § 7 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe a EStG a.F.). S hat die weitere Abschreibung folgendermaßen zu berechnen:
Eigene Anschaffungskosten (EUR 600.000) | Fortgeführte Anschaffungskosten (60 % von EUR 800.000; EUR 480.000) | |
Jährlicher AfA-Satz | 2 % | 2 % |
Abziehbare AfA | EUR 12.000 | EUR 9.600 |
Rest-AfA-Dauer | 50 Jahre | 40 Jahre |
Zu beachten ist bei der vorweggenommenen Erbfolge neben unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen insbesondere der verkürzte AfA-Zeitraum, soweit das Wirtschaftsgut unentgeltlich übertragen wurde. Denn der Rechtsvorgänger hat den Vermögenswert möglicherweise bereits ganz oder teilweise abgeschrieben.
2.1.5. Steuerpflicht bei vorweggenommener Erbfolge
Soweit dem Übernehmer eines Wirtschaftsgutes Anschaffungskosten entstehen, liegen aufseiten des Übergebers Veräußerungserlöse vor. Diese unterliegen möglicherweise und abzüglich der Anschaffungskosten der Besteuerung, wenn einer der folgenden Tatbestände (im Privatvermögen) erfüllt ist:
- § 17 EStG: Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (siehe dazu auch Abschnitt Betriebsvermögen)
- § 23 EStG: Private Veräußerungsgeschäfte
Beispiel zu § 17 EStG im Privatvermögen: Mutter M hält Anteile an einer Aktiengesellschaft (AG) und war in den letzten fünf Jahren mindestens einmal zu 1 % am Grundkapital beteiligt. Sie hat die Aktien für EUR 500.000 erworben und überträgt sie nun im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den Sohn S. Der aktuelle Verkehrswert liegt bei EUR 1.800.000. S leistet an seinen Bruder B eine Abstandszahlung in Höhe von EUR 200.000.
Lösung: M erhält von S ein Veräußerungsentgelt von EUR 200.000. Dieses entspricht 9 % des Verkehrswertes der Anteile. Zur Ermittlung des Gewinns nach § 17 Absatz 2 Satz 1 EStG sind 9 % der damaligen Anschaffungskosten (EUR 45.000) vom Veräußerungspreis abzuziehen. Es ergibt sich ein Veräußerungsgewinn „vor Freibetrag“ (§ 17 Absatz 3 EStG) in Höhe von EUR 155.000.
Zu beachten ist in diesen Fällen auch § 17 Absatz 1 Satz 4 EStG. Der Rechtsnachfolger tritt, soweit er die Anteile unentgeltlich erwirbt, in die „Fußstapfen“ des Rechtsvorgängers.
2.2. Übertragung von Betriebsvermögen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge
Für die Übertragung von Betriebsvermögen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gelten im Grundsatz die Regelungen zum Privatvermögen. Sie finden insbesondere Anwendung auf die Qualifikation von Leistung und Gegenleistung als Veräußerungsentgelt respektive Anschaffungskosten. Da der Gesetzgeber aber verschiedene Begünstigungstatbestände für die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Gesellschaftsanteilen geschaffen hat, sind mitunter einige Besonderheiten zu beachten.
2.2.1. Wiederkehrende Versorgungsleistungen
Bei wiederkehrenden Versorgungsleistungen gelten die Grundsätze für die Übertragung von Privatvermögen entsprechend. Sie stellen einerseits als Sonderausgaben abziehbare Zahlungen, andererseits steuerpflichtige Bezüge im Sinne des § 22 EStG dar.
Von echten Versorgungsleistungen sind Kaufpreisrenten abzugrenzen. Eine betriebliche Veräußerungsrente liegt dabei vor, wenn Leistung und Gegenleistung („Betrieb gegen Rente“) nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. In diesen Fällen ist die Rente über die Laufzeit zu kapitalisieren und wie eine Einmalzahlung (Kaufpreis, etwa für die Anwendung des § 16 EStG) zu behandeln.
2.2.2. Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens
Werden einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens übertragen, so ist zwischen teilentgeltlichen und unentgeltlichen Vorgängen zu unterscheiden:
- Teilentgeltlich erfolgt die Übertragung, wenn der Übernehmer Abstands- oder sonstige Zahlungen (analog zum Privatvermögen) zu leisten hat
- Unentgeltlich ist eine Übertragung, wenn sie ohne (schädliche) Gegenleistung, etwa eine Versorgungsleibrente, erfolgt
Soweit die Übertragung unentgeltlich erfolgt, liegt eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen mit anschließender Übergabe im Privatvermögen vor. Der Übernehmer hat die Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes in der Regel nach dessen Entnahmewert zu bemessen (§ 11d Absatz 1 EStDV). In Höhe des entgeltlichen Teils entstehen Betriebseinnahmen, die sich im Rahmen der Gewinnermittlung auswirken. Da das Wirtschaftsgut der betrieblichen Sphäre entweicht, ist es erfolgswirksam auszubuchen.
2.2.3. Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils
Werden ganze Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, kommt es für die steuerliche Einordnung auf die Höhe des Veräußerungsentgeltes an. Es gilt:
- Veräußerungspreis liegt über dem Kapitalkonto des Betriebes: Der Erwerb respektive die Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils erfolgt entgeltlich. Der Veräußerungsgewinn nach § 16 Absatz 2 EStG ist durch Gegenüberstellung des steuerlichen Kapitalkontos und des Veräußerungspreises (der Gegenleistung) zu ermitteln. Dabei kommt es in Höhe des das Kapitalkonto übersteigenden Anteils zu einer teilweisen Aufdeckung der stillen Reserven
- Veräußerungspreis ist niedriger als das Kapitalkonto oder entspricht diesem: Die Übertragung des Betriebsvermögens erfolgt unentgeltlich. Der Übernehmer führt die Buchwerte des Übergebers fort (§ 6 Absatz 3 Satz 1 EStG)
Im Falle des entgeltlichen Erwerbs entstehen dem Rechtsnachfolger eigene Anschaffungskosten, die zu einer eigenständigen Bemessungsgrundlage eventueller Abschreibungen führen. Bei unentgeltlichen Erwerben kommt es zur Buchwert- und AfA-Fortführung (§ 11d Absatz 1 EStDV).
Soweit das Betriebsvermögen unentgeltlich übergeht, tritt der Rechtsnachfolger auch für steuerlich relevante Fristen (etwa nach dem UmwStG) in die „Fußstapfen“ des Überträgers. Im Übrigen beginnt der Fristlauf neu.
Unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen
In diesem Video erklären wir, unter welchen Voraussetzungen unternehmerische Vermögenswerte unentgeltlich übertragen werden können.
3. Vorweggenommene Erbfolge: Wiederkehrende Leistungen, Renten und dauernde Lasten
In Zusammenhang mit Vermögensübertragungen durch vorweggenommene Erbfolge kommt es regelmäßig zur Vereinbarung von wiederkehrenden Leistungen. Der Übernehmer des Vermögens verpflichtet sich, in der Regel per Vertrag, bestimmte Zahlungen zu leisten. Die hierfür geltenden Grundsätze hat das BMF im Schreiben vom 06.05.2015 (IV C – S 2221/15/10011 :004 – 2016/0405757) zusammengefasst.
3.1. Übertragung von Betriebsvermögen
Bestimmte Übertragungen von Betriebsvermögen sind steuerlich begünstigt, sodass die gezahlten Versorgungsleistungen als Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 EStG abziehbar sind. Dazu muss es sich beim übertragenen Vermögenswert um
- einen Mitunternehmeranteil einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 oder 18 EStG ausübt,
- einen Betrieb oder Teilbetrieb im Sinne des § 16 EStG oder
- einen mindestens 50 % des Stammkapitals umfassenden Anteils an einer GmbH (Hinweis: ausschließlich an einer GmbH!), wenn der Übernehmer die Geschäftsführertätigkeit des Übergebers fortführt,
handeln. Im Hinblick auf den GmbH-Anteil muss der frühere Geschäftsführer seine Tätigkeit insgesamt aufgeben. Unerheblich ist allerdings, ob der Übernehmer des Vermögens vor der Übertragung bereits (Mit-) Geschäftsführer war oder ob seine Bestellung erst im Anschluss an den Vermögensübergang erfolgt. Die Zahlungen sind, soweit ein Abzug nach § 10 EStG möglich ist, beim Empfänger in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen (§ 22 Nummer 1a EStG).
Wichtig ist außerdem, dass die vertraglich vereinbarten Zahlungen selbst als Versorgungsleistungen im Sinne der Norm eingeordnet werden. Diese Voraussetzung gilt unter Angehörigen widerlegbar als erfüllt. Der Übergeber des Vermögens soll nach dem Willen der Beteiligten eine zumindest teilweise unentgeltliche Zuwendung mit Versorgungscharakter erhalten. Daher ist die kaufmännische Abwägung von Leistung und Gegenleistung auch hier schädlich.
3.2. Übertragung von Privatvermögen gegen wiederkehrende Leistungen
Auch Wirtschaftsgüter des Privatvermögens können gegen wiederkehrende Leistungen veräußert werden. Entsprechendes gilt für (entnommene) Gegenstände des Betriebsvermögens, wenn sie einzeln und nicht als Teil eines insgesamt begünstigten Betriebs, Teilbetriebs, Mitunternehmer- oder GmbH-Anteils übergehen. Zu unterscheiden ist hier unabhängig von der vorweggenommenen Erbfolge zwischen Leistungen auf Zeit und solchen auf Lebenszeit:
- Wiederkehrende Leistungen auf Zeit: Der Erwerber des Vermögens hat Anschaffungskosten in Höhe des nach § 13 BewG ermittelten Barwerts der Rente. Beim Veräußerer entstehen korrespondierend entsprechende Erträge, die gegebenenfalls zu einer Steuerpflicht im Rahmen der §§ 17 und 23 EStG führen. Der Barwert entspricht dem Tilgungsanteil; der Zinsanteil ist, soweit das Wirtschaftsgut zur Einkunftserzielung genutzt wird, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar
- Wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit: Der Barwert der Rente ist nach § 14 Absatz 1 BewG zu berechnen. Alternativ kommt eine Berechnung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in Betracht (R 6.2 Absatz 1 EStR). Beim Veräußerer entsteht ein entsprechender Erlös, beim Erwerber kommt es zu Anschaffungskosten in Höhe des Barwerts (Tilgungsanteils). Der in den Zahlungen enthaltene Zinsanteil kann Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen
Tilgungs- und Zinsanteil sind nach der Ertragswerttabelle des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG zu ermitteln. Bei Zeitrenten kann auch die Tabelle in § 55 Absatz 2 EStDV zur Berechnung der Anteile herangezogen werden.
3.3. Besonderheit durch § 12 Nummer 2 EStG und Rechenbeispiel
Weitere Besonderheiten gelten, wenn der Barwert der (zeitigen oder lebenslangen) Leistung den Verkehrswert des übertragenen Vermögens übersteigt. Soweit dies der Fall ist, liegt eine steuerlich irrelevante Zuwendung im Sinne des § 12 Nummer 2 EStG vor.
Beispiel: Vater V überträgt an Sohn S eine vermietete Eigentumswohnung, die einen Verkehrswert von EUR 200.000 hat. S zahlt an V eine lebenslange Leibrente in Höhe von EUR 2.500 pro Monat. Für die Rente ergibt sich ein Barwert von EUR 320.000.
Lösung: Soweit der Barwert der Rente den Wert der Wohnung übersteigt, ist die Versorgungsleistung als unangemessen anzusehen. Dies ist hier in Höhe von EUR 120.000 von insgesamt EUR 320.000, also zu 37,5 %, der Fall. Von den jährlichen Rentenzahlungen (EUR 30.000) sind 37,5 % als steuerlich irrelevante Zuwendung im Sinne des § 12 Nummer 2 EStG auszuscheiden. Damit verbleiben für die Aufteilung in Zins- und Ertragsanteil lediglich EUR 18.750. S kann den Zinsanteil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten (§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Satz 2 EStG) abziehen. V erzielt insoweit Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. Hinsichtlich des Barwerts der Rente ist zu prüfen, ob V gegebenenfalls den Besteuerungstatbestand des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG erfüllt.
4. Vorweggenommene Erbfolge: ein bewährtes Gestaltungsmodell im Familienverbund
Die vorweggenommene Erbfolge ist gerade innerhalb des Familienverbundes attraktiv, da sie eine weitgehend steuerneutrale Übertragung auch privater Vermögenswerte ermöglicht. Für die Überträger des Vermögens ergibt sich durch lebenslange Versorgungsleistungen eine zusätzliche Absicherung im Anschluss an das eigene Berufsleben. Kinder und andere Angehörigen können das Unternehmen weiterführen.
An vielen Stellen ist allerdings eine sorgfältige Planung erforderlich, da mitunter auch weniger bekannte Tatbestände des Ertragsteuerrechts erfüllt sein können. Außerdem stellt der Gesetzgeber hohe Anforderungen an den Übertragungs- und Versorgungsvertrag. Die Ausarbeitung eines konkreten Konzeptes sollte daher stets in Absprache mit Steuerberatern und Notaren erfolgen, um möglicherweise teure Fehler zu vermeiden!
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