§ 2a EStG: Negative Einkünfte mit Bezug zu Drittstaaten
Dem deutschen Gesetzgeber steht neben inländischen in vielen Fällen auch ein Besteuerungsrecht an ausländischen Einkünften zu. Dieses kann sich beispielsweise aus einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ergeben und stellt den Fiskus regelmäßig vor ein Problem. Denn wer ausländische positive Einkünfte versteuert, muss auch negative Einkünfte (Verluste) aus dem Ausland zum Abzug zulassen. Mit § 2a EStG versucht der deutsche Gesetzgeber, diese vom BFH entwickelte Rechtsauffassung an bestimmten Stellen einzudämmen. Negative Einkünfte mit Bezug zu Drittstaaten sind nur unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland verwertbar.
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Inhaltsverzeichnis
1. Hintergrund und Zweck des § 2a EStG
Nach der ursprünglichen Gesetzesbegründung wurde § 2a EStG vor allem mit der Vermeidung von Missbrauchsmöglichkeiten ins Leben gerufen. Steuerpflichtige, die aus Sicht des Gesetzgebers einer „volkswirtschaftlich wenig sinnvollen“ Tätigkeit nachgehen, hierdurch aber erhebliche Steuerersparnisse erzielen konnten, sollten entsprechende Verluste nur teilweise oder gar nicht in Deutschland geltend machen können.
Der Anwendung von § 2a EStG steht allerdings gleichwohl § 2 AO entgegen. Denn abkommensrechtliche Regelungen – insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) – gehen dem nationalen Recht grundsätzlich vor. Sie führen also zu einer vollständigen oder teilweisen Nichtanwendbarkeit der Norm.
Zahlreichen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) lässt sich auch der Grund hierfür entnehmen. Denn wenn der deutsche Gesetzgeber positive Einkünfte aus Drittstaaten besteuern möchte, muss er grundsätzlich auch negative Einkünfte berücksichtigen. Täte er dies nicht, käme es zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung einzelner Steuerpflichtiger. Mit § 2a EStG wird die Verrechnungsmöglichkeit entsprechender Einkünfte daher zwar eingeschränkt, allerdings nicht vollständig ausgeschlossen.
2. Negative Einkünfte mit Bezug zu Drittstaaten im Sinne des § 2a EStG
Mit § 2a EStG enthält das Einkommensteuerrecht eine Norm, die die inländische Verwertung negativer ausländischer Einkünfte teilweise beschränkt, sofern diese aus Drittstaaten stammen. Zu beachten ist aber, dass die Vorschrift auf bestimmte Einkünfte beschränkt ist. Dazu gehören nach § 2a Absatz 1 Satz 1 EStG Verluste
- aus einer land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte,
- aus einer gewerblichen Betriebsstätte,
- aus einer Veräußerung oder Übertragung im Sinne des § 17 EStG, wenn Gegenstand der Übertragung der Anteil an einer Drittstaaten-Körperschaft ist,
- aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter, wenn das Handelsgewerbe seinen Sitz im Drittland hat,
- aus bestimmten Vermietungsleistungen, wenn sich das Vermietungsobjekt im Drittstaat befindet, sowie
- aus bestimmten Kapitalmaßnahmen einer Körperschaft im Drittlandsgebiet oder aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts eines Körperschaftsanteils, der sich in einem Betriebsvermögen befindet.
Der Katalog der Tatbestände ist also grundsätzlich lang, wird aber durch die einzelnen Formulierungen im Gesetz direkt wieder eingeschränkt. Im Kern müssen alle negativen Einkünfte des § 2a EStG einen besonders deutlichen Bezug zu Drittstaaten (§ 2a Absatz 2a EStG) haben. Unter diesen Begriff fallen dabei alle Staaten, die weder in der Europäischen Union (EU) noch im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vertreten sind.
Verluste, die unter die Norm fallen, sind nicht mit anderen Einkünften verrechenbar. Sie mindern aber positive Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungsjahren aus demselben Staat erzielt. Wichtig dabei ist, dass es sich hierbei auch um dieselbe Einkunftsart handelt. Verluste aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit dürfen also nur mit Gewinnen aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verrechnet werden.
Liegen Einkünfte im Sinne des § 2a EStG vor, erfolgt am Jahresende eine gesonderte Feststellung in Höhe der verbleibenden negativen Einkünfte.
Schauen wir uns die einzelnen Tatbestände des § 2a Absatz 1 Satz 1 EStG und ihre konkreten Voraussetzungen also einmal etwas genauer an!
2.1. Land- und forstwirtschaftliche Betriebsstätte im Drittland
Für land- und forstwirtschaftliche Betriebsstätten im Sinne des § 12 AO in Verbindung mit § 13 EStG gilt ein vollständiges Ausgleichsverbot nach § 2a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG. Unerheblich ist, ob die oder der Steuerpflichtige auch in Deutschland einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält.
Besteht ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in der Verpachtung eines solchen, gilt § 2a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG ebenso. Maßgebend sind alleine die Verhältnisse vor Ort. Unerheblich ist daher, ob die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte nach § 2 EStG beispielsweise einer im Inland ausgeübten, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit zuzurechnen sind (BFH vom 14.05.1993, IV R 69/92).
Regelmäßig sind land- und forstwirtschaftliche Einkünfte bereits nach dem jeweils geltenden DBA von der Berücksichtigung im Wohnsitzstaat ausgenommen. Der Anwendungsbereich des § 2a EStG beschränkt sich daher in der Praxis auf Fälle, in denen ein solches DBA entweder nicht besteht oder keine entsprechende Regelung enthält.
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2.2. Gewerbliche Betriebsstätten im Drittstaat
Für gewerbliche Betriebsstätten im Drittlandsgebiet gelten im Grunde dieselben Regelungen wie für solche einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Eine gewerbliche Betriebsstätte ist dabei eine solche, die Einkünfte im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG erwirtschaftet. Die Betrachtung hat isoliert zu erfolgen, sodass in bestimmten Fällen auch dann von einer gewerblichen Betriebsstätte ausgegangen werden kann, wenn diese Teil einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG ist.
Die Ermittlung der Einkünfte der ausländischen Betriebsstätte hat für Zwecke des § 2a EStG nach den deutschen Grundsätzen zu erfolgen. Die Unternehmerin oder der Unternehmer muss also entweder § 4 Absatz 1 oder Absatz 3 EStG anwenden.
2.3. Beteiligungen an Drittstaaten-Körperschaften und stillen Gesellschaften
Mit § 2a Absatz 1 Satz 1 Nummern 3 und 4 EStG sieht der Gesetzgeber auch bei Beteiligungen an Drittstaaten-Kapitalgesellschaften einen (mittelbaren) Bezug zu einem Drittland. Einkommensminderungen und Verluste, die entstehen durch
- den Ansatz des niedrigeren Teilwertes eines solchen Körperschaftsanteils,
- die Herabsetzung des Grund- oder Stammkapitals der Drittstaaten-Körperschaft oder
- der Veräußerung oder Übertragung des Anteils,
sind bei der inländischen Ermittlung des zu versteuernden Einkommens auszunehmen. Eine Drittstaaten-Körperschaft ist eine Körperschaft, zum Beispiel eine GmbH, die ihren Sitz und die Geschäftsleitung im Drittlandsgebiet hat. Liegt mindestens einer dieser Orte in der EU oder im EWR, findet § 2a EStG keine Anwendung. Unerheblich ist allerdings, ob Sitz und Geschäftsleitung im selben oder in unterschiedlichen Drittstaaten liegen.
Entsprechendes gilt für stille Beteiligungen an einem Handelsgewerbe. Auch hier greift § 2a EStG aber nur, wenn das Handelsgewerbe Sitz und Geschäftsleitung (jeweils) im Drittland hat.
2.4. Anwendung des Abzugsverbots bei Vermietungsleistungen
Mit § 2a Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 EStG ist die Norm auf unterschiedliche Vermietungs- oder „Überlassungstatbestände“ anzuwenden. Diese sind nach den Buchstaben a bis c:
- Buchstabe a: Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Sachinbegriffen, wenn diese im Drittstaatsgebiet belegen sind. Für die Definitionen der einzelnen Begriffe gilt § 21 EStG entsprechend
- Buchstabe b: Entgeltliche Überlassung von Schiffen, wenn diese ausschließlich oder fast ausschließlich im Drittland eingesetzt werden. „Fast ausschließlich“ im Drittlandsgebiet eingesetzt wird ein Schiff, bei dem die entsprechende Nutzungsdauer mehr als 90 % der Gesamtzeit beträgt
- Buchstabe c: Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Sinne der Buchstaben a oder b, wenn dieses zu einem (auch inländischen) Betriebsvermögen gehört
Dabei ist § 2a Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 Buchstabe a EStG in der Praxis nur selten anwendbar, denn nahezu alle Doppelbesteuerungsabkommen enthalten entsprechende Regelungen über die Zurechnung von Einkünften aus Immobilien und Sachinbegriffen.
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3. Ausnahmen von der Abzugsbeschränkung (§ 2a Absatz 2 EStG)
Wenngleich § 2a EStG einen auf den ersten Blick sehr restriktiven Eindruck vermittelt, enthält Absatz 2 der Norm umfassende Ausnahmen. Diese betreffen allerdings nur gewerbliche Betriebsstätten und Anteile an Kapitalgesellschaften.
Besteht die Tätigkeit der gewerblichen Betriebsstätte im Drittland in
- der Herstellung und Lieferungen von Waren (ausgenommen sind Waffen),
- der Gewinnung von Bodenschätzen oder
- der Bewirkung gewerblicher Leistungen, soweit dies keine Fremdenverkehrsleistungen sind,
so greift kein Abzugsverbot nach Absatz 1. Die negativen Einkünfte mit Bezug zum Drittstaat sind dann ohne Anwendung des § 2a EStG in voller Höhe verwertbar. Sie können insbesondere mit anderen Einkünften verrechnet und nach § 10d EStG vor- oder zurückgetragen werden.
Entsprechendes gilt auch für § 2a Absatz 1 Satz 1 Nummern 3 und 4 EStG, den Einschränkungen für Körperschaften im Drittstaatsgebiet. Die Voraussetzungen sind hier allerdings strenger, denn der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass die Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre (alternativ seit ihrer Gründung) derartige Tätigkeiten ausgeübt hat.
Nach R 8.1 Absatz 1 KStR ist § 2a EStG über § 8 Absatz 1 KStG auch auf Körperschaften anwendbar. Für GmbHs, Stiftungen und andere Körperschaften, die unter die inländische Steuerpflicht nach § 1 KStG fallen, gilt das Abzugsverbot also entsprechend.
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