Erbersatzsteuer vermeiden: Diese Möglichkeiten gibt es!
Familienstiftungen sind regelmäßig eigennützig, dienen also keinen gemeinnützigen oder kirchlichen Zwecken. Hierdurch greift alle 30 Jahre § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG. Nach den entsprechenden Vorschriften unterliegt das Vermögen einer Stiftung im Rahmen der sogenannten Erbersatzsteuer der Besteuerung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer nach allgemeinen Vorschriften. Dies klingt zunächst nach einem erheblichen Nachteil, zu beachten ist aber, dass man die Erbersatzsteuer auch vermeiden kann. Notwendig hierfür ist lediglich eine detaillierte Planung im Vorfeld!
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In diesem Video erklären wir, welche Vorteile eine Familienstiftung bei der Vermietung von Immobilien hat!
Inhaltsverzeichnis
1. Erbersatzsteuer vermeiden – warum das notwendig sein kann
Der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegen nach § 1 ErbStG grundsätzlich nur Vorgänge, bei denen Vermögen von einer Person auf eine andere übergeht – zum Beispiel im Rahmen der Schenkung oder bei Zustiftungen. Dies unterscheidet die Steuerart unter anderem von der Vermögensteuer, in dessen Rahmen der Fiskus ein bestehendes Vermögen in regelmäßigen Abständen oder einmalig mit Abgaben belastet.
Die sogenannte Erbersatzsteuer stellt hier eine Ausnahme dar. Mit ihr stellt das ErbStG in § 1 Absatz 1 Nummer 4 sicher, dass neben den Erträgen auch das Vermögen einer Familienstiftung in regelmäßigen Abständen der Besteuerung unterliegt. Eine Belastung mit Erbersatzsteuer findet dabei alle 30 Jahre statt.
Hintergrund ist, dass Stiftungen und damit auch Familienstiftungen zwar einen Vorstand, rechtlich aber keine Eigentümer haben. Stirbt ein Begünstigter, der sogenannte Destinatär, erhalten andere Personen – zum Beispiel die Kinder – weiterhin Leistungen aus der Familienstiftung. Damit gehen zwar bestimmte Ansprüche, etwa auf finanzielle Unterstützung in Notfällen, nicht aber das Vermögen der Stiftung selbst auf die Rechtsnachfolger über. Das fehlende Eigentum sorgt außerdem dafür, dass eine Familienstiftung nicht verschenkt werden kann.
Um diese Erbersatzsteuer zu vermeiden, bestehen verschiedene Möglichkeiten. Zu beachten ist dabei grundsätzlich, dass § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ausschließlich für Stiftungen und Vereine gilt, deren Zweck wesentlich im Interesse einer Familie verfolgt wird.
2. Grundsatz der Erbersatzsteuer: Allgemeine Vorschriften gelten alle 30 Jahre
Das Vermögen einer Familienstiftung wird alle 30 Jahre mit Erbersatzsteuer belastet, wobei die 30-Jahres-Frist nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG bereits mit dem Zeitpunkt des erstmaligen Übergangs von Vermögen auf die Stiftung beginnt. Wie hoch das zugeführte Vermögen ist, spielt dabei keine Rolle. Dies führt im Ergebnis dazu, dass spätere Zustiftungen den Ablauf der 30 Jahre weder nach vorne noch nach hinten verschieben; der Zeitpunkt der Besteuerung steht bereits bei der ersten Vermögensübertragung fest.
Kommt es dann zur Besteuerung, gelten die allgemeinen Vorschriften des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes. Das Vermögen der Familienstiftung gilt insoweit als Erwerb im Sinne des § 1 ErbStG.
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3. Erbersatzsteuer vermeiden: Welche Möglichkeiten bestehen?
Stiftungsvorstände, regelmäßig vermögende Privatpersonen, haben mehrere Möglichkeiten, die Erbersatzsteuer zu vermeiden. Sie richten sich in erster Linie nach den geltenden Steuerbefreiungen der §§ 13 bis 13d ErbStG, aber auch nach anderen Grundsätzen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Im Ergebnis lässt sich die Erbersatzsteuer vor allem auf folgende Weisen vermeiden:
- Anwendung von Steuerklassen und Nutzung von Freibeträgen nach den §§ 15 und 16 ErbStG
- Nutzung der Steuerbefreiung für Wohnungs- und Immobilienunternehmen
- Generelle Anwendung der Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen, geregelt in den §§ 13a und 13b ErbStG
Zu beachten ist, dass dabei auch für Familienstiftungen die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG Anwendung finden kann. Auf diese Weise lässt sich die Erbersatzsteuer vermeiden, wenn die Stiftung selbst über kein ausreichendes Vermögen zur Entrichtung der Steuerforderung verfügt. Damit die Vorschrift Anwendung finden kann, sind allerdings bestimmte Voraussetzungen zu beachten.
3.1. Anwendung der Steuerklassen und Nutzung von Freibeträgen
Durch die Gleichstellung der Erbersatzsteuer mit der regulären Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten auch für diese fiktiven Erwerbe die §§ 15 und 16 ErbStG. Die Stiftung, die hier als Erwerberin gilt, kommt also in den Genuss diverser Freibeträge und Vergünstigungen. Je nach Art und Umfang des Stiftungsvermögens lässt sich die Erbersatzsteuer vollständig vermeiden, wenn der steuerpflichtige Erwerb nach allen Abzügen bei EUR 0,00 oder (gedanklich) darunter liegt.
Nach § 15 Absatz 1 ErbStG gehören Stiftungen grundsätzlich zu den Erwerbern der Steuerklasse III, was zu einer Besteuerung mit dem jeweils höchstmöglichen Steuersatz nach § 19 Absatz 1 ErbStG führen würde. Denn hier gelten, gestaffelt nach Höhe der steuerpflichtigen Bereicherung, folgende Prozentsätze:
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich … Euro | Prozentsatz in | ||
Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III | |
75 000 | 7 | 15 | 30 |
300 000 | 11 | 20 | 30 |
600 000 | 15 | 25 | 30 |
6 000 000 | 19 | 30 | 30 |
13 000 000 | 23 | 35 | 50 |
26 000 000 | 27 | 40 | 50 |
über 26 000 000 | 30 | 43 | 50 |
Durch § 15 Absatz 2 Satz 3 ErbStG kann die Stiftung die Erbersatzsteuer allerdings dennoch vermeiden. Denn die Steuer wird abweichend von Absatz 1 und bei Vorliegen aller Voraussetzungen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG so berechnet, als
- hätte die Stiftung einen Freibetrag in Höhe von EUR 800.000,
- hätte sie lediglich ein Vermögen in Höhe der Hälfte ihres tatsächlichen Vermögens und
- würde eine Besteuerung des halben Vermögens lediglich mit dem Steuersatz der Steuerklasse I stattfinden.
Das folgende Beispiel zeigt, wie die Familienstiftung durch geschickte Nutzung dieser Freibeträge und der fiktiven Steuerklasse erheblich Erbersatzsteuer vermeiden kann, ohne hierfür auf weitere Gestaltungen zurückgreifen zu müssen.
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3.2. Beispiel: Erbersatzsteuer vermeiden durch Freibeträge und Steuerklasse
Ausgangsfall: Die M-Stiftung verfügt über ein Gesamtvermögen von EUR 2.000.000, das ausschließlich aus liquiden Mitteln besteht. Dadurch greifen keine bestimmten Steuerbefreiungen und die Vermögenswerte wären im Grundsatz – mit den folgenden Abzügen – voll zu besteuern.
Lösung:
- Das Vermögen der M-Stiftung wird zunächst halbiert, um den Steuersatz zu ermitteln. Maßgebend ist der Steuersatz der Steuerklasse I, der sich nach § 19 Absatz 1 ErbStG für ein Vermögen von EUR 1.000.000 (EUR 2.000.000 / 2) ergibt. Dies sind hier 19 %.
- Vom Gesamtvermögen der M-Stiftung wird der fiktive Freibetrag nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG in doppelter Höhe abgezogen (§ 15 Absatz 2 Satz 3 ErbStG). Dies sind hier EUR 800.000, sodass insgesamt EUR 1.200.000 zu versteuern sind.
- Auf den Betrag von EUR 1.200.000 zahlt die Stiftung nun EUR 228.000 an Erbersatzsteuer.
Ohne die entsprechenden Vergünstigungen kann die Familienstiftung die Erbersatzsteuer also vermeiden, ohne auf komplexere Gestaltungen zurückgreifen zu müssen. Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass die Vorteile mit höherem Vermögen kleiner werden, da insbesondere der Freibetrag von EUR 800.000 stets „fix“ ist.
3.3. Nutzung der Steuerbefreiung für Wohnungs- und Immobilienunternehmen
Das Gros der Familienstiftungen wird mit dem Zweck des Vermögensaufbaus und der Vermögenssicherung gegründet. Im Mittelpunkt zahlreicher Stiftungen steht daher die Tätigung von Investments in bewegliche oder unbewegliche Vermögenswerte, zum Beispiel in Immobilien und Wertpapiere. Für sogenannte Wohnungsunternehmen, also Investitionen in Immobilien, sieht das Erbschaftsteuergesetz dabei bestimmte Befreiungen vor. Durch geschickte Nutzung des § 13b ErbStG kann die Stiftung die Erbersatzsteuer vollständig vermeiden.
Fremdvermietete Immobilien stellen bei Unternehmen grundsätzlich schädliches und damit steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen dar. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Objekte im Betriebsvermögen eines sogenannten Wohnungsunternehmens im Sinne des § 13b Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d ErbStG gehören. Hierbei gelten folgende Voraussetzungen:
- Die Immobilien sind Bestandteil eines Betriebsvermögens, etwa einer Personen- oder Kapitalgesellschaft
- Der Hauptzweck dieses Betriebs besteht in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Absatz 9 BewG
- Für die Vermietung ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO erforderlich
Die Hürden für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sind zwar hoch, mit entsprechendem Vorlauf aber gut zu nehmen. Das Wohnungsunternehmen, das regelmäßig als vermögensverwaltende Immobilien-GmbH unter der Stiftung platziert wird, wird dann nicht mit Erbersatzsteuer belastet. Stellt es den einzigen Vermögenswert der Familienstiftung dar, kann sie die Erbersatzsteuer zu 100 % vermeiden.
Liegt kein Wohnungsunternehmen vor, greift § 13d ErbStG. Die Norm ist zwar kein echter „Gamechanger“, führt aber dennoch zu einer 10%igen Steuerbefreiung für die jeweiligen Vermögenswerde. Voraussetzung ist, dass es sich um Vermietungsobjekte innerhalb der EU und/oder des EWR handelt.
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3.4. Mit der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen die Erbersatzsteuer vermeiden
Neben Wohnungsunternehmen gelten die Steuerbefreiungen nach den §§ 13a bis 13c ErbStG auch für
- operative Einzelunternehmen,
- Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften nach § 15 Absatz 1 Nummer 2 EStG) und
- Kapitalgesellschaften.
Hält die Familienstiftung also Anteile an einem operativen Unternehmen, kann sie auch auf dessen gemeinen Wert die Erbersatzsteuer vermeiden. Dies gilt allerdings nur, soweit das Betriebsvermögen nicht oder nur innerhalb bestimmter Grenzen aus sogenanntem Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen nach § 13b Absatz 4 ErbStG gehören beispielsweise
- Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke mit bestimmten Ausnahmen (etwa Betriebsaufspaltungen und Wohnungsunternehmen),
- Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die jeweilige Beteiligung 25 % oder weniger beträgt,
- Kunstgegenstände, Oldtimer sowie vergleichbare Wirtschaftsgüter, und
- Forderungen und Barbestände (Finanzmittel), soweit sie 15 % des Unternehmenswertes übersteigen.
Auch die Familienstiftung hat also zahlreiche Möglichkeiten, die auf den ersten Blick nachteilige Erbersatzsteuer zu vermeiden. Wichtig ist allerdings eine rechtzeitige Planung, da beispielsweise der Aufbau eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Diese Kapazitäten sind allerdings regelmäßig gegeben, weil Besteuerungszeitpunkt und Fälligkeit der Steuer – alle 30 Jahre – bereits heute feststehen.
4. Die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG bei Familienstiftungen
Auch Familienstiftungen können die Erbersatzsteuer durch § 28a ErbStG vermeiden. Die sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung erfasst dabei allerdings nur Erwerbe von begünstigtem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 ErbStG.
Kann die Stiftung die fällige Steuer nicht bezahlen, wird sie auf Antrag erlassen. Einsetzen muss sie lediglich
- 50 % des sonst übergehenden Vermögens, soweit dieses nicht ebenfalls im Sinne des § 13b Absatz 2 ErbStG begünstigt ist, und
- 50 % des bereits vorhandenen Vermögens.
Bei der Erbersatzsteuer entspricht das vorhandene regelmäßig dem übergehenden Vermögen, da es sich um eine Substanzbesteuerung handelt.
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Erbschaft/Schenkung
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- Beratung beim Unternehmenskauf (Verkauf GmbH, Verkauf GmbH & Co. KG, Nutzung von Verlustvorträgen)
- Empfehlungen vor Schenkungen zu Lebzeiten, Beratung zum internationalen Erbschaftsteuerrecht
- Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren
- Ausarbeitung von Vermeidungsstrategien für den Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO
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