Buchwertfortführung: Unter diesen Voraussetzungen ist sie möglich
Bei der Einbringung und Übertragung von Betriebsvermögen besteht in bestimmten Fällen die Möglichkeit, einen Antrag auf Buchwertfortführung beim Finanzamt zu stellen. Darüber hinaus ordnet das Gesetz für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens eine „automatische“ Fortführung der „Buchwerte“ an, wenn die Gegenstände unentgeltlich auf eine andere Person übergehen. Wir geben einen Überblick.
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In diesem Video erklären wir, wie Sie Ihr Einzelunternehmen steuerneutral zu Buchwerten in eine GmbH einbringen können.
Inhaltsverzeichnis
1. Die Buchwertfortführung nach dem Einkommensteuerrecht
Das Einkommensteuergesetz (EStG) ordnet für bestimmte Fälle die Buchwertfortführung an. Sie erfolgt zwingend, also ohne Antrag des Steuerpflichtigen. In der Praxis relevant sind hier insbesondere § 6 Absatz 3 und Absatz 5 EStG.
1.1. Übertragung eines ganzen Betriebs nach § 6 Absatz 3 EStG
Eine zwingende Buchwertfortführung gilt nach § 6 Absatz 3 EStG, wenn einer der folgenden Betriebe oder Betriebsteile unentgeltlich auf eine andere Person übertragen wird:
- Ganzer Betrieb: Ein „ganzer Betrieb“ im Sinne eines „ganzen Einzelunternehmens“ wird übertragen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf eine andere Person übergehen. Ein Unternehmer kann sein Einzelunternehmen so beispielsweise steuerneutral auf seine Kinder oder auf eine Familienstiftung übertragen
- Teilbetrieb: Auch für Teilbetriebe gilt die Buchwertfortführung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG. Ein Teilbetrieb ist eine in sich geschlossene Einheit, ein „Betrieb im Betrieb“, innerhalb eines bestehenden Unternehmens. Eine Steuerkanzlei kann beispielsweise die Teilbetriebe „Steuerberatung“ und „Wirtschaftsprüfung“ unterhalten
- Mitunternehmeranteil: Mitunternehmeranteile sind solche im Sinne des § 15 Absatz 1 Nummer 2 EStG, also Anteile an einer Mitunternehmerschaft. Voraussetzung hierfür ist, dass der Übergeber Mitunternehmer ist, in erster Linie also Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt
,Der Rechtsnachfolger ist an die nach Satz 1 der Vorschrift übernommenen Buchwerte gebunden. Zu einer Aufdeckung stiller Reserven kommt es also nicht. Erfolgt die Übertragung entgeltlich, findet § 16 EStG Anwendung. In diesem Fall entsteht ein Veräußerungsgewinn, der – mit diversen Besonderheiten, unter anderem der Fünftelregelung und dem „halben Steuersatz“ – der Einkommensteuer unterliegt.
Die Buchwertfortführung gilt nur, soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland bestehen bleibt. Erfolgt die Übertragung eines Einzelunternehmens also beispielsweise auf eine Person, die im Ausland lebt, kommt es zu einer zwangsweisen Aufdeckung aller stillen Reserven.
1.2. Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter nach § 6 Absatz 5 EStG
Während § 6 Absatz 3 EStG die Übertragung ganzer Betriebsvermögen regelt, bezieht sich § 6 Absatz 5 EStG nur auf die Überführung einzelner Wirtschaftsgüter. Dabei gelten hinsichtlich der Buchwertfortführung die folgenden Regelungen:
- Nach § 6 Absatz 5 Satz 1 EStG ist zwingend der Buchwert anzusetzen, wenn ein Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen derselben Person überführt wird
- In § 6 Absatz 5 Satz 2 EStG ist geregelt, dass die Überführung zwischen Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen einer Überführung zwischen Betriebsvermögen gleichsteht. Auch bei Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft erfolgt daher zu Buchwerten. Entsprechendes gilt für die Übertragung zwischen mehreren Sonderbetriebsvermögen einer Person bei mehreren Mitunternehmerschaften
Darüber hinaus greift die Buchwertfortführung nach § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG, soweit ein Wirtschaftsgut
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt,
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt oder
- unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft
übertragen wird. Entscheidend ist hier das Wort „soweit“, denn soweit der Unternehmer oder Mitunternehmer eine Gegenleistung zu erbringen hat (zum Beispiel Leistung einer Geldeinlage, Zahlung einer Abfindung bei Ausscheiden) ist die Buchwertfortführung ausgeschlossen.
Auch bei § 6 Absatz 5 EStG ist Voraussetzung für die Übernahme der Buchwerte, dass das Besteuerungsrecht der BRD weder ausgeschlossen noch beschränkt wird. Darüber hinaus gilt die Sperrfrist nach § 6 Absatz 5 Satz 4 EStG. Das zu Buchwerten übertragene Wirtschaftsgut darf innerhalb von drei Jahren weder veräußert noch entnommen werden. Die Frist beginnt mit der Abgabe der Steuererklärung für den Zeitraum, in dem die Übertragung erfolgt ist.
1.3. „Buchwertfortführung“ bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens
Bei Wirtschaftsgütern des Privatvermögens – zum Beispiel Vermietungsobjekten – gibt es mangels Buchführung zwar keine Buchwerte, der Gesetzgeber geht hier aber von einem fiktiven Restbuchwert aus. Grund dafür ist, dass auch im Privatvermögen Abschreibungen auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zulässig sind, wenn die Privatperson das Objekt zur Erzielung von Einkünften nutzt.
Beispiel: Max hat vor vier Jahren ein Vermietungsobjekt erworben und hierfür EUR 1.000.000 bezahlt. Die Immobilie schreibt er mit 2 % pro Jahr ab; dies entspricht EUR 20.000. Nach vier Jahren ergibt sich ein fiktiver Restbuchwert von EUR 920.000. Dieser ist beispielsweise für die Berechnung eines Veräußerungsgewinns nach § 23 Absatz 3 Satz 1 EStG relevant.
Bei der Übertragung solcher Wirtschaftsgüter gilt nach § 11d Absatz 1 EStDV ebenfalls eine Buchwertfortführung. Der Übernehmer führt die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers, vermindert um die geltend gemachten Abschreibungen, fort. Dies gilt allerdings nur, soweit das Wirtschaftsgut unentgeltlich (das heißt ohne Gegenleistung, zum Beispiel Kaufpreiszahlung) übertragen wird.
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2. Buchwertfortführung im Umwandlungsteuerrecht
Bei Umwandlungsvorgängen aller Art besteht nach den jeweiligen Vorschriften des Umwandlungsteuergesetzes (UmwStG 2006) ebenfalls die Möglichkeit der Buchwertfortführung. Diese erfolgt allerdings regelmäßig nur auf Antrag, sodass der Unternehmer hier zwischen Ansatz des Buchwertes und Ansatz des gemeinen Wertes wählen kann. In den meisten Fällen besteht darüber hinaus die Möglichkeit, einen sogenannten Zwischenwert – er liegt zwischen dem Buch- und dem Verkehrswert – anzusetzen.
Das Wahlrecht der beteiligten Unternehmer, die Buchwertfortführung zu beantragen, besteht unter anderem bei folgenden Umwandlungsvorgängen:
- Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (§ 20 UmwStG)
- Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und/oder anderen Körperschaften nach den §§ 11 bis 13 UmwStG
- Einbringung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Wege des Anteilstausches (§ 21 UmwStG)
- Einbringung von Betriebsvermögen, insbesondere Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG
- Formwechsel von Personen- in Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften (§ 25 UmwStG)
Zu beachten sind jeweils die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen sowie die in der Regel 7jährige Sperrfrist nach § 22 Absatz 1 Satz 1 UmwStG. Bei allen Umwandlungsvorgängen gilt, wie bereits aus dem EStG bekannt, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland bestehen bleiben muss.
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