Spitzenausgleich bei der Realteilung
Bei Auflösung einer Personengesellschaft erfolgt in der Regel eine Aufteilung der Wirtschaftsgüter unter den Gesellschaftern. Dabei kann es passieren, dass ein Überhang zugunsten eines oder mehrerer Gesellschafter entsteht, der bei anderen Gesellschaftern monetär auszugleichen ist. Die Besteuerung dieses Spitzenausgleichs bei der Realteilung ist aus Sicht der Finanzverwaltung, der herrschenden Meinung der Literatur sowie der Richter am Bundesfinanzhof (BFH) ein komplexes Thema. Wir bieten Ihnen nun eine Übersicht über die aktuelle Rechtslage zum Spitzenausgleich bei einer Realteilung.

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In diesem Video erklären wir, wie man bei einer Veräußerung im Rahmen einer Realteilung eine Besteuerung vermeiden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Spitzenausgleich bei der Realteilung – Einleitung
Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus und werden in dem Zuge einzelne Wirtschaftsgüter, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile in das Betriebsvermögen des Ausscheidenden übertragen, unterliegt der Vorgang der steuerlichen Begünstigung des § 16 Absatz 3 Satz 2 EStG. Dies gilt einerseits für den Austritt von Gesellschaftern und anderseits für die Vermögensverteilung im Rahmen einer vollständigen Liquidation. Die Vorschrift ermöglicht eine Übertragung zu steuerlichen Buchwerten. Sie verhindert die Aufdeckung der enthaltenen stillen Reserven, vorausgesetzt, dass die Besteuerung der stillen Reserven weiterhin sichergestellt ist.
Jedoch kann es bei der Auseinandersetzung zu Differenzen zwischen den Abfindungsansprüchen, die den Gesellschaftern kraft Gesetzes oder aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen zustehen, und dem tatsächlichen Wert der erhaltenen Wirtschaftsgüter kommen. Sollte die ehemalige Personengesellschaft nicht über ausreichend liquide oder frei aufteilbare Mittel verfügen, um die Differenzen auszugleichen, so wird üblicherweise eine Vereinbarung getroffen, welche Ausgleichzahlungen zwischen den einzelnen Gesellschaftern vorsieht. Dieser Wertausgleich wird als Spitzenausgleich bezeichnet und ermöglicht ebenfalls eine erfolgsneutrale Realteilung (vergleiche BFH, Urteil vom 10.12.1991).

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2. Der Spitzenausgleich bei der Realteilung
Dass der Spitzenausgleich besteuert werden muss und der dabei zu versteuernde Gewinn weder durch den Freibetrag des § 16 Absatz 4 EStG noch durch die Tarifermäßigung des § 34 EStG begünstigt wird, ist unstrittig. Fraglich ist jedoch, in welcher Höhe der Zahlungsempfänger den Spitzenausgleich bei der Realteilung zu versteuern hat.
2.1. Realteilung: Besteuerung des Spitzenausgleichs beim Empfänger
2.1.1 Ansichten der Finanzverwaltung und herrschende Meinung in der Literatur
Die Finanzverwaltung sowie die herrschende Meinung der Literatur sind der Auffassung, dass der gemeine Wert des übernommenen Betriebsvermögens bei demjenigen, der zur Ausgleichszahlung verpflichtet ist, zunächst in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen sei. Demnach käme es lediglich hinsichtlich des entgeltlichen Teils beim Empfänger des Spitzenausgleichs zur Aufdeckung stiller Reserven, während der unentgeltliche Teil erfolgsneutral im Wege der Realteilung unversteuert bliebe. Die Aufteilung habe dabei nach dem Verhältnis des Spitzenausgleichs zum gemeinen Wert der erhaltenen Wirtschaftsgüter zu erfolgen. Die sich hieraus berechnete sogenannte „Entgeltlichkeitsquote“ sei dann auf den Buchwert anzuwenden. Der geleistete Spitzenausgleich, vermindert um den anteiligen Buchwert, führe im Anschluss beim zahlungsempfangenden Gesellschafter zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.
Diese Ansicht wird damit begründet, dass sich die Ausgleichszahlung nicht auf eine Abtretung des anteiligen Auseinandersetzungsanspruchs beziehe, sondern lediglich das im Rahmen der Liquidation verteilte Betriebsvermögen teilweise entgeltlich übernommen werde. Der Spitzenausgleich sei demnach von der übrigen Realteilung abzugrenzen und gesondert zu betrachten. Des Weiteren werde dadurch auch nur der Teil des Spitzenausgleichs besteuert, der sich auf die stillen Reserven der anteiligen WG bezieht.
2.1.2 Spitzenausgleich bei Realteilung: Ansicht des BFH
Der BFH entschied jedoch bereits unter anderem mit dem Urteil vom 01.12.1992, dass anstelle einer anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven, stets der Spitzenausgleich selbst in voller Höhe als Gewinn zu erfassen sei. Abweichend von der geschilderten Sicht der Finanzverwaltung und herrschenden Meinung der Literatur, argumentierte hier der 8. Senat, dass es zu einer Abtretung eines Teils des Auseinandersetzungsanspruchs komme. Die Forderungsübertragung sei dabei bereits in der Vereinbarung zur Realteilung enthalten und beim Spitzenausgleich handele es sich deshalb um einen Forderungskauf. Dieser ergebe sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den gemeinen Werten aller erhaltenen Wirtschaftsgüter und dem tatsächlichen Abfindungsanspruch. Im Urteil vom 17.09.2015 hatte der BFH hingegen zunächst die Berechnungsmethode zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns offen gelassen.
2.2 Auswirkungen des Spitzenausgleichs bei einer Realteilung für den leistenden Gesellschafter
Also führen Ausgleichszahlungen beim Empfänger zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Umgekehrt stellen sie für den leistenden Gesellschafter Anschaffungskosten im Sinne des § 255 Absatz 1 HGB dar. Sie erhöhen folglich die AfA-Bemessungsgrundlage, sofern im Anschluss weitere Einkünfte mit den Wirtschaftsgütern erzielt werden.

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3. Spitzenausgleich bei der Realteilung – Fazit
Die Besteuerung eines Spitzenausgleichs im Zuge der Realteilung ist zum derzeitigen Stand noch unvollständig geklärt. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung in Zukunft der Ansicht der Finanzverwaltung anschließen wird.
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