Steuerliche Nachteile durch den Brexit

Privatpersonen

Privatpersonen: Steuerliche Nachteile durch den Brexit

Durch das Verlassen Großbritanniens aus der Europäischen Union Ende März 2019 können sich erhebliche steuerliche Konsequenzen bei der Besteuerung von Privatpersonen ergeben, indem Steuerbefreiungen wegfallen. Außerdem kann es durch das Außensteuergesetz zu erheblichen steuerlichen Auswirkungen für Privatpersonen kommen.

Aufgrund der hohen Praxisrelevanz  haben wir in Zusammenarbeit mit der FOM-Hochschule nachfolgenden Beitrag angefertigt, der sich mit den Auswirkungen des Brexit auf die Besteuerung von natürlichen Personen beschäftigt. Die Ausarbeitung wurde von Herrn Daniel Maurice Frings (Bachelor of Art in Steuerrecht) nach wissenschaftlichen Kriterien und unter zweitgutachterlicher Betreuung von FOM-Dozent Christoph Juhn LL.M./StB erstellt.


1. Besteuerung natürlicher Personen / Privatpersonen

Die Besteuerung von natürlichen Personen in Form der Einkommensteuer ist eine sogenannte Personensteuer, da die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen individuell berücksichtigt werden.[1] Die individuelle Berücksichtigung wird durch den progressiv steigenden Steuersatz im Sinne des § 32a EStG und die persönlichen Steuerbefreiungen verdeutlicht.[2] Durch das Verlassen Großbritanniens aus der Europäischen Union können sich auch steuerliche Konsequenzen bei der Besteuerung von natürlichen Personen ergeben, indem Steuerbefreiungen wegfallen oder es durch das Außensteuergesetz zu erheblichen steuerlichen Auswirkungen kommt.

Im Folgenden werden exemplarisch steuerliche Auswirkungen hinsichtlich der Besteuerung auf Ebene von natürlichen Personen aufgezeigt.

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Besteuerung von Privatpersonen im Zusammenhang mit dem Brexit?

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2. Auswirkungen des Brexit auf die Besteuerung von Privatpersonen

2.1. Grundlagen der Progressionsbesteuerung

Bestimmte Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen oder eines beschränkt Steuerpflichtigen, auf den § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG Anwendung findet, unterliegen gem. § 32b EStG dem Progressionsvorbehalt.

So können zwar gewisse Einkünfte steuerfrei im Sinne des § 3 EStG sein, wie zum Beispiel das Arbeitslosengeld gem. § 3 Nr. 2 EStG oder das Krankengeld nach § 3 Nr. 1a EStG, allerdings wird nicht nur der Einkommensteil dadurch steuerfrei gestellt, sondern auch die durchschnittliche Steuerbelastung wird gemindert.[3] Durch die Minderung der Einkommensteuerbelastung wird der Steuerpflichtige nicht, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bewertet.[4] Indem gewisse Einkünfte nach § 32b EStG in den Progressionsvorbehalt einbezogen werden, bleiben diese weiterhin steuerfrei, allerdings erfolgt keine Entlastung des übrigen Einkommens durch eine verminderte Progression.[5] Der § 32b EStG sichert somit die Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit.[6]

Dazu wird auf das zu versteuernde Einkommen der besondere Steuersatz angewendet, welcher sich nach § 32b Abs. 2 S. 1 EStG so ermittelt, dass zu dem zu versteuernden Einkommen die steuerfreien Einkünfte zuzurechnen sind und auf dieses Einkommen der maßgebende Tarif nach § 32a EStG ermittelt wird.[7] Aus der sich daraus ergebenden Einkommensteuer und dem so ermittelten Einkommen ist der besondere Steuersatz zu berechnen, welcher dann auf das zu versteuernde Einkommen ohne die steuerfreien Einkünfte angewendet wird.[8]

2.2. Progressionsbesteuerung nach dem Brexit

Grundsätzlich ist nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG auf Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, auch der besondere Steuersatz anzuwenden. Diese Einkünfte erhöhen damit die durchschnittliche Steuerbelastung. Durch den § 32b Abs. 1 S. 2 EStG wird Satz 1 Nummer 3 jedoch für gewisse Einkünfte ausgeschlossen, wie zum Beispiel nach § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichen Vermögen, sofern diese in einem anderem Staat als in einem Drittland belegen sind.

Durch den Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union und der damit verbundenen Stellung als Drittland im Sinne des § 2a Abs. 2a S. 1 Nr. 1 EStG, unterliegen künftig unter anderem Einkünfte aus der Vermietung einer in Großbritannien gelegenen Immobilie dem Progressionsvorbehalt.

Die positiven Einkünfte der in England belegenen Immobilie sind dabei in voller Höhe zu berücksichtigen, während die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung keine Berücksichtigung bei der Berechnung des Steuersatzes finden.[9] Die negativen Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung der Immobilie im Drittstaat dürfen gem. § 2a Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a EStG nur mit positiven Einkünften ausgeglichen werden, wenn diese aus derselben Art und demselben Staat stammen.


3. Besteuerungsvergleich: Vor und nach dem Brexit

Es ergibt sich für Privatpersonen im Vergleich zur aktuellen Situation somit eine steuerliche Mehrbelastung bei Einkünften aus der Vermietung und Verpachtung einer sich in Großbritannien befindenden Immobilie durch Erhöhung des besonderen Steuersatzes der gem. § 32b EStG anzuwenden ist. Währenddessen finden Verluste aus der Vermietung und Verpachtung selbiger Immobilie, vorausgesetzt es gibt keine weiteren Immobilien in Großbritannien, welche positive Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung erzielen, steuerlich keine Berücksichtigung.[10]

Angenommen ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger, ledig, erzielt ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 100.000 Euro und positive Jahreseinkünfte aus der Vermietung und Verpachtung einer Wohnimmobilie in London von 30.000 Euro. Die Einkünfte aus der Vermietung sind nach Artikel 6 des Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien in Deutschland steuerfrei und unterliegen in Großbritannien der Income Tax und werden mit der basic rate von derzeit 20 Prozent[11] versteuert.

Bisher würden die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung der in Großbritannien belegenen Immobilie nach § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG nicht bei der Berechnung der deutschen Steuer und dem Steuersatz berücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige würde lediglich auf das zu versteuernde Einkommen eine tarifliche Einkommensteuer nach der Grundtabelle für das Jahr 2019 in Höhe von 33.219 Euro entrichten.


4. Fazit für Privatpersonen

Nach dem Ausstieg aus der Europäischen Union werden die britischen Einkünfte aus der Vermietung weiterhin in Großbritannien der income tax unterworfen und erhöhen zusätzlich den Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen. Das für den Steuersatz zu berechnende maßgebliche Einkommen beträgt 130.000 Euro, worauf die Steuer nach der Grundtabelle 45.819 Euro beträgt, sodass sich ein Steuersatz von 35,245 Prozent ergeben würde.[12] Die Anwendung des besonderen Steuersatzes auf das zu versteuernde Einkommen von 100.000 Euro ergibt eine Einkommensteuer von 35.245 Euro und eine Mehrbelastung für den Steuerpflichtigen von 2.026 Euro.

Für Steuerpflichtige ergibt sich für Einkünfte, die vor dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union unter § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 5 EStG gefallen sind, somit künftig eine steuerliche Mehrbelastung. Einkünfte, die nicht unter § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 5 EStG fallen, unterlagen bereits vorher dem Progressionsvorbehalt, sodass für den Bezug dieser Einkünfte sich keine Mehrbelastung ergibt.


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[1] Knüppel, Außerbilanzielle Korrekturen, Rz. 144.

[2] Knüppel, Außerbilanzielle Korrekturen, Rz. 144.

[3] EStG-Ko/Dißars, § 32b Rz. 1.

[4] EStG-Ko/Dißars, § 32b Rz. 1.

[5] EStG-Ko/Dißars, § 32b Rz. 1.

[6] BFH, Urteil vom 04. August 1976 – I R 152, 153/74.

[7] EStG-Ko/Dißars, § 32b Rz. 70.

[8] EStG-Ko/Dißars, § 32b Rz. 70.

[9] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI11465945.

[10] Frotscher, Brexit in 100 Fällen, HI11465945.

[11] o. V., https://www.gov.uk/government/publications/autumn-budget-2017-overview-of-tax-legislation-and-rates-ootlar/annex-a-rates-and-allowances, 05. Januar 2019.

[12] H 32b EStH 2017.