Denkmalabschreibung im deutschen Steuerrecht
Deutschland und viele weitere Staaten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes verfügen über eine jahrhundertlange Geschichte. Sie zeigt sich insbesondere in historisch beachtlichen Städte- und Landschaftsbildern. Entsprechende Gebäude und Bauwerke stehen deshalb häufig unter Denkmalschutz, denn der Gesetzgeber weist der Erhaltung dieser Substanz eine große Bedeutung zu. Mit der Denkmalabschreibung im Einkommensteuerrecht profitieren auch Selbstständige, Vermieter und Privatpersonen von diversen Vorteilen.
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Inhaltsverzeichnis
1. Auf welche Arten fördert der Gesetzgeber Denkmäler?
Denkmäler prägen vielerorts das Stadtbild. Insbesondere historische Altstädte, so beispielsweise in München, stehen häufig zu großen Teilen unter Denkmalschutz. Mit den jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetzen (DSchG) stellen die Gesetzgeber sicher, dass Denkmäler nicht ohne Weiteres verändert, abgerissen oder erweitert werden dürfen. Maßnahmen unterliegen der Zustimmung der zuständigen Behörde.
Der Hintergrund liegt mehr oder weniger auf der Hand. Die jeweiligen Bundesländer wollen die Geschichte, die mit den einzelnen Bauwerken und Ensembles verbunden ist, auch in optischer und haptischer Hinsicht erhalten. Sie soll nicht nur noch „auf dem Papier“ oder in Bildern existieren, sondern tatsächlich vor Ort greifbar sein.
Zahlreiche Denkmalobjekte befinden sich in Händen von Privatpersonen. Auch hinter unterliegen alle Maßnahmen der behördlichen Zustimmung, gleichzeitig gibt es zahlreiche Fördermöglichkeiten. Eine davon ist die Denkmalabschreibung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG), darüber hinaus kommen aber folgende Maßnahmen infrage:
- Kostenfreie Unterstützung bei der Sanierung oder Wiederherstellung durch Sachverständige und Historiker der jeweiligen Denkmalschutzbehörden
- Gewährung von Zuschüssen, beispielsweise beim Einbau bestimmter Fenster oder einer denkmalgerechten Gestaltung des Außenbereichs
- Erleichterte Anerkennung eines sanierten Denkmals als Effizienzhaus, um günstige Finanzierungskonditionen beispielsweise durch die KfW zu erhalten
In der Regel machen Denkmalschutzbehörden bestimmte Auflagen, ob das Objekt überhaupt saniert werden darf und welche eventuellen Vorgaben es dabei zu beachten gibt. So kann die Behörde beispielsweise vorschreiben, in welcher Farbe das Dach einzudecken oder wie der Vorgarten zu gestalten ist. Befindet sich auf dem Grundstück ein ebenfalls denkmalgeschützter Brunnen, müssen Bürger diesen ebenfalls nach Vorgabe der Behörde restaurieren.
Die zahlreichen Fördermaßnahmen, zu denen auch die Denkmalabschreibung gehört, stellen damit gleichzeitig einen Ausgleich zu eventuell anfallenden Mehrkosten dar. Steuerpflichtige sollen also auch einen Anreiz haben, die entstehenden Aufwendungen in Kauf zu nehmen. Bei geschickter Planung überwiegen die Vor- allerdings die Nachteile – und das in vielen Fällen deutlich.
2. Grundlagen der Denkmalabschreibung im Einkommensteuerrecht
Geregelt ist die Denkmalabschreibung in § 7i EStG. Die Regelung ergänzt die reguläre Norm zur Abschreibung beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter (§ 7 EStG). Über § 10f EStG gilt die Norm allerdings auch für Denkmäler, die Privatvermögen sind und – anders als beispielsweise bei einer Vermietung – ohne die Absicht, Einkünfte zu erzielen, genutzt werden. Regelmäßig handelt es sich hierbei um Einfamilienhäuser, die nach Landesrecht unter Denkmalschutz stehen.
Denkmalabschreibungen können nach § 7i Absatz 2 Satz 1 EStG nur in Anspruch genommen werden, wenn die zuständige Behörde
- einerseits die Eigenschaft als Denkmal und
- andererseits die Höhe der Aufwendungen
durch eine entsprechende Bescheinigung nachweist. Liegt diese vor, gelten die dort genannten Aufwendungen als AfA-Bemessungsgrundlage. Je nachdem, ob die Person zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist oder nicht, fließt die Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage mit ein. Die Bescheinigung ist Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 Satz 1 AO und damit für den Folgebescheid (Einkommensteuer) bindend (§ 182 Absatz 1 AO). Das Finanzamt ist an die Feststellungen der Denkmalschutzbehörde gebunden.
Die Denkmalschutzbehörde bescheinigt regelmäßig nur Aufwendungen, die für die Erhaltung und eine zweckmäßige Nutzung der Immobilie erforderlich sind. Diese liegen in der Regel unter den Gesamtkosten, die der Steuerpflichtige für Erwerb und Sanierung des Gebäudes hat. Daher kann es zu der Situation kommen, dass die Denkmalabschreibung nur für einen Teil der Kosten nutzbar ist.
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2.1. Denkmalabschreibung bei Betriebsvermögen
Immobilien, die sich in einem (notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen befinden, sind abweichend von § 7 Absatz 1 EStG nach festen Prozentsätzen des Absatzes 4 abzuschreiben. Der AfA-Satz liegt dabei bei 2 % oder 3 % pro Jahr. Abschreibungs-Bemessungsgrundlage sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des abzuschreibenden Gebäudes.
Beispiel: Der Steuerpflichtige erwirbt im Februar 2023 eine Immobilie für EUR 100.000. Sie wird zu Wohnzwecken vermietet und – da die Herstellung vor Ende 2022 erfolgte – mit 2 % pro Jahr abgeschrieben. Die Abschreibung, die grundsätzlich bei EUR 2.000 je Kalenderjahr liegt, ist im Jahr 2023 wegen des Erwerbs im Februar nur zeitanteilig, nämlich zu 11/12 (EUR 1.833,33) anzusetzen.
Hat das Gebäude nun nach dem jeweiligen Landesrecht den Status eines Denkmals, kommt die Denkmalabschreibung nach § 7i EStG zum Ansatz. Sie verdrängt als lex specialis die Regelung des § 7 Absatz 4 EStG, gilt damit also ausschließlich.
Die jährliche Abschreibung liegt dann bei 9 %. Auch sie ist mitunter zeitanteilig nach § 7 Absatz 1 Satz 4 EStG zu kürzen, wenn der Erwerb der Immobilie unterjährig erfolgt.
Denkmalabschreibungen nach § 7i EStG können auch von Immobilien-GmbHs genutzt werden. Die Norm ist über § 8 KStG entsprechend anzuwenden.
2.2. Anwendung von § 7i EStG bei Vermietungsobjekten
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind sogenannte Überschusseinkünfte, die unter § 21 EStG fallen. Die Vermieterin oder der Vermieter ermittelt den zu versteuernden Betrag durch Abzug der Werbungskosten von den Einnahmen. Einnahmen sind dabei alle Gelder und geldwerten Vorteile einschließlich der Nebenkosten, die der Mieter für die Überlassung der Immobilie entrichtet (§ 8 Absatz 1 und 2 EStG).
Als Werbungskosten kann der Vermieter unter anderem die nach den Grundsätzen des § 7 Absatz 4 EStG zu ermittelnde Abschreibung geltend machen. Auch hier wird die allgemeine Regelung durch die Denkmalabschreibung verdrängt, wenn die Immobilie den entsprechenden Status hat. Die jährliche AfA liegt damit bei 9 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Mitunter ergeben sich zwei getrennte Abschreibungszeiträume. Denn die zuständigen Behörden bescheinigen in der Regel nur bestimmte Aufwendungen als „für die Erhaltung und Nutzung des Denkmals erforderlich“. Dazu gehört zum Beispiel die Sanierung und Dämmung der Wände, nicht aber der Einbau eines besonders hochwertigen Bades oder einer bestimmten Küche.
Beispiel: A vermietet ein Denkmal, für dessen Erwerb er EUR 100.000 aufgewendet hat. Weiterhin fielen EUR 150.000 für die Sanierung des Gebäudes an. Die Denkmalschutzbehörde des Landes NRW bescheinigt insgesamt EUR 120.000 im Sinne des § 7i Absatz 2 EStG. Erwerb und Sanierung erfolgten im Jahr 2022, die Vermietung startete am 01.01.2023.
Lösung: Es ergeben sich zwei AfA-Zeiträume. Insgesamt EUR 130.000 (EUR 100.000 für Anschaffung und EUR 30.000 für unbescheinigte Sanierungsarbeiten) unterfallen den allgemeinen AfA-Regelungen des § 7 EStG. In Höhe der bescheinigten EUR 120.000 kann der Steuerpflichtige die Denkmalabschreibung nutzen.
Reguläre AfA (§ 7 Absatz 4 EStG) | Denkmalabschreibung (§ 7i EStG) | |
Bemessungsgrundlage | EUR 130.000 | EUR 120.000 |
Abschreibungssatz/Höhe der AfA | 2 % pro Jahr / EUR 2.600 | 9 % pro Jahr / EUR 11.700 |
Als Werbungskosten abziehbare Gesamt-AfA | EUR 14.300 (EUR 2.600 + EUR 11.700) |
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2.3. Steuerbegünstigung nach § 10f EStG für zu Wohnzwecken genutztes Privatvermögen
Eigenheime, selbstgenutzte Wohnungen und sonstiges Immobilienvermögen fallen grundsätzlich unter den Begriff des „Privatvergnügens“. Erfolgt keine Nutzung zur Erzielung von Einkünften, sind entsprechende Kosten Aufwendungen der privaten Lebensführung. Für sie gilt nach § 12 Nummer 1 EStG ein vollständiges Abzugsverbot. Die fiktive Abschreibung für ein Einfamilienhaus oder die Zinsen, die an die Bank entrichtet werden, sind üblicherweise keine abziehbaren Ausgaben.
Dem Gesetzgeber ist allerdings bewusst, dass hierdurch der Anreiz, Denkmäler zur privaten Nutzung zu erwerben und (in der Regel teurer) zu sanieren, sinkt. Abgesehen von ideellen Werten gäbe es ohne steuerliche Förderung nur wenige wirtschaftliche Gründe, sich bei der eigenen Wohnung ausgerechnet für ein Denkmal zu entscheiden.
Auf diesen Konflikt hat der Gesetzgeber mit § 10f EStG reagiert. Er ermöglicht die Geltendmachung der Denkmalabschreibung auch für Privatpersonen, die das bescheinigte Gebäude zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Die Denkmalabschreibung wird – wie bei Betriebs- und Vermietungsimmobilien – nach § 7i EStG berechnet und wie Sonderausgaben in der Steuererklärung geltend gemacht. Zu beachten ist aber, dass nur die bescheinigten Aufwendungen abschreibungsfähig sind. Die reguläre AfA nach § 7 Absatz 4 EStG spielt indes keine Rolle.
Nach § 10f Absatz 3 EStG gelten außerdem folgende Einschränkungen:
- Die Denkmalabschreibung nach § 10f EStG kann nur für ein Gebäude in Anspruch genommen werden. Dies bezieht sich auf die gesamte Lebenszeit des Steuerpflichtigen (sogenannter Objektverbrauch, BFH vom 24.05.2023, X R 22/20), weshalb beim Erwerb mehrerer Denkmäler eine steuerliche Beratung zu empfehlen ist
- Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 EStG erfüllen, können die Denkmalabschreibung zweimal nutzen. Keine Voraussetzung ist, dass tatsächlich eine Zusammenveranlagung nach § 26b EStG stattfindet
- Gebäudeteile, die selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter sind, und Eigentumswohnungen sowie Teileigentum an einer Immobilie stehen „vollwertigen“ Gebäuden gleich. Auch hier kann der Objektverbrauch eintreten
Steuerpflichtige, die mehrere Denkmäler erwerben, sollten sich hinsichtlich der Denkmalabschreibung nach § 10f EStG steuerlich beraten lassen.
3. An- und Aberkennung des Denkmalstatus: Auswirkungen auf die Denkmalabschreibung
In der Regel haben Immobilien den Denkmalstatus bereits bei deren Erwerb oder Überschreibung. Alternativ hat die zuständige Behörde verbindlich und abschließend festgestellt, dass eine entsprechende Anerkennung aus bestimmten Gründen ausscheidet. In seltenen Fällen kann es aber auch passieren, dass ein Denkmal erst später als solches anerkannt wird. Dies eröffnet verschiedene Möglichkeiten, die Denkmalabschreibung nach § 7i EStG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 10f EStG, zu nutzen.
Grundsätzlich bestehen die entsprechenden Möglichkeiten
- ab dem Zeitpunkt, zu dem der Denkmalstatus verbindlich festgestellt wurde, oder
- bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Denkmalstatus durch die zuständige Behörde aberkannt wurde.
Beispiel: Der Steuerpflichtige erwirbt ein nicht unter Denkmalschutz stehendes Haus, das er mit seiner Familie ausschließlich privat bewohnen möchte. Es wird vollständig saniert. Alle Aufwendungen werden dokumentiert, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege erkennt den Denkmalstatus aber erst später an. Es bescheinigt einen Teil der bei der Sanierung entstandenen Kosten als für die Erhaltung notwendig. Ab dem jeweiligen Kalenderjahr kann die Denkmalabschreibung nach § 10f EStG geltend gemacht werden.
Auch die Denkmalabschreibung nach § 10f EStG ist gegebenenfalls zeitanteilig zu kürzen, wenn die Voraussetzungen erst zu einem bestimmten Zeitpunkt während des Kalenderjahres vorliegen. Nach § 10f Absatz 1 Satz 1 EStG beträgt der maximale AfA-Zeitraum außerdem 10 Jahre. Die Anerkennung des Denkmalstatus für die Vergangenheit eröffnet eine Änderungsmöglichkeit nach § 175 Absatz 1 Nummer 1 AO (Grundlagenbescheid).
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