§ 311b Absatz 1 BGB

Probleme bei Grundstücksverträgen ohne notarielle Beurkundung

Notargebühren sparen möglich aber nur im Einzelfall sinnvoll! Ist es bei Ihrem Immobilienkauf sinnvoll?

Gemäß § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB muss der Grundstückskauf notariell beurkundet werden. Mithin entstehen neben den Kosten der Grunderwerbsteuer und Grundbucheintragung Notargebühren. Diese sind oft sehr hoch, denn sie richten sich nach dem Kaufpreis. Was kaum einer weiß, ist, dass das BGB eine Möglichkeit vorsieht, wie es auch ohne Notar zu einem rechtswirksamen Abschluss kommen kann. Doch Achtung diese Möglichkeit hat ihre Tücken, weswegen wir grundsätzlich davon abraten. Wir erklären die Regelung des BGB und warum beziehungsweise wann diese gefährlich ist.

Unsere Kanzlei hat sich besonders auf denn Kauf und Verkauf von Immobilien spezialisiert. Dabei erklären wir unseren Mandanten die Besteuerung beim Verkauf und Kauf von Immobilien und arbeiten wir sie individuelle Gestaltungsmodelle aus. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:

Datum

Thema
23. Dezember 2019 Steuerliche Behandlung von Immobilien im Gesellschaftsvermögen
5. November 2020 Die Vorteile einer GbR beim Kauf einer Geschäftsimmobilie
24. Februar 2021 Mieteinnahmen steuerfrei vereinnahmen: Fremdfinanzierung senkt Gewinn
25. Mai 2021 Vermietete Immobilie auf Personengesellschaft übertragen – Was ist zu beachten?
27. Dezember 2021 Notargebühren sparen möglich aber nur im Einzelfall sinnvoll! Ist es das bei Ihrem Immobilienkauf? (dieser Beitrag)

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Inhaltsverzeichnis


1. Notargebühren sparen ist möglich

1.1. Notargebühren entstehen durch Formvorschrift

Wenn Sie schon viele Immobilien verkauft haben, ist es Ihnen klar, dass Notargebühren entstehen. Doch auch, wenn Sie nicht vor dem ersten Grundstückskauf stehen, ist Ihnen vielleicht nicht klar, warum die Notargebühren überhaupt entstehen. Das liegt an der gesetzlichen Formvorschrift für den Grundstückskauf. Gemäß § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB ist der Grundstückskauf notariell zu beurkunden. Daher müssen beide Parteien zum Notar. Dieser liest dann den Parteien den Kaufvertrag vor und macht, wenn beide Parteien so mit dem Kaufvertrag einverstanden sind, einen Siegel darauf. Für dieses notarielle Beurkunden entstehen natürlich hohe Notargebühren.

1.2. Notargebühren durch Heilungsvorschrift sparen

Deswegen ist die Möglichkeit, die Notargebühren einzusparen natürlich interessant. Doch dabei ist zunächst zu erkennen, dass ein Formmangel gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit führt. Da hier die notarielle Beurkundung vorgesehen ist und diese nicht durchgeführt wurde, liegt eigentlich ein entsprechender, zur Nichtigkeit des Immobilienkaufvertrags führender Formmangel vor.

Diese Nichtigkeit führt sogar dazu, dass nach § 139 BGB der gesamte Kaufvertrag nichtig ist, obwohl lediglich ein Teil des Vertrages nicht notariell beurkundet wurde. Voraussetzung dafür ist, dass nicht anzunehmen ist, dass der Kaufvertrag auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Damit ist in der Regel von der Nichtigkeit des Vertrages auszugehen. Das heißt, dass der Vertrag unwirksam ist.

Eine Ausnahme zu dem Grundsatz der Nichtigkeit gibt die sogenannte Heilungsvorschrift des § 311b Absatz 1 Satz 2 BGB. Demnach heilt die wirksame Auflassung des Grundstücks und die Eintragung als Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch nach §§ 873, 925 BGB den Formmangel. Diese Heilung erstreckt sich auf den ganzen Inhalt des Vertrages. Dementsprechend sind mündliche und schriftliche Nebenabreden ebenfalls von der Heilung umfasst. Folge der Heilungsvorschrift ist, dass der Kaufvertrag wirksam wird, ohne dass Sie beim Notar waren und entsprechende Notargebühren gezahlt haben. Dennoch hat ein so zustande gekommener Vertrag Tücken. Diese erklären wir im Folgenden.

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2. Notarielle Beurkundung macht aber Sinn

Die Formvorschrift des § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB hat natürlich ihre Daseinsberechtigung und daher auch Sinn. Die Pflicht zur notariellen Beurkundung soll beide Parteien vor unüberlegten Rechtsgeschäften schützen. Die entsprechende Warnfunktion soll dazu dienen, dass sich die Parteien vor dem Notar nochmal genau überlegen, ob sie zu diesen Konditionen tatsächlich verkaufen oder kaufen wollen. Ein eventuelles Verhandlungsübergewicht auf der einen Seite soll somit ausgeglichen werden und erreicht werden, dass die Parteien den gerechtesten Kaufpreis bezahlen.

Neben die Warnfunktion der notariellen Beurkundung tritt die Beweisfunktion. Sie soll rechtssicher beweisen, dass der Kaufvertrag zustande gekommen ist und zu welchen Konditionen. Gerade diese Funktion der Formvorschrift hat einen hohen Stellenwert.

3. Keine Nichtigkeit des Vertrages wegen anderer Normen

3.1. § 134 BGB i.V.m. § 370 AO

Probleme ergeben sich aber, bei der Frage, welche Normen neben der Formvorschrift des § 125 in Verbindung mit § 311b Absatz 1 Satz 1 BGB dem Anspruch auf Übereignung und Übergabe des Grundstücks noch entgegenstehen könnten. Vorerst sei § 134 BGB in Verbindung mit § 370 AO angesprochen. § 134 BGB ist die Norm für die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot, hier eventuell § 370 AO, verstößt.

Dazu müsste eine Steuerhinterziehung vorliegen. Daran lässt sich aber allenfalls denken, wenn vor dem Notar ein geringerer Kaufpreis notariell beurkundet wird, als tatsächlich vereinbart, um die Grunderwerbsteuer zu sparen und auch nur der reduzierte Kaufpreis dem Finanzamt gegenüber angegeben wird. Doch selbst dann steht im Vordergrund des Vertrages der Verkauf und Kauf des Grundstücks. Eine etwaige Einsparung an Grunderwerbsteuer war lediglich ein bloßer Nebeneffekt. Damit ist der Hauptzweck eines Vertrages mit (teilweise) fehlender notarieller Beurkundung nicht eine Steuerhinterziehung. Daher kann das Rechtsgeschäft auch nicht gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 370 AO nichtig sein.

Sie müssen, um keine steuerstrafrechtlichen Konsequenzen zu erfahren, die volle Grunderwerbsteuer, die auf Ihren Erwerb fällt, zahlen. Sie dürfen dabei keinen Cent verschweigen. Die Grundsteuer können Sie aber durch geschickte legale steuerliche Gestaltungen reduzieren. Möglichkeiten dazu haben wir in anderen Beiträgen aufgezeigt. Steueroptimiert verkaufen können Sie unter Umständen auch mit einer Immobilien-GmbH oder nach einer Schenkung an Ihr Kind.

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3.2. Sittenwidrigkeit wegen Nichtzahlung der Notargebühren, § 138 Absatz 1 BGB

Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn das Rechtsgeschäft gegen das Anstandsgefühl aller Billigdenkender und Gerechtdenkender verstößt. Als mögliche Sittenwidrigkeitsgründe könnte die Nichtzahlung der Notargebühren in Betracht kommen. Da die Nichtzahlung von Notargebühren aber nicht den Hauptzweck des Vertrages darstellt, scheidet auch eine Sittenwidrigkeit aus. § 138 Absatz 1 BGB steht daher der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegen.

3.2. Scheingeschäft, § 117 Absatz 1 BGB

Sollte lediglich ein geringerer Kaufpreis vor dem Notar vereinbart worden sein, so gibt es tatsächlich zwei Verträge. Einmal den notariell beurkundeten Vertrag und daneben den untereinander vereinbarten Vertrag mit höheren Konditionen. In diesem Fall wollten die Parteien bei der Beurkundung die Rechtsfolgen des beurkundeten Vertrags gar nicht. Es handelt es sich mithin um ein bloßes Scheingeschäft im Sinne des § 117 Absatz 1 BGB. Gemäß § 117 Absatz 2 BGB gilt in diesem Fall das wirklich gewollte und verdeckte Rechtsgeschäft. Das andere Scheingeschäft hingegen ist nichtig. Daher ist alleinig der Vertrag mit dem höheren Kaufpreis wirksam.

4. Zentrales Problem bei Einsparung der Notargebühren

Neben der fehlenden Beweiskraft einer notariellen Beurkundung gibt es noch ein weiteres Problem. Und zwar ist der Kaufvertrag natürlich nur dann nicht auf Grund des Formmangels nichtig, wenn das Grundstück tatsächlich nach den §§ 873, 925 BGB übereignet wurde. Damit ist die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch als Eigentümer gemeint. Wenn der Verkäufer also das Grundstück nicht übereignet, so greift die Heilungsvorschrift des § 311b Absatz 1 Satz 2 BGB nicht. Der Vertrag ist daher wegen des Formmangels nichtig.

Dieser nichtige Kaufvertrag begründet dann natürlich auch keinen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks. Der Berufung auf den Formmangel seitens des Verkäufers steht der Grundsatz des treuwidrigen Verhaltens nach § 242 BGB nur in seltenen Ausnahmefällen entgegen. Treuwidrig kann es dementsprechend nur sein, wenn der Verkäufer den Käufer arglistig zur Nichteinhaltung der Form drängt, um sich dann auf den Formmangel zu berufen.

Zusammenfassend heißt das, dass Sie ohne notarielle Beurkundung keinen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks haben.

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5. Aber: Rückforderung des gezahlten Kaufpreises auch ohne Notargebühren möglich

5.1. § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB

Dann stellt sich natürlich die Frage, ob Sie, wenn Sie den Kaufpreis schon beglichen haben und eine Übereignung des Grundstückes nicht erfolgt, diesen wieder zurückfordern können.

Denkbar wäre ein Anspruch auf Rückzahlung aus § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB. Bei der sogenannten Leistungskondiktion muss eine Leistung vorliegen. Diese definiert sich als bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Dann müsste aber aus Sicht des Leistungsempfängers zum Zwecke der Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit geleistet worden sein. Das kann lediglich vorliegen, wenn der Zahlende nicht wusste, dass der Vertrag eigentlich unwirksam ist.

Wusste der Zahlende hingegen, dass der Vertrag wegen Formmangels nichtig ist, so wollte er durch die Zahlung lediglich veranlassen, dass das Grundstück übereignet wird. Demgegenüber leistet er aber nicht zum Zwecke der Erfüllung einer bestimmten Schuld, da, wie oben dargelegt, gar keine vorliegt und dies ihm auch bekannt war.

5.2. § 812 Absatz 1 Satz 2 Alternative 2 BGB

Die Zahlung verfolgt aber einen ganz bestimmten Zweck, der darin liegt, die andere Partei zur Übereignung des Grundstückes zu veranlassen und daher die Heilung bei einem formnichtigen Grundstücksvertrag herbeizuführen. Da dieser Zweck, der mit der Zahlung verfolgt wurde, nicht eingetreten ist, ist der Fall der Zweckverfehlung des § 812 Absatz 1 Satz 2 Alternative 2 BGB einschlägig. Auch der Käufer, der die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts kannte, kann daher seinen Kaufpreis zurückfordern.

6. Notargebühren einsparen ist denkbar, aber grundsätzlich nicht zu empfehlen

Zwar kennt das Zivilrecht eine Möglichkeit, wie sich die Notargebühren einsparen lassen. Folge dessen ist aber, dass man keinen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks hat. Ohne diese greift dann auch die Formheilungsvorschrift nicht, so dass der Kaufvertrag nichtig ist.

Sollte hingegen übereignet werden, so ist der Kaufvertrag gemäß § 311b Absatz 1 Satz 2 BGB wirksam und bildet folglich einen Rechtsgrund für die Übereignung. Somit könnten Sie sich, wenn Sie ihrem Gegenüber hinreichend vertrauen, die Notargebühren sparen. Das ist aber natürlich immer mit Vorsicht zu genießen. Möglich wäre es auch, den Kaufvertrag mit entsprechenden Klauseln, die aber natürlich wirksam sein müssen, zu optimieren.


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  1. Schenkungen an Minderjährige Kinder
  2. Empfehlungen vor Schenkungen zu Lebzeiten

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