Das Weitervermietungsmodell

Warum keine erweiterte Kürzung?

BFH: Keine erweiterte Kürzung beim Weitervermietungsmodell

Das deutsche Gewerbesteuerrecht kennt die sogenannte erweiterte Kürzung. In § 9 Nummer 1 Satz 2 fort folgende GewStG ist geregelt, dass Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten (vermieten), keine Gewerbesteuer zu entrichten haben. Hierdurch zahlt zum Beispiel eine Immobilien-GmbH nur 15,8 % Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag.

Eine „Ausnahme von der Ausnahme“ gilt aber für das sogenannte Weitervermietungsmodell. Hierbei vermietet eine Organgesellschaft Grundstücke an den Organträger und umgekehrt. Der Bundesfinanzhof hat für diese Fälle entschieden, dass die Vermietergesellschaft nicht von der Besteuerung mit nur 15,8 % profitieren könne, während die Mietergesellschaft die entsprechenden Aufwendungen bei einer Steuerbelastung von rund 30 % abziehbar blieben. Hierdurch würde die durch § 2 Absatz 2 Satz 2 GewStG angeordnete Korrespondenz zwischen Aufwendungen und Erträgen gestört.

In einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 11. Juli 2024, III R 41/22) hat der BFH diese Auffassung noch einmal bestätigt.

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Inhaltsverzeichnis


1. Grundsätze des sogenannten Weitervermietungsmodells

Durch das sogenannte Weitervermietungsmodell würde sich innerhalb des Organkreises ein steuerlicher Vorteil ergeben. Die Gestaltung setzt zunächst das Bestehen einer körperschaft- und gewerbesteuerlicher Organschaft voraus. Die Organschaft besteht dabei aus einem Organträger (meist einer GmbH) und mindestens einer Organgesellschaft. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie vom Organträger abhängig ist, wobei die Abhängigkeit in der Regel durch eine mehr als 50%ige Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft zustande kommt.

Es existieren also mindestens 2 Gesellschaften, von denen eine die zu vermieteten Grundstücke besitzt. Das andere Unternehmen, im Streitfall war es eine weitere Organgesellschaft, mietet den Grundbesitz von der Vermietergesellschaft an. Anschließend erfolgt entweder eine Selbstnutzung oder eine Weitervermietung an fremde Dritte, wobei letzteres im Streitfall einschlägig war.

Durch dieses sogenannte Weitervermietungsmodell kommt es nun zu folgendem (steuerlichen) Ergebnis:

  • Bei der Vermietergesellschaft unterliegen die Einkünfte aus der Vermietung einem Steuersatz von lediglich 15,8 %, da sie die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen kann.
  • Die Mietergesellschaft zahlt die Miete an das Vermieterunternehmen und macht sie als Betriebsausgaben geltend. Hierauf spart sie also rund 30 % Körperschaft- und Gewerbesteuer.

Nach § 2 Absatz 2 Satz 2 GewStG muss sich das Gesamtergebnis im Organkreis allerdings neutralisieren. Geschäftsvorfälle zwischen Organgesellschaften und Organträger gleichen sich also dadurch aus, dass den Ausgaben entsprechende Einnahmen beim anderen Unternehmen gegenüberstehen. Durch das Weitervermietungsmodell wird dieser Kreislauf „gestört“, weil Betriebsausgaben für die Miete von Grundbesitz bei der vereinnahmenden Gesellschaft nicht im Betriebsergebnis erfasst werden.

Der BFH hat das Weitervermietungsmodell daher bereits mit Urteil vom 18.05.2011 – X R 4/10 (BFHE 233, 539, BStBl II 2011, 887) verworfen. In diesen Fällen sei die erweiterte Kürzung zu versagen, damit das vom Gesetzgeber gewollte Ergebnis des § 2 Absatz 2 Satz 2 GewStG eintreten könne.

2. Das Weitervermietungsmodell im Streitfall

Im Streitfall lag eine Organschaft mit der Klägerin, einer GmbH, als Organträgerin vor. Sie fungierte als Holding für insgesamt 17 Tochterunternehmen, die ebenfalls in der Rechtsform der GmbH unter ihr positioniert waren. Jede Tochter-GmbH verfügte über einen eigenen, im jeweiligen Eigentum stehenden, Immobilienbestand.

16 der insgesamt 17 Tochtergesellschaften hatten ihre Immobilienbestände an die 17. Tochtergesellschaft verpachtet. Die 17. Tochtergesellschaft verpachtete beziehungsweise vermietete die Immobilien wiederum im eigenen Namen an fremde Dritte. Sie vereinnahmte hierfür Mietzahlungen und setzte gleichzeitig die an die 16 Schwestergesellschaften zu zahlenden Pachten als Betriebsausgaben an.

Hinsichtlich der Vermietungen beantragten die 16 Organgesellschaften die erweiterte Kürzung nach § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt gewährte sie allerdings nicht, sondern bezog auch die Mieterträge in die gesonderte Feststellung des Gewerbesteuer-Messbetrages ein. Als Begründung führte das Amt die Rechtsprechung zum sogenannten Weitervermietungsmodell im Organkreis an. Nachdem die Klägerin vor dem Finanzgericht Erfolg hatte, ging das Finanzamt in Revision.

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3. BFH: Die erweiterte Kürzung ist zu versagen

Auch der Bundesfinanzhof sah ein sogenanntes Weitervermietungsmodell als gegeben an. Hierdurch und durch § 2 Absatz 2 Satz 2 GewStG sei die erweiterte Kürzung zu versagen. Das Gericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

  • Um den maßgebenden Gewerbeertrag des Organkreises zu ermitteln, seien die getrennt ermittelten Gewerbeerträge des Organträgers und der Organgesellschaften zusammenzurechnen. Unberechtigte steuerliche Be- und Entlastungen seien dabei auszuscheiden. Rechtsgrundlage für diese Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG.
  • Danach führten Geschäftsbeziehungen innerhalb des Organkreises (grundsätzlich) nicht zu Hinzurechnungen und Kürzungen; Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften sind innerhalb des Organkreises nur dann anzuwenden, wenn sich ihre Wirkungen ausglichen.
  • Beim Weitervermietungsmodell sei gerade das aber nicht der Fall. Die Wirkungen von Hinzurechnung und Kürzung glichen sich nicht aus, weil der Kürzung des § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG keine entsprechende Hinzurechnung in § 8 GewStG gegenüberstehe (BFH-Urteil vom 18.05.2011 – X R 4/10, BFHE 233, 539, BStBl II 2011, 887).
  • Bei der Klägerin sei die erweiterte Kürzung dagegen unabhängig von durch die Organschaft bedingten Besonderheiten schon deswegen ausgeschlossen, weil sie nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, sondern fremden Grundbesitz nutzt und außerdem Service- und Managementleistungen erbringt. Diese Leistungen stellten eine schädliche Nebentätigkeit dar.

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass das Weitervermietungsmodell zumindest bei Organschaften von der Rechtsprechung weiterhin keine Anerkennung erfährt. Anders sieht es allerdings aus, wenn zwischen den einzelnen Unternehmen keine Organschaft besteht. Denn in diesen Fällen findet auch § 2 Absatz 2 Satz 2 GewStG keine Anwendung.


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