Maßstäbe für ein effektives und ganzheitliches Compliance Management System
Die unternehmerischen Erfolge werden nur durch eine effektive Compliance gesichert. Neben der Risikovermeidung geht es vor allem darum, das Vertrauen von Aktionären, Kunden und Geschäftspartnern zu gewinnen und zu erhalten. Daher ist es Ziel, durch Compliance Management Systeme, die auch den Bereich der Tax Compliance umfassen, Risiken wirksam zu verringern. Wir erklären, welche Standards für die Ausgestaltung von zukunftssicheren Compliance Management Systemen herangezogen werden können.

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Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen zur Compliance
1.1. Keine gesetzliche Grundlage zur Compliance
Der Gesetzgeber hat den Unternehmen, abgesehen von der Finanzdienstleistungsbranche, keine konkreten Vorgaben für die Ausgestaltung der Compliance gemacht. § 91 Absatz 3 AktG verpflichtet lediglich den Vorstand einer börsennotierten Aktiengesellschaft, ein dem Umfang der Geschäftstätigkeit und Risikolage des Unternehmens angemessenes und wirksames internes Kontroll- und Risikomanagement-System einzurichten. Dazu gehört auch die Compliance. Ebenfalls ist ein Compliance Management System (CMS) Bestandteil der Corporate Governance des Unternehmens.
Die Ausgestaltung der Compliance liegt ansonsten jedoch in der Eigenverantwortung der Unternehmensleitungen. Werden dabei Maßstäbe für die Erfüllung von Sorgfaltspflichten und Organisationspflichten gesucht, bietet es sich an, auf übertragbare Strukturen aus anderen, bereits gesetzlich stärker regulierten Bereichen zurückzugreifen. Hilfreich ist daher ein Blick auf die Finanzdienstleistungsindustrie.
1.2. Vorteile effektiver Compliance
1.2.1. Steuerstrafrechtliche Vorteile
Im Hinblick auf Tax Compliance hat die Finanzverwaltung einem internen Kontrollsystem eine Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten verhindernde Wirkung zuerkannt. Denn ein internes Kontrollsystem kann nach den Regelungen im Anwendungserlass zu § 153 AO zumindest ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit spricht.

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1.2.2. Ordnungsrechtliche Vorteile
Die Unternehmensleitung kann sich zudem durch ein funktionierendes Compliance Management System von dem Vorwurf des Organisationsverschuldens und damit einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 130 OWiG exkulpieren. Eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 130 Absatz 1 Satz 1 OWiG begeht, wer als Inhaber eines Unternehmens oder Betriebs vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um Pflichtverletzungen seiner Mitarbeiter zu vermeiden. Die Aufsichtspflicht kann zwar auf einen Compliance Officer übertragen werden. Allerdings verbleibt auch hier, wie es sich aus § 130 Absatz 1 Satz 2 OWiG ergibt, stets eine Überwachungspflicht bei der Unternehmensleitung.
2. Compliance: Modell der drei Verteidigungslinien
2.1. Ausgestaltung des Modells
Ein Modell zur Regelung der Compliance ist das sogenannte Modell der drei Verteidigungslinien (Three Lines of Defense). Dies nimmt zur Grundlage, dass prozessuales Denken und Vorgehen zur Vermeidung von Haftungsrisiken eines Unternehmens mit hohem Reifegrad dient und gerade nicht das punktuelle Lösen rechtlicher Sachverhalte. Hierzu bilden die ersten beiden Verteidigungslinien das so genannte interne Kontrollsystem (IKS). Dieses wird prozessneutral auf der dritten Stufe durch die jeweilige interne Revision geprüft.
2.2. Erste Verteidigungslinie
Auf der ersten Verteidigungslinie sind alle Organisationseinheiten eines Unternehmens, die die Verantwortung für die im Unternehmen ablaufenden Prozesse haben, aufzufinden. Sie sind somit für die Überwachung und Reduktion dieser Risiken primär als erste Verteidigungslinie verantwortlich. Sie tragen daher auch die Risiken, die aus diesen Prozessen resultieren können.
Die jeweiligen Verantwortlichkeiten der Verteidigungslinien sind ebenfalls detailliert zu beschreiben und aufeinander abzustimmen. Dann lassen sich Doppelungen in den Aufgabenstellungen und das Entstehen risikorelevanter Lücken vermeiden. Risiko relevante Schulungen und spezifische Trainings sind dabei eine wesentliche Grundlage.
2.3. Regelmäßige Fehler
In der Praxis ist oft erkennbar, dass die Organisationseinheiten der ersten Verteidigungslinie gerade steuerrechtliche Risiken nicht kennen. Deswegen vernachlässigen sie auch die Reduktion dieser Risiken und lassen damit unternehmensbezogenes Organisationsverschulden erkennen. Fehleranfällig sind dabei in der Regel die Schnittstellen, die der Buchführung vorgelagert sind, wie Kassen, Enterprise-Resource-Planning-Systeme oder digitale Umsatzsteuertools.
Bei den inzwischen weitgehend digitalisierten Unternehmensabläufen löst dann ein Geschäftsbereich einen Umsatz aus, der automatisch mittels Steuerkennzeichen in das ERP-System gebucht wird. Die automatisiert erstellte Kundenrechnung wird anschließend in das Buchführungssystem transferiert.
Gleiches gilt für Eingangsumsätze, bei welchen es dem Besteller obliegt, die umsatzsteuerlich relevanten Daten zu bearbeiten, die für einen Vorsteuerabzug maßgeblich sind. Problematisch sind dabei unter anderem Fälle, in denen von der Betriebsprüfung aufgedeckte Fehler in der steuerlichen Behandlung wiederkehrender Sachverhalte nicht zu einer Änderung der fehlerhaften Praxis führen, sondern in einer Anschlussbetriebsprüfung erneut als Fehler entdeckt werden. Da die fehlerhafte Behandlung des Sachverhalts aus der Vergangenheit bekannt ist, wird sich hier der Vorwurf des vorsätzlichen Handelns oder Unterlassens nur schwer ausräumen lassen.

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2.4. Zweite Verteidigungslinie
Die zweite Verteidigungslinie wird von Aufgaben des Risikomanagements und der Compliance eingenommen. Dabei unterscheiden sich Risikomanagement und Compliance nach den Risiken. Denn die Organisationseinheit des Risikomanagements ist auf das Management finanzieller Risiken gerichtet. Hingegen betrifft die Organisationseinheit Compliance nicht-finanzielle Risiken. Diese beiden Funktionen beraten und überwachen risikobasiert die in der ersten Verteidigungslinie befindlichen Organisationseinheiten im Hinblick auf die Reduktion von geschäftsmodellbezogenen potenziellen Risiken. Daher hat insbesondere die Compliance Funktion sogenannte Second Level Kontrollen auf die existierenden Kontrollen der ersten Verteidigungslinie vorzunehmen. Sie prüfen daher die Existenz, Angemessenheit und Wirksamkeit der relevanten Kontrollen.
3. Compliance in der Finanzdienstleistungsindustrie
In der Finanzdienstleistungsindustrie haben sich einige Anforderungen an das Compliance System entwickelt. Diese für die Finanzdienstleistungsindustrie bestehenden Grundsätze wurden in den letzten Jahren immer mehr als allgemeingültige Grundsätze entwickelt. Dabei sind Compliance Funktionen unabhängig, dauerhaft und wirksam einzurichten.
3.1. Unabhängige Compliance Funktion
Die Compliance-Funktion muss ihre Aufgaben unabhängig von den anderen Geschäftsbereichen und ihre Überwachungsaufgaben unabhängig von der Geschäftsleitung erfüllen. Andere Geschäftsbereiche dürfen daher keine Weisungsrechte gegenüber den Mitarbeitern der Compliance-Funktion besitzen und auf deren Tätigkeit auch sonst keinen Einfluss nehmen können.
Überstimmungen wesentlicher Bewertungen und Empfehlungen des Compliance-Beauftragten sind zu dokumentieren und in den Compliance-Bericht aufzunehmen. Als eine solche wesentliche Empfehlung ist dabei etwa die Empfehlung des Compliance-Beauftragten, ein bestimmtes Produkt nicht zur Aufnahme in den Vertrieb zuzulassen, anzusehen. Diesbezüglich ist ebenfalls ein Eskalationsprozess zur Geschäftsleitung einzurichten.
Zur Wahrung der Unabhängigkeit wird in der Kreditwirtschaft die Ernennung des Compliance-Beauftragten für einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten empfohlen. Ein geeignetes Mittel zur Stärkung des Compliance-Beauftragten ist ebenfalls die Vereinbarung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist seitens des Arbeitgebers. Eine Orientierung der Stellung, Befugnisse und Vergütung des Compliance-Beauftragten an den Leiter der internen Revision, des Risikocontrollings und der Rechtsabteilung des Unternehmens wird in der Kreditwirtschaft ebenfalls empfohlen.

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3.2. Dauerhafte Compliance
Die Compliance-Funktion muss ebenfalls dauerhaft eingerichtet sein. Daher ist auch den Compliance-Beauftragten ein ausreichend qualifizierter Vertreter zuzuordnen.
3.3. Wirksame Compliance
Es sind insbesondere die folgenden Kriterien einzubeziehen: Art und Wechselwirkungen der angebotenen Produkte, Dienstleistungen und sonstigen Geschäftsaktivitäten, deren Spektrum und Volumen im absoluten und relativen Vergleich zu den sonstigen Geschäftsaktivitäten. Ebenfalls ist die Bilanzsumme und die Einkünfte aus Provisionen, Gebühren und anderen Einkommensquellen im Zusammenhang mit dem Angebot von Produkten und Dienstleistungen anzugeben. Weiterhin müssen auch die Art der angebotenen Produkte und Dienstleistungen und angesprochenen Kunden aufgeführt werden.
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