Vorlage an das Bundesverfassungsgericht – Normenkontrollverfahren im Steuerrecht
Im laufenden Rechtsstreit kann jedes Gericht eine entscheidungserhebliche Gesetzesnorm, die das Gericht für verfassungswidrig hält, dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen. Daher haben auch die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof diese Möglichkeit. Wir erklären das Verfahren zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht und welche Auswirkungen es auf das laufende Verfahren vor den Finanzgerichten hat.
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Wir erklären die Rechtsmittel im finanzgerichtlichen Verfahren.
Inhaltsverzeichnis
1. Konkrete Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht
Zwar sollen die Fachgerichte Normen umfassend auf ihre Verfassungskonformität hin prüfen. Sie dürfen aber eine Norm nicht als nichtig erklären und verwerfen. Diese Kompetenz obliegt zur Wahrung der Rechtseinheit und zur Achtung des Gesetzgebers allein dem Bundesverfassungsgericht, sogenanntes Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts. Daher muss es den Fachgerichten aber möglich sein, ein Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zu Überprüfung vorzulegen. Legt ein Fachgericht dem Bundesverfassungsgericht eine Norm zur Entscheidung vor, so soll das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungskonformität der entsprechenden Norm entscheiden. Dieses Verfahren nennt sich konkrete Normenkontrolle im Sinne des Art 100 Absatz 1 GG.
Die konkrete Normenkontrolle stellt neben der Verfassungsbeschwerde einen effektiven Weg dar, im Steuerrecht die Verfassungskonformität eines Gesetzes zu klären. Im Unterschied zur Verfassungsbeschwerde reicht aber das Gericht die Normenkotrolle ein. Daher trägt der Beschwerdeführer auch die Kosten dieses Verfahrens nicht. Anders ist dies jedoch bei der Verfassungsbeschwerde.
2. Laufendes Verfahren
Neben dem Vorlageverfahren vor dem Bundesverfassungsgerichts gibt es das laufende Verfahren vor dem Finanzgericht. Dieses ist bei Vorlage zum Bundesverfassungsgericht auszusetzen. Es wird daher erst entschieden, wenn die Vorlagefrage geklärt ist.
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3. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
3.1. Zulässigkeit der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
Damit das Bundesverfassungsgericht überhaupt über die Vorlage entscheidet, muss ein zulässiger und gut begründeter Vorlagebeschluss vorliegen. Diesen muss das Gericht stellen. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist nur in Folge eines Senatsbeschlusses und niemals durch einen Einzelrichter möglich. Daher muss das Gericht einen entsprechenden Beschluss fassen und die Sache insoweit an das Bundesverfassungsgericht abgegeben. Überdies muss das Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt sein.
Die Anforderungen an die Begründung der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ähneln denen an eine Verfassungsbeschwerde. Die Begründung muss angeben, inwiefern das laufende Verfahren von der Gültigkeit der fraglichen Rechtsvorschrift abhängig ist und mit welchen Verfassungsnormen sie nach Ansicht des Gerichts unvereinbar ist. Daher muss das Gericht das Problem im Vorlagebeschluss umfassend verfassungsrechtlich würdigen. Dazu muss auch der Sachverhalt in seiner Gänze dargelegt werden. Alles ist verständlich zu formulieren. Daher stellt die Begründung der Vorlage eine hohe Zulässigkeitsvoraussetzung dar. Die Begründungsanforderungen steigen, wenn eine Rechtsfrage vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden wurde.
3.2. Gründe für Unzulässigkeit der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
Die hohen Begründungsanforderungen schrecken aber viele Finanzrichter von der Vorlage zum Bundesverfassungsgericht ab. Insbesondere weist das Bundesverfassungsgericht viele Vorlagen als unzulässig ab, so dass auch schon Vorlagen des Bundesfinanzhofs (BFH) als unzulässig verworfen wurden. Es ist daher üblich, dass konkrete Normenkontrollverfahren verloren werden. Zur Unzulässigkeit kommt es auch, wenn die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts offensichtlich unhaltbar ist oder die Vorlage allein verfassungsrechtliche Vorfragen des Hauptverfahrens betrifft. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht scheitert zudem daran, dass das vorlegende Gericht die fragliche Norm nicht verfassungskonform ausgelegt, die Entscheidungserheblichkeit nicht hinreichend bewiesen hat oder die Frage schonmal Gegenstand einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht war. Oft wird auch verkannt, dass die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht das letzte Mittel sein soll und vorher andere Möglichkeiten zur Klärung der Frage zu prüfen und erörtern sind.
3.3. Prüfung Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vorlage an das Bundesverfassungsgerichts
Die Erfüllung der Begründunganforderungen werden von der Kammer beim Bundesverfassungsgericht vorgeprüft. Sie kann aufgrund eines einstimmigen Beschlusses die Vorlage als unzulässig verwerfen. Wenn die Kammer jedoch keine einstimmige Entscheidung trifft oder die Vorlage von dem BFH stammt, so bleibt die Vorlage zulässig, bis der Senat entschieden hat. Die Entscheidung ist aber in allen Fällen unanfechtbar.
4. Abschluss der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
Wenn der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht stattgegeben wird, so kann das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig erklären. Anstelle dessen tritt die Unvereinbarkeitserklärung, wenn für die Beseitigung des Verfassungsverstoßes mehrere Möglichkeiten in Betracht kommen und deswegen der Gesetzgeber aktiv werden muss. Die Entscheidung erhält Gesetzeskraft und gilt daher für alle Steuerpflichtigen, Gerichte, Finanzämter und Verfassungsorgane. Dennoch bleiben rechtswidrige bestandskräftige Steuerbescheide in Kraft. Hingegen werden Steuerbescheide, die auf Grundlage einer für unvereinbar erklärten, aber fortgeltenden Regelung erlassen werden, in der Regel vorläufig erlassen.
Jedoch muss der Finanzbeamte ein von ihm für verfassungswidriges gehaltenes Gesetz gleichwohl anwenden. Indes hat muss er einen verfassungswidrigen Zustand gegenüber der höheren Behörde remonstrieren. Ziel dessen ist eine abstrakte Normenkontrolle durch die Landesregierung oder die Bundesregierung zu bewirken.
5. Fazit
Es lässt sich erkennen, dass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht regelmäßig keinen Erfolg hat. Wir prüfen genau, wann eine solche denkbar wäre und arbeiten entsprechende Argumente heraus. Mit diesen regen wir eine Vorlage durch das Finanzgericht an. Sollte es dazu nicht kommen, so prüfen wir, inwieweit wir für Sie Verfassungsbeschwerde einlegen könnten. Wenn Sie dazu Fragen haben, so kontaktieren Sie uns sehr gern über das Kontaktformular.
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