Anteilsübertragung: Bewertung der Anteile an Personengesellschaften bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
Anteile an Personengesellschaften können durch Erbschaft oder Schenkung übertragen werden. Diese Anteilsübertragung erfordert aber zur Ermittlung der Höhe der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer die Bewertung der Anteile. Die Bewertung des Anteils an einer Personengesellschaft richtet sich nach den Grundsätzen des § 97 Absatz 1a BewG. Demnach muss der gemeine Wert der Personengesellschaft ermittelt und aufgeteilt werden. Wir erklären, was Sie bei der Bewertung Ihres Anteils an einer Personengesellschaft beachten müssen.
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die Gestaltungsberatung zur Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer spezialisiert. Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Modelle aus. Aufgrund der aktuellen Resonanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:
Datum |
Thema |
24. Juli 2019 |
Erbschaftsteuer sparen durch Kettenschenkung: Fristen und Kriterien |
28. April 2020 |
Gesellschaftsbeteiligungen richtig vererben – GmbH; GmbH & Co. KG; GbR |
15. Dezember 2021 |
Schenkungsteuer vermeiden bei Schenkung von großem Vermögen |
19. Januar 2022 |
Schenkungsteuer durch Nießbrauch an Kapitalerträgen senken |
31. März 2022 |
Anteilsübertragung: Bewertung der Anteile an Personengesellschaften bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer (dieser Beitrag) |
Unser Video: Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
Wir erklären die Freibeträge, die Bewertung und die Steuersätze bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer.
Inhaltsverzeichnis
1. Relevanz der Bewertung von Anteilen bei der Anteilsübertragung
Die Bewertung eines Anteils ist dann von Relevanz, wenn die Gesellschaftsbeteiligung im Wege einer Erbschaft oder Schenkung übertragen werden soll. Damit die Steuern auf die Anteilsübertragung ermittelt werden können, muss der Anteil bewertet werden. Der Wert des Anteils ist gesondert festzustellen.
Die Ermittlung und Aufteilung des gemeinen Werts des Gesamthandsvermögens auf die Gesellschafter ist nach der Regelung des § 97 Absatz 1a Nummer 1 BewG vorzunehmen. Demnach sind dem Gesellschafter vorerst die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz zuzurechnen. Der dann verbleibende Unterschiedsbetrag ist nach dem maßgeblichen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen.
2. Anteilsübertragung: Ermittlung des gemeinen Werts des Gesamthandsvermögen
Im Rahmen der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer richtet sich die Bewertung nach § 12 ErbStG. Demnach erfolgt die Bewertung nach dem ersten Teil des BewG. Daher ist im Rahmen der Bewertung gemäß § 9 BewG grundsätzlich der gemeine Wert anzusetzen.
Soweit ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht, ist sein Wert zunächst nach § 3 BewG im Ganzen zu ermitteln. Dann könnte man aber auf die Idee kommen, dass die Anteile als eigenständige Wirtschaftsgüter gelten, die einer gesonderten Bewertung zugänglich sind. Das Gesetz sieht diese Behandlung indes nicht vor. Vielmehr sind die Gesellschafter gemäß § 109 Absatz 2 BewG an den Wirtschaftsgütern der wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens der Personengesellschaft beteiligt. Daher ist der Wert des Betriebsvermögen der Gesellschaft in seiner Gänze zu ermitteln. Erst dann ist dieser Wert auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen.
Gemäß § 97 Absatz 1a Nummer 1 richtet sich die Bewertung des Betriebsvermögens der Gesellschaft nach § 109 Absatz 2 BewG. Die Bewertung erfolgt daher nach dem gemeinen Wert. Dieser ist gemäß § 109 Absatz 2 Satz 2 BewG entsprechend § 11 Absatz 2 BewG zu ermitteln. Demnach ist der gemeine Wert vorrangig aus Verkäufen zwischen fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Wenn dies nicht möglich ist, so richtet sich der gemeine Wert nach den Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten üblichen Methode. Zudem kann aber auch das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden. Wie das vereinfachte Ertragswertverfahren zur Ermittlung des gemeinen Werts funktioniert haben wir in einem unseren anderen Beiträge erklärt. In keiner Bewertungsmethode darf aber der Substanzwert unterschritten werden.
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3. Aufteilung des gemeinen Werts auf die Gesellschafter zur Anteilsübertragung
3.1. Grundsätzlich Aufteilung in Gesamthandvermögen und Sonderbetriebsvermögen
Wenn nun aber der gemeine Wert des Betriebsvermögens ermittelt wurde, so muss dieser im zweiten Schritt auch auf die Gesellschafter der Personengesellschaft verteilt werden. Die Aufteilung des Werts des zuvor nach §§ 109 II, 11 II BewG ermittelten Werts des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft richtet sich dann nach § 97 Absatz 1a BewG. § 97 Absatz 1a BewG unterscheidet zwischen der Aufteilung des Sonderbetriebsvermögen nach § 97 Absatz 1a Nummer 2 BewG und des Gesamthandsvermögens gemäß § 97 Absatz 1a Nummer 1 BewG. Letzteres ist das Betriebsvermögen der Personengesellschaft. Die Addition beider Positionen ergibt dann den Wert des Anteils eines Gesellschafters an der Personengesellschaft.
Allein in den Fällen, in denen der Wert des Anteils eines Gesellschafters am Gesamthandsvermögen aus einem Verkauf abgeleitet oder der Gutachtenwert bestimmt wird, ist die Aufteilung nach § 97 Absatz 1a BewG nicht vorzunehmen. Diese Methoden kommen dann in Betracht, wenn der Wert niedriger ist, als der nach § 97 Absatz 1a BewG ermittelte. Sie sollten daher den Wert Ihres Anteilsmittels nach den unterschiedlichen Varianten berechnen und sodann prüfen, welcher Wert am niedrigsten ist.
3.2. Aufteilung des Gesamthandsvermögens bei der Anteilsübertragung
3.2.1. Kapitalkonten zurechnen
Zunächst sind nach § 97 Absatz 1a Nummer 1 Buchstabe a) BewG die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen. Zum Kapitalkonto zählen dabei nur solche Gesellschafterkonten, die Eigenkapitalcharakter haben. Konten, auf denen Gesellschafterforderungen erfasst werden und die aus Sicht der Personengesellschaft Fremdkapital ausdrücken, sind nicht Teil des Kapitalkontos. Beispielsweise sind Gesellschafterdarlehen Fremdkapital. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ist, ob das Konto durch seine Teilhabe an Verlusten der Gesellschaft der gesamthänderischen Bindung unterliegt. Es richtet sich daher maßgeblich danach, ob auf dem jeweiligen Konto auch Verluste gebucht werden.
Zu den zuzurechnenden Kapitalkonten zählen sowohl das Festkapital (in der Regel das sogenannte Kapitalkonto I) und auch der Anteil an einer gesamthänderischen Rücklage. Zudem umfasst sind auch die variablen Kapitalkonten, soweit es sich dabei ertragsteuerlich um Eigenkapital der Gesellschaft handelt.
Daher orientiert sich die Wertaufteilung zunächst danach, ob und in welchem Umfang der jeweilige Gesellschafter die Personengesellschaft mit Eigenkapital ausgestattet hat. Daher ist für den Gesellschafter aus erbschaftsteuerlicher und schenkungsteuerlicher Perspektive oft wesentlich, ob der Anteil am laufenden Gewinn einem individuellen Rücklagenkonto zugewiesen ist oder entnommen wurde.
Beispielsweise kann der Wert des Gesamthandsvermögens 200.000 Euro betragen. Gesellschafter A und B sind jeweils zu 50 Prozent beteiligt. Die Summe der Kapitalkonten beträgt laut der Gesamthandsbilanz 100.000 Euro. Davon entfallen 40.000 Euro auf den A während 600.000 Euro auf den B entfallen. Diese beiden Beträge sind daher A und B jeweils zuzurechnen.
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3.2.2. Verbleibender Wert
Der nach der Zurechnung der Kapitalkonten verbleibende Wert ist gemäß § 97 Absatz 1a Nummer 1 Buchstabe b) BewG nach dem maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen. Dieser Restbetrag kann natürlich negativ sein.
Im obrigen Beispiel ergibt sich ein Unterschiedsbetrag von 100.000 Euro (200.000 Euro Gesamthandsvermögen – 100.000 Euro Kapitalkonten). Dieser Betrag ist nun auf A und B nach der Höhe ihrer Beteiligung entsprechend zu verteilen. Daher sind aufgrund der 50 prozentigen Beteiligung beiden 50.000 Euro zu zurechnen.
3.3. Problem: Negative Zurechnung bei der Anteilsübertragung
Nach dieser Berechnung kann es dazu kommen, dass einem Gesellschafter ein negativer Betrag zugerechnet wird. Sofern der Gesellschafter diesen Anteil im Wege der Schenkung oder Erbschaft überträgt, so ist der Wert des Anteils am Gesamthandsvermögen gemäß R B 97.5 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019 mit 0 € anzusetzen. Denn dem Kommanditisten kann kein negativer Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft zugerechnet werden, wenn dieser seine Kommanditeinlage vollständig erbracht hat und nicht nachschusspflichtig ist.
Wenn aber zeitgleich die Anteile andere Gesellschafter übertragen werden, so würde ein höherer Unternehmenswert der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer unterworfen, als eigentlich besteht. Dies fällt aber erst bei einer Gesamtbetrachtung aller Anteilsübertragungen auf. Zwar wird die Übertragung von Betriebsvermögen nach den §§ 13a, 13b ff. ErbStG grundsätzlich begünstigt. Daher halten sich die Auswirkungen zunächst in Grenzen. Werden aber in den folgenden Jahren Lohnsummenregelungen oder Behaltensfristen verletzt, so können in Folge der Nachversteuerung nachträglich negative Effekte entstehen.
4. Zurechnung des Verwaltungsvermögens bei Anteilsübetragung
4.1. Anteilsübertragung: Erfordernis der Zurechnung des Verwaltungsvermögens
In Ansehung des § 13b Absatz 2 ErbStG ist der Wert des Verwaltungsvermögens dem gerade ermittelten Wert abzuziehen. Der gemeine Wert des Verwaltungsvermögens bleibt grundsätzlich steuerpflichtig. Das begünstigungsfähige Vermögen ist zudem gemäß § 13b Absatz 2 Satz 2 ErbStG vollständig nicht begünstigt, sofern das Verwaltungsvermögen 90 % des gemeinen Werts ausmacht. Hingegen steht ein Anteil des Verwaltungsvermögens von weniger als 20 % nicht entgegen.
4.2. Regeln zur Zurechnung des Verwaltungsvermögens
Demnach hat die Zurechnung und Ermittlung der Höhe des Verwaltungsvermögens große Bedeutung. Das Verwaltungsvermögen ist dem Gesellschafter aus dem Gesamthandsvermögen nach dem Wert der Beteiligung des Gesellschafters zum gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens zuzurechnen. Das hat zur Folge, dass eine erhöhte Zurechnung des gemeinen Werts am Gesamthandsvermögen auch zugleich eine erhöhte Zurechnung von steuerschädlichem Verwaltungsvermögen zur Folge hat.
Der nach dem oben benannten Schema berechnete Anteil des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen ist daher in Verhältnis zum Wert des Gesamthandsvermögen zu setzen. Der daraus ermittelt Prozentsatz macht dann auch den Anteil an dem Verwaltungsvermögen aus. Folglich hat die Berechnung des Anteils an dem Gesamthandsvermögen auch Auswirkungen aus die Zurechnung des Verwaltungsvermögens. Demnach ist auch hier maßgeblich, wie viel Eigenkapital der Gesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat. Daher sollten Sie Ihre Kapitalkonten sorgfältig führen.
Aber die Reduzierung des Kapitalkontos im Vorfeld einer Anteilsübertragung kann negative Folge bei der Ertragsteuer haben. Beispielsweise sind Schuldzinsen nach § 4 Absatz 4a Satz 1 EStG steuerlich dann nicht absetzbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Diese liegen dann vor, wenn die Entnahmen innerhalb eines Wirtschaftsjahres in der Summe höher sind als der erwirtschaftete Gewinn zuzüglich getätigter Einlagen innerhalb des Wirtschaftsjahres. Weiterhin können negative Folgen für eine etwaige Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG entstehen. Es kann daher durch die Entnahmen insbesondere zur Nachversteuerung kommen. Wenn sie zum Zwecke der Reduzierung der Zurechnung des Verwaltungsvermögen Entnahmen aus Ihrem Kapitalkonto tätigen wollen, so kontaktieren Sie uns gerne.
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5. Zurechnung des Sonderbetriebsvermögens bei Anteilsübertragung
Das Gesamthandsvermögen der Gesellschafter und das zivilrechtlich dem Gesellschafter gehörende Sonderbetriebsvermögen sind getrennt zu bewerten. Das erreicht eine Vereinfachung. Andernfalls müsste das Sonderbetriebsvermögen aller Gesellschafter einbezogen und bei der anschließenden Aufteilung wieder herausgerechnet werden.
Die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind mit dem nach dem BewG ermittelten gemeinen Wert anzusetzen. Sie werden dem Gesellschafter direkt zugerechnet. Solche Wirtschaftsgüter, die im Miteigentum mehrerer Gesellschafter stehen, werden den Gesellschaftern mit dem auf sie fallenden Bruchteil zugerechnet.
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