Die Ertragswertmethode im Bewertungsrecht

Wann muss ich das Ertragswertverfahren anwenden?

Die Ertragswertmethode nach § 184 BewG

Bei der Bewertung von Grundvermögen finden unterschiedliche Verfahren Anwendung. Eine echte Auswahl haben Sie dabei allerdings nicht, denn § 182 Bewertungsgesetz (BewG) schreibt vor, welches Bewertungsverfahren Sie nutzen müssen. Nach der Ertragswertmethode bewerten Sie grundsätzlich Mietwohn- und Geschäftsgrundstücke, wenn Sie für letztere eine ortsübliche Miete ermitteln können.

Unser Video:
Ertragswertverfahren

In diesem Video erklären wir, in welchen Fällen und wie Sie die Ertragswertmethode nach § 184 BewG in der Praxis anwenden.

Inhaltsverzeichnis

1. Anwendung der Ertragswertmethode

Die Ertragswertmethode kommt nach § 182 Absatz 3 BewG zur Anwendung, wenn Sie eine der folgenden Grundstücksarten etwa durch einen Erbfall oder eine Schenkung zu bewerten haben:

  • Mietwohngrundstück: Bebaute Grundstücke, die zu mindestens 80 % eigenen oder fremden Wohnzwecken dienen, wenn kein Ein- oder Zweifamilienhaus sowie Wohnungseigentum vorliegt
  • Geschäftsgrundstück: Bebaute Grundstücke, bei denen die betriebliche Nutzung mindestens 80 % beträgt, wenn kein Teileigentum gegeben ist
  • Gemischt genutztes Grundstück: Grundstücke, die mehreren der genannten Zwecken dienen und die jeweiligen Grenzen (80 %) unterschreiten

Die jeweiligen Prozentwerte ermitteln Sie stets anhand der Wohn- oder Nutzfläche (§ 181 Absätze 3, 6 und 7 BewG). In § 181 Absatz 1 BewG finden Sie alle Grundstücksarten abschließend aufgelistet.

Geschäfts- und Mischgrundstücke „teilen“ sich gewissermaßen Vergleichs- sowie Ertragswertverfahren. Denn § 182 Absatz 3 BewG normiert, dass das Ertragswertverfahren bei diesen Grundstücksarten nur Anwendung findet, wenn sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete (Marktmiete) ermitteln lässt. Fehlt es an dieser Voraussetzung, wenden Sie gemäß § 182 Absatz 4 Nummer 2 BewG das Sachwertverfahren an.

2. Notwendige Schritte bei der Bewertung mit der Ertragswertmethode

In § 184 BewG finden Sie die Grundlagen der Ertragswertmethode. Sie benötigen folgende Werte, die Sie teilweise vom Gutachterausschuss, durch die üblichen Marktpreise sowie durch gesetzliche Fiktion erhalten:

Zusätzlich benötigen Sie die Anlagen 21, 22 und 23 zum Bewertungsgesetz, die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) herausgegeben werden.

Nach § 184 Absatz 3 BewG erhalten Sie den Wert des Grundvermögens, indem Sie Bodenwert und Gebäudeertragswert zusammenrechnen. Den Bodenwert berechnen Sie wie bei einem unbebauten Grundstück, für den Ertragswert selbst werfen Sie einen Blick in § 185 BewG.

In HB 184 der ErbStR finden Sie eine übersichtliche schematische Darstellung der Vorgehensweise nach §§ 184 bis 188 BewG.

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3. Durchführung der Berechnung nach §§ 179, 184 bis 188 BewG

Haben Sie die grundlegende Anwendbarkeit der Ertragswertmethode festgestellt, geht es anschließend an deren praktische Durchführung. Den eigentlichen Ertragswert ermitteln Sie dabei erst, nachdem Sie den Bodenwert berechnet haben – ein dankbarer erster Schritt.

3.1. Der Bodenwert

Der Bodenwert ist beim Ertragswertverfahren getrennt vom Gebäudewert zu ermitteln (§ 184 Absatz 1 BewG). Damit unterscheidet sich die Vorgehensweise vom Vergleichswertverfahren, da Sie hierbei einfach den Kaufpreis eines gesamten Vergleichsgrundstücks heranziehen.

Um den Bodenwert zu berechnen, wenden Sie § 179 BewG an. Nach § 179 Absatz 1 BewG multiplizieren Sie dabei die Fläche des Grundstücks (in Quadratmeter) mit dem aktuellen Bodenrichtwert, den der Gutachterausschuss vorgibt. Gibt es keine aktuelle Feststellung, sind die Werte der letzten Ermittlung maßgeblich.

3.2 Der Gebäudeertragswert – Herzstück des Ertragswertverfahrens

Kern der Ertragswertmethode ist der Gebäudeertragswert. Seine Berechnung richtet sich nach §§ 185 fort folgende BewG, wobei Sie mehrere, gesetzlich klar vorgegebene, Schritte nacheinander durchlaufen.

3.2.1. Der Reinertrag des Grundstücks

Nach § 185 Absatz 1 BewG ermitteln Sie den Reinertrag des Grundstücks, indem Sie die Bewirtschaftungskosten nach § 187 BewG vom Rohertrag nach § 186 BewG abziehen:

  • Rohertrag ist das laut Mietvertrag vereinbarte Entgelt für das gesamte Grundstück, jeweils gerechnet auf ein Jahr. Beträgt die tatsächlich vereinbarte Miete weniger als 80 % der ortsüblichen Vergleichsmiete, setzen Sie nach § 186 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 BewG die übliche Miete an
  • Die Bewirtschaftungskosten sind in Prozentsätzen nach Anlage 23 zum BewG, gemessen an Grundstücksart und Restnutzungsdauer, vom Rohertrag abzuziehen (§ 187 Absatz 2 BewG). Bei einem Mietwohngrundstück mit 30 Jahren verbleibender Nutzungsdauer ziehen Sie etwa 27 % ab

Sie erhalten den Reinertrag des Grundstücks; hiermit rechnen Sie weiter.

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3.2.2. Der Gebäudereinertrag

Den Gebäudereinertrag erhalten Sie gemäß § 185 Absatz 2 BewG, indem Sie vom Reinertrag des Grundstücks eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts nach § 179 BewG abziehen. Nach § 188 Absatz 1 BewG gelten dabei die Liegenschaftszinssätze, die der Gutachterausschuss vorgibt. Liegen solche Sätze nicht vor, gilt § 188 Absatz 2 BewG und die darin enthaltenen Typisierungen.

Der Bodenwert eines EUR 100.000 werten Grundstücks ist bei Mietwohngrundstücken etwa mit 5 % zu verzinsen. Sie würden hier EUR 5.000 vom Reinertrag des Grundstücks abziehen.

Im Ergebnis erhalten Sie den Gebäudereinertrag, mit dem Sie weiterrechnen.

3.2.3. Kapitalisierung des Gebäudereinertrages

Der nächste sowie fast letzte Schritt der Ertragswertmethode ist die Kapitalisierung des Gebäudereinertrages nach § 185 Absatz 3 BewG und anhand der Anlage 21 zum BewG. Hierzu benötigen Sie zunächst die Restnutzungsdauer (RND), die Sie durch Abzug des tatsächlichen Gebäudealters von der Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG erhalten.

Nach Anlage 22 zum BewG hat ein Mietwohngrundstück eine Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren. Ist das Gebäude bereits 30 Jahre alt, verbleiben 40 Jahre Restnutzungsdauer. Aus Anlage 21 zum BewG entnehmen Sie eine Kapitalisierung mit Faktor 17,16. Sie multiplizieren also den Gebäudereinertrag mit 17,16 und erhalten den Gebäudeertragswert.

4. Finaler Ansatz des Gebäudes bei der Ertragswertmethode

Haben Sie die einzelnen Stufen des Ertragswertverfahrens nach § 184 BewG durchlaufen, können Sie Boden- und Gebäudewert schlicht addieren. Sie erhalten dann den Grundbesitzwert, der nach § 151 Absatz 1 Nummer 1 BewG gesondert festzustellen ist. Der Stichtag richtet sich nach dem Einzelsteuergesetz, bei Erbschaften und Schenkungen zum Beispiel nach § 9 ErbStG (Todes- oder Übergabetag).

Dabei müssen Sie allerdings beachten, dass gegebenenfalls eine Korrektur des Gebäudewertes nach § 185 Absatz 3 Satz 5 BewG notwendig ist. Der Gesetzgeber normiert hier, dass die Restnutzungsdauer einer noch verwendungsfähigen Immobilie immer bei 30 % der Gesamtnutzungsdauer liegt (Mindestrestnutzungsdauer).

Beispiel: Sie haben durch Abzug der tatsächlichen (50 Jahre) von der gesamten Nutzungsdauer (70 Jahre) eine RND von 20 Jahren ermittelt. Nach § 185 Absatz 3 Satz 5 BewG beträgt die RND aber mindestens 30 % von 70 Jahren, was 21 Jahren entspricht. Daher setzen Sie die Restnutzungsdauer nach § 185 Absatz 3 Satz 2 BewG mit 21 Jahren an.

Auch bei der Ertragswertmethode besteht gemäß § 198 Absatz 1 BewG die Möglichkeit, durch das Gutachten eines Sachverständigen einen niedrigeren Grundbesitzwert nachzuweisen.

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