Erbschaft ausschlagen: Voraussetzungen und Vorteile für Ehegatten
Die Erbschaft kann verhindert werden, indem darauf verzichtet wird oder indem das Erbe ausgeschlagen wird. Dazu müssen jedoch gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. In diesem Beitrag erklären wir, wie Sie eine Erbschaft ausschlagen und welche Vorteile dies insbesondere für Ehegatten hat.
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Datum | Thema |
8. Oktober 2017 | Vermeidung der Erbschaftssteuer: 6 legale Steuertipps |
12. Mai 2018 | Reduzierung von Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer: Nießbrauch an Geld – Festgeld – Bankguthaben |
10. Juli 2019 | Immobilien an Kinder verkaufen: Abschreibung + Erbschaftsteuer sparen |
24. Juli 2019 | Erbschaftsteuer sparen durch Kettenschenkung: Fristen und Kriterien |
16. August 2022 | Erbschaft ausschlagen: Voraussetzungen und Vorteile für Ehegatten (dieser Beitrag) |
Unser Video: Erbschaftsteuer: Bewertung, Freibeträge, Steuersätze
Wir erklären, wie die Erbschaftsteuer ausgestaltet ist und welche Freibeträge es gibt.
Inhaltsverzeichnis
1. Änderung der Erbfolge
Die gewillkürte oder gesetzliche Erbfolge kann sich dadurch verändern, dass ein Erbe vor dem Erbfall stirbt. Zudem kann der Erbe bereits vor dem Erbfall auf die Zuwendung verzichten. Dann wird er so behandelt, wie als wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte. Nach dem Erbfall kann der Erbe überdies die Erbschaft ausschlagen. Dann gilt der Erbanfall an den Ausschlagenden gemäß § 1953 Absatz 1, Absatz 2 BGB als nicht erfolgt und die Erbfolge gestaltet sich so, wie als wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte.
2. Erbschaft ausschlagen
2.1. Erbschaft ausschlagen erst nach dem Erbfall möglich
Nach dem Tod fällt die Erbschaft den Erben automatisch an, ohne dass es einer Annahmeerklärung bedarf. Dann kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen, wenn er sie tatsächlich nicht möchte. Das hat zur Folge, dass der Anfall an ihn rückwirkend als nicht erfolgt gilt. Dann wird fingiert, dass der Ausschlagende bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls verstorben ist. Solange die Ausschlagung möglich ist, besteht also Unsicherheit dahingehend, ob der Anfall der Erbschaft an einen oder mehrere Erben Bestand hat.
2.2. Erbschaft ausschlagen: Voraussetzungen
Sie können nach dem Erbfall durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht eine Erbschaft ausschlagen. Die Möglichkeit dazu endet aber mit der Annahme der Erbschaft. Jedoch fällt die Erbschaft kraft Gesetzes ohne Weiteres an. Daher meint Annahme in diesem Sinne den Verzicht des Ausschlagungsberechtigten auf die Ausschlagungsmöglichkeit. Deswegen kann die Annahme auch in schlüssigem Handeln liegen. Der Erbe muss sich zur Annahme als endgültigen Erben erachten, was beispielsweise daraus deutlich wird, dass er einen Erbschein beantragt.
Mit Ablauf der gesetzlichen Frist zur Ausschlagung der Erbschaft wird die Annahme der Erbschaft fingiert. Sie können nur innerhalb einer sechswöchigen Frist Ihre Erbschaft ausschlagen. Die kurze Frist soll insbesondere im Interesse der Nachlassgläubiger gewährleisten, dass möglichst schnell Klarheit darüber besteht, wer Erbe geworden ist und deshalb für Nachlassverbindlichkeiten haftet. Die Frist beginnt, wenn der Erbe zuverlässige Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und vom Grund der Berufung zum Erben erlangt hat. Davon lässt sich ausgehen, wenn das Nachlassgericht das Testament gemäß § 348 FamFG eröffnet hat.
Für die Ausschlagung eines Vermächtnisses besteht keine Frist, denn hier besteht eine derartige unsichere Situation über die Rechtsträgerschaft am Nachlass nicht. Das Vermächtnis kann also allein durch formlose, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung des Bedachten angenommen werden.
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2.3. Erbschaft ausschlagen: Rechtsfolgen
Wenn Sie Ihre Erbschaft ausschlagen, so entfällt die Erbenstellung oder der Vermächtnisanspruch rückwirkend. Der Ausschlagende wird als vor dem Erbfall verstorben fingiert. Deshalb hat er auch keinen Pflichtteilsanspruch. Der gewillkürte Erbe kann allerdings die Erbeinsetzung ausschlagen und gesetzlicher Erbe werden.
3. Erbschaft ausschlagen als Vorteil für Ehegatten
3.1. Erbschaft ausschlagen, wenn Zugewinnausgleich höher
Der erbende Ehegatte muss nicht den Ausgleich nach dem Erbrecht erstreben. Vielmehr kann er sich auch entscheiden, den güterrechtlichen Ausgleich zu erhalten. Dieser kann die Erbschaft ausschlagen und dann von den Erben Zugewinnausgleich wie nach Auflösung der Ehe durch Ehescheidung verlangen. Daneben steht ihm trotz der Ausschlagung ein Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils gegen den Erben zu. Dabei ist der Anspruch wie folgt zu berechnen. Vorerst ist der Zugewinnausgleichsbetrag konkret zu ermitteln. Dann ist dieser Betrag bei der Ermittlung des Nachlasswertes als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Zuletzt ist auf dieser Grundlage der Pflichtteilsanspruch zu ermitteln, sogenannter kleiner Pflichtteil.
Daher müssen Sie als Ehegatten den Wert des gesetzlichen Erbteils mit dem Betrag vergleichen, den Sie als Zugewinnausgleich und Pflichtteil von den Erben verlangen können. Darüber hinaus ist aber auch zu beachten, dass der ausschlagende Ehegatte das Recht auf den Voraus verliert und nicht als Mitglied der Erbengemeinschaft dinglich am Nachlass beteiligt ist, sondern lediglich einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch gegen den Erben hat. Je nachdem, was für Sie vorteilhaft ist, sollten Sie also entweder die Erbschaft ausschlagen oder nicht. Das hängt insbesondere von der Höhe des Zugewinnes ab.
3.2. Erbschaft ausschlagen, wenn Erbeinsetzung geringer
Hat der Erblasser den Ehegatten zu einer geringeren Quote eingesetzt als er nach der gesetzlichen Erbfall erhalten würde, so muss der Ehegatte das Erbe ausschlagen, um wenigstens den Ausgleich nach Güterrecht zu erhalten. Unterlässt er dies, so steht ihm ein Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil zu. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Zuwendung an den überlebenden Ehegatten geringer ist als der Wert des Pflichtteils, der ihm zustünde, wenn er überhaupt nicht bedacht worden wäre, § 2305 BGB. Dabei ist zu beachten, dass sich der Pflichtteil in diesem Fall nach dem um ¼ erhöhten Erbteil nach § 1371 Absatz 1 BGB errechnet, sogenannter großer Pflichtteil. Grund dafür ist, dass kein Zugewinnausgleich erfolgt und deswegen ein doppelter Zugewinnausgleich nicht verhindert werden muss.
Wird dem Ehegatten demgegenüber ein kleines Vermächtnis zugewandt, so greift § 2307 BGB. Demnach kann der Ehegatte das Vermächtnis ausschlagen und den kleinen Pflichtteil und den Zugewinnausgleich verlangen. Er kann aber auch das Vermächtnis behalten und einen Restpflichtteil verlangen, um so wertmäßig in den Genuss des großen Pflichtteils zu kommen.
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4. Verzicht
4.1. Voraussetzungen
Erben können die Erbschaft nicht nur ausschlagen sondern auch auf sie verzichten. Gesetzliche Erben eines Erblassers können gemäß § 2346 Absatz 1 BGB durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtsvertrag wird zu Lebzeiten des Erblassers zwischen dem Erblasser und dem Verzichtenden geschlossen und bedarf der notariellen Beurkundung.
Der Verzicht umfasst dann auch den Pflichtteil. Auch ein isolierter Pflichtteilsverzicht ist gemäß § 2346 Absatz 2 BGB denkbar. Dieser kommt in der Praxis häufiger vor, als der Erbverzicht. Grund dafür ist, dass der Erblasser das gesetzliche Erbrecht ohne Weiteres durch Enterbung beseitigen kann. Zum anderen wird derjenige, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bei der Berechnung der Pflichtteile anderer Pflichtteilsberechtigter nicht mitgezählt. Dadurch erhöhen sich deren Pflichtteile, was bei einem Pflichtteilsverzicht hingegen nicht passiert. In der Regel wird es dem Erblasser darauf ankommen, die Pflichtteile anderer möglichst gering zu halten. Erbverzichtsverträge und Pflichtteilsverzichtsverträge sind daher ein Mittel zielgerichteter Nachfolgeplanung, denn sie ermöglichen die Konzentration des Nachlasses in der Hand eines Erben. Regelmäßig erhält der Verzichtende eine Abfindung.
4.2. Rechtsfolgen
Der wirksame Verzicht beseitigt das gesetzliche Erbrecht und/oder Pflichtteilsrecht, indem es den Verzichtenden als vorverstorben fingiert. Verzichtet ein Ehegatte, so werden auch die Unterhaltsansprüche nach §§ 1586b, 1933 Satz 3 BGB erfasst, weil diese Erbrechtssurrogate sind. Der Verzicht hindert den Erblasser aber nicht daran, den Verzichtenden trotzdem letztwillig zu bedenken, denn der Verzicht dient allein dazu, die Freiheiten des Erblassers zu erweitern.
4.3. Verzicht bei Erbvertrag und Testament
Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht ist kann ebenfalls durch Vertrag mit dem Erblasser auf diese Zuwendung verzichten. Weil jedoch testamentarische Verfügungen grundsätzlich frei widerruflich sind, hat diese Möglichkeit nur Bedeutung, wenn keine Widerrufsmöglichkeit besteht, also bei gemeinschaftlichen Testamenten nach dem Tod eines Ehegatten.
Demgegenüber kann auch bei einem Erbvertrag verzichtet werden. Daher kann auch ein an einem Erbvertrag nicht beteiligter Dritter, dem in einem Erbvertrag eine Zuwendung gemacht worden ist, auf diese Zuwendung durch Vertrag mit dem Erblasser verzichten. Demgegenüber muss der Erblasser mit dem Erbvertragspartner zur Beseitigung der Zuwendungen an den Vertragspartner selbst oder einen Dritten selbst einen Aufhebungsvertrag schließen.
Der Verzicht des gesetzlichen Erben erstreckt sich gemäß § 2349 BGB grundsätzlich auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden. Der Verzichtende erhält in der Regel eine Abfindung, sodass vermieden werden muss, dass sein Stamm doppelt begünstigt wird. Hingegen verweist der § 2352 BGB für den Verzicht des testamentarisch/erbvertraglich Bedachten nicht auf § 2349 BGB. Daher treten die Abkömmlinge an die Stelle des Verzichtenden. Allerdings wird der Erblasser bei Abfindung des Verzichtenden auch hier dessen gesamten Stamm ausschließen wollen. Daher muss dann angenommen werden muss, dass der Verzicht auch auf die Abkömmlinge bezogen gilt.
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5. Fazit: Erbschaft ausschlagen vs. Verzicht
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Verzicht vor dem Erbfall durch Vertrag mit dem Erblasser möglich ist. Demgegenüber lässt sich eine Erbschaft ausschlagen, indem nach Erbfall entsprechendes gegenüber dem Nachlassgericht anzeigt. Für Ehegatten kann es vorteilhaft sein, die Erbschaft auszuschlagen, wenn der verstobene Ehegatte im Falle des gesetzlichen Güterstand einen besonders hohen Zugewinn hatte. Demgegenüber ist als nachteilhaft zu berücksichtigen, dass der ausschlagende Ehegatte keinen Anspruch auf den Voraus hat und lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben besitzt.
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