Nießbrauch

Berechnung des Kapitalwerts

Nießbrauch: Berechnung des Kapitalwerts

Wie bewertet man den Kapitalwert eines Nießbrauchs? Dies ist wichtig, da der Nießbrauchskapitalwert als Nachlassverbindlichkeit bei der Schenkungsteuer bzw. Erbschaftsteuer abgezogen werden kann. Die Berechnung ergibt sich aus dem Bewertungsgesetz. Wir zeigen, wie zu rechnen ist:

Unser Video: Nießbrauch – Kapitalwert berechnen

Im Video zeigen wir einfach erklärt an einem Beispiel die Berechnung des Kapitalwerts beim Nießbrauch und den steuerlichen Vorteil hieraus.

1. Der Nießbrauch als Steuergestaltung

Vermögen zu übereignen ist in Deutschland steuerpflichtig. Wird Vermögen zum Beispiel einfach verschenkt, fällt in voller Höhe Schenkungsteuer an. Behält sich der Schenkende jedoch ein Recht vor, das ihm auch nach der Übertragung einen Vorteil aus dem Vermögensgegenstand verschafft, spricht man hierbei vom Vorbehalt eines Nießbrauchs (Vorbehaltsnießbrauch). Dabei reduziert der Wert, den dieses Nutzungsrecht für die schenkende Person bedeutet, den Wert des zu übertragenden Vermögens. Der Beschenkte muss dann entsprechend weniger Schenkungsteuer bezahlen. Denn schließlich kann durch den Vorbehaltsnießbrauch die Bemessungsgrundlage zur Schenkungsteuer sogar um mehr als 70 % sinken. Im Idealfall ist dann der steuerpflichtige Wert des Vermögensgegenstands geringer als der Freibetrag, der dem Erwerber bei der Schenkungsteuer zusteht, sodass die Schenkung steuerfrei erfolgen kann.

2. Kapitalwert: Zwei Faktoren sind maßgebend

Der Kapitalwert des Nießbrauchs ergibt sich aus zwei Faktoren:

2.1. Faktor 1: Jahreswert

Zunächst ist der Jahreswert zu bestimmen. Dieser entspricht im Grunde dem durchschnittlichen Jahresgewinn aus dem übertragenen Vermögen.
  • Bei Personen- und Kapitalgesellschaften ist es der (ausschüttbare) Jahresüberschuss.
  • Bei Mietobjekten ist es die jährliche Miete.
  • Und bei Geldvermögen (Bargeld, Festgeldkonten, Girokonten) ist nach § 15 Abs. 1 Bewertungsgesetz für den theoretischen Zinsertrag pro Jahr ein Durchschnittswert von fix 5,5 Prozent anzusetzen. Uns ist bekannt, dass dieser Wert in Zeiten des Niedrigzins utopisch hoch ist. Doch ist dies die gesetzliche Vorgabe von vor ca. 25 Jahren. Das Gesetz wurde seither nicht angepasst. Nutzen Sie daher diese Gesetzeslücke zu Ihrem Vorteil. 

2.2. Faktor 2: Multiplikator (Laufzeit = statistische Lebenserwartung des Schenkenden)

Zusätzlich muss die voraussichtliche Dauer des Vorbehaltsnießbrauchs bestimmt werden. Dies kann, unter anderem, von der statistischen Lebenserwartung des Schenkenden abhängen. Ist der Schenkende beispielsweise männlich und 60 Jahre alt, wird er statistisch gesehen noch 21,62 Jahre leben, womit sich ein Multiplikator von 12,810 ergibt. Eine detaillierte Auflistung der statistischen Lebenserwartung erhalten Sie hier:

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3. Drei Beispielsberechnung zum Kapitalwert

3.1. Beispiel 1: Kapitalwert des Nießbrauchs an Geldvermögen

Ein Mann im Alter von 60 Jahren überträgt sein Geldvermögen in Höhe von EUR 1.000.000 unter Vorbehalt des Nießbrauchs auf seinen Sohn. Der Multiplikator ist 12,810. Der Jahreswert bei Geld beträgt 5,5 Prozent des Vermögens und somit EUR 55.000. Hieraus folgt die Berechnung des Kapitalwerts des Nießbrauchs: EUR 1.000.000 x 5,5 % x 12,81 = EUR 704.550. Im Ergebnis wird die Schenkungsteuer also um mehr als 70 Prozent reduziert. Zusätzlich braucht der Sohn seinen Freibetrag bei der Schenkungsteuer in Höhe von EUR 400.000 nur teilweise zu nutzen.

3.2. Beispiel 2: Kapitalwert des Nießbrauchs am Gewinn einer GmbH

Eine Frau im Alter von 57 möchte ihrer Tochter alle Geschäftsanteile an ihrer GmbH übertragen, an der sie zu 100 Prozent beteiligt ist. Gleichzeitig beabsichtigt sie Nutzen aus dem Gewinn der GmbH zu ziehen. Die Höhe dieses Nießbrauchs soll 50 Prozent betragen. In den letzten drei Jahren bilanzierte die GmbH einen Jahresüberschuss von jeweils EUR -50.000, 100.000 und 100.000 aus. Im laufenden Geschäftsjahr, in dem die Schenkung vollzogen werden soll, wird jedoch mit einem Jahresüberschuss von EUR 250.000 gerechnet. Auch in den folgenden Jahren ist von einer Lage auszugehen, die einen Jahresüberschuss von mehr als EUR 200.000 erwarten lassen. Damit ist der Jahresüberschuss des laufenden Wirtschaftsjahres für die Berechnung des Kapitalwertes relevant. Der Jahresüberschuss von EUR -50.000 bleibt somit außer Acht. Zunächst erfolgt die Berechnung des Unternehmenswerts der GmbH. Hierbei gibt das Bewertungsgesetz vor, dass der durchschnittliche Jahresüberschuss der drei relevanten Jahre mal einem Faktor von 13,75 den Unternehmenswert darstellt. Also rechnen wir hierzu: 13,75 x (EUR 100.000 + 100.000 + 250.000) / 3 = EUR 2.062.500. Als nächstes können wir dann den Kapitalwert der GmbH berechnen. Hierzu entnehmen wir der Sterbetafel 2015/2017 des Statistischen Bundesamts für eine Frau von 57 Jahren einen Multiplikator von 14,496. Weiterhin schreibt § 16 BewG vor, dass der Jahreswert des Nießbrauchs mit einem Faktor von 1/18,6 zu ermitteln ist. Also beträgt der Kapitalwert des Nießbrauchs, den sich die schenkende Mutter vorbehält: EUR 2.062.500 x 14,496 / 18,6 x 50 % = EUR 803.709,68. Hätte sie stattdessen den gesamten Gewinn für sich beansprucht, würde sich dieser Kapitalwert des Nießbrauchs auf EUR 1.608.419,35 verdoppeln und damit rd. 78 % des Unternehmenswerts betragen.

3.3. Beispiel 3: Kapitalwert des Nießbrauchs an einem Haus

Ein Mann im Alter von 62 Jahren möchte seiner Frau ein zu Wohnzwecken vermietetes Haus schenken. Er entscheidet sich weiterhin für ein lebenslanges Recht die Mieteinnahmen zu beanspruchen, nimmt also die Option des Nießbrauchs wahr. Das Haus hat, laut Information eines Verkehrswertgutachtens, einen Wert von EUR 1.000.000. Die jährlichen Mieteinnahmen belaufen sich auf EUR 48.000. Diesen stehen Bewirtschaftungskosten in Höhe von EUR 8.000 gegenüber, für die keine Umlage bei den Mietern anfiel. Also beträgt der sogenannte Reinertrag EUR 40.000. Den zur Berechnung des Kapitalwerts anzuwendenden Jahreswert ermittelt man nun unter Beachtung des § 16 BewG, da dieser den Höchstrahmen des Jahreswerts darstellt. Einerseits nimmt man den Grundbesitzwert von EUR 1.000.000 und teilt diesen durch den gesetzlich vorgeschriebenen Faktor von 18,6. In unserem Beispiel ergibt sich ein Wert von EUR 53.763,44. Diesen Wert vergleicht man sodann mit dem tatsächlichen Jahreswert von EUR 40.000. Da der tatsächliche Jahreswert unter dem gesetzlich ermittelten liegt, findet dieser bei der weiteren Berechnung des Kapitalwerts Anwendung. Nun werden sowohl Alter als auch Geschlecht der schenkenden Person berücksichtigt. Dazu blicken wir in die jährlich vom Bundesministerium der Finanzen neu ausgegebene Tabelle zur statistischen Lebenserwartung von Personen in Deutschland. Für einen 64 Jahre alten Mann beträgt sie 19,89 Jahre (Stand 2024). Ebenfalls in der Tabelle ist an dieser Stelle ein Vervielfältiger vermerkt, der nun bei der Berechnung anzusetzen ist und in unserem Fall 12,241 beträgt. Somit können wir folgende Berechnung zum Kapitalwert des Nießbrauchs aufstellen: EUR 40.000 x 12,241 = EUR 489.640. So führt der Nießbrauch auch in diesem Fall zu einer beträchtlichen Reduzierung der Bemessungsgrundlage zur Schenkungsteuer. Unter Nutzung ihres Freibetrags in Höhe von EUR 500.000 erhält die Frau das Haus beinahe schenkungsteuerfrei:
Wert der Immobilie 1.000.000
Wert des Nießbrauchs – 489.640
Schenkungsteuerfreibetrag der Ehefrau – 500.000
steuerpflichtiger Vermögensanfsall 10.360

Ebenfalls interessant: Nießbrauch steuerlich nutzbar machen

In diesem Video zeigen wir, wie man den Nießbrauch einsetzt, um bei der Vermögensnachfolge Steuern zu sparen.

4. Steuerersparnis durch Nießbrauch oft über 50 Prozent!

Aus den drei vorgenannten Beispielen wird deutlich, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer massiv reduzieren lässt. Die genaue Höhe hängt dabei im Wesentlichen von der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchsbegünstigten ab. Zusätzlich können von dem verbleibenden Vermögenswert noch die erbschaftsteuerlichen Freibeträge abgezogen werden. Nur der anschließend verbleibende Wert ist mit dem Erbschaftsteuersatz zu multiplizieren. Die Steuerersparnis durch einen Nießbrauch ist damit erheblich und liegt oft über 50 %.

Steuerberater für Vorbehaltsnießbrauch / Zuwendungsnießbrauch

Unsere Steuerberater sind dabei auf Erbfälle, Schenkungen und Nießbrauchssachverhalte spezialisiert. Hierzu verfügen unsere Steuerberater und Steueranwälte beispielsweise über besondere Expertisen zur Planung, Gestaltung und Optimieren der Vermögensnachfolge. Sprechen Sie uns hierzu gerne an. Hierfür stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln, Düsseldorf, Frankfurt und Bonn sowie in Dubai (VAE) gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:

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Fachreferent beim Steuerberaterverband zum Nießbrauch

Wir sind regelmäßige Referenten zum Erbrecht, zur Erbschaftsteuer sowie zur Schenkungsteuer für verschiedene Steuerberaterverbände. Einen Auszug aus unserer Präsentation zum Niebrauchsrecht steht Ihnen hier zum kostenlosen Download zur Verfügung:

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