Treuhandverträge großer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: Schenkungsteuerliche Relevanz
Große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltssozietäten sind in der Regel als GmbH strukturiert. Die Beteiligungen an diesen Gesellschaften werden dann oft durch einen Treuhänder verwaltet. Der Treuhandvertrag bestimmt, dass der Gesellschafter beim Ausscheiden nur seine zu Anfangs eingezahlten 50.000 € zurück erhält. Problematisch ist steuerlich gesehen, dass der Anteil eigentlich viel mehr wert ist als 50.000 Euro. Dadurch könnten die anderen Gesellschafter, der Treuhänder oder die Gesellschaft an sich objektiv bereichert sein, sodass möglicherweise ein schenkungsteuerlich relevanter Vorgang im Sinne des § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG vorliegt. Letztlich könnte das Ergebnis auch Auswirkungen für den Fall des Anwachsens einer Personengesellschaft im Sinne des § 738 Abs. 1 BGB haben. Diese werden ebenfalls dargestellt.
Datum |
Thema |
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1. Ausgestaltung des Treuhandvertrages
Große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltssozietäten sind in der Regel als GmbH strukturiert. Die Beteiligungen an diesen Gesellschaften werden dann oft durch einen Treuhänder verwaltet. Dieser Treuhänder ist ein Gesellschafter der GmbH und bildet zusammen mit den anderen Gesellschaftern einen Pool. Der Treuhänder hält für die Beteiligten die Anteile an der Gesellschaft. Der eintretende Gesellschafter zahlt zum Zeitpunkt des Eintritts für den Anteil in unserem Fall 50.000 €.
Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters muss der ausscheidende Gesellschafter den Anteil an den Treuhänder zurück übertragen. In dem Treuhandvertrag bestimmt regelmäßig, dass die Gesellschafter beim Erreichen eines gewissen Alters aus der Gesellschaft ausscheiden. Der Treuhänder soll in diesem Fall den Anteil nach außen hin im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber für die verbleibenden Gesellschafter erwerben. Aufgabe des Treuhänders ist es dann, die Gesellschaftsanteile für die anderen Gesellschafter zu halten. Der ausscheidende Gesellschafter erhält nur seine zu Anfangs eingezahlten 50.000 € zurück. Der neu Eintretende muss so vorgehen, wie der Ausgeschiedene. Problematisch ist steuerlich gesehen, dass der Anteil eigentlich vielmehr wert ist, als die 50.000 €. Dadurch könnten die anderen Gesellschafter, der Treuhänder oder die Gesellschaft an sich objektiv bereichert sein, sodass möglicherweise ein schenkungsteuerlich relevanter Vorgang vorliegt.
2. Probleme bei solchen Treuhandverträgen
Als Schenkung gilt gemäß § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft, soweit der Wert, der sich für den Anteil zur Zeit des Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt. Daher könnte durch das Ausscheiden des Gesellschafters ein nach § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG steuerpflichtiger Erwerb der Kapitalgesellschaft vorliegen. Dann müsste die Gesellschaft aber auch Erwerberin sein. Letztlich geht es auch um die Frage, ob eine rein reflexmäßige Erhöhung der Anteile der Gesellschafter schenkungsteuerbar ist. Es ist daher zu prüfen, ob die Übertragung des Geschäftsanteils des ausscheidenden Gesellschafters auf den Poolhändler gegen Zahlung eines Kaufpreises von 50.000€ nach § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG bei der Gesellschaft der Schenkungsteuer unterliegt.
2. Sinn dieses Gestaltungsmodelles
Durch ein solches Gestaltungsmodell ist es möglich, dass der ausscheidende Gesellschafter im Falle des Ausscheidens nur seine zuvor gezahlte Einlage zurückerhält. Seine Beteiligung kann natürlich im Laufe der Zeit noch viel mehr wert geworden sein. Dieses Modell führt aber dazu, dass dieser Wert beim Ausscheiden des Gesellschafters nicht berücksichtigt werden muss. Der Gesellschafter ist daher insbesondere nicht an den stillen Reserven und Firmenwerten der Gesellschaft beteiligt. Dadurch muss die GmbH dem Gesellschafter den eigentlichen Wert der Beteiligung nicht auszahlen und verhindert somit eventuelle Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft. Zudem muss so auch der Wert des Anteils nicht bestimmt werden. Die Wertbestimmung kann regelmäßig sehr aufwendig sein. Daher dient dieses Modell auch Vereinfachungszwecken. Weiterer Vorteil des Modells ist, dass die eintretende Person gesellschaftsrechtlich dennoch an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beteiligt ist.
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3. Erfüllung des § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG durch den Treuhandvertrag
Fraglich erscheint zunächst schon, ob § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG durch einen solchen Treuhandvertrag überhaupt erfüllt sein kann. Dazu ist erforderlich, dass die anderen Gesellschafter oder die Klägerin objektiv bereichert ist. Dafür ist eine Vermögensverschiebung erforderlich, die sich auf die Vermögenssubstanz beziehen muss. Der Bereicherte muss über den Gegenstand der Zuwendung tatsächlich und rechtlich frei verfügen können. Viele vertreten, dass diese Voraussetzung des § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG schon gar nicht vorliegt. Der Treuhänder hält den erworbenen Geschäftsanteil nur treuhänderisch auf Zeit bis zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters. Der Treuhänder kann aus diesem Grund weder für einen Gesellschafter noch für die Gesellschaft frei über den Geschäftsanteil verfügen.
Auch, wenn mit Blick auf dieses Argument das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 S. 1 BGB bei solchen Treuhandvertragen schon umstritten ist, ist trotzdem zu ermitteln, ob jemand als Erwerber einer Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 7 S. 1 BGB gelten kann.
3. Erwerb der Gesellschaft durch den Treuhandvertrag
Die GmbH könnte Erwerberin der zurück übertragenden Anteile und daher gemäß § 20 I S. 1 ErbStG Steuerschuldnerin sein. In diese Richtung kann man mit dem Hinweis argumentieren, dass die unmittelbare Übertragung des Anteils auf den Treuhänder nur zur Abkürzung des Leistungsweges erfolgt. In erster Linie soll es aber es um das Verhältnis des ausscheidenden Gesellschafters zur Gesellschaft gehen.
Die Erwerbereigenschaft bestimmt sich aber ausschließlich nach dem Zivilrecht. Irrelevant ist, wem unter wirtschaftlicher Betrachtung das Vermögen zuzurechnen ist. Gegen das Bestehen eines abgekürzten Leistungsweges spricht, dass es keine vertragliche Grundlage dafür gibt, dass die Übertragung des Anteils von dem Gesellschafter auf die Gesellschaft und von dieser auf den Treuhänder statt finden soll. Im Treuhandvertrag wurde aber vereinbart, dass der ausscheidende Gesellschafter die Anteile unmittelbar an den Treuhänder übertragen soll. Dieser hält die Anteile für die verbliebenden Gesellschafter. Im Außenverhältnis gilt der Treuhänder jedoch als Vollrechtsinhaber. Die Gesellschaft kann daher nicht Erwerberin sein, weil die Anteile gar nicht auf sie übertragen werden und sie nicht Vertragspartei wurde.
Letztlich bestimmt § 7 VII S. 2 ErbStG zudem, dass bei der Einziehung der Anteile zum Nennwert nicht die Gesellschaft, sondern die einzelnen verbleibenden Gesellschafter durch die bewirkte Werterhöhung dessen Anteile bereichert sein sollen. Fraglich erscheint wieso zwischen § 7 VII S. 2 und S. 1 ErbStG differenziert werden sollte.
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4. Erwerb der einzelnen Gesellschafter durch den Treuhandvertrag
Ausdrücklich von dem BFH offengelassen wurde, ob die einzelnen Gesellschafter objektiv bereichert sind und daher nach § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG eine Steuer schulden. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den Gesellschaftern um eine GbR handelt. Insoweit würde der Treuhänder dann die Anteile für die GbR halten. Legt man aber auch hier folgerichtig die konsequente zivilrechtliche Betrachtungsweise zu Grunde, so scheitert die Zurechnung der Anteile über § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG an der zivilrechtlichen Selbstständigkeit der GbR .
5. Ausscheiden aus Personengesellschaften
Unter folgerichtiger Anwendung der zivilrechtlichen Betrachtungsweise für die Beurteilung von § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG ist der Fall der Anwachsung bei Personengesellschaften zu beurteilen. § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG setzt einen Anteilsübergang voraus. Das Personengesellschaftsrechts kennt jedoch den Erwerb eigener Anteile nicht. Auch die verbleibenden Gesellschafter können keine selbstständigen weiteren Anteile derselben Personengesellschaft erwerben. Zivilrechtlich führen Anwachsungen nur zu Veränderungen der Verteilungsquote bei gleichzeitigem Untergehen des Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters. Die Vermögensverschiebung bei Anwachsen einer Personengesellschaft stellt aber keinen Anteilsübergang im Sinne des § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG dar.
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