Verbundvermögensaufstellung nach § 13b Abs. 9 ErbStG
Wer die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen nach den §§ 13a und 13b ErbStG in Anspruch nehmen möchte, erhält diese in der Regel nur für solche Wirtschaftsgüter, die kein sogenanntes Verwaltungsvermögen darstellen. Im Rahmen der Übertragung mehrerer Beteiligungen (etwa einer gesamten Holding-Struktur mit mehreren Tochtergesellschaften) kann dabei eine sogenannte Verbundvermögensaufstellung nach § 13b Absatz 9 ErbStG notwendig sein. Sie soll vermeiden, dass schädliches Verwaltungsvermögen im „Mantel“ einer Tochter- oder Schwestergesellschaft steuerfrei übergeht.

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Inhaltsverzeichnis
1 . Grundsatz: Verwaltungsvermögen unterliegt der Schenkungsteuer
Wechselt ein Betrieb (Einzelunternehmen, Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft) im Wege der Schenkung den Eigentümer, ist die Schenkung abweichend vom Grundsatz erbschaftsteuer- und schenkungsteuerfrei (§§ 13a und 13b ErbStG). Dies gilt allerdings nur für solche Wirtschaftsgüter, die kein Verwaltungsvermögen (schädliches Betriebsvermögen) darstellen. Zum Verwaltungsvermögen gehören dabei insbesondere:
- Immobilien im Betriebsvermögen, die an fremde Dritte vermietet sind
- Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Beteiligung 25 % oder weniger beträgt
- Kunstgegenstände, Oldtimer und vergleichbare Wirtschaftsgüter
- Wertpapiere
- Forderungen und Kontoguthaben, wenn sie bestimmte Schwellenwerte (in der Regel 15 % des gesamten Betriebsvermögens) übersteigen
Unternehmer könnten nun folgenderweise vorgehen:
- Alle Wirtschaftsgüter, die grundsätzlich Verwaltungsvermögen darstellen, werden auf eine neu gegründete Tochter-GmbH übertragen.
- Die Anteile an der Mutter-GmbH werden verschenkt. Im Betriebsvermögen der Mutter-GmbH befinden sich sämtliche Anteile (100 %) an der Tochtergesellschaft, die das Verwaltungsvermögen hält.
- Die Übertragung wäre steuerfrei, weil der Anteil an der Tochter-GmbH 25 % übersteigt und damit kein Verwaltungsvermögen darstellt (§ 13b Absatz 4 Nummer 2 ErbStG).
Um diese unerwünschte Gestaltung zu vermeiden, kennt das Gesetz die sogenannte Verbundvermögensaufstellung. Bei gleichzeitiger Übertragung mehrerer Unternehmen ist der „Verbund“ als Ganzes zu betrachten. In welcher Gesellschaft sich die einzelnen Wirtschaftsgüter befinden, spielt in der Folge keine Rolle mehr.
Geregelt ist die Verbundvermögensaufstellung in § 13b Absatz 9 ErbStG. Sie gilt für alle mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen an sämtlichen Betrieben (gewerbliche und freiberufliche Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften).

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2. Notwendigkeit einer Verbundvermögensaufstellung bei bestimmten Übertragungen
Die Erforderlichkeit einer Verbundvermögensaufstellung gilt für Erbschaften und Schenkungen gleichermaßen. Die Norm hat folgenden Wortlaut:
„Gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften (…) oder unmittelbar oder mittelbar Anteile an Kapitalgesellschaften (…), sind (…) die gemeinen Werte der diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel, die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens sowie die Schulden sind jeweils zusammenzufassen (Verbundvermögensaufstellung); junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen sind gesondert aufzuführen. Soweit sich in der Verbundvermögensaufstellung Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Gesellschaften untereinander oder im Verhältnis zu dem übertragenen Betrieb oder der übertragenen Gesellschaft gegenüberstehen, sind diese nicht anzusetzen.“
Schauen wir uns die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einmal im Detail an:
- Unmittelbare oder mittelbare Beteiligung: Der Erwerber (Erbe oder Beschenkter) muss gleichzeitig mehrere Betriebsvermögen oder Anteile daran erhalten. Ein solcher Erwerb besteht beispielsweise in einem Einzelunternehmen, in dessen Betriebsvermögen sich ein Anteil an einer GmbH oder Personengesellschaft befindet.
- Erwerb: Die Person muss die Anteile erwerben; soweit sie ihr bereits zuzurechnen sind, sind sie nicht in die Verbundvermögensaufstellung einzubeziehen.
- Quotale Betrachtung: Entscheidend ist die bruchteilsmäßige Beteiligung an der jeweiligen Gesellschaft. Hat eine GmbH etwa EUR 100.000 an Verwaltungsvermögen und erwirbt der Beschenkte 25 % an dieser GmbH, sind ihm für Zwecke der Verbundvermögensaufstellung EUR 25.000 an Verwaltungsvermögen zuzurechnen.
Unbeachtlich ist dabei, ob die Anteile gleichzeitig oder nacheinander übergehen. Entscheidend ist lediglich der Erwerb des Betriebsvermögens, der aber auch über mehrere Jahre gestreckt erfolgen kann.
3. Erstellung der Verbundvermögensaufstellung
Bei der Verbundvermögensaufstellung nach § 13b Abs. 9 ErbStG sind alle übertragenen Betriebsvermögen als Einheit (Verbund) zu betrachten. Sie gelten faktisch als „ein Unternehmen“, was zunächst zu einer Zusammenrechnung der jeweiligen Anteile an
- den Wirtschaftsgütern des Verwaltungsvermögens,
- dem jungen Verwaltungsvermögen,
- der Finanzmittel,
- der jungen Finanzmittel sowie
- der Schulden
führt. Anschließend erfolgen die in den §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehen Prüfungen der einzelnen Schwellen, insbesondere:
- Einhaltung der Lohnsummenregelungen
- Prüfung des Verschonungsabschlags in Höhe von 100 % nach § 13a Absatz 10 ErbStG, wenn das Betriebsvermögen in Summe zu maximal 20 % aus Verwaltungsvermögen besteht
- Betriebsvermögen darf zu maximal 90 % aus Verwaltungsvermögen bestehen
- Maximal 15 % des Betriebsvermögenswertes ist bei den Finanzmitteln begünstigt
- Junges Verwaltungsvermögen sowie junge Finanzmittel sind in keinem Fall begünstigt
Wichtig: Die Verbundvermögensaufstellung dient alleine der Prüfung der Begünstigungsvoraussetzungen einer Steuerbefreiung für Betriebsvermögen. Sie führt nicht zu einer Zusammenrechnung aller Anteile und einer Behandlung als „ein Erwerb“. Jeder Übertragungsvorgang ist weiterhin für sich zu beurteilen.
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