Forderungsgewinn bei Umwandlungen: Sperrfrist nach § 6 Abs. 3 UmwStG
Die Überführung von Vermögen einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Das Umwandlungssteuerrecht sieht u.a. den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft gem. § 9 UmwStG vor. Ferner besteht die Möglichkeit einer Auf- oder Abspaltung auf eine Personengesellschaft gem. § 16 UmwStG. Die Möglichkeit einer Verschmelzung der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft sieht § 3 UmwStG vor. Diese Vorgänge können alle steuerneutral durchgeführt werden. Zu beachten sind jedoch die unterschiedlichen Sperrfristen, um eine nachträgliche Besteuerung der stillen Reserven zu verhindern.
Wenn bei einer solchen Umwandlung die Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten zu einer Gewinnerhöhung führen, kann hierfür eine steuerfreie Rücklage gebildet werden. Dabei ist aber eine Sperrfrist von 5 Jahren zu beachten (§ 6 Abs. 3 UmwStG). Während dieser fünfjährigen Sperrfrist sollte der übergegangene Betrieb nicht in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, veräußert oder aufgegeben werde.
Aufgrund der Praxisrelevanz haben wir zusammen mit der FOM Hochschule nachfolgende Beiträge angefertigt. Die Ausarbeitung wurde von Josefine Both (Bachelor of Arts in Steuerrecht) nach wissenschaftlichen Kriterien und unter Betreuung von FOM-Dozent Christoph Juhn LL.M./StB erstellt.
Datum |
Thema |
06.07.2020 |
Sperrfristen im Umwandlungsteuerrecht – Sacheinlage und Anteilstausch |
08.07.2020 |
Sperrfristen bei Verschmelzung und Formwechsel in GmbH & Co. KG: § 6 UmwStG(dieser Beitrag) |
10.07.2020 |
Steuerneutrale Spaltung: Welche Sperrfrist gilt bei einer Aufspaltung oder Abspaltung? |
12.07.2020 |
Umwandlung der GmbH in eine GmbH & Co. KG: Sperrfrist 5 Jahre!Sperrfrist § 18 Abs. 3 UmwStG |
14.07.2020 |
Sperrfrist bei Einbringung von Sacheinlagen: § 22 Abs. 2 UmwStG |
16.07.2020 |
7 Jahre Sperrfrist bei Einbringung in GmbH: § 24 Abs. 5 UmwStG |
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Sperrfristen des § 6 Abs. 3 UmwStG
§ 6 UmwStG bezieht sich auf den Vermögensübergang bei Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person und auf den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft.[3] Dabei soll § 6 UmwStG steuerliche Nachteile, welche sich aus diesen Vorgängen ergeben, durch die Bildung von Rücklagen abmildern.[4]
Einordnung der Vorschrift
Durch bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem übertragenden und übernehmenden Rechtsträger oder der Auflösung von Rückstellungen können Übernahmefolgegewinne anfallen (§ 6 Abs. 1 UmwStG).[5] Im Fall der bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten ergibt sich der Gewinn dadurch, dass sie mit unterschiedlichen Werten, durch beispielsweise teilwertberechtigt werdende Forderungen, in der Steuerbilanz angesetzt wurden. Zivilrechtlich kommt es durch das Zusammenführen, und damit einhergehenden Löschung der gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten, zu einer Konklusion.[6] Sind in den Bilanzen jedoch ungleichen Werte angesetzt, führt das auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft dazu, dass Forderungen und Verbindlichkeiten nicht mehr zusammenfallen und erlöschen.[7]
Stattdessen entsteht ein Übernahmefolgegewinn (auch Übernahmegewinn zweiter Stufe oder Umwandlungsfolgegewinn), welcher nach § 18 Abs. 1 UmwStG sowie § 19 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 4 UmwStG als laufender Gewinn der Gewerbesteuer unterliegt.[8] Nach § 6 Abs. 1 S. 1 UmwStG ist dem übernehmenden Rechtsträger in diesem Fall erlaubt eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage zu bilden.[9] Diese ist in den nächsten drei Wirtschaftsjahren mit mindestens einem Drittel gewinnerhöhend aufzulösen (§ 6 Abs. 1 S. 2 UmwStG).[10]
Gemäß § 12 Abs. 4 UmwStG gilt § 6 UmwStG bei der Verschmelzung oder Vermögensübertragung auf eine andere Körperschaft sinngemäß ebenfalls für den Teil des Gewinns aus der Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten, der der Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft am Grund- oder Stammkapital der übertragenden Körperschaft entspricht.[11]
Das heißt § 12 Abs. 4 gilt nur im Falle einer Aufwärtsverschmelzung (Up-Stream-Merger) für entstehende Gewinne aus Forderungen und Verbindlichkeiten.[12] Durch den Verweis in § 15 Abs. 1 UmwStG wird § 12 Abs. 4 jedoch auch für Auf- und Abspaltungen sowie Vermögensübertragung auf andere Körperschaften angewendet.[13]
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Voraussetzungen und Rechtsfolgen
§ 6 Abs. 3 UmwStG versagt einem das Recht auf Rücklagenbildung rückwirkend wieder, sobald der übernehmende Rechtsträger den übergegangenen Betrieb innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft einbringt oder ohne triftigen Grund veräußert oder aufgibt.[14]
Wesentlich für den Betrieb i.S.d. § 6 Abs. 3 UmwStG sind die funktional und quantitativen Betriebsgrundlagen des übergegangenen Betriebs bzw. die Übertragung der gesamten Anteile des übernehmenden Rechtsträgers. Wird hingegen ein Teilbetrieb eingebracht, veräußert oder aufgegeben bleibt der Vorgang steuerunschädlich, solange noch weitere wesentliche Betriebsgrundlagen zum übergegangenen Betrieb gehören bzw. nur einzelne Anteile des übernehmenden Rechtsträgers veräußert werden.[15]
Die Frist beginnt zum Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtag i.S.d § 2 Abs. 1 UmwStG und endet nach 5 Kalenderjahren.[16]
Ein triftiger Grund besteht dann, wenn sich seit dem Zeitpunkt des Beschlusses zur Umwandlung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens so geändert haben, dass eine Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes als wirtschaftlich sinnvoll erachtet werden kann.[17] Der Steuerpflichtige muss folglich nachweisen können, dass die Aufgabe oder Veräußerung nicht zur Steuerumgehung dient, sondern beispielsweise zur Umstrukturierung oder Rationalisierung der beteiligten Gesellschaften erfolgt.[18] Außerdem als triftigen Grund infrage kommen Krankheit bei erforderlicher persönlicher Mitarbeit, Tod des Unternehmers, Liquiditätsprobleme oder die Veräußerung durch Erben.[19]
Konnte der Übernehmer zum Beschlusszeitpunkt jedoch vorhersehen, dass eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe bevorsteht, erfolgt diese ohne triftigen Grund und § 6 Abs. 3 UmwStG greift.[20]
Rechtsfolgen des § 6 Abs. 3 S. 1 UmwStG sind ein rückwirkender Wegfall der Absätze 1 und 2.[21] In § 6 Abs. 3 S. 2 UmwStG besteht eine eigenständige Korrekturnorm, nach welcher bereits erteilte Steuerbescheide, Steuermessbescheide, Freistellungs- oder Feststellungsbescheide zu ändern sind, soweit sie auf der Anwendung der Absätze eins und zwei beruhen.[22]
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[1] Vgl. Gehrmann, NWB 2019, 1, 1.
[2] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 1.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 39.
[3] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 5.; Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.
[4] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 1,13.; Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.
[5] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 5, 10.
[6] Vgl. Klingberg, UmwStG, § 6 Rn. 1.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 10.
[7] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 1, 11.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 1.
[8] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 1, 8.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 8, 28.
[9] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 13.; Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.
[10] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 14.
[11] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 7.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 8.
[12] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 7.; Duscha, NWB 2019, 10, 13.
[13] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 7.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 8.
[14] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 40.
[15] Vgl. BMF 11.11.2011-IV C 2- S 1978 b/08/10001 BStBl 2011 I Rn. 06.09.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 41.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 36, 37.
[16] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 42.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 39.; Klingberg, UmwStG, § 6 Rn. 38.
[17] Vgl. Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 45, 46.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 47.
[18] Vgl. Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 47.; BMF 11.11.2011-IV C 2- S 1978 b/08/10001 BStBl 2011 I Rn. 06.11.; Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.
[19] Vgl. Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 46.; Werneburg, UmwStG, § 6 Rn. 47.
[20] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Werneburg, UmwStG. § 6 Rn. 48.
[21] Vgl. Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 47.; Klingberg, UmwStG, § 6 Rn. 4.
[22] Vgl. Harle, NWB Arbeitshilfe 2019, 1, 18.; Schmitt, UmwStG, § 6 Rn. 47.; BMF 11.11.2011-IV C 2- S 1978 b/08/10001 BStBl 2011 I Rn. 06.12.