Die Besitzgesellschaft

Welche Risiken bestehen?

Besitzgesellschaft: Risiken der Betriebsaufspaltung

Eine Betriebsaufspaltung, die auf der einen Seite aus dem Betriebs- und auf der anderen Seite aus dem Besitzunternehmen besteht, führt regelmäßig zu steuerlichen Nachteilen und nur in Einzelfällen zu einem echten Vorteil. Neben dem „Klassiker“ des beteiligten Einzelunternehmens kann aber auch eine Personengesellschaft die wesentlichen Betriebsgrundlagen halten und überlassen. In diesen Fällen ist die Rede von der sogenannten Besitzgesellschaft. Denn ihr Zweck besteht einzig darin, Wirtschaftsgüter zu besitzen und an das Betriebsunternehmen zu überlassen.

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Unser Video: Überblick über die Betriebsaufspaltung

In diesem Video gibt Christoph Juhn einen Überblick über die Betriebsaufspaltung und ihre Rechtsfolgen.

Inhaltsverzeichnis


1. Grundsatz: Wann liegt eine Betriebsaufspaltung vor?

Eine Betriebsaufspaltung ist, wie ihr Name bereits andeutet, die „Aufsplittung“ eines aus Sicht des Gesetzgebers einheitlichen Unternehmens in mehrere Unternehmensteile. Sie hat zwei wesentliche Voraussetzungen:

  • Sachliche Verflechtung: Eine natürliche oder juristische Person, alternativ eine Besitzgesellschaft (Mitunternehmerschaft) überlässt Wirtschaftsgüter an das Betriebsunternehmen. Sie stellen aus dessen Sicht wesentliche Betriebsgrundlagen dar, sind für die unternehmerische Tätigkeit also unerlässlich
  • Personelle Verflechtung: Die die Wirtschaftsgüter überlassende Person oder Personengruppe beherrscht das Betriebsunternehmen und die Wirtschaftsgüter gleichzeitig, kann also im Wesentlichen frei über sie verfügen

Betriebsunternehmen oder Betriebsgesellschaft ist das Unternehmen, das das operative Geschäft (beispielsweise den Warenhandel) ausübt. Demgegenüber steht die Besitzgesellschaft bzw. das Besitzunternehmen, das die für diese unternehmerische Tätigkeit notwendigen Wirtschaftsgüter im eigenen Vermögen hält und gegen Entgelt oder unentgeltlich an das Betriebsunternehmen überlässt.

Beispiel: Die natürliche Person A hält in ihrem Privatvermögen eine Lagerhalle, die ihr zu 100 % gehört. Diese Halle wird nun an die A-GmbH, an der A ebenfalls 100 % der Anteile hält, überlassen. Aus dem „Privatvermögen Lagerhalle des A“ wird Betriebsvermögen des neu entstehenden Besitzunternehmens, hier in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.

Gehört die Lagerhalle nun mehreren Personen und sind diese auch an der GmbH mehrheitlich beteiligt, begründeten diese mit der gemeinsamen Vermietung an die A-GmbH eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). In diesen Fällen wäre von einer „Besitzgesellschaft“, nicht mehr von einem „Besitzunternehmen“ die Rede.

2. Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung für Betriebsunternehmen und Besitzgesellschaft

Wesentliche und für die beteiligten Unternehmen in der Regel gefährlichste Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung ist die sogenannte Steuerverstrickung von Wirtschaftsgütern. Denn dadurch, dass auf Ebene der Besitzer ein neues Unternehmen entsteht, werden die überlassenen Wirtschaftsgüter notwendiges Betriebsvermögen dieses Einzelunternehmens oder der Besitzgesellschaft. Eine steuerfreie Veräußerung, wie sie bei Immobilie etwa nach 10 Jahren möglich ist (§ 23 Absatz 1 Nummer 1 EStG) kommt dann nicht mehr in Frage.

Aber auch die Anteile an der Betriebsgesellschaft unterliegen der Steuerverstrickung. Denn sie werden ebenfalls notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens oder der Besitzgesellschaft, stellen also kein Privatvermögen mehr dar.

Kommt es nun zum Wegfall der personellen oder sachlichen Verflechtung, liegt auf Ebene des Besitzunternehmens eine Zwangs-Betriebsaufgabe vor. Alle Wirtschaftsgüter, die notwendiges Betriebsvermögen darstellen, sind nach § 16 Absatz 3 Satz 7 EStG zu ihrem Verkehrswert (gemeinen Wert) zu entnehmen. Der gemeine Wert abzüglich des Buchwertes ist dann mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45 % zu versteuern.

Anteile an der Betriebsgesellschaft bewertet das Finanzamt dabei regelmäßig nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 bis 203 BewG). So unterliegen schnell mehrere Millionen Euro der Besteuerung, obwohl es nie zu einem tatsächlichen Geldzufluss gekommen ist.

Entsprechendes gilt auch bei einer (Zwangs-) Aufgabe der Besitzgesellschaft. Hier unterliegen die einzelnen Mitunternehmeranteile der Besteuerung, sodass es auf Ebene der Privatpersonen ebenfalls zu einer Steuerbelastung von an die 50 % kommen kann.

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3. Betriebsaufspaltung vermeiden: Besitzgesellschaft geschickt einsetzen

Eine Betriebsaufspaltung setzt stets voraus, dass die die Kapitalgesellschaft beherrschende Person auch die vermieteten oder unentgeltlich überlassenen Wirtschaftsgüter „beherrscht“. Die Rede ist hier vom einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen. Dieser kommt beispielsweise dadurch zum Ausdruck, dass ein GmbH-Gesellschafter seine GmbH-Anteile sowie die Immobilie, die er im Privatvermögen hält, jederzeit und ohne die Zustimmung anderer Personen verkaufen kann.

Möchte ein GmbH-Gesellschafter also beispielsweise sein häusliches Arbeitszimmer an die GmbH überlassen, muss er sicherstellen, dass keine personelle Verflechtung gegeben ist. Dies kann durch die geschickte Gründung einer Besitzgesellschaft auf privater Ebene gelingen, wobei die GbR als Rechtsform in der Regel ausreicht.

Der Gesellschafter gründet, gemeinsam mit seiner – nicht an der GmbH beteiligten – Ehefrau eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dabei ist er zu 99 %, die Ehefrau zu 1 % oder sogar zu 0 % am Vermögen dieser GbR beteiligt. Nun wird das Arbeitszimmer überlassen, der Vorgang löst aber keine Betriebsaufspaltung aus.

Hintergrund ist folgender: In der GbR besteht, wenn keine anderslautenden Vereinbarungen vorliegen, ein sogenanntes Stimmrecht nach Köpfen. Unabhängig von ihrer tatsächlichen Beteiligungsquote haben alle Beteiligten identische Stimmrechte. In unserem Beispiel bedeutet dies, dass die Ehefrau einen Verkauf oder eine Übertragung der Immobilie verhindern kann, indem sie schlichtweg nicht zustimmt.

Damit fehlt es grundlegend an der personellen Verflechtung, da der Gesellschafter durch die Beteiligung seiner Ehegattin keine „alleinige Verfügungsgewalt“ über die Immobilie hat. Er kann sie ohne ihre Beteiligung weder veräußern noch unentgeltlich auf andere Personen übertragen. 

4. Personengruppentheorie bei Betriebsaufspaltungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bei der Betriebsaufspaltung die sogenannte „Personengruppentheorie“ entwickelt. Nach ihr steht eine Personengruppe einer Einzelperson gleich, wenn die Gruppe als solche gleichgerichtete wirtschaftliche oder sonstige Interessen verfolgt. Unser obiges Beispiel der Ehegatten-GbR funktioniert wegen dieser Theorie nur, wenn die Ehefrau nicht ebenfalls an der GmbH beteiligt ist.

Beispiel zur Personengruppentheorie: Eine GmbH hat drei Gesellschafter, A, B und C. Sie sind jeweils zu 33,3 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Gleichzeitig unterhalten A, B und C eine Vermietungs-GbR, an der sie ebenfalls zu jeweils einem Drittel beteiligt sind. Die Immobilie wurde von der Besitzgesellschaft bislang an fremde Dritte vermietet, zum 01.10.2023 erfolgt aber eine Vermietung an die GmbH. Es stellt sich die Frage, ob eine Betriebsaufspaltung vorliegt.

Grundsätzlich ist dies nicht der Fall, da keiner der Gesellschafter die GbR auf der einen Seite und die GmbH auf der anderen Seite alleine beherrschen kann. Alle sind zu jeweils einem Drittel beteiligt, können die anderen Gesellschafter also weder überstimmen noch alleine über Wirtschaftsgüter und Vermögenswerte verfügen.

Verfügt eine Personengruppe, etwa A und B zusammen, aber über gleichgerichtete Interessen, so werden die in der Gruppe enthaltenen Anteile zusammengerechnet. A und B halten dann zusammen 66,6 % der Anteile und stellen damit einen „beherrschenden Gesellschafter“ dar (ständige Rechtsprechung des BFH, unter anderem Urteil vom 20.5.2021, IV R 31/19).

Ausnahmen sind aber auch hier möglich, wenn die Personengruppe gegenüber dem Finanzamt nachweist, dass sie keine einheitlichen geschäftlichen oder wirtschaftlichen Interessen verfolgt.

5. Auflösung der Betriebsaufspaltung: So klappt sie trotz Besitzgesellschaft steuerneutral!

Ist die Betriebsaufspaltung erst einmal entstanden, das sprichwörtliche Kind also in den Brunnen gefallen, sind die Möglichkeiten einer Auflösung beschränkt. Im Wesentlichen gilt es dann, sachliche oder personelle Verflechtung so aufzulösen, dass die steuerlichen Folgen erst später oder gar nicht eintreten. Wir zeigen vier steuerliche Gestaltungen, mit denen genau das gelingen kann:

  • Steuerneutrale Einbringung des Besitzunternehmens oder der Besitzgesellschaft in die Betriebs-GmbH: Wird das Besitzunternehmen in die Betriebsgesellschaft eingebracht, „verschmelzen“ die Vermögenssphären gewissermaßen miteinander. Außerdem ist eine Sperrfrist von sieben Jahren (§ 22 Absatz 1 Satz 1 UmwStG) zu beachten. Die Gestaltung ist zulässig, auch wenn hier die GmbH-Anteile im Besitzunternehmen in die GmbH selbst eingebracht werden (Randziffer 01.44 UmwStE)
  • Umwandlung des Besitzunternehmens in eine Holding: Sie führt zur Vermeidung der bestehenden Nachteile einer Betriebsaufspaltung und „wandelt“ diese in die Vorteile einer Holding-Struktur um. Ausschüttungen der operativen an die Holding-GmbH werden mit lediglich 1,5 % besteuert, auch hier gelten allerdings Sperrfristen (§ 8b KStG, §§ 20 und 22 Abs. 1 UmwStG)
  • Auflösung der Betriebsaufspaltung durch Umwandlung in eine GmbH & Co. KG: Dieser Weg bietet eine „Absicherung“ der Betriebsaufspaltung, da eine versehentliche Auflösung – etwa durch Verkauf der Immobilie – nicht mehr möglich ist. Die GmbH & Co. KG ist nach der Umwandlung, die nach § 24 UmwStG steuerneutral möglich ist, in der Regel zu 100 % an der operativen Gesellschaft beteiligt
  • Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft: Hierbei beteiligt sich die natürliche Person (Besitzunternehmer) an der Betriebs-GmbH. Wesentliche Betriebsgrundlagen der Besitzgesellschaft können steuerneutral in das Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft übertragen werden (§ 6 Absatz 5 Satz 2 EStG). Die Aufdeckung von stillen Reserven lässt sich auf diese Weise vermeiden

Mehr zu den Möglichkeiten der steuerneutralen Auflösung einer Betriebsaufspaltung lesen Sie in unserem dazugehörigen Beitrag!


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