Die sachliche Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung
Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Dabei ist die Frage, ob es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt nur aus dem Blickwinkel der Betriebsgesellschaft zu betrachten. Voraussetzung einer sachlichen Verflechtung ist somit, dass es sich um ein Wirtschaftsgut handelt welches sich in der Besitzgesellschaft (meist Einzelunternehmen oder GbR) befindet und es sich bei der Vermietung an die Betriebsgesellschaft (meist GmbH) um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt.
Aufgrund dieser Praxisrelevanz haben wir zusammen mit der FOM Hochschule nachfolgende Beiträge angefertigt. Die Ausarbeitung wurde von Christian Kamphausen (Bachelor of Arts in Steuerrecht) nach wissenschaftlichen Kriterien und unter Betreuung von FOM-Dozent Christoph Juhn LL.M./StB erstellt.
Datum |
Thema |
15.06.2019 |
Betriebsaufspaltung: Voraussetzungen – Rechtsfolgen – Vermeidung |
17.06.2019 |
Rechtsfolgen bei der Betriebsaufspaltung |
19.06.2019 |
Personelle Verflechtung: Beherrschung – Personengruppen – Angehörige |
21.06.2019 |
Die sachliche Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung (dieser Beitrag) |
24.06.2019 |
Der Minderheitsgesellschafter bei der Besitz-GbR |
27.06.2019 |
Das Wiesbadener Modell: Vermeidung der Betriebsaufspaltung mit Ehegatten |
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Unser Video:
Betriebsaufspaltung
Im Video zeigen wir Ihnen verschiedene Strategien eine Betriebsaufspaltung im Vorhinein, sowie im Nachhinein zu vermeiden oder diese auch bewusst zu erhalten.
1. Wesentliche Betriebsgrundlage der sachlichen Verflechtung
Die wesentliche Betriebsgrundlage ist gesetzlich nicht definiert. Es mangelt an einer gesetzlichen Definition der wesentlichen Betriebsgrundlage, obwohl dieses Merkmal nicht nur für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung, sondern z. B. auch bei der Betriebsverpachtung, bei der Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben in Personen- oder Kapitalgesellschaften, bei der Veräußerung und der Aufgabe von Betrieben bedeutsam ist. Während die Rechtsprechung im Rahmen des § 16 EstG die Wesentlichkeit einer Betriebsgrundlage nicht nur funktionell, sondern auch quantitativ bestimmt, stellt sie bei der Betriebsaufspaltung alleine auf eine funktionelle Betrachtungsweise ab.[8] Es kommt also im Gegensatz zur Betriebsveräußerung oder -aufgabe nicht darauf an, ob das überlassene Wirtschaftsgut stille Reserven enthielt oder enthält.[9] Ferner kommt es nicht darauf an, ob das Wirtschaftsgut jederzeit am Markt ersetzbar wäre. Auch ungünstige oder heruntergekommene Wirtschaftsgüter können eine wesentliche Betriebsgrundlage sein.[10]
1.1 Definition Wesentliche Betriebsgrundlage
Wesentliche Betriebsgrundlagen im Rahmen der Betriebsaufspaltung sind nach der Rechtsprechung des BFH solche Wirtschaftsgüter, denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt und die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind.[11] Als eine wesentliche Betriebsgrundlage kommen materielle und immaterielle, sowie bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter in Betracht. Dabei ist es unerheblich um welche Art von wesentlicher Betriebsgrundlage es sich handelt. Der Grundsatz, dass die zur Nutzung überlassene wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse beim Betriebsunternehmen nicht von untergeordneter Bedeutung ist, begründet eine sachliche Verflechtung.
Ein Gebäude, welches an die Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassen wird, stellt nach aktueller Rechtsprechung des BFH grundsätzlich eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.[12] Gleiches gilt für Fabrik- und Werkstattgebäude, als auch für Geschäfts- oder Ladenlokale. Beweglichen Anlagegüter, wie z. B. Maschinen, gelten als wesentliche Betriebsgrundlage, wenn sie für den Betrieb notwendig und im Vergleich zum übrigen Anlagevermögen nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind.[13] Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Maschine um ein Serienprodukt oder um eine Sonderanfertigung handelt.[14]
1.2 Rechtsprechung zur wesentlichen Betriebsgrundlage
Bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem vom Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt, sind alle Gegebenheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen und nach dem Gesamtbild der tatsächlichen und beabsichtigen Nutzung zu beurteilen (sog. Gesamtbildbetrachtung).[15] Es handelt sich hierbei um eine tatrichterliche Aufgabenstellung, d. h. es ist Aufgabe des Finanzgerichts, die das Gesamtbild ergebenden Umstände festzustellen und zu würdigen.
Wann ein Wirtschaftsgut für das Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage ist, ist von der Rechtsprechung insbesondere für Sachverhalte entschieden worden, in denen das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen ein bebautes Grundstück oder einen Teil davon zur Nutzung überlassen hat. Die von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze haben sich dabei im Laufe der Zeit stets steuerverschärfend in dem Sinne verändert, dass die Annahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage und damit die sachliche Verflechtung und damit die Betriebsaufspaltung an nicht allzu engen Kriterien festgemacht wird.
2. Fazit
Es ist unerheblich in welcher Form die wesentliche Betriebsgrundlage dem Betriebsunternehmen überlassen wird. So kann nach ständiger Rechtsprechung die Betriebsgrundlage durch einen schuldrechtlichen Vertrag[16], wie z. B. Miet-, Pacht-, Leih-[17] oder einfachen Lizenzvertrag überlassen werden. Die Nutzungsüberlassung kann aber auch auf dinglicher Grundlage[18], wie einem Nießbrauch oder Erbbaurecht erfolgen. Desweiteren kommt es grundsätzlich auch nicht drauf an, ob die Überlassung entgeltlich erfolgt. Problematisch ist allerdings, dass die Absicht einer Gewinnerzielung zur Annahme von gewerblichen Einkünften bei der Verpachtungsgesellschaft vorliegen muss. Ist die Betriebsgesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft organisiert, wird die Gewinnerzielungsabsicht der Besitzgesellschaft trotz fehlender Einnahmen damit begründet, dass durch die Nutzungsüberlassung eine Wertsteigerung der Anteile sowie Ausschüttungen erwartet werden können.[19]
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[8] BFH-Urteile vom 15.01.1998, IV R 8/97, BStBl II 1998,478 und vom 26.05.1993, X R 78/81 BStBl II 1993, 718.
[9] BFH-Urteil vom 02.10.1997, IV R 84/96, BStBl II 1998, 104.
[10] BFH-Urteil vom 26.05.1993, X R 78/91, BStBl II 1993, 718.
[11] BFH-Urteile vom 12.11.1985, VIII R 36/91, BStBl II 1986, 299; vom 25.10.1988, VIII R 399/82, BFHE 154, 539 und vom 02.04.1997, X R 21/93, BStBl II 1997, 565.
[12] Carlè (2014), Tz. 321.
[13] BFH-Urteile vom 24.01.1968, I 76/64, BStBl II 1968,354 und vom 06.03.1997, XI R 2/96, BStBl II 1997, 460.
[14] BFH-Urteil vom 24.08.1989, IV R 135/86, BStBl II 1989, 1014.
[15] BFH-Urteile vom 23.09.1998, XI R 72/97, BStBl II 1999, 281 und vom 02.04.1997, X R 21/93, BStBl II 1997, 565.
[16] BFH-Urteil vom 26.08.1993, I R 86/92, BStBl II 1994, 168.
[17] BFH-Urteil vom 24.04.1991, X R 84/88, BStBl II 1991,713.
[18] BFH-Urteil vom 19.03.2002, VIII R 57/99 und BFH-Beschluss vom 22.01.1988, III B 9/87, BStBl II 1988, 537.
[19] BFH-Urteil vom 13.11.1997, IV R 67/96, BStBl II 1998, 254.