D&O-Versicherung

Bei Insolvenz noch sinnvoll?

D&O-Versicherung für GmbH-Geschäftsführer bei Insolvenz noch sinnvoll?

D&O-Versicherungen (Directors & Officers-Versicherungen) sind für GmbHs interessant, die einen Haftpflichtschutz für ihre Organe wie zum Beispiel Geschäftsführer wünschen. Insbesondere soll die D&O-Versicherung bei Fehlentscheidungen der Geschäftsführung zum Tragen kommen, wobei idealerweise sowohl die Gesellschaft selbst als auch etwaige Dritte in den Genuss des Schutzes kommen sollen. Doch die Realität sieht oft anders aus. In der Praxis erweisen sich viele Aspekte des Vertragswerks einer D&O-Versicherung als Ausschlusskriterium, mit dem die Versicherung die Leistung verweigern können. Gerade im Falle einer Insolvenz sind die Kriterien, die tatsächlich zu einer Leistung durch die Versicherung führen, sehr begrenzt. Hinzu kommt, dass allein die Gesellschaft beziehungsweise ihre Organe geschützt sind, nicht jedoch Dritte. Wie sinnvoll ist eine D&O-Versicherung also wirklich?


1. Allgemeines zur D&O-Versicherung

Im Rahmen von Unternehmensinsolvenzen steht die Geschäftsführerhaftung immer wieder im Fokus der Insolvenzverwalter. Die Haftungsrisiken für die Geschäftsführer sind mannigfaltig und insbesondere bei Antritt der Organstellung seitens der Geschäftsführung oftmals nicht im Ansatz bekannt und überschaubar.[1]

Um die Risiken für die Geschäftsführung auf privater Ebene abzudecken, werden teilweise sehr kostspielige sogenannte D&O-Versicherungen abgeschlossen. In der Praxis kristallisieren sich jedoch gerade bei Unternehmensinsolvenzen immer wieder Konstellationen heraus, bei denen ein zunächst seitens des Geschäftsführers angedachter Versicherungsschutz tatsächlich nicht gegeben ist.

Ohne in die Details der unterschiedlichen Versicherungspolicen gehen zu wollen, soll der Beitrag kritische Aspekte aufgreifen, welche in der Praxis regelmäßig zu konstatieren sind.

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2. Die Rechtslage der Versicherung der Geschäftsführung

2.1. Objektive Darstellung der Rechtslage

2.1.1. Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach dem Gesetz

Zentrale Norm für die Inanspruchnahme von Geschäftsführern aus insolvenzrechtlicher Sicht stellt der § 64 GmbHG dar, welcher eine persönliche Haftung des Geschäftsführers wegen nach Insolvenzreife getätigter Zahlungen statuiert. Die Vorschrift des § 64 GmbHG stellt eines der effektivsten und häufigsten Instrumente für Insolvenzverwalter dar, um die Geschäftsführung auf privater Ebene in Anspruch zu nehmen.

2.1.2. Die Rechtslage zu D&O-Versicherungen aus richterlicher Sicht

Nach einem jüngsten Urteil des 4. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20.07.2018[2] hat das Gericht in einem Grundsatzurteil zu Vermögensschadenshaftpflichtversicherungen entschieden, dass der Versicherungsschutz einer D&O-Versicherung nicht den Anspruch einer insolvent gewordenen Gesellschaft gegen ihren versicherten Geschäftsführer auf Ersatz insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft gemäß § 64 GmbHG abdecke.

Nach Auffassung des Senats sei der geltend gemachte Anspruch schon grundsätzlich kein vom Versicherungsvertrag erfasster Anspruch. Der Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbHG sei mit dem versicherten Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Vermögensschadens nicht vergleichbar. Es handele sich vielmehr um einen „Ersatzanspruch eigener Art“, der allein dem Interesse der Gläubigergesamtheit eines insolventen Unternehmens diene.

Die Gesellschaft erleide schließlich durch die insolvenzrechtswidrigen Zahlungen nach Insolvenzreife keinen Vermögensschaden, da eine bestehende Forderung beglichen werde. Nachteilig wirke sich die Zahlung an bevorzugte Gläubiger nur für die übrigen Gläubiger aus. Die Versicherung sei jedoch nicht auf den Schutz der Gläubigerinteressen ausgelegt.

Darüber hinaus sei der Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbHG auch deshalb nicht mit dem eines Schadensersatzanspruchs vergleichbar, da verschiedene Einwendungen, welche im Schadensersatzrecht erhoben werden könnten, bei § 64 GmbHG nicht vorgesehen seien. So könne eine Haftung gemäß § 64 GmbHG nicht entgegen gehalten werden, der notleidenden Gesellschaft sei kein oder nur ein geringer Schaden entstanden.

Auch sei es nicht möglich, sich auf ein Mitverschulden oder eine eventuelle Gesamtschuld mehrerer handelnder Personen zu berufen. Müsste eine D&O-Versicherung hier einstehen, wären ihre Verteidigungsmöglichkeiten im Vergleich zu einer Inanspruchnahme aus einem Schadensersatzanspruch sehr eingeschränkt.

2.1.3. Bedeutung des Urteils des OLG Düsseldorf zu D&O-Versicherungen

Ob diese Rechtsprechung des OLG Düsseldorf auch auf höchstrichterlicher Ebene Bestand haben wird, gilt abzuwarten. Gleichwohl hat das Urteil bereits jetzt große praktische Bedeutung für die Geschäftsführung von Unternehmen und Insolvenzverwaltern in Unternehmenskrisen.

2.2. Rechtliche Würdigung

Neben der im Rahmen der OLG-Entscheidung problematisierten Fragestellung ergeben sich darüber hinaus (versicherungsrechtliche) Besonderheiten, auf welche es ihm Rahmen der Beratung von GmbH-Geschäftsführern zu achten und den Mandanten hinzuweisen gilt:

2.2.1. Vertraglicher Ausschluss des Deckungsschutzes im Falle der Insolvenz

Die Anzahl der Versicherungspolicen, in denen der versicherungsrechtliche Deckungsschutz im Falle der Unternehmensinsolvenz ausgeschlossen wird, steigt aufgrund des auch den Versicherungen bekannten Risikos in letzter Zeit erheblich an.

Bspw. heißt es dort:

„Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf Versicherungsfälle, die Ansprüche auf Ersatz von nach der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung geleisteten Zahlungen zum Gegenstand haben, z.B. § 64 S. 1 GmbHG, und für Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung.“

 Damit werden die typischen Problemfelder der Geschäftsführung in der Insolvenz vertraglich ausgenommen.

2.2.2. Besonderheiten des „Claims-Made-Prinzips“ bei D&O-Versicherungen

Ferner gilt zu berücksichtigen, dass im Rahmen von D&O-Versicherungen, anders als bei anderen Versicherungsarten, das aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum stammende sog. „Claims-Made-Prinzip“ herrscht.

Dies führt zu der Besonderheit, dass im Hinblick auf den Versicherungsschutz zeitlich nicht der schadensverursachende Umstand von Relevanz ist, sondern vielmehr der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Geschäftsführers.

Im Ergebnis endet damit der Versicherungsschutz mit Vertragsbeendigung der D&O-Versicherung, auch wenn die Pflichtverletzung und der Schaden in die Vertragslaufzeit fallen.

In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass die D&O-Versicherung, welche seitens des Unternehmens getragen wird, in der Unternehmenskrise bzw. sich anschließender Insolvenz aus finanziellen Gründen oftmals seitens der betroffenen Gesellschaft nicht mehr weitergeführt werden kann, so dass zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter aufgrund des „Claims-Made-Prinzips“ kein Versicherungsschutz besteht.

Der Insolvenzverwalter hat nach der Rechtsprechung des BGH vom 14.04.2016[3] keine Pflicht zur Aufrechterhaltung einer D&O-Versicherung gegenüber dem versicherten Geschäftsführer.

2.2.3. Unterschiedliche Verjährungen insolvenzrechtlicher und versicherungsrechtlicher Natur

Schließlich kann in der Praxis die juristische Herausforderung bestehen, dass der versicherungsrechtliche Deckungsschutz grundsätzlich bereits nach drei Jahren verjährt. Demgegenüber verjährt bspw. der Anspruch gegen den Geschäftsführer aus § 64 GmbHG erst nach fünf Jahren ab Pflichtverletzung (§ 64 S. 4 i.V.m. § 43 Abs. 4 GmbHG).

Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass der Geschäftsführer, um seinen versicherungsrechtlichen Schutz zu wahren, vorab gegen die D&O-Versicherung klagen muss, ohne dass eine gerichtliche Inanspruchnahme, welche aus insolvenzrechtlicher Sicht noch nicht verjährt ist, seitens des Insolvenzverwalters ihm gegenüber erfolgt ist.


3. Auswirkung auf die Praxis

Die Geschäftsführer von Unternehmen sind erheblichen Risiken ausgesetzt. Gesteigert wird das Haftungsrisiko der privaten Inanspruchnahme darüber hinaus in solchen Fällen, in denen die Gesellschaft in die Insolvenz geht. Gerade hier gilt es den Haftungsschutz des Geschäftsführers zu optimieren, um eine private, schlimmstenfalls existenzgefährdende Haftung zu umgehen.

Wie die obigen Ausführungen jedoch zeigen, ist der Versicherungsschutz nach der jüngsten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorfs erheblich eingeschränkt. Darüber hinaus zeigen einige Problemfelder aus der Praxis, dass sich die Organe von GmbHs nicht immer auf den Versicherungsschutz von D&O-Versicherungen im Falle der Insolvenz verlassen können.


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[1] Vgl. hierzu Besau, Aktuelle Situation der Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer im Falle der Unternehmenskrise.

[2] OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.07.2018- 4 U 93/16.

[3] BGH, Beschluss v. 14.04.2016 – IX ZR 161/15.