Befreiung von der Sozialversicherungspflicht

GmbH-Geschäftsführer

GmbH-Geschäftsführer: Befreiung von der Sozialversicherungspflicht

Wenn es um den sozialversicherungsrechtlichen Status eines GmbH-Geschäftsführers geht, der gleichzeitig auch Gesellschafter ist, müssen Berater mehrere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Prinzipiell stehen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften in einem Arbeitnehmerverhältnis zur Gesellschaft. Somit besteht für sie eine grundsätzliche Sozialversicherungspflicht. Jedoch sind Gesellschafter-Geschäftsführer in bestimmten Fällen von der Sozialversicherungspflicht befreit. Dies zu unterscheiden bedarf der Bewertung verschiedener Kriterien. Unternehmensberater, die ihre Mandanten auch in dieser Hinsicht betreuen, sollten diese kennen und die Beratung ihrer Mandanten entsprechend auszurichten. Selbstverständlich ist es dabei auch wichtig, den Umfang der Beratung zu dokumentieren und, zur eigenen Absicherung, gegenzeichnen zu lassen.


1. Einleitung

Im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Beratung von GmbHs kommt es regelmäßig vor, dass bereits bestehende Geschäftsführerverträge geprüft oder neue/geänderte Anstellungsverträge für die Geschäftsführung durch den Berater entworfen werden sollen. Neben verschiedenen, eher offensichtlichen vertraglichen Regelungen, spielt sowohl für die GmbH als auch für den betroffenen Geschäftsführer selbst die Frage der Sozialversicherungspflicht oftmals eine entscheidende Rolle.

Insbesondere wenn man sich vergegenwärtigt, dass ein sozialversicherungspflichtiger Status gegebenenfalls erst nach mehreren Jahren festgestellt wird, kann man sich das Ausmaß der finanziellen (Nach-)Zahllast für die Gesellschaft, welche schlimmstenfalls existenzbedrohende Auswirkung haben kann, vorstellen. Sofern diesbezüglich keine umfassende Beratung beziehungsweise schriftliche Risikoaufklärung seitens des Beraters erfolgt ist, wird das Thema der Beraterhaftung nicht von der Hand zu weisen sein.

Nun soll dieser Beitrag die rechtlichen Grundlagen nebst Gestaltungsmöglichkeiten für den Berater aufzeigen, damit dieser einen Leitfaden im Hinblick auf den erfahrungsgemäß oftmals seitens des Mandanten zeitlich begrenzten Beratungsauftrags im Hinblick auf die Geschäftsführerverträge zur Hand hat.

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2. Die Rechtslage zur Sozialversicherung beim Geschäftsführer

2.1. Objektive Darstellung der Rechtslage

Die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des § 7 Absatz 1 SGB IV. Dort heißt es wie folgt:

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“

Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig wie „normale Arbeitnehmer“ behandelt werden können, mit der Konsequenz, dass sämtliche Leistungsansprüche des deutschen Sozialversicherungsrechts in Betracht kommen, wie beispielsweise Rentenansprüche, Krankengeld, Arbeitslosengeld I und II.

Auf der anderen Seite kann die Tätigkeit je nach Ausgestaltung auch selbständig ausgeübt werden ohne Leistungsansprüche im sozialversicherungspflichtigen Sinne.

Seitens des Beraters gilt es im Vorfeld ausführlich mit den Gesellschaftern, der Geschäftsführung und gegebenenfalls dem Aufsichtsrat abzustimmen, was tatsächlich gewollt ist.

2.2. Rechtliche Würdigung

Wie der obigen Vorschrift zu entnehmen ist, sind die wesentlichen Anhaltspunkte für die Qualifizierung als sozialversicherungspflichtige Tätigkeit die Weisungsgebundenheit sowie die Eingliederung in die Arbeitsorganisation.

Wichtig für den Berater ist, dass die Beurteilung nach der bisherigen Rechtsprechung einzelfallbezogen ist und sich nach dem Gesamtbild der Tätigkeit richtet. Mithin hat eine Gewichtung mehrerer Kriterien stattzufinden, welche im Rahmen der Gesamtbetrachtung abzuwägen sind.


3. Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern in der Praxis

Dieser Umstand führt dazu, dass der Berater je nach Einzelfall aufgrund unterschiedlicher Kriterien zwar eine gewichtende Abwägung vornehmen kann, diese jedoch gegebenenfalls von der zuständigen Behörde anders gewertet wird. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich in solchen Fällen gegenüber dem Mandanten entsprechende aufklärende Risikohinweise abzugeben und gegenzeichnen zu lassen.

Wie hoch das Beratungsrisiko im Einzelfall ist, hängt von folgenden Ausgangssituationen ab:

3.1. Gesellschafter-Geschäftsführer: Weisungsfreiheit bezüglich Entscheidungen der Gesellschafterversammlung

Nach den Vorgaben der Rechtsprechung ist grundsätzlich von entscheidender Bedeutung, inwiefern der GmbH-Geschäftsführer, aufgrund seiner Beteiligung beziehungsweise seiner (mit der Beteiligung verbundenen) Stimmrechte, weisungsunabhängig im Sinne von § 7 Absatz 1 SGB IV ist.[1]

3.1.1. Gesellschafter-Geschäftsführer mit mindestens paritätischer Beteiligung

Verfügt der GmbH-Geschäftsführer über eine Beteiligung von mindestens 50 % des Stammkapitals der GmbH mit entsprechenden Stimmrechten, so gehen die Deutsche Rentenversicherung Bund sowie die Rechtsprechung grundsätzlich von einer selbständigen Tätigkeit des Geschäftsführers und mithin von einer Sozialversicherungsfreiheit aus, da der Geschäftsführer keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt und damit in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer frei ist.[2]

In diesen Fällen hat der Berater lediglich zu prüfen, ob hier aufgrund etwaiger vertraglicher Regelungen, insbesondere im Gesellschaftsvertrag, unübliche Ausnahmen statuiert sind, welche eine Weisungsfreiheit einschränken.

3.1.2. Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sperrminorität

Darüber hinaus wird eine Weisungsfreiheit seitens der Rechtsprechung grundsätzlich bejaht, sofern der Gesellschafter-Geschäftsführer zwar aufgrund seiner Stimmrechte nicht weisungsfrei bezüglich Entscheidungen der Gesellschafterversammlung ist, jedoch (gesellschaftsvertraglich) über eine Sperrminorität im Sinne eines Vetorechts verfügt.[3]

Voraussetzung ist, dass sich die Sperrminorität beziehungsweise das Vetorecht auf sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft bezieht und der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage ist, ihm nicht genehme Weisungen im Rahmen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. In der Rechtsprechung wird insbesondere darauf abgestellt, ob eine Abberufung oder Kündigung des Gesellschafter-Geschäftsführers gegen dessen Willen möglich ist.[4]

Auch hier, im Falle der umfassenden Sperrminorität, hat der Berater lediglich zu prüfen, ob aufgrund sonstiger vertraglicher Regelungen, insbesondere im Gesellschaftsvertrag, unübliche Ausnahmen statuiert sind, welche eine Weisungsfreiheit einschränken.

3.2. Gesellschafter-Geschäftsführer: Sonstige Kriterien im Sinne von § 7 SGB IV

Schwieriger wird es für den Berater, wenn eine Weisungsfreiheit des Gesellschafter-Geschäftsführers weder aufgrund der Stimmrechte noch aufgrund einer Sperrminorität zu konstatieren ist.

In diesen Fällen hat eine Abwägung maßgeblich nach den folgenden, nicht abschließenden Kriterien zu erfolgen:

Für eine selbständige und damit sozialversicherungsfreie Tätigkeit spricht beispielsweise, dass

  • der Auftragnehmer seine Arbeit hinsichtlich Inhalt, Zeit und Ort frei gestalten kann und
  • ein unternehmerisches Risiko trägt.[5]

Indizien für ein unternehmerisches Risiko können erfolgsabhängige Vergütungen sowie selbstschuldnerische Bürgschaften oder Darlehen des Geschäftsführers sein. Demgegenüber spricht eine feste Vergütung für eine nichtselbständige Tätigkeit.

Darüber hinaus werden regelmäßig die Merkmale der Alleinvertretungsbefugnis sowie der Befreiung von dem Selbstkontrahierungverbot nach § 181 BGB für eine Selbständigkeit ins Feld geführt.[6]

Typische Regelungen des Dienstvertrages, wie beispielsweise Vergütungsfortzahlungen im Krankheitsfall, Urlaubsansprüche legen hingegen wiederum ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, welches sozialversicherungspflichtig ist, nahe.

Angesichts des hohen Haftungsrisikos und Haftungspotentials empfiehlt es sich als Berater, den Mandanten sowie die involvierten Organe umfassend über die rechtliche Situation aufzuklären und entsprechende Risikohinweise abzeichnen zu lassen.


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[1] BSG, Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R – DStR 2016, 1275.

[2] Bereits BFH, Urt. v. 02.12.2005 – VI R 16/03 – DStR 2006, 365.

[3] BSG, Urt. v. 07.09.1988 – 10 RAr 10/87 – NZA 1989, 288.

[4] BSG, Urt. v. 24.06.1982 – 12 RK 45/80.

[5] BSG, Urt. v. 24.09.1996 – 12 BK 21/96.

[6] BSG, Urt. v. 17.05.2001 – Az.: B 12 KR 34/00, und Urt. v. 06.03.2003 – B 11 AL 25/02.