Intellectual Property (IP): Betriebsaufspaltung vermeiden
Intellectual Property, zu Deutsch geistiges Eigentum, spielt in allen Branchen und Wirtschaftsbereichen eine immer größere Rolle. Einerseits sind rein digital agierende Unternehmen bereits dem Grunde nach auf Domains, Software und Patente angewiesen, andererseits gilt dies aber auch mehr und mehr für einst rein „analoge“ Branchen. Befindet sich das immaterielle Wirtschaftsgut dabei im Privatvermögen und wird an den Betrieb vermietet oder verpachtet, besteht das Risiko einer sogenannten Betriebsaufspaltung. Eine spätere steuerfreie Verwertung von Intellectual Property ist dann nicht mehr möglich!
Unser Video: Wertsteigerung immaterieller Wirtschaftsgüter
In diesem Video erklären wir, wie sich Wertsteigerungen von Intellectual Property steueroptimiert realisieren lassen.
Inhaltsverzeichnis
1. Was versteht man unter Intellectual Property?
„Intellectual Property“ ist die englische Bezeichnung für geistiges Eigentum. Im Steuerrecht ist hier auch von immateriellen („nicht greifbaren“) Wirtschaftsgütern die Rede. Derartige Anlagegüter sind zum Beispiel Software, Patente, aber auch Domains und Markennamen. Auch ein Kunden- oder Mandantenstamm stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar, diesen fasst man mangels einer bestimmten Schöpfungshöhe aber nicht unter Intellectual Property.
Da es sich bei Intellectual Property dem Grunde nach um ein Wirtschaftsgut und damit um ein steuerlich zu würdigendes Wirtschaftsgut handelt, gelten die allgemeinen Zuordnungsgrundsätze für Betriebs- und Privatvermögen. Sie sind in erster Linie durch die R 4.2 Absatz 1 EStR geregelt, wobei gilt:
- Wird ein Gegenstand zu weniger als 10 % betrieblich genutzt, ist er zwingend dem Privatvermögen zuzuordnen (notwendiges Privatvermögen)
- Wird ein Wirtschaftsgut zu mehr als 10 %, aber zu weniger als 50 % betrieblich genutzt, besteht ein Zuordnungswahlrecht (gewillkürtes Betriebs- oder Privatvermögen)
- Beträgt die betriebliche Nutzung eines Wirtschaftsgutes mindestens 50 %, ist die Zuordnung zum Betriebsvermögen zwingend (notwendiges Betriebsvermögen)
Außerdem entscheidet die Eigentümerin oder der Eigentümer auch bei geistigem Eigentum selbst über die Nutzung. In der Praxis kommt es meist
- zu einer Eigennutzung, das heißt, das immaterielle Wirtschaftsgut ist Teil des eigenen Unternehmens und wird dort verwendet.
- zu einer Überlassung an Dritte. Die Software oder Domain befindet sich im Privatvermögen und wird gegen Entgelt für eine begrenzte Zeit überlassen, beispielsweise an ein Unternehmen.
- zu einer Überlassung an den eigenen Betrieb, insbesondere die eigene GmbH. Intellectual Property befindet sich im Privatvermögen und wird gegen Entgelt an die eigene Kapitalgesellschaft vermietet.
Befindet sich der Vermögenswert im Privatvermögen, erzielt die natürliche Person mit der Überlassung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 EStG). Zu versteuern ist der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.
2. Überlassung von Intellectual Property: Achtung, Betriebsaufspaltung!
Grundsätzlich steckt hinter der Überlassung geistigen Eigentums an die eigene GmbH ein nachvollziehbarer Gedanke. Denn während das immaterielle Wirtschaftsgut im Privatvermögen verbleibt und dadurch später steuerfrei veräußert werden kann, kann die Gesellschaft alle Mietzahlungen als Betriebsausgaben abziehen. Würde der Unternehmer das Intellectual Property ins Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft einlegen, wäre eine steuerfreie Veräußerung oder Verwertung später ausgeschlossen. In der Regel würden dann rund 30 % Steuern anfallen, wobei bei Ausschüttung der Gewinne eine zusätzliche Belastung mit Kapitalertragsteuer (rund 27 %) eintritt.
Einer entsprechenden steuerlichen Gestaltung hat der Bundesfinanzhof (BFH) allerdings bereits im Jahr 1971 den sprichwörtlichen Riegel vorgeschoben (Beschluss vom 08.11.2917, GrS 2/71). Durch das damals entwickelte und bis heute bestehende Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung entsteht auf Ebene der Privatperson ein weiterer Gewerbebetrieb, das sogenannte Besitzunternehmen. Die eigentlich privaten Wirtschaftsgüter werden dann Betriebsvermögen dieses Einzelunternehmens, was eine steuerfreie Verwertung ausschließt. Außerdem entsteht gegebenenfalls eine Gewerbesteuerpflicht.
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2.1. Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung
Damit bei der Überlassung von Intellectual Property eine Betriebsaufspaltung entstehen kann, muss einerseits eine personelle, andererseits eine sachliche Verflechtung bestehen:
- Personelle Verflechtung: Die Person, die über das Wirtschaftsgut verfügt, kann auch in der mietenden Kapitalgesellschaft ihren Willen durchsetzen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Eigentümer beispielsweise einer Domain auch zu mehr als 50 % an der GmbH, die die Domain gegen Entgelt nutzt, beteiligt ist. Auch eine Beteiligung von weniger als 50 % kann beherrschend sein, wenn weitere Umstände (Person mit gleichgerichteten Interessen beteiligt, Tätigkeit als Geschäftsführer) hinzutreten
- Sachliche Verflechtung: Das überlassene Wirtschaftsgut stellt aus Sicht der GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Dies ist der Fall, wenn es für den Geschäftsbetrieb funktional wesentlich, das heißt weitgehend unverzichtbar, ist. Eine Domain wird beispielsweise bei einem Online-Shop stets eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Die Eigenschaft eines Wirtschaftsgutes ist hier allerdings immer im Einzelfall zu beurteilen
Sind beide Voraussetzungen erfüllt, entsteht bei der Privatperson ein Besitzunternehmen. In dessen Betriebsvermögen befindet sich einerseits das überlassene Wirtschaftsgut (hier Intellectual Property, es könnte sich aber auch um eine Immobilie handeln), andererseits die Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft.
Einnahmen aus der Vermietung sind nun Betriebseinnahmen des gewerblichen Besitzunternehmens. Entsprechendes gilt auch für (verdeckte) Gewinnausschüttungen aus der Betriebs-GmbH, da die Zahlungen der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen wirtschaftlich folgen. Sie sind allerdings zu 40 % steuerfrei (§ 3 Nummer 40 EStG).
Während die Betriebsaufspaltung besteht, ändert sich rein im Hinblick auf die Steuerbelastung erst einmal wenig. Auch das Finanzamt stellt personelle und sachliche Verflechtung mitunter erst später fest. Denn die in der Regel gravierenden finanziellen Folgen der Betriebsaufspaltung werden erst deutlich, wenn die sachliche oder personelle Verflechtung wegfällt.
2.2. Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung bei Intellectual Property
Die offensichtlichste Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung ist die Zuordnung aller Einnahmen und Ausgaben zum neu entstandenen Besitzunternehmen. Da Kapitalgesellschaften stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen (§ 8 Absatz 2 KStG), gilt dies auch für das Einzelunternehmen. Dieses unterliegt daher gegebenenfalls auch der Gewerbesteuer, soweit der Freibetrag von EUR 24.500 überschritten wird (§ 2 Absatz 1 GewStG).
Gravierender sind die Rechtsfolgen hingegen bei Auflösung der Betriebsaufspaltung. Dies gilt einmal mehr bei Intellectual Property, da in diesen Wirtschaftsgütern in der Regel ganze Firmenwerte „schlummern“. Das immaterielle Wirtschaftsgut ist, gemeinsam mit den Anteilen an der mietenden Kapitalgesellschaft, Teil des Betriebsvermögens des Besitzunternehmens. Kommt es nun
- zum Wegfall der personellen oder
- zur Auflösung der sachlichen Verflechtung,
fallen die Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung weg. Dies führt zu einer Zwangs-Betriebsaufgabe des Besitzunternehmens im Sinne des § 16 Absatz 3 EStG. Dabei reicht für den Wegfall der personellen Verflechtung oft bereits eine geringfügige Änderung der Eigentumsverhältnisse oder Vertragsgestaltung. Entsprechendes gilt für die sachliche Verflechtung, wenn die bislang wesentliche Betriebsgrundlage beispielsweise keine solche mehr darstellt, weil sie durch ein anderes Wirtschaftsgut ersetzt wurde.
Die Zwangs-Betriebsaufgabe des Besitzunternehmens führt zur Entnahme der Anteile an der GmbH zu gemeinen Werten ins Privatvermögen. Diesen ermittelt das Finanzamt in der Regel nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren, was zu einer Besteuerung ungefähr des zehnfachen Jahresgewinnes führt. Auch das Intellectual Property wird bewertet und ins Privatvermögen überführt.
So kommt es infolge der (unbemerkten) Betriebsaufgabe schnell zu einer Steuerbelastung im sechs- bis siebenstelligen Bereich, ohne dass tatsächlich ein finanzieller Zufluss stattgefunden hat.
3. Vermeidungsstrategien bei der Vermietung von geistigem Eigentum
In diesem Beitrag stellen wir insgesamt vier Strategien zur steuerneutralen Auflösung einer bereits entstandenen und damit bestehenden Betriebsaufspaltung vor. Noch besser ist es allerdings in der Regel, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Im Fall von Intellectual Property, das von der Kapitalgesellschaft für das operative Geschäft benötigt wird, gelingt dies durch Vermeidung der personellen oder sachlichen Verflechtung:
- Die natürliche Person beherrscht entweder nur das Wirtschaftsgut oder nur die Kapitalgesellschaft, kann aber keinesfalls in beiden Sphären gleichzeitig ihren Willen durchsetzen. Dies gelingt beispielsweise durch die Gründung einer GbR, an der eine weitere Person beteiligt ist und die das immaterielle Wirtschaftsgut dann an die GmbH vermietet
- Das Wirtschaftsgut stellt auf Ebene der GmbH keine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wobei es hier einer guten Argumentationsstrategie bedarf
- Das immaterielle Wirtschaftsgut wird nicht durch eine natürliche Person, sondern durch eine eigens hierfür gegründete Kapitalgesellschaft überlassen. Sie profitieret von günstigeren Besteuerungsmerkmalen
In bestimmten Fällen kann eine Betriebsaufspaltung auch gewollt sein und daher bewusst entstehen, etwa in Verbindung mit einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Auch in diesen Fällen bedarf es aber einer sorgfältigen Planung, um ungewollte steuerliche Folgen von vornherein zu vermeiden.
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- Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
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