Lemonaid

Spenden vs. Steuern

Lemonaid – was passiert, wenn Unternehmen zu viel spenden?

Das Hamburger Startup Lemonaid hat in den vergangenen Jahren etwa EUR 7.000.000 für soziale Projekte aufgewendet. Grundlage hierfür ist eine Zusage an die Käufer der von ihnen hergestellten Getränke, dass sie pro verkaufter Flasche EUR 0,05 für die Förderung gemeinnütziger Zwecke verwenden. Dem Finanzamt ist jedoch aufgefallen, dass Lemonaid dadurch mehr Ausgaben steuerlich ansetzt, als vom Gesetz vorgesehen ist. Das hat zur Folge, dass der Fiskus die Spendenabzüge korrigieren möchte. Darüber hinaus plädiert die Steuerbehörde aber auch dafür, dass man die übersteigenden Beträge den Gesellschaftern als verdeckte Gewinnausschüttungen anrechnen sollte. Dadurch würden Steuernachzahlungen in Millionenhöhe auf sie zukommen. Lemonaid spricht hingegen von Sponsoring, das ebenfalls steuerlich abzugsfähig ist, und versucht so die steuerlichen Restriktionen, die mit Spenden einhergehen, zu vermeiden. Kann dies gelingen?

Unser Video:
Lemonaids soziales Engagement

In diesem Video erklären wir, wie der Getränkehersteller Lemonaid wegen zu hoher Spenden mit dem Fiskus kollidiert.

Inhaltsverzeichnis


1. Lemonaid spendet an soziale Projekte – Einführung

Der Getränkehersteller Lemonaid aus Hamburg ist ein Startup, dass sich nach eigenem Bekunden verstärkt sozial engagieren möchte. Also hat man dort beschlossen, einen Teil des Umsatzes für gemeinnützige Projekte einzusetzen. Selbstverständlich ist man sich dabei bewusst, dass Unternehmen, die Gelder gemeinnützigen Zwecken zuweisen, diese Zuwendungen steuerlich ansetzen können. Allerdings kann dies nur im Rahmen der Steuergesetze erfolgen. Und diese geben bestimmte Grenzen vor, die die Höhe der steuerlich wirksamen Spenden beschränken.

Dennoch versuchte Lemonaid genau dies: mehr Geld für soziale Projekte zur Verfügung zu stellen, als vom Gesetz vorgesehen, gleichzeitig aber auch den vollen Betrag steuerlich anzusetzen. Deshalb hat man sich entschlossen, statt von gemeinnützigen Spenden von einem Sponsoring zu sprechen. Denn auch bei einem Sponsoring können Unternehmen diese Ausgaben steuerlich absetzen.

Wenig überraschend ist das zuständige Finanzamt zu einer anderen Einschätzung gekommen. Welche dies ist und welche Konsequenzen dieser Fall nach sich ziehen könnte, besprechen wir in diesem Beitrag.

2. Lemonaid – wie alles begann

Um die ganze Geschichte zu verstehen, ist es angebracht, auf die Ursprünge von Lemonaid zu blicken. Dazu ein kurzer Exkurs.

Paul Bethke und Jakob Berndt gründeten Lemonaid 2009 in Hamburg unter der Firma LemonAid Beverages GmbH. Sie beabsichtigten das Unternehmen als Social Business zu führen, das von Beginn an die Förderung der sozialen, finanziellen und ökologischen Situation insbesondere in den Ländern fördern sollte, aus denen sie die Rohstoffe zur Herstellung ihrer Getränke beziehen.

Um diesen Zweck zu erfüllen, hat man schon am Anfang beschlossen, dass man pro verkaufter Flasche einen festen Anteil am Umsatz für gemeinnützige Zwecke einsetzt. Der Betrag liegt seit 2010 bei EUR 0,05 pro verkaufter Flasche (und EUR 0,10 pro Packung Tee, im Folgenden gehen wir der Einfachheit halber aber nur von den Getränken aus). Dies hat Lemonaid auch genau so auf ihren Flaschen angegeben. Auf diese Weise hat Lemonaid bereits mehr als EUR 7.000.000 ihres bisherigen Umsatzes für soziale Zwecke ausgegeben.

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3. Lemonaid: Sponsoring statt Spenden?

3.1. Warum Lemonaid keine Spenden entrichtet

Lemonaid muss wohl von Anfang an klar gewesen sein, dass man einen solchen Betrag keinesfalls als Spenden steuerlich in Gänze nutzen kann. Denn dazu gibt § 9 Absatz 1 Nummer 2 KStG vor, dass der Spendenabzug, den eine Kapitalgesellschaft jährlich steuerlich ansetzen darf, entweder höchstens 2 % des Gewinns oder 4 ‰ des Umsatzes betragen darf. Alles, was man darüber hinaus spendet, bleibt also steuerlich unberücksichtigt und muss versteuert werden, ganz gleich wie gemeinnützig der Zweck der Zahlung auch sein mag.

Nun müsste man eigentlich für jeden Veranlagungszeitraum einzeln bestimmen, ob diese Grenzen überschritten wurden. Doch weil die Finanzverwaltung die Einhaltung dieser Grenzen bereits angezweifelt hat, können wir davon ausgehen, dass dies zutrifft. Daher ist es für unsere Zwecke ausreichend, wenn wir uns mit der Gesamtsumme der von Lemonaid geleisteten sozialen Zahlungen auseinandersetzen.

Da Lemonaid für 12 Flaschen ihres Getränks einen Bruttopreis von EUR 20,00 aufruft, folgt daraus, dass eine Flasche etwa EUR 1,66 inklusive Umsatzsteuer kostet. Netto kommen wir somit auf einen Umsatz von EUR 1,40 pro Flasche Lemonaid. Hiervon gehen also EUR 0,05 für soziale Zwecke ab. Nun müssen wir folglich prüfen, ob dieser Anteil am Umsatz mit den gesetzlichen Vorgaben harmoniert. Dabei stellen wir jedoch fest, dass 4 ‰ des Umsatzes lediglich EUR 0,0056 pro verkaufter Flasche Lemonaid beträgt. Das ist deutlich weniger, als das, was Lemonaid für soziale Projekte ausgibt. Mit anderen Worten: Lemonaid gibt etwa zehn mal mehr für Soziales aus, und macht dies auch steuerlich geltend, als das Gesetz für Spenden erlaubt.

Darum spricht Lemonaid statt von Spenden auch viel lieber von Sponsoring. Denn beim Sponsoring gelten, anders als beim Spenden, keine gesetzlichen Restriktionen in Bezug auf die Höhe des steuerlich ansetzbaren Abzugs.

3.2. Warum der Fiskus Lemonaid dennoch Spenden statt Sponsoring unterstellt

Aber auch auf diesen Aspekt ist das Finanzamt wohl eingegangen. So spricht es Lemonaid den Ansatz von Sponsoring ab, weil man als Sponsor stets mit einer Gegenleistung rechnen kann, meistens in Form von Werbung. Genau daran mangelt es nach Ansicht der zuständigen Finanzverwaltung aber, wenn Lemonaid dem gemeinnützigen Verein Lemonaid & ChariTea e.V. Zahlungen in besagter Höhe zuwendet. Für die Finanzbeamten ist darum klar: statt mit Sponsoring hat man es hier mit klassischen gemeinnützigen Spenden zu tun.

3.3. Mit welchen steuerlichen Konsequenzen ist Lemonaid konfrontiert?

Also rechnen wir erneut: von den EUR 7.000.000 sind nur etwa EUR 700.000 als Spenden steuerlich ansetzbar. Den überschreitenden Betrag von EUR 6.300.000 muss Lemonaid, nach Auffassung der Finanzverwaltung, regulär versteuern.

Lemonaid findet das ungerecht. Schließlich würde das übliche Sponsoring dadurch steuerlich vorteilhafter behandelt als gemeinnützige Spenden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Bundesregierung – die alte, CDU-geführte ebenso wie die neue, soziales Unternehmertum fördern wollte und möchte, stellt sich die reale Situation für solche Unternehmen genau umgekehrt dar. Dennoch ist die derzeitige Gesetzeslage recht eindeutig.

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4. Lemonaid: liegen verdeckte Gewinnausschüttungen vor?

Doch obige Feststellung des Finanzamts, dass Lemonaid zu hohe Spendenabzüge angesetzt hat, stellt nur den Anfang ihrer Einschätzungen dar. Denn den überschreitenden Betrag ordnet das Finanzamt den Gesellschaftern der LemonAid Beverages GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung zu. Anders ausgedrückt: statt Lemonaid als Unternehmen auf eigene Verantwortung haben die Gesellschafter einen Teil der ihnen eigentlich zustehenden Dividende über das Unternehmen gespendet. Die gemeinnützigen Zuwendungen sind demnach lediglich verkappte private Spenden, bezahlt aus den den Gesellschaftern zustehenden Dividenden. Dies erfüllt den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung. Die Folge daraus ist, dass die Gesellschafter die EUR 6.300.000 nachversteuern müssen. Damit entstehen also zwei voneinander getrennte Steuernachforderungen, einmal an Lemonaid und einmal an ihre Gesellschafter.

Kein Wunder also, dass sich Lemonaid in der Öffentlichkeit äußerst kritisch dazu äußert und sogar eine Petition beim Bundestag eingereicht hat. Auf diese Weise versucht Lemonaid zu erreichen, dass soziales Unternehmertum die gleichen steuerlichen Vorteile erhält, die auch rein profiorientierte Unternehmen beim Sponsoring beanspruchen können. Allerdings käme dies indirekt einem Eingeständnis gleich, dass sie kein Sponsoring sondern doch Spenden angesetzt haben.

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5. Wie Lemonaid das Dilemma auflösen könnte

Lemonaid hat versucht soziale Zwecke durch den Verkauf ihrer Getränke zu fördern und dies steuerlich geltend zu machen, ohne dabei von Spenden auszugehen. Ihre Strategie, hierbei von Sponsoring zu sprechen, zweifelt die Finanzverwaltung allerdings an. Doch wird die Konsequenz daraus für Lemonaid und ihre Gesellschafter nur zu deutlich höheren Steuern führen. Moralisch mag dies hochgradig zweifelhaft erscheinen, doch so ist nun mal die Gesetzeslage. Und Gesetze, insbesondere Steuergesetze, entstehen ohnehin ohne jedweden moralischen Ansatz. Nur ganz selten trifft die Umsetzung von Steuergesetzen auf moralisch verankerte Grenzen, etwa bei der Berücksichtigung der Unternehmen, die 2021 Opfer des extremen Hochwassers in Westdeutschland geworden sind.

Statt sich aber auf die Argumentation der gemeinnützigen Zahlungen in Form von Sponsoring zu beziehen, steht Lemonaid eine andere Option offen, um die Zahlungen vollständig steuerlich anzusetzen. Denn wenn Lemonaid die Zahlung von EUR 0,05 je verkaufter Flasche als Verpflichtung gegenüber ihren Kunden darstellt, dann erfüllen sie ja lediglich eine rechtliche Verpflichtung, was die Spenden als solche wiederum relativiert.

Einfacher wäre es aber, wenn Lemonaid eindeutig nachweisen könnte, dass es mit seinen Zahlungen tatsächlich soziales Sponsoring betreibt. Dafür müsste Lemonaid aber einen Sponsoringvertrag mit dem geförderten Verein unterzeichnen. Darin müssten die Vertragspartner auch explizit klären, welche Gegenleistungen Lemonaid für das Sponsoring erhält, was aber wohl keinen großen Aufwand bedeuten sollte. Dennoch muss auch die Gegenleistung für das Sponsoring ausreichend groß ausfallen, um den Verdacht verkappter Spenden auszuräumen. Zum Glück muss die Gegenleistung keineswegs den gleichen Gegenwert erreichen, um diese Bedingung zu erfüllen. Es reicht aus, wenn das Sponsoring dem Ansehen des Unternehmens oder dessen Produkte förderlich ist; dies stellte der Bundesfinanzhof bereits in einem älteren Urteil fest (BFH-Urteil vom 3. Februar 1993, I R 37/91). Denn dann sind die Zuwendungen in voller Höhe als Betriebsaufwand abzugsfähig.


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