Liquidation einer Körperschaft – die steuerliche Seite
Im Studium und insbesondere in der Praxis spielt die Liquidation von Körperschaften (vor allem bei Kapitalgesellschaften) immer wieder eine Rolle. Denn eine einmal bestehende Körperschaft löst sich nicht einfach in der sprichwörtlichen Luft auf, sondern unterliegt hinsichtlich ihrer Abwicklung besonderen zivil- und steuerrechtlichen Vorschriften. Werfen wir hierzu einen Blick in § 11 KStG und die eng mit ihm verbundenen Normen des GmbH-Gesetzes (GmbHG)!
Unser Video:
Liquidation einer Körperschaft
In diesem Video erklären wir, wie die Liquidation einer bestehenden Körperschaft nach § 11 KStG besteuert wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Grundlage: Was ist eigentlich die Liquidation einer Körperschaft?
Bei der Liquidation einer Körperschaft handelt es sich um die Auflösung derselben, wobei es sich hier im Regelfall um eine Kapitalgesellschaft (GmbH, UG, AG) handelt. Gesetzliche Auflösungsgründe sind nach § 60 Absatz 1 GmbHG (auszugsweise):
- Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit
- Mit Dreiviertelmehrheit gefasster Gesellschafterbeschluss
- Gerichtliches Urteil oder behördlicher Verwaltungsakt
- Eröffnung respektive Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 207 InsO)
Praktisch relevant ist vor allem der Gesellschafterbeschluss nach § 60 Absatz 1 Nummer 2 GmbHG. Er ist mit einer Dreiviertelmehrheit zu fassen, wobei der Gesetzgeber auf die Stimmrechte und damit im Regelfall die Verteilung des Stammkapitals abstellt. Ein gesetzeskonformer Beschluss entfaltet sofort die volle Wirksamkeit und ist entsprechend § 65 Absatz 1 GmbH zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden.
Zweck der Liquidation ist die Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gläubiger (§ 72 GmbHG). Hierzu sind Liquidatoren zu bestellen (§§ 70 bis 73 GmbHG), die die Vertretung der Körperschaft nach außen übernehmen. Sie machen die Liquidation der Körperschaft insbesondere im Bundesanzeiger bekannt und fordern betroffene Gläubiger auf, ihre Forderungen geltend zu machen (§ 65 Absatz 2 GmbHG).
Die finale Vermögensverteilung erfolgt frühestens nach einem Sperrjahr (§ 73 Absatz 1 GmbHG); es beginnt mit Bekanntmachung der Liquidation im Bundesanzeiger und dauert 12 Monate. Die Abwicklungsphase kann im Umkehrschluss auch mehr Zeit in Anspruch nehmen und endet erst mit der vollständigen Tilgung aller offenen Verbindlichkeiten der Körperschaft.
Mit dem Ende der Liquidation und Legung der Schlussrechnung erfolgt die Löschung der Körperschaft aus dem Handelsregister (§ 74 Absatz 1 GmbHG).
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2. Steuerliche Behandlung der Liquidation nach § 11 KStG
Die Normen des GmbHG umfassen nur die zivilrechtliche Seite – und wie so oft, beziehen sich die steuerlichen Normen unmittelbar auf jene. Dreh- sowie Angelpunkt der Liquidation von Körperschaften ist § 11 KStG, der steuerliche Behandlung und Ermittlung des zu versteuernden Einkommens in der Liquidationsphase regelt. Dabei gilt:
- Bemessungsgrundlage der Körperschaft– und (gegebenenfalls) Gewerbesteuer ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn (eigener Besteuerungszeitraum nach § 11 Absatz 1 Satz 1 KStG). Er soll maximal drei Jahre dauern, die Finanzverwaltung hat hier ein Ermessen
- Der Gewinn wird durch Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ermittelt (§ 11 Absatz 2 KStG)
- Im Übrigen gelten für die Gewinnermittlung alle regulär greifenden Normen, über § 8 Absatz 1 KStG insbesondere die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG)
Schauen wir uns also etwas genauer an, welche Tatbestände bei der Liquidation von Körperschaften gelten und wie Sie den Gewinn im Abwicklungszeitraum ermitteln.
2.1. Der Abwicklungszeitraum
Im Grundsatz entspricht der Abwicklungszeitraum einer Körperschaft dem Sperrjahr des § 73 Absatz 1 GmbHG. Die abschließende Verteilung des vorhandenen Vermögens erfolgt an dessen Ende und beendet entsprechend die Liquidation. Da es sich beim Sperrjahr aber nur um eine Mindestvorgabe handelt, kann die Abwicklung in der Praxis auch mehr Zeit in Anspruch nehmen.
In § 11 Absatz 1 Satz 2 KStG räumt der Gesetzgeber der Finanzverwaltung ein Ermessen ein, bei einer Abwicklungsdauer von mehr als drei Jahren entsprechend wieder zur regulären Veranlagung der Körperschaft überzugehen. Das Ermessen ist gleichmäßig auszuüben (§ 5 AO), was insbesondere bedeutet, dass das Finanzamt durch entsprechende Argumente eine Abwicklung auch über die 3-Jahres-Vorgabe hinaus zulassen kann.
2.2. Das Abwicklungs-Anfangsvermögen
Abwicklungs-Anfangsvermögen ist nach § 11 Absatz 4 Satz 1 KStG das Betriebsvermögen der Körperschaft am Ende des Veranlagungszeitraums, der dem Jahr der Abwicklung unmittelbar vorausgeht. Das „Betriebsvermögen“ umfasst dabei alle materiellen sowie immateriellen Wirtschaftsgüter, die der Bilanzierungspflicht unterliegen. Stille Reserven, Firmenwerte sowie andere Teile des Betriebsvermögens, die bei der Veranlagung unberücksichtigt blieben, bleiben auch hier außen vor.
Nach § 8 Absatz 3 Satz 1 KStG haben Gewinnausschüttungen keinen Einfluss auf den Gewinn der Körperschaft. In § 11 Absatz 4 Satz 3 KStG weicht der Gesetzgeber hingegen aus rein praktischen Gründen von diesem Grundsatz ab. Er normiert hier, dass das Abwicklungs-Anfangsvermögen um Gewinne, die im Abwicklungszeitraum ausgeschüttet werden, zu mindern ist.
Beispiel: Das Betriebsvermögen der A-GmbH hat zum 31.12.2022 nach §§ 4 und 5 EStG, 8 Absatz 1 KStG einen Wert von EUR 6.000.000. Im Jahr 2023 beginnt die Liquidation. Gewinne, die durch Gesellschafterbeschluss bereits im Vorjahr in die Gewinnrücklage eingestellt wurden, kommen nun in Höhe von EUR 800.000 zur Ausschüttung. Das Abwicklungs-Anfangsvermögen beträgt entsprechend EUR 5.200.000.
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2.3. Das Abwicklungs-Endvermögen
Steht das Anfangsvermögen soweit fest, ermitteln Sie für Zwecke der Liquidation das Abwicklungs-Endvermögen. Nach § 11 Absatz 3 KStG ziehen Sie hierzu das zur Verteilung kommende Gesamtvermögen (§§ 71 bis 73 GmbHG) heran. Steuerfreie Vermögensmehrungen, die im Abwicklungszeitraum zugeflossen sind, sind abzuziehen.
Zu den steuerfreien Vermögensmehrungen gehören insbesondere solche, die über § 8 Absatz 1 KStG unter § 3 EStG fallen. Auch Erträge aus Schachtelbeteiligungen (§ 8b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 KStG) fallen, soweit sie steuerfrei sind (95 %), unter § 11 Absatz 3 KStG. Zusätzlich fallen verdeckte Einlagen, die sich durch § 8 Absatz 3 Satz 3 KStG keinen Einfluss auf das Einkommen der Körperschaft haben, unter die steuerbefreiten Vermögensmehrungen (siehe hierzu Frotscher/Drüen, KStG § 11, Randziffer 76).
3. Abschließende Besteuerung der Körperschaft nach der Liquidation
Ist die Liquidation der Körperschaft nach § 11 KStG abgeschlossen, entsteht entweder ein Gewinn oder ein Verlust. Er unterliegt nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung, wird also insbesondere mit
- 15 % Körperschaftsteuer (§ 23 Absatz 1 KStG),
- 5,5 % Solidaritätszuschlag, Bemessungsgrundlage ist die Körperschaftsteuer (§ 4 Satz 1 SolzG) und
- im Schnitt 14 % Gewerbesteuer (§§ 6,7 und 11 GewStG)
belastet. Bei den Anteilseignern liegen Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 EStG vor. Einkommensteuerlich unbeachtlich sind die (Zwangs-) Ausschüttungen, soweit sie dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG entstammen (§ 20 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit Nummer 1 Satz 3 EStG).
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