Mantelkauf – Ist er möglich und was gilt es zu beachten?
Beim Mantelkauf steht zunächst einmal der Kauf einer Firma im Vordergrund. Dafür gilt es schon besondere Kriterien zu beachten, besonders die Rechtsform der Gesellschaft spielt dabei häufig eine entscheidende Rolle. Das Spezielle an besagtem Mantelkauf stellt nun der Kauf einer bloßen Gesellschaftshülle dar, wobei das Unternehmen zumeist pleite oder zumindest nicht mehr geschäftstätig ist. Fraglich ist dennoch, wie dieses Vorhaben möglich ist oder ob der Mantelkauf ein Konstrukt vergangener Tage darstellt. Dabei gehen wir auf verschiedene Normen des Steuergesetzes ein und erklären, inwiefern vorhandene Verlustvorträge dieser gekauften Gesellschaft genutzt werden können.
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Nutzung von Verlustvorträgen bei Mantelkäufen spezialisiert. Hierbei ist zumeist das Ziel bereits bestehende Verlustvorträge in einer Gesellschaft in die operative zu integrieren und somit die Steuerlast zu reduzieren.
Dabei arbeiten wir für jeden Mandanten individuelle Gestaltungsmodelle zum Erhalt der Verlustvorträge aus. Aufgrund der aktuellen Relevanz haben wir mehrere Beiträge zu diesem Thema publiziert:
Datum |
Thema |
23. August 2018 |
GmbH-Verlustvorträge: § 8c KStG verfassungswidrig -> Einspruch & Frist |
11. November 2018 |
Retten Sie die Verlustvorträge bei der GmbH: der neue § 8d KStG hilft! |
17. Februar 2019 |
GmbH-Verlustvorträge kaufen: 6 neue Strategien zur Verlustnutzung |
26. April 2019 |
GmbH-Verlustvortrag: Erfolg auf ganzer Linie beim BFH |
09. Mai 2019 |
Fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d KStG |
03. November 2021 |
Mantelkauf – Ist er möglich und was gilt es zu beachten? (dieser Beitrag) |
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Inhaltsverzeichnis
1. Einführung zum Mantelkauf
Bis ins Jahr 2007 war der § 8 Absatz 4 KStG maßgeblich einschränkend für Mantelkäufe. Jedoch gab es durch diesen Absatz noch zu viel Gestaltungsspielraum für Unternehmen, das eigentliche Ziel zu untergraben. Denn bei dieser Regelung war der grundsätzliche Konsens, dass das übernehmende Unternehmen alle Verluste nutzen konnte sofern es wirtschaftlich und rechtlich dieselbe Person war, die die Verluste erlitten hat. Dies war rechtlich relativ oft darstellbar und machbar für die gestaltende Gesellschaft. Dennoch war diese Entwicklung eher ungewollt vom Gesetzgeber, sodass sobald kleine Veränderungen vorgenommen wurden. Der Hauptpunkt der jedoch gegen die Weiterführung der ursprünglichen Regelung gesprochen hat war, dass die Mäntel häufig als Unternehmen gar nicht mehr wirklich tätig waren und somit nur bei einer anderen Gesellschaft der steuerliche Gewinn reduziert werden sollte.
Somit wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2008 der § 8c KStG eingesetzt, welcher durch das UntStReformG eingeführt wurde. Nachfolgend gibt es weitere Ausführungen zu den § 8c sowie § 8d KStG.
2. Mantelkauf – Berücksichtigung der Unternehmensrechtsform
2.1. Personengesellschaft und Verlustvorträge
Nun zunächst gilt es ein besonderes Augenmerk auf die Rechtsform der beteiligten Gesellschaften am Mantelkauf zu legen. Denn grundsätzlich kann bei der Übernahme einer Personengesellschaft aufgrund zweier Prinzipien kein Verlustvortrag übernommen werden. Zum einen steht dem die Unternehmensidentität entgegen. Zum anderen die Unternehmeridentität. Erstere besagt, dass Verluste nur bei der Gesellschaft verrechnet und somit genutzt werden können bei welcher diese auch angefallen sind. Das zweite Prinzip besagt dies ebenso für die Gesellschafter, denn der Verlustvortrag wird auf die einzelnen Gesellschafter verteilt. Da nun jeder Gesellschafter selbständig seine Anteile verkaufen kann, erfolgt die Beurteilung der untergehenden Verlustvorträge anhand der Anteile, welche den Besitzer wechseln.
Durch diesen Grundsatz kann es kompliziert sein die Verlustvorträge einfach zu übernehmen, bei der Kapitalgesellschaft erfolgt dies nach einem anderen Schema, da dabei nicht nach dem Transparenzprinzip gehandelt wird.
2.2. Kapitalgesellschaft und Verlustvorträge
Dahingegen läuft die Verlustbehandlung bei der Kapitalgesellschaft deutlich anders ab. Denn durch das Trennungsprinzip werden die Verlustvorträge immer bei der Kapitalgesellschaft gesammelt. Somit ist es möglich diese Verlustvorträge auf andere Unternehmen durch Kauf zu übertragen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Grundsätzlich zeigt dieser Unterschied bereits, dass die Übernahme einer Kapitalgesellschaft durchaus interessante Vorteile für ihre Geschäftstätigkeit sowie auch aus steuerlicher Perspektive mit sich bringt.
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3. Voraussetzungen eines „erfolgreichen“ Mantelkaufs
3.1. Schädlicher Beteiligungserwerb
Nach § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG liegt der schädliche Anteilseigner Wechsel vor, wenn mehr als 50 % der Anteile übergehen und dadurch dann schlussendlich der in der gekauften Gesellschaft vorhandene Verlustvortrag untergeht. In diesem Fall gehen die Verluste sogar vollständig und nicht nur anteilsmäßig unter. Somit ist eine mögliche Variante, um den Verlustuntergang abzuwenden logischerweise weniger als 50 % der Anteile zu übernehmen. Jedoch ist auch die Konsequenz daraus, dass die übernehmenden Gesellschaft nicht vollständig oder gar nicht über den Verlustvortrag verfügen kann. Dadurch ist dies eine eher unattraktive Alternative zu einem Kauf der Mehrheitsanteile.
Aufgrund verschiedener Klauseln im Rahmen des § 8c KStG, wovon mindestens eine aktiv genutzt werden sollte, kann ein vorhandener Verlustvortrag auch in vielen Fällen eines Kaufs von mehr als 50 % der Anteile weiterhin genutzt werden. Dazu erfolgen weitere Ausführungen.
3.2. Quotaler Verlustuntergang ist rechtswidrig
Bis zum 29. März 2017 war auch ein quotaler Verlustuntergang sehr wohl im Rahmen des möglichen. Denn ab diesem Zeitpunkt war aufgrund der Entscheidung des BVerfG kein quotaler Verlustuntergang mehr möglich. Der Beschluss dazu erging jedoch erst am 11. Dezember 2018. Somit bleibt der Verlustvortrag nun entweder vollständig erhalten oder dieser geht andernfalls komplett unter. Wobei diese Regelung rückwirkend am dem Wirtschaftsjahr 2008 gültig ist.
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4. Ausnahmen im Rahmen des Mantelkaufs
Nachfolgend werden die verschiedenen Ausnahmefälle des § 8c Absatz 1 KStG aufgeführt. Hierbei sind insbesondere die Konzernklausel, die Stille-Reserven-Klausel und seit 2016 auch der fortführungsgebundene Verlustvortrag von enormer praktischer Relevanz. Weiterhin kam in Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 außerdem die sogenannte Sanierungsklausel in § 8c Absatz 1a KStG zu den beiden erstgenannten Klauseln hinzu und wurde zu einem permanenten steuerrechtlichen Mittel, um die Nutzung von Verlustvorträgen weiterhin zu erleichtern.
4.1. Konzern-Klausel beim Mantelkauf
Zunächst gilt es die in § 8c Absatz 1 Satz 4 KStG installierte Konzernklausel zu betrachten. Denn hier ist die erste Ausnahme zum Untergang der Verlustvorträge vorzufinden. Sofern nämlich entweder am übertragenden, am übernehmenden oder an beiden Rechtsträgern der Erwerber bzw. der Veräußerer zu 100 Prozent beteiligt ist, liegt kein schädlicher Beteiligungserwerb vor.
4.2. Stille-Reserven-Klausel im Rahmen des Mantelkaufs
Außerdem kann grundsätzlich die Stille-Reserven-Klausel nach § 8c Absatz 1 Satz 5 ff. KStG genutzt werden, um die Verlustvorträge weiterhin zu nutzen und nicht untergehen zu lassen. Dabei wird die Differenz zwischen Kaufpreis und Eigenkapital mit den vorhandenen Verlustvorträgen verrechnet. Sofern dabei der Verlustvortrag bzw. die Verlustvorträge aufgebraucht werden, ist das Thema damit abgeschlossen. Andernfalls sind die Verlustvorträge noch nicht aufgebraucht und es gibt weiterhin Gestaltungsbedarf zum Erhalt des Verlustvortrages.
4.3. Sanierungs-Klausel beim Mantelkauf
Zudem wurde direkt nach der Stille-Reserven-Klausel und der Konzern-Klausel im Jahr 2008 auch die Sanierungs-Klausel eingeführt. Hierbei geht es vorrangig darum, dass Anteilsübertragungen mit dem Ziel der Sanierung keinem Untergang des Verlustvortrags unterworfen werden. Denn der Betrieb soll grundsätzlich so erhalten bleiben, dafür muss jedoch die Überschuldung oder eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit abgelöst werden. Hierbei gilt es die Kriterien des § 8c Absatz 1a Satz 3 KStG zum Erhalt der Betriebsstrukturen zu beachten. Damit diese Klausel gebraucht werden kann, muss die Einhaltung durch die steuerpflichtige Körperschaft nachgewiesen werden. Wichtig zu wissen im Rahmen einer Zahlungsunfähigkeit ist, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Insolvenzverfahren gestartet werden muss.
Außerdem muss die 5-jährige Sperrfrist beachtet werden, wonach innerhalb dieses Zeitraumes kein Branchenwechsel bzw. Wechsel der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft erfolgen darf. Außerdem darf der Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt sein.
4.4. Fortführungsgebundener Verlustvortrag
Die relativ neueste Änderung zum Erhalt der Verlustvorträge liegt im § 8d KStG verankert. Durch einen sogenannten fortführungsgebundenen Verlustvortrag können die übernommenen Verluste durch einen Antrag und unter Beachtung einiger Kriterien zur Fortführung genutzt werden. Dabei gilt es hauptsächlich in den folgenden drei Jahren keine maßgeblichen Veränderungen im Geschäftsbetrieb vorzunehmen, andernfalls wird dieser Versuch des Erhalts von Verlusten hinfällig.
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5. Unterschiedliche Verlustvorträge und deren Untergang beim Mantelkauf
5.1. Gewerbesteuerliche Verlustvorträge
Für eine genaue Bestimmung der Untergänge von gewerbesteuerlichen und körperschaftsteuerlichen Verlustvorträgen gilt es in die jeweiligen Gesetze zu schauen. Denn obwohl der § 8c KStG eine körperschaftsteuerliche Norm darstellt, greift dieser ebenfalls auf Bereiche des Gewerbesteuergesetzes über. Gemäß § 10a Satz 9 bzw. Satz 10 GewStG gehen gewerbesteuerliche Verlustvorträge nämlich unter, sofern den Voraussetzungen in § 8c KStG entsprochen wird.
5.2. Körperschaftsteuerliche Verlustvorträge
Gemäß § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG gehen alle körperschaftsteuerlichen Verlustvorträge, eventuell vorhandene Zinsvorträge sowie die laufenden Verluste unwiderruflich unter, sofern mehr als 50 % der Stimmrechte bzw. der Anteilsrechte an einen Käufer oder einem diese nahestehende Person übergehen. Dabei gilt es eine Aufsummierung der übergebenen Anteile der letzten fünf Jahre vorzunehmen. Somit gilt dasselbe für die Verlustvorträge aus der Gewerbesteuer. Dadurch resultiert ein permanenter Nachteil in direkter Auswirkung auf die Liquidität der übernehmenden Gesellschaft.
6. Fazit zum Mantelkauf
Seit der Änderung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Mantelkäufe sind diese weiterhin ein interessantes Mittel, um den steuerlichen Ertrag einer Gesellschaft zu reduzieren. Dennoch kann man nicht mehr von Mantelkäufen sprechen, wie man es früher getan hat. Denn die gekauften Gesellschaften dürfen nicht mehr nur einen Mantel ohne operative Tätigkeiten darstellen, darin besteht der große Unterschied und auch die heutige Akzeptanz für die Übernahme von Verlustvorträgen.
Durch § 8c KStG wurden viele Ausnahmen zur ursprünglichen Untergangsregelung für Verlustvorträge geregelt, wodurch merkliche Erleichterungen für Steuerpflichtige eingetreten sind. Durch den Wegfall des anteiligen Verlustuntergangs ab einem Anteilserwerb von 25 % ergab sich vor allem seit 2018 eine weniger strikte Handhabung beim Kauf von Kapitalgesellschaftshüllen. Jedoch gilt es schlussendlich den einzelnen Fall zu prüfen, um nicht die teure Bekanntschaft mit einem Untergang der Verlustvorträge weswegen das ganze Unterfangen überhaupt erst unternommen wurde, zu erleben. Deshalb freuen wir uns sehr, wenn wir Ihnen bei jeglichen Fragen zum Mantelkauf telefonisch oder persönlich unter die Arme greifen können.
Steuerberater für Kapitalgesellschaften
Unsere Kanzlei hat sich besonders auf die steuerrechtliche Gestaltungsberatung zum Erwerb von Verlustvorträgen spezialisiert. Beim Mantelkauf schätzen Mandanten unser Know-how beispielsweise in folgenden Bereichen:
GmbH
- Allgemeine Beratung zu GmbH-Besteuerung (Gründung, Vermeidung von Betriebsaufspaltungen, Steuerreduktion bei Gewinnausschüttungen, Nutzung von Verlustvorträgen)
- Steueroptimierte Besteuerung der GmbH
- Individueller Rechtsformvergleich zwischen GmbH und GmbH & Co. KG
Unternehmenskauf
- Beratung beim Unternehmenskauf (Verkauf GmbH, Verkauf GmbH & Co. KG, Nutzung von Verlustvorträgen)
- Beratung beim Unternehmensverkauf (Vorteile bei Share Deal & Asset Deal)
Verhandlungen mit Finanzverwaltung und Gerichten
- Entwicklung von Verteidigungsstrategien gegenüber der Finanzverwaltung bei Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, FG-Klageverfahren und BFH-Revisionsverfahren
- Rechtsberatung durch unsere Rechtsanwälte (insbesondere im Gesellschaftsrecht und Vertragsrecht)
Hierzu stehen Ihnen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte an den Standorten Köln und Bonn gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Zudem beraten wir deutschlandweit per Telefon und Videokonferenz:
Fachreferent beim Steuerberaterverband für Verlustvorträge beim Mantelkauf
Seit 2014 sind die Partner unserer Kanzlei regelmäßige Fachreferenten des Steuerberaterverbands Köln. Dabei besuchen ca. 1500 Steuerberater pro Jahr unsere Seminare. Wegen der hohen Nachfrage stellen wir Ihnen unsere Präsentation zur Verlustuntergang nach § 8c KStG gerne kostenlos zum Download zur Verfügung:
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