Die Organschaft nach dem KStG im Überblick
Mehrere Unternehmen können über vertragliche Verflechtungen miteinander verbunden sein. Der Klassiker hierbei ist die Organschaft nach dem KStG, geregelt in den §§ 14 bis 19 des Körperschaftsteuergesetzes. Hierbei werden alle verbundenen Unternehmen als eines behandelt; die Zurechnung des Einkommens erfolgt entsprechend beim Organträger. Wir zeigen, was eine Organschaft ist, wie sie aufgebaut ist und welche Besonderheiten für die Besteuerung gelten!
Unser Video:
Organschaft im Körperschaftsteuerrecht
In diesem Video erklären wir, wann eine körperschaftsteuerliche Organschaft vorliegt.
Inhaltsverzeichnis
1. Rechtsgrundlagen: Die Organschaft nach §§ 14 fort folgende KStG
Die körperschaftsteuerliche Organschaft ist in den §§ 14 bis 19 KStG geregelt. Nach § 14 Absatz 1 Satz 1 KStG wird gilt dabei das Einkommen der Organgesellschaft (en) dem Organträger (OT) zugerechnet. Voraussetzung ist, dass zwischen beiden Unternehmen ein Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Absatz 1 AktG besteht. Ergänzend gelten folgende Bedingungen:
- Organgesellschaft (OG) muss eine SE, AG oder KGaA sein. Nach § 17 Absatz 1 Satz 1 KStG kommt auch jede andere Kapitalgesellschaft infrage, sofern die Geschäftsleitung im Inland liegt. In den Fällen des § 17 KStG – etwa bei der GmbH als Organgesellschaft – muss außerdem eine Übernahme von Verlusten der OG durch den OT vereinbart werden (§ 17 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 KStG)
- Die Beteiligung des OT an der OG muss die Mehrheit der Stimmrechte umfassen, also in der Regel größer als 50 % sein (§ 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 KStG). Mittelbare Beteiligungen sind mitzuberücksichtigen
- Organträger muss nach § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 KStG ein gewerbliches Einzelunternehmen, eine steuerpflichtige Körperschaft (§ 1 KStG) oder eine Personengesellschaft nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG (Mitunternehmerschaft wie OHG und KG) sein
- Der Gewinnabführungsvertrag muss über mindestens fünf Jahre gelten und solange auch durchgeführt werden (§ 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 KStG). Ausnahmen sind nach Satz 2 möglich, etwa bei Anteilsverkäufen
- Die OG darf Gewinnrücklagen nur im Umfang einer vernünftigen, kaufmännischen und wirtschaftlichen Beurteilung bilden (§ 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4)
Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft erfolgt beim Organträger erstmals in dem Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr der OG endet, sofern der Gewinnabführungsvertrag hier bereits wirkt (§ 14 Absatz 1 Satz 2 KStG). Schauen wir uns die einzelnen Voraussetzungen einmal im Detail an.
1.1. Die Organgesellschaft
Da eine Organschaft nach dem KStG immer aus mindestens zwei Unternehmen bestehen muss, braucht es zunächst eine sogenannte Organgesellschaft. Sie steht unter dem Organträger, stellt also – wenn Sie es so wollen – das namensgebende „Organ“ dar. OG kann jede beliebige Kapitalgesellschaft sein, sofern sie ihre Geschäftsleitung im Inland hat (§ 14 Absatz 1 Satz 1 KStG).
Über § 17 Absatz 1 Satz 1 KStG können vor allem UGs und GmbHs ebenfalls unter die Organgesellschaften fallen. Wichtige Voraussetzung: Auch hier muss ein Gewinnabführungsvertrag bestehen, der neben Gewinnen auch die Übernahme von Verlusten vorsieht (§ 17 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 KStG). Die bei einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH bestehende Haftungsbeschränkung auf das Stammkapital (zum Beispiel auf EUR 25.000) wird insoweit durchbrochen.
1.2. Mehrheit der Stimmrechte
Nach § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 KStG muss der Organträger an der Organgesellschaft in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte zusteht (finanzielle Eingliederung). Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn die Beteiligung des OT an der OG größer als 50 % ist und zu Beginn des Wirtschaftsjahres der OG besteht (R 14.2 Satz 1 KStR). Die Voraussetzung muss ununterbrochen vorliegen.
Mittelbare und unmittelbare Beteiligungen, insbesondere über eine Personengesellschaft, sind zu berücksichtigen und bei Bedarf zusammenzufassen (§ 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 KStG und R 14.2 Satz 2 und 3 KStR). Eine mittelbare Beteiligung über eine dritte Gesellschaft reicht für die Begründung einer Organschaft nach dem KStG auch dann aus, wenn diese Gesellschaft selbst keine Organgesellschaft sein kann (BFH vom 02.11.1977, I R 143/75).
1.3. Träger der körperschaftsteuerlichen Organschaft
Als Organträger kommen bei der Organschaft nach dem KStG grundsätzlich alle gewerblichen Unternehmen infrage. § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 KStG stellt hier auf § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 EStG ab:
- Gewerbliches Einzelunternehmen (natürliche Person); § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG
- Mitunternehmerschaft (OHG, KG) nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG, wenn sie gewerblich tätig ist
Nach § 15 Absatz 3 Nummer 2 EStG gewerblich geprägte Personengesellschaften (insbesondere die GmbH & Co. KG) können kein Organträger sein. Hier mangelt es eventuell an der Voraussetzung der originär gewerblichen Tätigkeit; in jedem Fall scheidet sie aber mangels Nennung in § 14 KStG aus.
Körperschaften kommen stets als Organträger infrage, sofern sie im Inland steuerpflichtig (§ 1 KStG) sind.
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1.4. Gewinnabführungsvertrag
Ein Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 AktG ist eine vertragliche Vereinbarung, mit der sich
- eine AG oder eine KGaA
- verpflichtet
- ihren gesamten Gewinn
- an ein anderes Unternehmen
abzuführen (100 %). Nach § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 und 2 KStG muss der Vertrag über mindestens fünf Jahre bestehen sowie tatsächlich durchgeführt werden. Kündigungen aus wichtigem Grund sind unschädlich. Die Mindestlaufzeit beginnt mit Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rechtsfolgen des Vertrags erstmals eintreten (R 14.5 Absatz 2 Satz 2 KStR).
Eine fehlerhafte Durchführung des Gewinnabführungsvertrags führt im Zweifel zur Unwirksamkeit der gesamten Organschaft nach dem KStG, selbst wenn die OG hiervon keine Kenntnis hat. Das Risiko ist insbesondere bei Betriebsprüfungen gegeben – stellt das Finanzamt hier eine Abweichung (Mehr- oder Minderergebnis) auf Ebene der OG fest, wurde – rückblickend betrachtet – nicht der gesamte (!) Gewinn abgeführt. Die Abführung war dann entweder zu hoch oder zu niedrig.
Nach § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 4 Buchstabe b und Satz 5 KStG ergeben sich für die körperschaftsteuerliche Organschaft aber keine Folgen, wenn der Jahresabschluss im Rahmen der Wirtschaftsprüfung wirksam festgestellt wurde (§ 322 Absatz 3 HGB).
2. Steuerliche Folgen der körperschaftsteuerlichen Organschaft
Besteht eine körperschaftsteuerliche Organschaft nach § 14 KStG, führen die Organgesellschaften ihre Gewinne und Verluste an den Organträger ab. Es kommt also zu einem einheitlichen Verrechnungskreis, durch den die Organschaft im Innenverhältnis als einziges Unternehmen behandelt wird. Im Außenverhältnis treten die (Organ-) Gesellschaften weiterhin selbstständig auf.
Für steuerliche Zwecke erfolgt dabei eine gesonderte Feststellung des Einkommens der Organgesellschaften (§ 14 Absatz 5 Satz 1 KStG). Der Feststellungsbescheid, ein solcher im Sinne des § 171 Absatz 10 AO, hat Bindungswirkung für die Besteuerung des Organträgers (§ 14 Absatz 5 Satz 2 KStG).
Für die Einkommensermittlung gelten im Rahmen der Organschaft nach dem KStG einige Besonderheiten, normiert in § 15 Satz 1 KStG. Dazu gehören unter anderem:
- § 10d EStG (Verlustvortrag und Verlustrücktrag) sind auf Ebene der Organgesellschaft irrelevant, hier besteht ein Anwendungsverbot
- § 8b Absatz 1 bis 6 KStG finden ebenfalls keine Anwendung, soweit diese Bezüge die Organgesellschaft betreffen. Auf Ebene des Organträgers bleiben die Normen sowie §§ 3 Nummer 40 und 3c EStG anwendbar
- Die Zinsschranke des § 4h EStG bleibt außen vor, die Organschaft gilt als ein Unternehmen
Außerdem kann der Organträger Ausgaben in Zusammenhang mit der Beteiligung an der Organgesellschaft als Betriebsausgaben abziehen (R 14.7 Absatz 1 KStR). Verdeckte Gewinnausschüttungen wirken sich hingegen nur einmal aus, entweder gewinnerhöhend bei der OG oder beim OT.
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3. Behandlung von Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter
Stellen Sie sich eine Organschaft nach dem KStG vor, bei der der OT mit 60 % an der OG beteiligt ist. Die OG verpflichtet sich nun nach § 291 Absatz 1 Satz 1 AktG, ihren gesamten Gewinn an den Organträger auszuschütten – und das, obwohl ihre Beteiligung lediglich bei 60 % des Stammkapitals liegt.
Um die so entstehende Ungleichbehandlung auszugleichen, leistet der Organträger Ausgleichszahlungen an die Minderheitsgesellschafter (hier mit den übrigen 40 % beteiligt), § 304 Absatz 1 Satz 1 AktG. Die dazu notwendige Klausel im Gewinnabführungsvertrag ist verpflichtend und die Zahlung in der Höhe zu leisten, in der die Minderheitsgesellschafter ohne das Bestehen der körperschaftsteuerlichen Organschaft am Gewinn partizipiert hätten.
Bei der Organgesellschaft sind die geleisteten Zahlungen nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 9 EStG (analog zu „echten Gewinnausschüttungen“ nach § 8 Absatz 3 Satz 1 KStG). Beim Empfänger liegen Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 10 Satz 1 EStG vor.
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