Der Zuwendungswille bei der vGA

Wann fehlt er?

Verdeckte Gewinnausschüttung: Nicht ohne Zuwendungswillen!

Verdeckte Gewinnausschüttungen, kurz vGA, stellen im Verhältnis zwischen Körperschaften und ihren Anteilseignern ein mitunter erhebliches Risiko dar. Eine fehlende Fremdüblichkeit führt zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs der GmbH und gleichzeitig zum Ansatz von Kapitaleinkünften auf Ebene der Gesellschafterin oder des Gesellschafters. Allerdings kann eine vGA nur dann „durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst“ sein, wenn auch ein sogenannter Zuwendungswille gegeben ist. Ohne Zuwendungswillen fehlt es an einer verdeckten Gewinnausschüttung, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 22.11.2023 entschieden hat.

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Unser Video: Warum die vGA kein Nachteil sein muss

In diesem Video erklären wir, in welchen Situationen eine verdeckte Gewinnausschüttung auch Vorteile haben kann!

Inhaltsverzeichnis


1. Grundsatz: Verdeckte Gewinnausschüttung bei unangemessener Zuwendung

Zu einer verdeckten Gewinnausschüttung kommt es nach R 8.5 Absatz 1 KStR immer dann, wenn eine Körperschaft

  • ihrem Anteilseigner oder einer ihm nahestehenden Person
  • Vermögensvorteile zuwendet,
  • die Zuwendung eine Gewinnauswirkung auslöst oder eine Vermögensmehrung verhindert und
  • durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst wurde.

VGAs liegen daher meist bei vergünstigten Lieferungen oder sonstigen Leistungen durch die GmbH an ihre Gesellschafterin oder ihren Gesellschafter vor. Die Kapitalgesellschaft würde für eine Ware beispielsweise EUR 10.000 verlangen, verkauft sie aber für EUR 8.000 an den Ehemann der Gesellschafter-Geschäftsführerin. Hier kommt es in Höhe von EUR 2.000 zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Die vGA ist dem Gewinn der Körperschaft mit ihrem Wert (hier EUR 2.000) außerbilanziell hinzuzurechnen (§ 8 Absatz 3 Satz 2 KStG). Auf Ebene des Gesellschafters kommt es zu einem Kapitalertrag nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG. Ist Gesellschafter eine andere Körperschaft, etwa eine Holding-GmbH, greift gegebenenfalls die Steuerfreistellung nach § 8b KStG.

Der Gesetzgeber stellt mit dem Konstrukt der vGA also sicher, dass Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern und „ihren“ Körperschaften fremdüblichen Maßstäben entsprechen. Auf diese Weise möchte er vermeiden, dass Steuerpflichtige nur aufgrund der Entscheidung für eine GmbH-Struktur in unangemessener Weise bevorteilt werden, zum Beispiel durch Verlagerung sämtlicher privater Kosten auf die Gesellschaft.

2. BFH: Für vGA ist Zuwendungswille erforderlich!

In seiner Entscheidung vom 22.11.2023 (I R 9/20) hat sich der BFH auf den vorgenannten Willen des Gesetzgebers berufen. Eine vGA soll demnach nur dann anzunehmen sein, wenn die beteiligten Personen die jeweils andere Partei, regelmäßig den Gesellschafter, auch tatsächlich begünstigen möchten. Ohne den sogenannten Zuwendungswillen kann es entsprechend an einer vGA fehlen, weil die „Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis“ nicht gegeben ist.

Werfen wir also einen Blick auf den Ausgangssachverhalt, die Auffassung der Finanzverwaltung und das schlussendliche Urteil des Bundesfinanzhofs.

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2.1. Kapitalerhöhung bei einer GmbH

Im Streitfall wurde die Klägerin, eine GmbH (A-GmbH), von einer natürlichen Person durch Einbringung eines 100%igen Anteils an einer anderen Kapitalgesellschaft (B-GmbH) sowie Barzuzahlung gegründet. Anschließend beschloss die Klägerin, die nun Alleingesellschafterin der B-GmbH war, eine Kapitalerhöhung bei dieser.

Anschließend wurde die Kapitalerhöhung durchgeführt. Die A-GmbH leistete die entsprechende Barzahlung, der neu entstandene Gesellschaftsanteil wurde allerdings der hinter der A-GmbH stehenden natürlichen Person als Alleingesellschafterin zugewiesen. Der Notar übermittelte dem zuständigen Registergericht eine aktualisierte Gesellschafterliste, nach der nun neben der A-GmbH auch die Privatperson an der B-GmbH beteiligt war. Die Privatperson bekam die später streitgegenständliche Liste allerdings nie zu Gesicht.

Aufgrund fehlendender Kenntnis von der „misslungenen“ Kapitalerhöhung bilanzierte die A-GmbH sämtliche Anteile an der B-GmbH, da sie davon ausging, sämtliche Anteile seien ihr zuzurechnen. Im Zuge einer durchgeführten Außenprüfung nahm das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung der Klägerin an die Gesellschafterin an. Sie habe der natürlichen Person einen Vermögensvorteil zukommen lassen, indem sie selbst auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung verzichtet und stattdessen einer anderen Person ohne Gegenleistung ebendiese Teilnahme ermöglicht habe. Auf einen Zuwendungswillen komme es dabei nicht an.

Auch das Finanzgericht sah die anschließende Klage gegen die Änderungsbescheide als unbegründet an. Zum einen liege unstrittigerweise eine vGA vor, zum anderen komme es auf einen möglicherweise fehlenden Zuwendungswillen nicht an. Maßgebend sei einzig der Umstand, dass die A-GmbH zugunsten ihrer Gesellschafterin auf eine Vermögensmehrung in Form zusätzlicher Anteile verzichtet habe.

2.2. Entscheidung des Bundesfinanzhofs: Ohne Zuwendungswillen keine verdeckte Gewinnausschüttung!

Der BFH vertrat im Ergebnis eine andere Auffassung als die Finanzverwaltung und entschied zugunsten der Klägerin. Es sei zwar unstrittig zu einer verhinderten Vermögensmehrung gekommen, denn die Gesellschafterin der A-GmbH hätte an der Kapitalerhöhung teilnehmen können. Der Verzicht auf dieses Recht sei allerdings nicht durch das Gesellschaftsverhältnis, sondern durch ein schlichtes Versehen oder Missverständnis veranlasst gewesen. Damit fehle es am notwendigen Zuwendungswillen.

Denn eine verdeckte Gewinnausschüttung setze nach R 8.5 Absatz 1 KStR zwingend eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis voraus. Diese wiederum erfordere, dass die handelnden Personen den Vermögensvorteil im Bewusstsein ebendieser gesellschaftsrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft zuwendeten. Fehlt es an dieser Kenntnis oder handelt es sich gar um ein Versehen, könne das Gesellschaftsverhältnis nicht das die Vermögensverschiebung auslösende Moment sein.

Entsprechende Entscheidung hat der BFH auch schon in der Vergangenheit gefällt (zum Beispiel Urteil vom 29.04.2008 – I R 67/06, BFHE 221, 201, BStBl II 2011, 55). Hier wurde eine vGA abgelehnt, weil es an einem wie auch immer gearteten Zuwendungswillen offenkundig fehlte. Hierüber bestand, wie auch im Streitfall, zwischen den Beteiligten kein Streit.

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3. Fazit: Ohne Zuwendungswillen scheidet die Annahme einer vGA aus

In der Regel finden verdeckte Gewinnausschüttungen mit einem Zuwendungswillen statt, weil den beteiligten Personen die jeweilige Vergünstigung bekannt und bewusst ist. In Fällen, in denen ein Zuwendungswille allerdings ausgeschlossen werden kann, kommt es nicht zu einer vGA. Die Folge hieraus ist die Behandlung des Vorgangs als originärer Geschäftsvorfall, sodass insbesondere keine Hinzurechnung nach § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG stattfindet.

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