Vorratsgesellschaft & Mantelgesellschaft: Das gibt es bei der Gründung einer GmbH zu beachten
Regelmäßig soll die Gründung einer GmbH schnell gehen. Daher greifen Gründung auf eine von unterschiedlichen Dienstleistern angebotene Vorratsgesellschaft zurück. Alternativ nutzen viele aus Kostengründen auch eine eigene alte Gesellschaft, die sie nicht mehr nutzen. Wir erklären, wie solche Gründungen zu bewerten sind und worauf zu achten ist.
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Datum | Thema |
20. Januar 2022 | Steuerliche Optimierungen bei der GmbH: Inkongruente Gewinnausschüttungen sind kein Gestaltungsmissbrauch |
11. Mai 2022 | Vermögensverwaltende GmbH mit Aktien: steuerliche und andere Vorteile |
20. Mai 2022 | Gesellschafterliste bei der GmbH und ihre Legitimationswirkung (§ 16 GmbHG) |
4. Juli 2022 | Liquidation einer GmbH im Steuerrecht |
9. September 2022 | Vorratsgesellschaft & Mantelgesellschaft: Das gibt es bei der Gründung einer GmbH zu beachten (dieser Beitrag) |
Unser Video: GmbH gründen!
In diesem Video erklären wir, wie Sie in Deutschland eine GmbH gründen und, was Sie zur Gründung einer GmbH wissen müssen.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorratsgesellschaft und Mantelgesellschaft: Was ist das?
Eine Vorratsgesellschaft ist eine von verschiedenen Dienstleistern angebotene Gesellschaft in der Regel eine GmbH. Diese können Gründer erwerben, um den langen Weg der eigenen Gründung einer GmbH nicht gehen zu müssen. Daher ist das Hauptziel der Vorratsgesellschaft die schnelle Gründung einer GmbH. Bei einer Mantelgesellschaft wird hingegen eine alte Gesellschaft des Gründers neu aktiviert. Daher wird eine Mantelgesellschaft regelmäßig aus Kostengründen, zur Vermeidung des Erfordernisses des Stammkapitals gegründet.
Faktisch liegt daher in diesen Fällen keine tatsächliche aber doch eine wirtschaftliche Neugründung vor. Daher liegt eine wirtschaftliche Neugründung immer dann vor, wenn eine bereits im Handelsregister eingetragene und damit rechtlich bereits bestehende GmbH erstmals (sogenannte Vorratsgesellschaft) oder erneut (sogenannte Mantelgesellschaft) mit einem Unternehmen ausgestattet wird und ihren Geschäftsbetrieb aufnimmt. Der Bundesgerichtshof (BGH) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die für die rechtliche Neugründung geltenden Vorschriften auf die Fälle der wirtschaftlichen Neugründung entsprechend anzuwenden sind.
2. Vorratsgesellschaft als erstmalige Aktivierung eines Unternehmens
Weitgehend unproblematisch ist diese Rechtsprechung bei den Gesellschaften, die bewusst auf Vorrat gegründet werden und alsbald nach ihrer rechtlichen Gründung verkauft und erstmals mit einem Unternehmen ausgestattet werden. Dann gelten die Vorschriften zum Schutz der Gläubiger über eine rechtliche Neugründung sinngemäß. Deswegen müssen die Geschäftsführer der Gesellschaft die erstmalige oder erneute Aufnahme des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft gegenüber dem Handelsregister offenlegen. Dabei müssen die Geschäftsführer versichern, dass die vereinbarten Leistungen bewirkt worden sind und sich die Einlagen in ihrer freien Verfügung befinden. Wird die wirtschaftliche Gründung nicht oder nicht rechtzeitig offengelegt, haften die Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft für etwaige Verluste in der Regel persönlich. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Neugründung ist in diesen Fällen aber offensichtlich. Im Zusammenhang mit dem Verkauf wird die wirtschaftliche Neugründung daher gegenüber dem Registergericht routinemäßig offengelegt und die Versicherung bezüglich des weiterhin vorhandenen Stammkapitals entsprechend § 8 Absatz 2 GmbHG durch den Geschäftsführer abgegeben.
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3. Mantelgesellschaft als erneute Aktivierung eines Unternehmens
Problematisch ist die wirtschaftliche Neugründung in den Fällen der Mantelgesellschaft, da diese anderes als die Vorratsgesellschaft schon einen Geschäftsbetrieb hatte. Daher soll bei der Mantelgesellschaft eine wirtschaftliche Neugründung vorliegen, wenn die GmbH vorher kein aktives Unternehmen mehr betrieben hat und mithin nur noch eine leere Hülle darstellt. Dann kann der neue Geschäftsbetrieb weder unter wesentlichen Änderungen noch unter Einschränkungen beziehungsweise Erweiterungen des Tätigkeitsgebietes an die bisherige Tätigkeit anknüpfen.
Typische, aber nicht notwendige Indizien für die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs einer unternehmenslos gewordenen GmbH sind die Änderung der Satzung, durch die Änderung der Firma, des Sitz oder des Unternehmensgegenstand. Regelmäßig werden dann auch die Geschäftsführer ausgetauscht und Geschäftsanteile verkauft. Zudem gilt als Indiz auch das Fehlen von Aktiva. Liegen diese Indizien vor, so kann daher in der Regel von einer wirtschaftlichen Neugründung ausgegangen werden.
In der Praxis wird in solchen Fällen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Neugründung oft verkannt. Dann unterbleibt auch die entsprechende Offenlegung und Versicherung gegenüber dem Registergericht. Dann kann es zu einer persönlichen Haftung der Beteiligten kommen.
4. Rechtsfolgen einer wirtschaftlichen Neugründung bei Vorratsgesellschaft und Mantelgesellschaft
4.1. Offenlegung und Versicherung
Wenn nach den obigen Kriterien festzustellen ist, dass eine wirtschaftliche Neugründung vorliegt, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen sich daran anschließen.
Zunächst müssen die Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Reaktivierung der Gesellschaft die wirtschaftliche Neugründung gegenüber dem Registergericht offenlegen. Gleichzeitig müssen Sie eine Versicherung über die Aufbringung und das Vorhandensein des satzungsmäßigen Stammkapitals der Gesellschaft abgegeben. Daher kommt es nicht nur auf den Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung, sondern auch auf den Zeitpunkt der Aktivierung des Unternehmens an. Folglich sollte eine Geschäftsaufnahme stets erst nach Zugang der Offenlegung sowie der Versicherung beim Registergericht erfolgen. Verstöße gegen diese Verpflichtung können beispielsweise die persönliche Haftung des Geschäftsführers zur Folge haben. Ferner gibt es eine Handelndenhaftung analog § 11 Absatz 2 GmbHG, wenn die Geschäfte vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung aufgenommen wurden, ohne dass die Gesellschafter zugestimmt haben.
Die Offenlegung und die Versicherung müssen zusammen erfolgen. Dabei kann es mit Blick auf denkbare Zweifel des Registergerichts an der Richtigkeit der Versicherung empfehlenswert sein, geeignete Nachweise über das vorhandene Kapital der Gesellschaft, beispielsweise durch Bankauszüge beizufügen.
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4.2. Haftung der Gesellschafter einer Vorratsgesellschaft oder Mantelgesellschaft
Für die Gesellschafter besteht das Risiko, von der Gesellschaft nach den Grundsätzen der Vorbelastungshaftung in Anspruch genommen zu werden. Indessen hat der BGH entschieden, dass bei der wirtschaftlichen Neugründung die Haftung der Gesellschafter auf die Unterbilanz begrenzt sein kann. Demnach ist die Unterbilanz in dem Zeitpunkt, zu dem die wirtschaftliche Neugründung nach außen in Erscheinung getreten ist zu betrachten, also zum Beispiel durch Anmeldung der Satzungsänderungen, des Geschäftsführerwechsels oder Aufnahme der Geschäftstätigkeit. Die Rechtsstellung der Gläubiger verbessert sich demnach nicht dadurch, dass die wirtschaftliche Neugründung nicht offengelegt wird.
In der Praxis dürfte aber die Höhe der Unterbilanz im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung später oftmals nur schwer festzustellen sein, sodass der Beweislastverteilung erhebliche Bedeutung zukommt. Der BGH nimmt insoweit allein die Gesellschafter in die Pflicht. Dies ist gewissermaßen die Sanktion für die Verletzung der Offenlegungsverpflichtung. Den Gesellschaftern obliegt es daher darzulegen und zu beweisen, dass im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung keine Unterbilanz bestanden hat. Können sie diesen Beweis nicht erbringen, haften sie daher auch für spätere Verluste.
4.3. Haftung der Erwerber eines Anteils an einer Vorratsgesellschaft
Bei der Unterbilanzhaftung handelt es sich um eine rückständige Leistungsverpflichtung. Daher haften auch die Erwerber eines Geschäftsanteils gemäß § 16 Absatz 2 GmbHG. Den Erwerber trifft diese Haftung verschuldensunabhängig. Vor dem Erwerb von GmbH-Anteilen sollte daher jeder Erwerber genau prüfen, ob bei der Gesellschaft in der Vergangenheit möglicherweise eine wirtschaftliche Neugründung erfolgt ist und diese ordnungsgemäß offengelegt worden ist. Deswegen könnte sich der Erwerber von dem Veräußerer in dem Anteilskaufvertrag garantieren lassen, dass die Gesellschaft seit ihrer Gründung stets unternehmerisch aktiv war und keine wirtschaftliche Neugründung erfolgt ist.
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5. Fazit zur Vorratsgesellschaft
Bei einer Vorratsgesellschaft bestehen die Probleme der Erkennung einer wirtschaftlichen Neugründung nicht so, wie bei einer Mantelgesellschaft. Bei letzterer dürfen Sie nicht vergessen, die wirtschaftliche Neugründung dem Registergericht gegenüber offenzulegen und die Versicherung darüber abzugeben, dass das Stammkapital vorliegt. Im Zweifel sollten Sie daher für neue Geschäfte nach Möglichkeit eher eine neue Gesellschaft rechtlich gründen.
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