Geschäftsführung der GbR: Wer hat welche Rechte?
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gehört zu den am weitesten verbreiteten Formen der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft). Sie ist gewissermaßen die „Basisgesellschaft“, für deren Gründung bereits eine mündliche Abrede ausreicht. Allerdings steht auch die Geschäftsführung der GbR den Gesellschaftern nur gemeinschaftlich zu, was in der Praxis durchaus zu Konflikten führen kann. Die meist sinnvollste Lösung ist eine individuelle, vom gesetzlichen Grundsatz abweichende, Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag.
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Geschäftsführung bei der GbR
In diesem Video gehen wir auf die (gemeinschaftliche) Geschäftsführung bei der GbR und ihre Besonderheiten ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Rechtlicher Grundsatz: Gemeinschaftliche Geschäftsführung der GbR
Soweit keine abweichenden Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag bestehen, steht die Geschäftsführung der GbR allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Dies bedeutet insbesondere, dass für jedes Geschäft der Gesellschaft auch alle Gesellschafter zustimmen müssen (§ 709 Absatz 1 BGB). Die Vorschrift gilt unabhängig von der Beteiligungsquote, sodass auch einer mit 0 % beteiligten Person eine vollumfängliche Geschäftsführungsbefugnis zugutekommt.
„Geschäft“ im Sinne der Vorschrift ist jede Handlung im Geschäftsverkehr, die eine Gesellschafterin oder ein Gesellschafter im Namen der GbR vornimmt. Dabei unterscheidet das Gesetz weder zwischen bestimmten Vertragsarten noch nach der Höhe eines beispielsweise vereinbarten Kaufpreises. Auch die – positiven wie negativen – Folgen eines Vertragsabschlusses sind für die Anwendung des § 709 BGB unerheblich.
Fehlende Einigkeit zwischen den Gesellschaftern führt daher zu einem ausbleibenden Abschluss von Verträgen. Entsprechend gilt mit § 709 Absatz 2 BGB, dass die Geschäftsführung der GbR in Form von Mehrheitsbeschlüssen regelbar ist. Alle Beteiligten haben dabei identische Stimmrechte, wobei abweichende Vereinbarungen auch hier zulässig sind.
Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich durch die gemeinschaftliche Geschäftsführung der GbR insbesondere bei der Vermeidung von Betriebsaufspaltungen. Gehört eine an die GmbH des Gesellschafters vermietete Immobilie (sachliche Verflechtung) etwa einer GbR, an der der Gesellschafter selbst mit 100 % und dessen Ehefrau mit 0 % beteiligt ist, kann der Ehemann keinen beherrschenden Einfluss auf die Immobilie ausüben. Damit scheidet eine personelle Verflechtung aus; es kommt nicht zu einer Betriebsaufspaltung.
2. Übertragung der Geschäftsführung der GbR auf eine oder mehrere Personen
Aus rein praktischen Gründen sieht der Gesetzgeber mit § 710 BGB eine Übertragung der Geschäftsführung der GbR auf andere Personen vor. Aus dem Wortlaut der Norm geht dabei hervor, dass die Geschäftsführung nur auf Gesellschafter der GbR selbst übertragen werden kann. Außenstehende Dritte (Fremdgeschäftsführer wie bei der GmbH) hingegen sind keinesfalls zur Führung der Geschäfte befugt.
Die vertragliche Übertragung der Befugnis bewirkt einen Ausschluss der übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung der GbR. Dabei ist zwischen Einzel- und gemeinschaftlicher Vertretung zu unterscheiden:
- Einzelvertretung: Im Gesellschaftsvertrag wird vereinbart, dass die Geschäftsführung nur einem Gesellschafter zusteht. Alle anderen Gesellschafter sind von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen (§ 710 Satz 1 BGB)
- Gemeinschaftliche Vertretung: Die Gesellschafter vereinbaren, dass die Geschäftsführung mehreren Beteiligten gemeinsam zusteht. In diesen Fällen ist § 709 BGB, insbesondere der Mehrheitsbeschluss, entsprechend anzuwenden (§ 710 Satz 2 BGB)
Beispiel: Im Gesellschaftsvertrag der ABCDEFG-GbR wird vereinbart, dass nur A, B und C die Geschäfte führen. Die Gesellschafter D, E, F und G sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen. A und B können C überstimmen, Entsprechendes gilt für A und C sowie B und C.

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3. Vertretung ohne Vertretungsmacht – was gilt bei Handlungen nach außen?
Für außenstehende Dritte ist in der Regel nur schwer erkennbar, ob ein im Namen der GbR handelnder Gesellschafter auch tatsächlich zur Geschäftsführung der GbR befugt ist. Außerdem kann der Geschäftspartner der Gesellschaft nicht feststellen, ob gegebenenfalls eine gemeinsame Geschäftsführungsbefugnis im Sinne des § 709 BGB besteht. Bei der Vertretung der GbR ist daher zwischen dem Innenverhältnis auf der einen und dem Außenverhältnis auf der anderen Seite zu unterscheiden:
- Das Innenverhältnis umfasst die Beziehungen der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft selbst. Außenstehenden bleiben die hier getroffenen Regelungen, entweder durch Gesetz oder Vertrag, in der Regel verborgen
- Das Außenverhältnis beschreibt die Beziehungen der Gesellschaft zu Dritten, insbesondere Geschäftspartnern
Soweit auch hier keine abweichenden Regelungen bestehen, sind zur Geschäftsführung befugte Gesellschafter auch ermächtigt, die GbR nach außen zu vertreten. Im Umkehrschluss handelt ein Geschäftsführer ohne Vertretungsmacht, wenn er Geschäfte nur mit Zustimmung der anderen Beteiligten abschließen könnte (§ 164 Absatz 1 BGB).
Erteilen die übrigen Gesellschafter und Geschäftsführer nachträglich ihre Genehmigung zum Abschluss des Geschäftes, ist der Mangel geheilt. Sehen sie hiervon allerdings ab, etwa weil sie die Anschaffung eines bestimmten Wirtschaftsgutes für unnötig erachten, haftet der handelnde Gesellschafter gegenüber den anderen Beteiligten (§ 179 Absatz 1 BGB). Der Vertragspartner (zum Beispiel Verkäufer) haftet hingegen nur, wenn er wusste, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handelte (Absatz 3).
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