Haftung bei der Personengesellschaft: Gesellschafterhaftung im Innenverhältnis zu anderen Gesellschaftern
Hat ein Personengesellschafter gegen den Willen eines anderen gehandelt, so hat das im Außenverhältnis zu dem Dritten keine Bedeutung. Vielmehr ist die Personengesellschaft wirksam verpflichtet. Der andere Gesellschafter haftet sogar für die gegen seinen Willen eingegangenen Verbindlichkeiten gemäß § 128 Satz 2 HGB. Doch dann stellt sich die Frage, wie die Gesellschafterhaftung im Innenverhältnis ausgestaltet ist. Wir klären, ob der, den Vertrag schließende Gesellschafter, dem anderen Gesellschafter gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist.
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Inhaltsverzeichnis
1. Problem bei der Gesellschafterhaftung: Beschränkungen wirken im Außenverhältnis nicht
Der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann diese gemäß § 126 Absatz 1 HGB im Außenverhältnis – das heißt im Verhältnis zu Dritten – vertreten. Dabei sind etwaige Beschränkungen, die im Gesellschaftsvertrag enthalten sind oder mündlich zwischen den Gesellschaftern vereinbart wurden gemäß § 126 Absatz 2 HGB unbeachtlich. Sie stehen daher einem wirksamen Vertragsschluss nicht entgegen. Das gilt selbst, wenn sie in das Handelsregister eingetragen sind.
Doch was gilt, wenn andere Mitgesellschafter mit dem Vertragsschluss nicht einverstanden sind? Darf der Gesellschafter trotzdem „alles“ oder ist er wenigstens im Innenverhältnis zu den anderen Gesellschaftern beschränkt? Diese Frage klären wir nun.
2. Anspruchsgrundlagen zur Gesellschafterhaftung im Innenverhältnis
2.1. Gesellschafterhaftung nach § 280 Absatz 1 BGB
Der Mitgesellschafter, gegen dessen Willen gehandelt wurde, könnte von dem handelnden Gesellschafter Schadensersatz verlangen.
2.1.1. Vertrag und Verletzung einer vertraglichen Pflicht
Als Anspruchsgrundlage könnte bei der Gesellschafterhaftung im Innenverhältnis vorerst die allgemeine vertragliche Schadensersatzpflicht aus § 280 Absatz 1 BGB in Betracht kommen. Diese greift immer dann, wenn Pflichten aus einem Vertrag nicht hinreichend erfüllt wurden. Der Vertrag in diesem Sinne ist der Gesellschaftsvertrag. Fraglich ist jedoch, ob der handelnde Gesellschafter auch eine Pflicht aus diesem Gesellschaftsvertrag verletzt hat. Grundsätzlich ist ein Gesellschafter nämlich gemäß § 114 Absatz 1 HGB zur Geschäftsführung befugt.
Allein für solche Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb eines Handelsgewerbes hinausgehen, ist ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter gemäß § 116 Absatz 1, 2 HGB erforderlich. Dabei sind solche Geschäfte gewöhnlich, die in einem Handelsgewerbe normalerweise vorkommen. Demgegenüber sind Geschäfte außergewöhnlich, die nach Art, Inhalt, Zweck, Umfang oder Risiko bei Betrachtung der besonderen Verhältnisse der konkreten Gesellschaft Ausnahmecharakter haben. Zudem kann die Geschäftsführungsbefugnis auch durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt sein.
Wenn es sich bei dem Geschäft nun um ein solches außergewöhnlicher Natur handelt, so müsste trotzdem auch eine Pflichtverletzung im Bezug auf den Gesellschaftsvertrag vorliegen. Zuweilen könnte man meinen, dass der Gesellschafter, der seine Geschäftsführungsbefugnis überschreitet gerade außerhalb des Gesellschaftsvertrages handelt, sodass keine Pflichtverletzung hinsichtlich des Gesellschaftsvertrags vorliegt.
Diese Ansicht müsste aber folgerichtig dazu führen, dass jede Pflichtverletzung als außerhalb des Vertrages anzusehen ist und es daher keinen vertraglichen Schadensersatzanspruch mehr gibt. Das ist jedoch unlogisch. Je mehr die vertraglichen Kompetenzen überschritten wurden, umso stärker muss der Vertragspartner doch vertraglich geschützt sein. Daher liegt auch bei der Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis eine Pflichtverletzung im Bezug auf den Gesellschaftsvertrag vor. Zu einer solchen Überschreitung kann es natürlich auch kommen, wenn Beschränkungen im Gesellschaftsvertrag selbst oder mündliche Abreden zwischen den Gesellschaftern nicht eingehalten wurden.
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2.1.2. Verschulden des Gesellschafters bezüglich der Pflichtverletzung
Dennoch müsste der Gesellschafter eine solche Pflichtverletzung auch zu vertreten haben. Grundsätzlich hat der Gesellschafter nach § 276 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Jedoch könnte das Haftungsprivileg des § 708 BGB in Verbindung mit § 277 BGB greifen. Demnach hat der Gesellschafter einer GbR im Innenverhältnis zu den anderen Gesellschaftern nur für die Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten pflegt. Diese Haftungsbeschränkung beruht auf der engen, vertrauensvollen Zusammenarbeit der Gesellschafter, die nicht durch Schadensersatzforderungen zerstört werden soll.
Umstritten ist aber, ob diese Haftungsbeschränkung auch greift, wenn ein Gesellschafter seine Geschäftsführungsbefugnis überschreitet. Dagegen könnte sprechen das ein so handelnder Gesellschafter das Gesellschaftsrecht verlässt, indem er damit eine gesellschaftsfremde Handlung vornimmt. Zudem ließe sich annehmen, dass es zu den Aufgaben des Gesellschafter gehört, zu prüfen, ob das Rechtsgeschäft von seinen Befugnissen abgedeckt ist. Sollte ihm der Verstoß dagegen vorwerfbar sein, so kann er diesbezüglich auch haften. Die Haftungsbeschränkung des § 277 BGB greift daher für die Gesellschafterhaftung im Innenverhältnis zu den anderen Gesellschaftern nicht.
2.2. Nichterfüllung von Pflichten – Gesellschafterhaftung, wegen Nichtleistung
Handelt ein Gesellschafter gar nicht und erfüllt daher seine im Gesellschaftsvertrag festgelegten Pflichten nicht, so könnte den anderen Gesellschaftern Schadensersatz statt der Leistung wegen Nichtleistung zu stehen. Die entsprechende Anspruchsgrundlage wäre §§ 280 Absatz 1, Absatz 3 in Verbindung mit § 281 Absatz 1 Satz 1 BGB.
Der Schadensersatz statt der Leistung hat jedoch nach § 281 Absatz 4 BGB zur Folge, dass der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen ist. Folglich wäre ein Anspruch der anderen Gesellschafter gegenüber dem nicht leistenden Gesellschafter auf Erfüllung der Pflichten auch in Zukunft ausgeschlossen. Faktisch löst sich dadurch die Gesellschaft auf, da ein Gesellschafter von seinen Pflichten befreit wird. Die Auflösung einer Gesellschaft ist aber im Gesellschaftsrecht besonders geregelt. Zudem ist für die Gläubiger nicht ersichtlich, ob ein entsprechendes Schadensersatzverlangen vorliegt und auch tatsächlich begründet ist. Daher kann sich die Gesellschaft nicht allein infolge eines Schadensersatzverlangen auflösen. Aus diesem Grund scheiden entsprechende Schadensersatzansprüche statt der Leistung aus.
Daher können die anderen Gesellschafter lediglich einen normalen Verzugsschadensersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Absatz, Absatz 2, 286 BGB geltend machen. Dafür ist lediglich erforderlich, dass der Gesellschafter in Verzug ist. Es muss also ein fälliger, durchsetzbarer Anspruch auf Erfüllung der Gesellschafterpflichten bestanden haben. Zudem ist grundsätzlich eine Mahnung erforderlich. Diese kann aber nach Maßgabe des § 286 Absatz 2 BGB entbehrlich sein. Insbesondere, wenn die für die Erbringung der Leistung ein Tag bestimmt ist oder der Gesellschafter die Erbringung seiner Leistungspflicht endgültig und bestimmt verweigert.
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3. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus der Gesellschafterhaftung
Jedoch müssen die anderen Gesellschafter den Schadensersatzanspruch gegen den, seine Pflicht verletzenden Gesellschafter auch irgendwie geltend machen können. Denkbar wäre, dass sie die Ansprüche im Namen der Gesellschaft einklagen, wenn der Gesellschafter nicht freiwillig leistet.
Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis bezeichnen sich als Sozialansprüche. Diese sind von dem vertretungsberechtigten Gesellschafter geltend zu machen.
Nun könnte es sein, dass der Gesellschafter, der die Pflichten verletzt hat auch der alleinige vertretungsberechtigte Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag ist. Dieser wird aber wohl keine Ansprüche gegen sich selbst einklagen. Doch auch in solchen Fällen müssen die Ansprüche irgendwie geltend gemacht werden können. Dies ist möglich im Wege der Gesellschafterklage. Nach der Gesellschafterklage ist jeder Gesellschafter während seiner Gesellschaftszugehörigkeit befugt, im Interesse der Gesellschaft wegen eines Sozialanspruchs im eigenen Namen allein auf die Leistung in das Gesellschaftsvermögen zu klagen.
4. Fazit zur Gesellschafterhaftung im Innenverhältnis
Die Gesellschafter haften im Innenverhältnis zueinander vertraglich nach § 280 BGB. Allein ein Schadensersatz statt der Leistung im Sinne des § 280 Absatz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Insbesondere bei der Nichtleistung kann der Gesellschafter lediglich einen Verzögerungsschaden nach § 286 BGB geltend machen. Die entsprechenden Ansprüche können im Wege einer Klage geltend gemacht werden.
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