Rückstellungen für Gewährleistung im Jahresabschluss: Praktische Tipps zur Bildung
Bei der Erstellung des Jahresabschlusses müssen gerade produzierende Unternehmen Rückstellungen für etwaige Ansprüche aus Gewährleistung seitens Ihrer Vertragspartner bilden. Doch zum Zeitpunkt des Bilanzstichtags kann noch gar nicht abgesehen werden, ob und in welcher Höhe Gewährleistungen erbracht werden müssen. Deswegen ist die Bildung der Rückstellungen in der Praxis oft problematisch. Wir erklären, wie Sie Rückstellungen für Gewährleistung bilden.
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Inhaltsverzeichnis
1. Gewährleistung: Frist von zwei Jahren
Produzierende Unternehmen sind insbesondere den zivilrechtlichen Gewährleistungsregeln für ihre verkaufte Ware ausgesetzt. Die Frist zur Inanspruchnahme der Gewährleistung durch ihre Vertragspartner beträgt grundsätzlich zwei Jahre. Innerhalb dieser Zeit können daher erhebliche Aufwendungen für die Gewährleistungsansprüche des Vertragspartners entstehen. Um diese im Jahresabschluss richtig abzubilden müssen daher Rückstellungen gebildet werden. Doch wie geschieht dies praktisch?
2. Gewährleistung: Rückstellungen sind zu bilden
2.1. Bei Rückstellungen für Gewährleistung gilt Einzelbewertungsgrundsatz
Auch bei Rückstellungen für Gewährleistungen gilt grundsätzlich der Einzelbewertungsgrundsatz des § 252 Absatz 1 Nummer 3 HGB. Zum Bilanzstichtag noch nicht erhobene Mängelrügen können bei wertaufhellender Betrachtung daher den Ansatz einer Rückstellung aus einer Verbindlichkeit für Gewährleistungen rechtfertigen. Dabei bildet ein bereits zum Bilanzstichtag vorliegender Mangel einen objektiven Anknüpfungspunkt für die Rückstellung. Dennoch muss mit der Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen auch ernsthaft zu rechnen sein. Letzteres liegt aber dann nicht nahe, wenn der Mangel am Bilanzstichtag überhaupt nicht erkennbar ist. Diese beiderseitige Unkenntnis beruht in aller Regel darauf, dass der Mangel am Bilanzstichtag noch keine betriebsbeeinträchtigende Wirkung entfaltet hat. Dann kann der Mangel nicht klar konkretisiert werden, sodass in der Regel keine Einzelrückstellung anzusetzen ist.
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2.2. Pauschale Rückstellung für Gewährleistung
Eine Einzelrückstellung ist daher dann nicht zu bilden, wenn der Mangel noch gar nicht erkennbar und damit nicht konkretisierbar ist. Folglich ist sie regelmäßig nicht zu bilden. Trotzdem müssen auch künftige Ansprüche aus Gewährleistung in der Bilanz auftauchen. Daher ist nach § 249 Absatz 1 Satz 1 HGB dann eine Pauschalrückstellung zu bilden, wenn der Kaufmann aufgrund seiner Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Inanspruchnahmen aus Gewährleistungen rechnen muss. Für die Bildung dieser pauschalen Rückstellung für Ansprüche aus Gewährleistung wird der am Bilanzstichtag noch garantieverpflichtete Umsatz und eine Schadensquote benötigt. Letztere beruht auf betriebsindividuellen Erfahrungswerten aus der Vergangenheit. Dabei ist aber zu überprüfen, ob die Vergangenheitszahlen noch als für die Zukunft maßgebend angesehen werden können oder, ob sie in Folge zwischenzeitlicher Veränderungen einer Korrektur bedürfen.
Aufwendungen für Ansprüche aus Gewährleistung werden aber in der Praxis regelmäßig in verschiedenen Positionen im Rahmen einer Gewinn und Verlustverrechnung erfasst. Folglich erweist sich die Ermittlung der Schadensquote als schwierig und kann nicht direkt aus der Finanzbuchhaltung entnommen werden. Daher muss das Qualitätsmanagement des Unternehmens diese Kosten regelmäßig ermitteln. Anhand der Aufzeichnungen des Qualitätsmanagements lässt sich dann die durchschnittliche Schadensquote ermitteln, indem die jährlichen Gewährleistungskosten ins Verhältnis zum Jahresumsatz gesetzt werden. Dann kann ein entsprechender Prozentsatz gebildet werden, der die Schadensquote darstellt. Die für das Geschäftsjahr maßgebliche Schadensquote ist der Durchschnittswert der letzten fünf Geschäftsjahre. Allein, wenn eine solch ermittelte Schadensquote offensichtlich unzutreffend ist, muss die Berechnung berichtigt werden. Dies geschieht, indem die Schadensquote für jedes einzelne Produkt beziehungsweise jede einzelne Produktgruppe einzeln ermittelt wird.
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2.3. Rückstellung bei Rückgriffsansprüchen aufgrund der Gewährleistung
Regelmäßig können Sie wegen der Gewährleistung auch Rückgriffsansprüche gegen Dritte wie zum Beispiel den Vorlieferanten oder gegen Ihre Versicherung geltend machen. Nach H 6.11 EStH sind diese dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht als eigenständige Forderung zu aktivieren, unbestritten und vollwertig sind.
2.4. Kürzere Durchschnittszeit des Unternehmens bei Gewährleistung
Bei der Rückstellungsberechnung dürfen solche Gewährleistungen nicht einbezogen werden, die bereits ausgeführt sind. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme umso unwahrscheinlicher, desto weiter das Jahr des Umsatzes zurückliegt. Praktisch ist die durchschnittliche Reklamationszeit aber natürlich deutlich niedriger als die gesetzliche Frist der Gewährleistung. Daher sollten Sie diese tatsächliche Reklamationszeit für Ihr Unternehmen genau berechnen. Allein für Umsätze, die innerhalb dieser Zeit vor dem Bilanzstichtag stattfanden, ist noch ernsthaft mit der Inanspruchnahme der Gewährleistung zurechnen. Wenn diese Zeit weniger als ein Jahr beträgt, so unterbleibt steuerrechtlich als auch handelsrechtlich eine Abzinsung. Gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe e EStG unterbleibt dergleichen selbst bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr.
3. Fazit
Letztlich ist daher zwischen Einzelrückstellungen für bestimmte Ansprüche aus Gewährleistung und pauschalen Rückstellungen für künftige und nicht konkretisierte Gewährleistungen zu differenzieren. Dabei ist insbesondere bei pauschalen Rückstellungen eine ordentliche Dokumentation erforderlich. Sollten Sie Fragen zur Rückstellung von Gewährleistungen und zur Erstellung von Jahresabschlüssen und Bilanzen haben, so kontaktieren Sie uns gerne über das Kontaktformular.
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