Steuerneutrale Übertragung zwischen Betriebsvermögen
Tauschvorgänge unterliegen dem Grunde nach der Besteuerung, wenn die jeweiligen stillen Reserven zu einem Gewinn führen. Um nachteilige Folgen für Privatpersonen sowie Unternehmer zu vermeiden, existiert mit § 6 Absatz 5 EStG eine Sondervorschrift. Sie ermöglicht eine steuerneutrale Übertragung zwischen Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen, sofern eine spätere Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Wir schauen uns Tatbestand sowie Rechtsfolgen einmal in der Praxis an!
Unser Video:
Steuerneutrale Übertragung zwischen Betriebsvermögen
In diesem Video erklären wir, wie Sie Wirtschaftsgüter steuerneutral vom einen ins andere BV überführen.
Inhaltsverzeichnis
1. Rechtsgrundsatz: Tauschvorgänge im Einkommensteuerrecht
Entscheiden sich zwei Personen, ein Wirtschaftsgut „A“ gegen ein Wirtschaftsgut „B“ zu tauschen, ist dieser Vorgang in Anschaffung und Veräußerung aufzuteilen. Die Anschaffungskosten bemessen sich dabei nach dem gemeinen Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes (§ 6 Absatz 6 Satz 1 EStG). „Gemeiner Wert“ ist der im allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielbare Preis inklusive der gegebenenfalls enthaltenen Umsatzsteuer (§ 9 BewG).
Beispiel: Schreiner S vereinbart mit Händler H, dass er als Gegenleistung für die Renovierung des Empfangsbereichs einen gebrauchten Mittelklassewagen (gemeiner Wert EUR 30.000) erhält. Ohne Tausch (hier konkret: tauschähnlichen Umsatz) würde er für die handwerklichen Leistungen EUR 25.000 verlangen.
Lösung: S hat Anschaffungskosten in Höhe von EUR 25.000. Gleichzeitig hat H einen Verkaufserlös von EUR 30.000. Bei einem Buchwert des Firmenwagens von EUR 10.000 entsteht entsprechend ein Gewinn in Höhe von EUR 20.000.
Auch bei einer Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Personengesellschaft käme es so zu einer steuerlich nachteiligen Aufdeckung stiller Reserven. Mit § 6 Absatz 5 EStG hat der Gesetzgeber daher eine Ausnahmeregelung vom allgemeinen Tauschgrundsatz geschaffen. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, ist dementsprechend eine steuerneutrale Übertragung zwischen Betriebsvermögen möglich.
2. Grundlage der steuerneutralen Übertragung zwischen Betriebsvermögen
Nach § 6 Absatz 5 Satz 1 EStG kommt eine steuerneutrale Übertragung zwischen zwei Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen infrage. Der Gesetzgeber löst den Fall dergestalt, dass der Buchwert im aufnehmenden Betriebsvermögen vom abgegebenen Betriebsvermögen übernommen wird. Die Übertragung zu Buchwerten scheidet allerdings aus, wenn das Besteuerungsrecht der BRD an vorhandenen stillen Reserven verloren geht (§ 6 Absatz 5 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Dies ist in aller Regel bei der Übertragung in ein ausländisches Betriebsvermögen der Fall.
Einer steuerneutralen Übertragung zwischen zwei Betriebsvermögen im Sinne des § 6 Absatz 5 Satz 1 EStG sind nach § 6 Absatz 5 Satz 2 sowie Satz 3 EStG folgende Vorgänge gleichgestellt:
- § 6 Absatz 5 Satz 2 EStG: Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens in das eigene Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie zwischen mehreren Sonderbetriebsvermögen derselben Person
- § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 1 EStG: Überführung aus dem Betriebs- in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt
- § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 EStG: Übertragung aus dem Sonderbetriebs- in das Gesamthandsvermögen und umgekehrt
- § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 EStG: Überführung zwischen mehreren Sonderbetriebsvermögen unterschiedlicher Personen derselben Mitunternehmerschaft
Eine Übertragung nach § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 1 und 2 EStG ist nur dann zu Buchwerten möglich, wenn
- das Wirtschaftsgut bislang dem (notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen war, und
- die übertragende Person als Mitunternehmerin oder Mitunternehmer der Personengesellschaft anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG und H 15.8, Stichworte „Allgemeines“, „Mitunternehmerinitiative“ und „Mitunternehmerrisiko“ EStH).
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2.1. Grundfall: Steuerneutrale Übertragung zwischen Betriebsvermögen
Voraussetzung für die steuerneutrale Übertragung zwischen zwei Betriebsvermögen nach § 6 Absatz 5 Satz 1 EStG ist das Vorliegen zweier Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Übertragung in das Betriebsvermögen eines Dritten zur Aufdeckung der stillen Reserven nach § 6 Absatz 6 Satz 1 EStG führt.
Vom Grundtatbestand sind damit regelmäßig Einzelunternehmen betroffen. Die Übertragung in das Betriebsvermögen einer Ein-Mann-GmbH scheidet aus, da die Kapitalgesellschaft selbstständiger Träger von Rechten und Pflichten ist. Es handelt sich entsprechend und ausnahmslos nicht um das Betriebsvermögen des Anteilseigners, sondern um das (von der natürlichen Person getrennte) GmbH-Vermögen.
Eine steuerneutrale Übertragung in ein Betriebsvermögen desselben Rechtsträgers scheidet aus, wenn hierdurch das Besteuerungsrecht Deutschlands verloren geht. Eine solche Überführung gilt nach § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG als Entnahme, die entsprechend mit dem Teilwert anzusetzen ist (§ 6 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 EStG)
2.2. Alternative: Übertragung zwischen Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen
Nach den in § 6 Absatz 5 Satz 2 und 3 EStG geregelten Alternativen ist eine Übertragung auch zu Buchwerten möglich, soweit
- sie vom Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens in das Sonderbetriebsvermögen,
- vom Sonderbetriebsvermögen ins Gesamthandsvermögen, und
- vom Sonderbetriebsvermögen eines in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Gesellschafters erfolgt.
Relevant ist dabei das unscheinbare Wörtchen „soweit“. Für den Anteil, der
- entgeltlich oder
- ohne Erhalt, Erweiterung oder Verminderung von Gesellschafterrechten
erfolgt, treten die Rechtsfolgen des § 6 Absatz 5 EStG nicht ein.
Beispiel: A, der als Mitunternehmer zu einem Drittel an der ABC-OHG beteiligt ist, überträgt ein Grundstück im Wert von EUR 100.000 auf die Gesellschaft. Hierfür erhält er zusätzliche Anteile, die einen gemeinen Wert von EUR 80.000 haben. In Höhe der „fehlenden“ EUR 20.000 liegt ein entgeltlicher Tauschvorgang zu gemeinen Werten im Sinne des § 6 Absatz 6 Satz 1 EStG vor.
Eine Beteiligung an einer Personengesellschaft ohne Mitunternehmerstellung (etwa durch stille Beteiligung) schließt die Anwendung von § 6 Absatz 5 Satz 2 sowie Satz 3 EStG aus.
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2.3. Rechtsfolgen bei der steuerneutralen Übertragung zwischen Betriebsvermögen
Liegen die Voraussetzungen des § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG vor, erfolgt eine steuerneutrale Übertragung zwischen beiden Betriebsvermögen (respektive Sonderbetriebs- und Gesamthandsvermögen). Nach § 6 Absatz 5 Satz 4 EStG gilt für eine anschließende Veräußerung oder die Entnahme ins Privatvermögen allerdings eine Sperrfrist von drei Jahren. Die Frist beginnt mit der Abgabe der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum, in dem die Übertragung erfolgte.
Wird das übertragene Wirtschaftsgut innerhalb dieser drei Jahre entnommen oder verkauft, ist rückwirkend der Teilwert anzusetzen. Insoweit liegt ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO vor. Der entsprechende Feststellungsbescheid ist dann vom Amts wegen zu ändern.
Einzige Ausnahme: Die im übertragenen Wirtschaftsgut „schlummernden“ stillen Reserven wurden bei Übertragung bereits durch eine Ergänzungsbilanz des übertragenden Mitunternehmers abgebildet.
Ist an der Mitunternehmerschaft eine Kapitalgesellschaft beteiligt (etwa zu 50%), ist in dieser Höhe ebenfalls der Teilwert anzusetzen; insoweit scheidet die Anwendung des § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG aus (§ 6 Absatz 5 Satz 5 EStG). Wird eine solche Beteiligung (insbesondere durch die Umstrukturierung in eine GmbH & Co. KG) innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung begründet, führt dies ebenfalls zum Ansatz des Teilwertes (§ 6 Absatz 5 Satz 6 EStG).
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