Die stille Beteiligung im Handels- und Steuerrecht

Wie sind stille Gesellschafter steuerlich zu behandeln?

Stille Beteiligung an Personengesellschaften: atypisch und typisch

Mal wieder typisch – oder auch nicht? Atypisch und typisch stille Beteiligungen sind Sonderformen der klassischen Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft. Für Außenstehende ist es dabei regelmäßig unmöglich, die stille Beteiligung einer natürlichen oder juristischen Person zu erkennen. Aus diesem Grund schauen wir uns an, welche Unterschiede es zwischen atypisch und typisch stiller zur „normalen“ Beteiligung an einer Personengesellschaft gibt!

Unser Video:
Stille Beteiligungen

In diesem Video erklären wir, wann eine stille Gesellschaft vorliegt, wie sie aufgebaut ist und welche Normen des EStG gelten.

Inhaltsverzeichnis

1. Handelsrechtliche Grundlagen: Was ist eine stille Beteiligung?

Die stille Beteiligung ist eine Sonderform der Beteiligung an einer Personengesellschaft. BGB, HGB und Steuergesetze enthalten keine eindeutige Definition, aus den §§ 230 fort folgende HGB kann aber aus den grundlegenden Begriffsmerkmalen geschlossen werden. Demnach liegt eine stille Beteiligung vor, wenn

  • der (zukünftig stille) Gesellschafter
  • eine Vermögenseinlage,
  • die in das Vermögen des Inhabers (der Inhaber)
  • eines Handelsgewerbes

leistet (§ 230 Absatz 1 HGB). Die Einlage kann dabei in Geld oder sonstigen Sachwerten bestehen. Sie muss das (bilanzierte) Betriebsvermögen vermehren. „Handelsgewerbe“ sind alle kaufmännischen Unternehmen, in erster Linie also Einzelunternehmen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG, Offene Handelsgesellschaften (OHGs) und Kommanditgesellschaften (KGs).

Im Umkehrschluss führt die Beteiligung an einer freiberuflichen Tätigkeit nicht zu einer stillen Gesellschaft, sondern begründet vielmehr eine Innengesellschaft (§§ 705 fort folgende BGB). Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie (die Gesellschaft) nach außen weiterhin als Einzelperson und nicht als Personengesellschaft auftritt.

Beispiel: A war bislang als Einzelunternehmer (§ 18 EStG) tätig, gründet mit B zusammen aber nun eine Innengesellschaft, indem sich B mit einer Vermögenseinlage am Einzelunternehmen des A beteiligt. A tritt weiterhin als Einzelunternehmer auf, sodass Geschäftspartner und Kunden keine Kenntnis von der Zusammenarbeit mit B erlangen.

Innengesellschaften sind wie stille Gesellschaften; die Beteiligung des Innengesellschafters wie eine stille Beteiligung im Sinne des HGB zu behandeln. Dies gilt auch für die steuerrechtliche Behandlung (BFH vom 10.7.2001, VIII R 45/98).

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2. Rechtliche Unterscheidung: Typische und atypische Beteiligung

Stille Beteiligungen stellen sich in der Praxis unterschiedlich dar. Maßgeblich für die zivil- und steuerrechtliche Behandlung ist dabei, ob der stille Gesellschafter der Personengesellschaft als Mitunternehmer anzusehen ist. Hieraus ergibt sich die Unterscheidung zwischen der „typisch“ auf der einen und der „atypisch“ stillen Beteiligung auf der anderen Seite.

2.1. Die typisch stille Beteiligung

Sie ist der „Klassiker“ unter den stillen Beteiligungen. Der stille Gesellschafter ist reiner Kapitalgeber. An Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft (§ 4 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 EStG) ist er nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages beteiligt. Allerdings besteht keine Beteiligung am Betriebsvermögen selbst, was auch einen Anteil an (positiven wie negativen) stillen Reserven ausschließt. Außerdem bestehen bei der stillen Beteiligung regelmäßig keine Mitspracherechte, was den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft angeht.

Damit liegt bezüglich des stillen Gesellschafters keine Mitunternehmerstellung nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG vor (H 15.8 Absatz 1, Stichwort „Stiller Gesellschafter“ EStH). Eine Einordnung des Gesellschafters als Mitunternehmer ist bereits dann zu verneinen, wenn es an einem der Merkmale „Initiative“ und „Risiko“ fehlt.

Entsprechend fallen die Einkünfte, die der Gesellschafter aus seiner stillen Beteiligung erzielt, regelmäßig unter § 20 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG (Kapitalvermögen). Die Vorschrift bildet einen „lex specialis“ zu anderen Normen des EStG (zum Beispiel §§ 20 Absatz 1 Nummer 7, 21 und 22 EStG).

2.2. Die atypisch stille Beteiligung

Der wesentliche Unterschied der atypisch stillen zur typisch stillen Beteiligung besteht in der Mitunternehmerstellung der stillen Gesellschafterin oder des stillen Gesellschafters. Eine solche ist gegeben, wenn die beteiligte Person Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt (H 15.8 Absatz 1, Stichwort „Allgemeines“, „Mitunternehmerinitiative“, „Mitunternehmerrisiko“ EStH).

Dies ist

  • mit Blick auf die Initiative der Fall, wenn der stille Gesellschafter Einsichts-, Kontroll- und Widerspruchsrechte im Sinne des § 233 HGB oder vergleichbare Ansprüche hat, also die unternehmerischen Entscheidungen der Personengesellschaft mitgestalten kann.
  • mit Blick auf das Risiko gegeben, wenn der still Beteiligte an Gewinnen, Verlusten und stillen Reserven (einschließlich eines eventuellen Firmenwertes) beteiligt ist.

Beide Merkmale können unterschiedlich stark ausgeprägt sein, müssen aber in jedem Fall gemeinsam vorliegen. Verfügt der stille Gesellschafter beispielsweise über eingeschränkte Stimm- und Kontrollrechte, muss das entsprechende Mitunternehmerrisiko ein größeres Gewicht einnehmen (ständige Rechtsprechung des BFH, unter anderem mit Beschluss vom 02.09.1985, IV B 51/85).

Einkommensteuerliche Folge ist eine Behandlung des atypisch still Beteiligten als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG.

3. Praxisbeispiel zur stillen Beteiligung

Schauen wir uns im folgenden Beispiel und der darauf aufbauenden Abwandlung einmal an, was typisch und atypisch stille Gesellschaften in der Praxis voneinander unterscheidet:

  • A ist Einzelunternehmer. B legt EUR 100.000 in das Unternehmen des A ein und erhält dafür 50 % des Gewinns. Alle unternehmerischen Entscheidungen trifft A weiterhin selbst, B fungiert als reiner Geldgeber. B ist typisch stiller Gesellschafter, da er keine Mitunternehmerstellung innehat; seine Einkünfte fallen unter § 20 Absatz 1 Nummer 4 EStG
  • Wie das vorherige Beispiel, B beteiligt sich aber neben dem Gewinn auch am Verlust. Er und A treffen betriebliche Entscheidungen gemeinsam. Außerdem wird vereinbart, dass B neben laufenden Erträgen auch an stillen Reserven (zum Beispiel durch den Verkauf eines Grundstücks) beteiligt ist. Nun ist der B atypisch still beteiligt, er gilt als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG. Dies bedingt eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach §§ 179 Absatz 2 und 180 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a AO

In der Praxis kommt es mitunter zu Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn die Beteiligung am Betriebsvermögen etwa nur einen Teil der stillen Reserven umfasst. Daher ist stets eine einzelfallbezogene Gesamtbetrachtung erforderlich.

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