Besteuerung von Entstrickungsgewinnen

Wann entstehen sie?

Besteuerung von Entstrickungsgewinnen erkennen und vermeiden

Das deutsche Steuerrecht kennt die Erfassung sogenannter Entstrickungsgewinne. Sie entstehen immer dann, wenn Unternehmer oder Privatpersonen bestimmte Wirtschaftsgüter aus Deutschland heraus ins Ausland überführen. In diesen Fällen besteuert der deutsche Fiskus „ein letztes Mal“, dann aber meist den gesamten Firmen- oder Verkehrswert des überführten Gegenstandes. Wir geben einen Überblick über die Entstehung von Entstrickungsgewinnen!

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Inhaltsverzeichnis


1. Hintergründe der Besteuerung von Entstrickungsgewinnen

Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unterliegen in Deutschland einer sogenannten Steuerverstrickung. Weder die Veräußerung noch die Entnahme ins Privatvermögen ist steuerneutral, das heißt ohne steuerliche Belastung, möglich. In der Regel kommt es hier zu einer Besteuerung der Differenz zwischen Entnahmewert oder Veräußerungspreis, was eine erhebliche Steuerbelastung nach sich ziehen kann.

Der Begriff „Entstrickung“ bezeichnet dabei den Entnahme- oder Veräußerungsvorgang. Das jeweilige Wirtschaftsgut wurde also entnommen oder verkauft und befindet sich dadurch nicht mehr im Betriebsvermögen. Eine eventuelle Wertsteigerung unterliegt damit in vielen Fällen ebenfalls keiner Besteuerung mehr, weil beispielsweise eine Immobilie 10 Jahre nach der Entnahme aus dem Betriebsvermögen steuerfrei veräußert werden kann (§ 23 Absatz 1 Nummer 1 EStG).

Die Besteuerung von Entstrickungsgewinnen hat dabei folgenden Hintergrund: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Wertsteigerung von Wirtschaftsgütern in Deutschland auch durch das von Politik und Verwaltung geschaffene Umfeld zustande kommt. Diese Vorteile, die Unternehmer aus der Infrastruktur „ziehen“ und die sich in Geld beziehungsweise einer positiven Wertentwicklung ausdrücken, sollen einer Besteuerung unterliegen.

Ein Entstrickungsgewinn entsteht dabei insbesondere bei der Überführung von Wirtschaftsgütern ins Ausland. Denn hier verliert der Fiskus das Besteuerungsrecht und hat nur noch die Möglichkeit, den gesamten Wert des jeweiligen Gegenstandes im Zeitpunkt der Überführung ins Ausland zu besteuern. Nach der Überführung unterfällt ein solcher Gewinn dem Recht des Staates, in den das Wirtschaftsgut überführt wurde.

2. Die einzelnen Entstrickungsgewinne im Überblick

Zu den Entstrickungsgewinnen gehören all jene Gewinne, deren Realisierung der Gesetzgeber durch eine gesetzliche Fiktion unterstellt. Übliche Entnahmen oder Veräußerungen fallen also nicht unter diesen Begriff. Vielmehr versteht man hierunter die Mitnahme von Wirtschaftsgütern ins Ausland, die das deutsche Steuerrecht wie eine Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter zu ihrem aktuellen Verkehrswert behandelt.

Die bekannten Entstrickungstatbestände sind dabei:

Werfen wir nun einen Blick auf die Entstehung der entsprechenden Entstrickungsgewinne nach AStG, EStG und KStG.

2.1. Die Wegzugsteuer nach § 6 AStG

Sie betrifft Gesellschafterinnen und Gesellschafter von deutschen und ausländischen Kapitalgesellschaften. Die Beteiligung an der Gesellschaft muss dabei mindestens 1 % des Grund- oder Stammkapitals betragen.

Wandern diese Personen ins Ausland aus und endet dadurch die deutsche Steuerpflicht, gilt dies nach § 6 Absatz 1 AStG als Verkauf der Anteile zum gemeinen Wert. Den Verkehrswert ermittelt das Finanzamt dabei regelmäßig durch das vereinfachte Ertragswertverfahren. Bei ihm wird der Jahresgewinn der Gesellschaft mit dem Faktor 13,75 multipliziert, was eine entsprechend hohe und „geballte“ Steuerlast auslösen kann.

Dieser Entstrickungsgewinn entsteht also deshalb, weil der deutsche Fiskus nach der Auswanderung nicht mehr auf einen eventuellen Gewinn aus dem Verkauf der GmbH-Anteile zugreifen kann. In der Folge übt er das Besteuerungsrecht zum letztmöglichen Zeitpunkt, bei Beendigung der Steuerpflicht, aus.

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2.2. Entstrickungsgewinn nach § 16 EStG oder § 12 KStG

Während § 6 AStG die Ebene des Gesellschafters betrachtet, entstehen die Entstrickungsgewinne nach § 16 EStG oder § 12 KStG auf Ebene des jeweiligen Unternehmens:

  • § 16 Absatz 3a EStG: Der Ausschluss des Besteuerungsrechts an einem Betriebsvermögen (§§ 15 und 18 EStG) gilt als Aufgabe des Gewerbebetriebs oder der freiberuflichen Tätigkeit. Ein solcher Fall liegt zum Beispiel vor, wenn ein Einzelunternehmer sein Unternehmen auf eine im Ausland ansässige Person überträgt. Hier verliert der deutsche Staat das Besteuerungsrecht an allen Wirtschaftsgütern, die sich im Betriebsvermögen des Unternehmens befinden
  • § 12 KStG: Bei Körperschaften (insbesondere Kapitalgesellschaften wie der GmbH) können ebenfalls Entstrickungsgewinne entstehen. Der Ausschluss des Besteuerungsrechts der BRD an einzelnen Wirtschaftsgütern gilt als Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert. Dieser Fall ist beispielsweise dann gegeben, wenn eine deutsche GmbH ein ihr gehörendes Fahrzeug auf eine österreichische Tochtergesellschaft überträgt

Der Entstrickungsgewinn entspricht der Differenz zwischen dem Verkehrswert der jeweiligen Wirtschaftsgüter und dem aktuellen Buchwert.

Beispiel: In der Bilanz einer deutschen GmbH stehen Lizenzen mit einem Buchwert von EUR 100.000. die Lizenzen werden nun auf eine amerikanische Limited übertragen. Sie haben einen Verkehrswert von EUR 1.000.000, sodass bei der GmbH ein fiktiver Gewinn in Höhe von EUR 900.000 entsteht. Ihn belastet das Finanzamt mit rund 30 % Körperschaft- und Gewerbesteuer.

2.3. Die fiktive Entnahme nach § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG

Verliert der Fiskus das Besteuerungsrecht an einzelnen Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens, gilt dies ebenfalls als Entnahme der Wirtschaftsgüter zum aktuellen Verkehrswert. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn ein Einzelunternehmer nicht das gesamte Unternehmen, sondern nur einen Pkw im Betriebsvermögen in ein anderes – im Ausland belegenes – Betriebsvermögen überträgt.

3. Entstrickungsgewinne nach den Steuergesetzen gezielt vermeiden

Um die Entstehung und Besteuerung von Entstrickungsgewinnen zu vermeiden, haben Unternehmen verschiedene Möglichkeiten:

  • Der Verkehrswert kann so niedrig wie möglich angesetzt werden. Durch eine geringe Differenz zum Buchwert kommt es, gerade bei immateriellen Wirtschaftsgütern, zu einer niedrigen oder zu keiner Besteuerung
  • Der jeweilige Tatbestand wird nicht verwirklicht, indem die Wirtschaftsgüter in Deutschland steuerverstrickt bleiben. Es erfolgt allerdings die Überführung ein eine steueroptimale Struktur, etwa eine Holding-GmbH
  • Im Wege der Umwandlung entsteht aus dem bisherigen ein „neues“ Unternehmen. Dieses ist von der jeweiligen Entstrickungsbesteuerung nicht betroffen und kann damit auch keine fiktiven Gewinne realisieren

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